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Vollständige Version anzeigen : Ist eine Revolution nur GEGEN das Establishment möglich?



derfreiegeist
05.02.2014, 20:50
Hallo,

Ich denke die meisten User hier sind sich darin einig, dass das System, in welchem wir uns befinden, überholt und eine Revolution dringend nötig ist. Auch ich bin dieser Überzeugung.
Mir stellt sich nun jedoch die Frage, ob eine solche Revolution das gesamte Establishment über den Haufen werfen muss.
Die Bundesrepublik wurde beispielsweise zu einem großen Teil von Alt-Nazis mit aufgebaut, die ihre leitenden Positionen behielten - und ich denke, nicht ohne Erfolg: die Wirtschaftswunder-Zeit habe ich zwar nicht erlebt, aber ich habe den Eindruck, dass diese Periode zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Beginn der 68er, Deutschlands letzte echte Blütezeit war und es danach bergab ging.

Meine Frage: Denkt ihr wir benötigen die Eliten der heutigen Tage nach einer Revolution noch (zumindest teilweise)? Oder seid ihr der Meinung, dass sie alle austauschbar sind?
Ich kann mich nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden, dass alle Spitzenpolitiker hierzulande Systemlinge sein sollen. Sicher, sie sind Teil des Establishments und die wenigsten von ihnen wehren sich dagegen, aber von vielen könnte ich mir auch vorstellen, dass sie in einem anderen System gute Politik machen würden.

Was meint ihr dazu? Freue mich schon mal auf eure Antworten!

LG,
derfreiegeist

Rocko
05.02.2014, 21:02
Hallo,

Ich denke die meisten User hier sind sich darin einig, dass das System, in welchem wir uns befinden, überholt und eine Revolution dringend nötig ist. Auch ich bin dieser Überzeugung.
Mir stellt sich nun jedoch die Frage, ob eine solche Revolution das gesamte Establishment über den Haufen werfen muss.
Die Bundesrepublik wurde beispielsweise zu einem großen Teil von Alt-Nazis mit aufgebaut, die ihre leitenden Positionen behielten - und ich denke, nicht ohne Erfolg: die Wirtschaftswunder-Zeit habe ich zwar nicht erlebt, aber ich habe den Eindruck, dass diese Periode zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Beginn der 68er, Deutschlands letzte echte Blütezeit war und es danach bergab ging.

Meine Frage: Denkt ihr wir benötigen die Eliten der heutigen Tage nach einer Revolution noch (zumindest teilweise)? Oder seid ihr der Meinung, dass sie alle austauschbar sind?
Ich kann mich nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden, dass alle Spitzenpolitiker hierzulande Systemlinge sein sollen. Sicher, sie sind Teil des Establishments und die wenigsten von ihnen wehren sich dagegen, aber von vielen könnte ich mir auch vorstellen, dass sie in einem anderen System gute Politik machen würden.

Was meint ihr dazu? Freue mich schon mal auf eure Antworten!

LG,
derfreiegeist

Deutschland wäre schon sehr geholfen, wenn endlich mal dafür gesorgt werden würde, dass alle politischen Richtungen wählbar sind.
Historisch gesehen hat man in Deutschland immer noch viel zu viel Angst vor einer als "Zersplitterung" gebrandmarkten politischen Entwicklung, in der sich für die einzelnen politischen Grundüberzeugungen jeweils Interessensvertretungen und somit Parteien bilden. Hier bei uns gibts 11 Fraktionen im Parlament, trotzdem wird regiert, auch wenn die Koalitionsverhandlungen sich oft hinziehen.

Daran krankt das politische Selbstverständnis und das politische Interesse im Allgemeinen in der Bundesrepublik...gefördert durch den Umstand, dass in Deutschland die Linken die Rechten am liebsten sofort mundtot machen wollen (umgekehrt ebenso), anstatt sich mit ihren jeweiligen Oppositionsgruppen auseinanderzusetzen...siehe auch die ganzen Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik, die das unterstreichen! Weiterhin muss man in Deutschland endlich mal von diesem dogmatischen Zentralismus wegkommen und mehr Kompetenzen auf die Regions- und Gemeindeebene verlagern und durch Volksabstimmungen überwachen lassen...

Wenn man diese wenigen Punkte politisch klären und umsetzen würde, ist eine Art "Umsturz" nicht mehr notwendig...die strukturellen Fehler können beseitigt werden, wenn man denn will!

derfreiegeist
05.02.2014, 21:15
Deutschland wäre schon sehr geholfen, wenn endlich mal dafür gesorgt werden würde, dass alle politischen Richtungen wählbar sind.
Historisch gesehen hat man in Deutschland immer noch viel zu viel Angst vor einer als "Zersplitterung" gebrandmarkten politischen Entwicklung, in der sich für die einzelnen politischen Grundüberzeugungen jeweils Interessensvertretungen und somit Parteien bilden. Hier bei uns gibts 11 Fraktionen im Parlament, trotzdem wird regiert, auch wenn die Koalitionsverhandlungen sich oft hinziehen.

