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Vollständige Version anzeigen : Huntington



Amida Temudschin
23.10.2003, 23:18
Was haltet ihr von Samuel Huntingtons These vom Kampf der Kulturen?

Meine eigene Meinung werde ich posten, wenn hier mehrere Meinungen zusammen gekommen sind.

pavement
23.10.2003, 23:28
halte ich nicht viel davon.

ich denke eher, es handelt sich um einen kampf zwischen extremisten und den vernünftigen teilen einer jeden kultur.

Amida Temudschin
23.10.2003, 23:33
Damit das Ganze nicht wieder ein Dialog wird, warte ich noch mit einer Antwort, wobei ich die Dialoge an sich ziemlich interessant finde, aber auch andere Meinungen hören will.

pavement
23.10.2003, 23:34
jo, gute idee.

Schlauchi
24.10.2003, 08:27
Samuel Huntingtons These riecht förmlich nach den neokonservativen Thinktanks Washingtons.


Da der Kommunismus als Erzfeind und Schreckgespenst des westlichen Blocks nicht mehr zur verfügung steht zabert Huntington eine neue wesentlich diffusere Gefahr aus dem Zylinder.

Fällt das eigentlich niemandem auf, das der Übergang von der roten Gefahr zum internationalen Terrorismuns fundamentalistisch islamischer Prägung
nahezu reibungslos und zeitnah vonstatten ging?

In diesem Buch das ich persönlich als zumindest von der CIA gesponsert, wenn nicht in Auftrag gegeben erachte, werden jahrhundertealte Vorurteile neu
aufgekocht und als ultima ratio des 21. Jahrhunderts präsentiert.

Warum war dieser Schinken so ein Verkaufsschlager, das er sogar die illegalen ebook toten stürmte? Wurde da etwas nachgeholfen?

Mein Fazit dieses Buch soll dazu beitragen eine minimale Bedrohungslage die seitens islamischer Fundamentalisten vorhanden ist, ins unermessliche aufzublasen um letzendlich sowohl die amerikanische Dominanz in Europa als auch über den gesamten nahen und mittleren Osten propagandistisch zu unterstützen.

Das ist bitte schlön meine eigene einschätzung und erhebt keinerlei Anspruch auf Wahheit .

VG

Schlauchii

Amida Temudschin
24.10.2003, 15:58
Eigentlich wollte ich auf eine Pro-Huntington-Meinung warten, aber die scheint's nicht zu geben.

Samuel Huntingtons These riecht förmlich nach den neokonservativen Thinktanks Washingtons.
Ja.

Da der Kommunismus als Erzfeind und Schreckgespenst des westlichen Blocks nicht mehr zur verfügung steht zabert Huntington eine neue wesentlich diffusere Gefahr aus dem Zylinder.
Ja.

Fällt das eigentlich niemandem auf, das der Übergang von der roten Gefahr zum internationalen Terrorismuns fundamentalistisch islamischer Prägung
nahezu reibungslos und zeitnah vonstatten ging?
Ja.

Warum war dieser Schinken so ein Verkaufsschlager, das er sogar die illegalen ebook toten stürmte? Wurde da etwas nachgeholfen?
Ich denke, daß die Tatsache, daß die USA dieses Buch quasi zur Staatsdoktrin erhoben haben, dafür gesorgt hat, daß auch Leute, die diese These ablehnen sich das Buch besorgt haben.

Mein Fazit dieses Buch soll dazu beitragen eine minimale Bedrohungslage die seitens islamischer Fundamentalisten vorhanden ist, ins unermessliche aufzublasen um letzendlich sowohl die amerikanische Dominanz in Europa als auch über den gesamten nahen und mittleren Osten propagandistisch zu unterstützen.
Ja.