Daran krankt das politische Selbstverständnis und das politische Interesse im Allgemeinen in der Bundesrepublik...gefördert durch den Umstand, dass in Deutschland die Linken die Rechten am liebsten sofort mundtot machen wollen (umgekehrt ebenso), anstatt sich mit ihren jeweiligen Oppositionsgruppen auseinanderzusetzen...siehe auch die ganzen Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik, die das unterstreichen! Weiterhin muss man in Deutschland endlich mal von diesem dogmatischen Zentralismus wegkommen und mehr Kompetenzen auf die Regions- und Gemeindeebene verlagern und durch Volksabstimmungen überwachen lassen...

Wenn man diese wenigen Punkte politisch klären und umsetzen würde, ist eine Art "Umsturz" nicht mehr notwendig...die strukturellen Fehler können beseitigt werden, wenn man denn will!

Sehr guter Gedanke! Im Grunde meine ich mit einer Revolution auch keinen gewaltsam Umsturz, wohl aber eine bedeutsame Umwälzung der bestehenden Verhältnisse. Aber ich weiß nicht ob man diese Verhältnisse so leicht auf diese Weise aufdröseln kann. Ich denke es gibt in Deutschland eine sehr linke Monokultur, welche die Politik stark lähmt, während die Finanzkrise und der Wallstreet-Kapitalismus noch zusätzliches Öl ins Feuer gießen.

Bei dem Punkt der Dezentralisierung kann ich dir absolut zustimmen. Die richtige Demokratie findet immer in den Kommunen statt!

-jmw-
05.02.2014, 21:56
Es hängt m.E. u.a. davon ab, wie weit eine solche "Revolution" ginge.
Für die Einführung einer, sagen wir, semisozialistischen Präsidialdemokratie müssten sehr viel weniger Leute aus Amt und Leben entfernt werden als für die Einführung meinetwegen eines katholischen Neofeudalismus.
Ausgesiebt werden müsste bei den Parteivorständen und in den oberen Rängen von Justiz, Medien und Ministerialbürokratie.
Der Rest wird zum grösseren Teil aus Mitläufern und Opportunisten bestehen, die im Zuge erhebliche Veränderungen von Gesellschaft und Zeitgeist eh "von selbst" "umerzogen" würden, d.h. als Teil der Gesellschaft ohne nennenswertes äusseres Zutun "mitschwenkten".

Conny
05.02.2014, 22:13
Ich kann mich nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden, dass alle Spitzenpolitiker hierzulande Systemlinge sein sollen. Sicher, sie sind Teil des Establishments und die wenigsten von ihnen wehren sich dagegen, aber von vielen könnte ich mir auch vorstellen, dass sie in einem anderen System gute Politik machen würden.

Es macht einen Systemling doch gerade aus, dass er prinzipienlos ist, er also - egal unter welchem System - das Lied desjenigen singt, dessen Brot er isst. Erschwerend kommt hinzu, dass Systemlinge oft selber gar nicht mal wissen, was für rückgratlose Gestalten es sind, weil die Wärme (des Staates) im Rücken eben das fehlende Rückgrat erst gar nicht spüren lässt.
Und Idealisten kommen erst gar nicht in solche Sphären als dass sie Politik mittelfristig gestalten könnten, und wenn ausnahmsweise doch, dann werden sie kalt gemacht und als Symbol und Ikone stilisiert.
Man sagt ja nicht umsonst, dass Politik ein schmutziges Geschäft sei.

Und was deine Strangfrage angeht, so wird von Deutschen, ohnehin nicht sehr revolutionsfreudig, nie mehr eine Revolution ausgehen. Wenn in diesem Land noch Jemand auf die Dächer der Mächtigen steigt, dann werden das Migranten, bzw. deren nachfolgende Generationen sein.

derfreiegeist
06.02.2014, 17:00
Es macht einen Systemling doch gerade aus, dass er prinzipienlos ist, er also - egal unter welchem System - das Lied desjenigen singt, dessen Brot er isst. Erschwerend kommt hinzu, dass Systemlinge oft selber gar nicht mal wissen, was für rückgratlose Gestalten es sind, weil die Wärme (des Staates) im Rücken eben das fehlende Rückgrat erst gar nicht spüren lässt.
Und Idealisten kommen erst gar nicht in solche Sphären als dass sie Politik mittelfristig gestalten könnten, und wenn ausnahmsweise doch, dann werden sie kalt gemacht und als Symbol und Ikone stilisiert.
Man sagt ja nicht umsonst, dass Politik ein schmutziges Geschäft sei.