Besonders zwei Punkte fand ich amüsant:
1. Die Erklärung, wieso Europa kulturell zu den USA zählt, Lateinamerika aber nicht. Sinngemäß: "Ein Wirtschaftskrieg wie zwischen Japan und den USA ist zwischen der EU und den USA nicht denkbar." Einige Jahre später kam dann der Stahlstreit und der Rückfall in den Protektionismus. Die USA klammern sich an Europa, um wenigstens sowas ähnliches wie Kultur zu besitzen, während eine Verbrüderung mit den mexikanischen Untermenschen natürlich unmöglich ist.
2. Das Fallbeispiel, mit dem dieser Pseudowissenschaftler seine Theorie erläutert. Die USA wollen natürlich nur die Demokratie verteidigen wollen, während Japan natürlich sofort zum Feind überläuft (ein Rückgriff auf die Japanparanoia der Achtziger) und das bis jetzt isolationistische China die erste Gelegenheit wahrnimmt, um einen Weltkrieg anzuzetteln (das neue Reich des Bösen). Auf die Russen kann man sich nicht verlassen (um die Kalten Krieger zufrieden zu stellen) und Europa verhält sich feige, wenn es sich nicht sofort an die Seite der USA stellt (erinnert mich an die Sichtweise während des Irakkrieges). Die islamische Welt verbündet sich mit allen Feinden der USA (eine Vorschau auf die Achse des Bösen).

Ich finde dieses Buch zwar recht unterhaltsam, aber wissenschaftlich ist es nicht ernst zu nehmen. Daß jemand wie Huntington Professor wird, ist wohl nur in "god's own country" möglich.

Amida Temudschin
25.10.2003, 20:09
Da wir anscheinend alle die gleiche Meinung haben, kommt es wohl nicht zu einer Diskussion. Schade eigentlich.

Schlauchi
25.10.2003, 23:32
Stimmt.

Hier fehlen eindeutig die Befürworter des Herrn Huntington wo sei Ihr?

VG

Schlauchi

moxx
30.03.2004, 14:55
nun ich muss mich jetzt scheinbar einwenig outen aber ich finde einige erklärungsmuster der theorie huntigtons rechtgescheit und belegbar. so bspw. die theorie über konflikte. die idee das konflikte zwischen zwei unterschiedlichen kulturen fast nicht lösbar sind und meistens in der vernichtung und vertreibung der einen seite endet ist fast überall zu sehen.
isral-palestina, der bosnien krieg, der ständige krieg zwischen türken und resteuropa bis ich weiß nich genau wann.
während sich konflikte zwischen zwei parteien der gleichen kultur lösen lassen. man sieh europa das vor 60 jahren noch einen erbitterten krieg untereinander führte.

Kaiser
30.03.2004, 18:02
Was haltet ihr von Samuel Huntingtons These vom Kampf der Kulturen?

Meine eigene Meinung werde ich posten, wenn hier mehrere Meinungen zusammen gekommen sind.

Ein ausgezeichnetes Buch, daß allerdings nur eine mögliche, wenn auch wahrscheinliche Entwicklung aufzeigt.

Amida Temudschin
18.05.2004, 05:54
nun ich muss mich jetzt scheinbar einwenig outen aber ich finde einige erklärungsmuster der theorie huntigtons rechtgescheit und belegbar. so bspw. die theorie über konflikte. die idee das konflikte zwischen zwei unterschiedlichen kulturen fast nicht lösbar sind und meistens in der vernichtung und vertreibung der einen seite endet ist fast überall zu sehen.
isral-palestina, der bosnien krieg, der ständige krieg zwischen türken und resteuropa bis ich weiß nich genau wann.
während sich konflikte zwischen zwei parteien der gleichen kultur lösen lassen. man sieh europa das vor 60 jahren noch einen erbitterten krieg untereinander führte.
Ich bezweifle nicht, daß Konflikte zwischen zwei Parteien, die unterschiedliche Kulturen besitzen, erbitterter und länger geführt werden als andere, aber kulturelle Unterschiede sind meiner Meinung nach nur sehr selten der Anlaß für einen Konflikt. Das sind viel eher historische Hintergründe, Religion oder Machtpolitik.
Die Kriege auf dem Balkan wurden hauptsächlich geführt, weil Serbien seine hegemoniale Stellung behalten wollte und die Teilrepubliken ihre Unabhängigkeit, die sie einst hatten, wiedererlangen wollten. Das israelische Volk wird von den Palestinänsern wahrscheinlich wesentlich stärker als andere Religionsgemeinschaft und jahrzehntelanger Unterdrücker als als anderer Kulturkreis wahrgenommen (wobei ich mir nicht sicher bin, ob sich zumindest Teile der israelischen Gesellschaft kulturell überhaupt großartig von den Palestinänsern unterscheiden). Kulturelle Unterschiede werden nur sehr gerne benutzt, um schon bestehende Konflikte noch weiter anzuheizen.

sparty2
18.05.2004, 12:08
Hi,

das Lustige (sofern ein solcher Konflikt überhaupt "lustig" sein kann) am Israel-Palestina-Konflikt ist ja, dass das die kulturellen Unterschiede recht greing sind. Hebräisch ist genau wie Arabisch eine semitische Sprache und der Islam ist sehr stark vom Jüdischen Glauben inspiriert. Natürlich hat sich die jüdische Kultur in West- und Mitteleuropa in der Zeit der Diaspora stark weiterentwickelt aber eine gemeinsame Basis bleibt doch bestehen...
Insofern greift Huntingtons Theorie hier nur sehr schlecht zumal der Konflikt und die Interessen der verschiedenen beteiligten Parteien und Hintermänner eine sehr seltsame Mischung aus Machpolitik, Imperialismus, Religion u.a. sind.

sparty2

Amida Temudschin
18.05.2004, 14:48
Etwa darauf wollte ich hinaus, wobei ich kulturell zwischen den Israelis arabischer, mitteleuropäischer und russischer Herkunft (vielleicht auch noch us-amerikanischer) unterscheiden würde, ohne wirklich in der Materie drinzustecken. Die russischen Juden unterscheiden sich ja allein schon ethnisch und damit vermutlich auch mehr oder weniger kulturell vom Rest.

moxx
19.05.2004, 13:22
nun ich habe israel jetzt eher der westlichen kultur zugerechnet - wie huntington sie beschreibt. demokratisch, pluralistisch und individuell.


im bosnien krieg wollte serbien wohl seine macht erhalten, aber wieso wurde dann der krieg so erbittert geführt mit vertreibungen usw.

ebenso zeigt sich gerade beim bosnien kreig der zusammenhang der verschiedenen kulturen.

die serbische seite wurde stark von russland unterstützt (orthodoxe kultur )
die bosnier von den arabischen staaten (muslimische kultur)
und die kroaten v.a. von deutschland und frankreich (westliche kultur)


@amida
du schreibst selbst, das viele konflikte wegen religion und historischer hintergrunde geführt werden. gehört dies nicht ausdrücklich zu der kultur eines volkes???
der westliche kulturkreis hat den historischen hintergrund schon immer mit dem islam im konflikt zu sein. ( ich nehm jetzt mal die grenzen huntingtons - also die regionen in denen katholizismus und protestantismus vorherschen)

angefangen mit den kreuzzügen, der reconcista, den türkenkriegen sowie heute der immer stärker werdende konflikt der usa und europas mit der islamischen welt.

Amida Temudschin
19.05.2004, 16:23
Viele der aus Europa und den USA eingewanderten Israelis würde ich auch der westlichen Kultur zurechnen, die stärker arabisch oder russisch geprägten jedoch nicht.

Man sollte nicht vergessen, daß Bosnien auch von den USA und der Kosovo von der gesamten westlichen Welt unterstützt wurde.

Geschichte, Religion und Kultur sind zwar relativ stark miteinander vermischt, aber nicht das Gleiche. Genau da sehe ich eine von Huntingtons vielen Schwächen. Er teilt die Welt hauptsächlich nach Religionen ein und nennt das Ganze dann Kulturkreise. Wieso wollte Bosnien die Unabhängigkeit? Weil sie es als ihr historisches Recht betrachteten und die Serben als Heiden ansahen oder weil sie die Serben als minderwertiges Volk sahen und ihre Gesellschaft sich fundamental von der serbischen unterschied?