Und was deine Strangfrage angeht, so wird von Deutschen, ohnehin nicht sehr revolutionsfreudig, nie mehr eine Revolution ausgehen. Wenn in diesem Land noch Jemand auf die Dächer der Mächtigen steigt, dann werden das Migranten, bzw. deren nachfolgende Generationen sein.

Aber ist es denn so, dass Opportunismus eine grundsätzlich schlechte Eigenschaft ist? Ich meine, wenn Politik - wie du sagst - ein schmutziges Geschäft ist (was auch der Fall ist), dann ist doch ein Opportunist der bessere Politiker. Es gibt durchaus Beispiele für gute Realpolitiker, die sich an bestehenden Machtverhältnissen orientiert haben, beispielsweise Otto von Bismarck oder Helmut Schmidt.
Unter den aktuellen Spitzenpolitikern gibt es natürlich rückgratlose Kleinbürger, die nach unten treten und sich nach oben ducken, unsere Kanzlerin allen voran. Aber einige Andere (wie z.B. Sigmar Gabriel, den ich für halbwegs ehrlich halte und der bewiesen hat, dass er Machtpolitik beherrscht) kann ich mir auch durchaus gut in anderen Systemen vorstellen. Ich würde hier keine strikte Linie ziehen und behaupten: "die aktuellen Eliten sind alles Systemlinge und daher halte ich nichts von ihnen" oder dergleichen.

Und was die Sache mit der Revolutionsfreudigkeit angeht, so muss ich dir zwar zustimmen, aber es gab immer wieder kleine Gruppen die eine durchschlagende Wirkung hatten. Die 68er waren ja auch eine Minderheit und dennoch haben sie das Land nachhaltig beeinflusst.

Rocko
06.02.2014, 18:58
Aber ist es denn so, dass Opportunismus eine grundsätzlich schlechte Eigenschaft ist? Ich meine, wenn Politik - wie du sagst - ein schmutziges Geschäft ist (was auch der Fall ist), dann ist doch ein Opportunist der bessere Politiker. Es gibt durchaus Beispiele für gute Realpolitiker, die sich an bestehenden Machtverhältnissen orientiert haben, beispielsweise Otto von Bismarck oder Helmut Schmidt.
Unter den aktuellen Spitzenpolitikern gibt es natürlich rückgratlose Kleinbürger, die nach unten treten und sich nach oben ducken, unsere Kanzlerin allen voran. Aber einige Andere (wie z.B. Sigmar Gabriel, den ich für halbwegs ehrlich halte und der bewiesen hat, dass er Machtpolitik beherrscht) kann ich mir auch durchaus gut in anderen Systemen vorstellen. Ich würde hier keine strikte Linie ziehen und behaupten: "die aktuellen Eliten sind alles Systemlinge und daher halte ich nichts von ihnen" oder dergleichen.

Und was die Sache mit der Revolutionsfreudigkeit angeht, so muss ich dir zwar zustimmen, aber es gab immer wieder kleine Gruppen die eine durchschlagende Wirkung hatten. Die 68er waren ja auch eine Minderheit und dennoch haben sie das Land nachhaltig beeinflusst.

Ich bin der Meinung, die Frage nach dem System stellt sich nur insofern, als dass man den derzeitigen Rahmen, den die Demokratie bietet, falsch auslegt.
Letztenendes kommt man ja nicht drumherum, den Bürger bei der politischen Entscheidungsfindung partizipieren zu lassen, denn ansonsten kann man gleich eine autoritäre oder gar totalitäre Diktatur einführen! Ob das derzeit vorherrschende Dogma in Deutschland, nach dem der "Repräsentativismus" (so nenne ich das jetzt einfach mal), also die Willensbildung über verschiedene Zwischeninstanzen, absoluten Vorrang in der politischen Entscheidungsfindung hat, nun unbedingt positiv zu werten ist, wage ich allerdings zu bezweifeln, dennoch ist der grundlegende Gedanke, der dahintersteckt, richtig.

Das Problem ist schlicht und ergreifend, dass die einmal für eine gewisse Zeit gewählten Politiker hinterher nicht mehr zwingend dem Willen des Volkes genügen müssen und es so durch eine Entkopplung von der Politik und ihrer Entscheidungsfindung von den Bürgern kommt. Einmal gewählt, braucht sich der Politiker im Grunde für nichts mehr zu Rechtfertigen...warum auch?

Deshalb muss durch Volksabstimmungen bei Fragen, die den Großteil der Bürger betreffen, der eigentliche Souverän, also das Volk, an der politischen Entscheidungsfindung beteiligt werden.
Dies kann nur durch Föderalisierung und Verlagerung von Kompetenzen hin zu kleineren staatlichen Instanzen geschehen.