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Vollständige Version anzeigen : Imperium USA



sunbeam
12.10.2005, 09:33
Ich habe gestern ein interessantes Buch zu Ende gelesen, Imperien (http://images-eu.amazon.com/images/P/3871345091.03.LZZZZZZZ.jpg) , und es stellt sich mir die Frage, ob die These des Autors stimmt, wonach sich die USA vom ehemals angesehen Hegemon zum von allen mißtrauisch beäugten Imperium gewandelt hat, zutrifft.

Was denkt Ihr?

Bitte nur ernstgemeinte Antworten, unter Berücksichtigung der Unterschiede der Begriffe "Hegemon", "Imperium" und "imperialistisch".

Lord Solar Plexus
12.10.2005, 10:54
Leider kenne ich das Buch selbst nicht. Dennoch scheint mir an der These, wie du sie vorgestellt hast, was dran zu sein. Natürlich gab es immer jemanden, der an den USA, ihren Lebensweisen oder ihrer Weltmachtstellung etwas auszusetzen hatte. Aber ein beschützender Hegemon, ein primus inter pares, der scheinbar den Alliierten ihre eigenen Vorstellungen lässt, mit dem konnte man prima leben.

Jetzt haben wir zwar faktisch wieder die gleichen Feinde, aber die Einigkeit im Umgang mit ihnen ist teilweise (!) und in der öffentlichen Wahrnehmung verloren. Ich bin sicher, dass es auf administrativer Ebene immer noch recht reibungslos läuft. Es scheint, als würden die USA eher den Konflikt suchen und zwar nicht nur mit Diktaturen, sondern auch mit Partnern.

Aber das ist nur eine Ebene. Geographische Ausdehnung, geopolitischer und strategischer Anspruch und die Mittel zur Durchsetzung haben sich nicht geändert. Daher sind die USA weder damals noch heute imperial - das Wort passt schon wegen seines historischen Inhalts schlecht. Sie sind eben eine Weltmacht. Und ein entscheidender Unterschied ist: sie sind die einzige (militärische) Weltmacht. Die SU war - unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung - ein Gegengewicht, das bestimmte extreme policies unmöglich machte. Einen Atomkrieg hätte eben niemand gewonnen. China, ohne blue water navy oder andere Reichweitenmittel, ist noch keine Supermacht. Heutzutage bestände aber für die USA die Möglichkeit, alles zu tun und zu lassen, was sie möchte.

Die einzige Hürde ist ihr ethisches und politisches Selbstverständnis. Wenn man annimmt, dass dieses unter Bush mehr oder weniger schnell erodiert, dann stellt sich schnell Skepsis ein. Und dann sind manche mit negativ beladenen Attributen wie imperialistisch schnell zur Hand.

sunbeam
12.10.2005, 11:13
Es spricht einiges dafür, auch wenn man an die USA den gleichen Maßstab anlegt an andere ehemalige Imperien, dass sie im Begriff sind ihre Macht zu überdehnen.

Diese Überdehnung der Macht führt mittel- und langfristig dazu, dass der Anspruch der USA von mehreren "kleinen" Imperien (EU) und ein- oder zwei sich auf dem Weg zu einem Großimperium entwickelten Weltregionen (China und evtl. Indien) angezweifelt und in Frage gestellt wird.

"Witzergerweise" hat sich noch ein jeder Übergang von einem in sich "einstürzenden" Imperium zu einem erstarkenden Imperium nicht ohne militärische Konflikte abgezeichnet, die Frage jedoch, die sich stellt ist die, ob sich auch diesmal wie 1989/90 das Wegbrechen des Einflusses eines Imperiums so friedlich zeigt oder ob es zu einer Konfrontation führt!

sunbeam
16.10.2005, 14:43
Es ist schade das so wenige etwas zu diesem brandaktuellen Thema, das die Debatten beherrscht im In- und Ausland, zu sagen haben.

Biskra
16.10.2005, 15:40
Es ist schade das so wenige etwas zu diesem brandaktuellen Thema, das die Debatten beherrscht im In- und Ausland, zu sagen haben.

Jetzt drängel halt nicht so.

Zum Thema:

Ich vermute mal, daß du das Buch von Kennedy gelesen hast, bzw. eines was auf Kennedys Thesen aufbaut.
Kurz gesagt: Im Gegensatz zum Römischen Imperium oder auch zum Imperium Karls V. weisen die USA keine räumlich-geostrategische Überdehnung auf.
Auch ist die USA kein Vielvölker- / Mehrnationenstaat, daher ist zumindest der Vergleich fragwürdig.

Pirx
16.10.2005, 15:41
Hab vor einiger Zeit "Weltmacht USA. Ein Nachruf" von Emmanuel Todd (Fronkreisch) gelesen. Darin prognostiziert er ein massives Einbrechen amerikanischer Dominanz. Seine Argumente sind u.a. das enorme Handelsbilanzdefizit der USA, das mit der wirtschaftlichen auch eine militärische Schwächung bedeutet und das Gegenspiel neuer oder restaurierter Großmächte: Vor allem China, Russland und die EU.
Als weiteren Punkt möchte ich selber noch anfügen, dass die Immigration aus dem Süden des Kontinents so massive Formen angenommen hat, dass die südlichen Teile der USA langsam aber sicher in lateinamerikanische Entwicklungsländer mutieren.

luftpost
16.10.2005, 15:47
Hab vor einiger Zeit "Weltmacht USA. Ein Nachruf" von Emmanuel Todd (Fronkreisch) gelesen. Darin prognostiziert er ein massives Einbrechen amerikanischer Dominanz. Seine Argumente sind u.a. das enorme Handelsbilanzdefizit der USA, das mit der wirtschaftlichen auch eine militärische Schwächung bedeutet und das Gegenspiel neuer oder restaurierter Großmächte: Vor allem China, Russland und die EU.
Als weiteren Punkt möchte ich selber noch anfügen, dass die Immigration aus dem Süden des Kontinents so massive Formen angenommen hat, dass die südlichen Teile der USA langsam aber sicher in lateinamerikanische Entwicklungsländer mutieren.

So lang die Amis ihre weltmacht mentalität behalten, und die restliche welt diese akzeptiert und sogar anerkennt wird sich nichts ändern.
egal wie die handeslbilanzen aussehen, oder die südlichen staaten der usa sich entwicheln.

sunbeam
16.10.2005, 17:02
Jetzt drängel halt nicht so.

Zum Thema:

Ich vermute mal, daß du das Buch von Kennedy gelesen hast, bzw. eines was auf Kennedys Thesen aufbaut.
Kurz gesagt: Im Gegensatz zum Römischen Imperium oder auch zum Imperium Karls V. weisen die USA keine räumlich-geostrategische Überdehnung auf.
Auch ist die USA kein Vielvölker- / Mehrnationenstaat, daher ist zumindest der Vergleich fragwürdig.

Die "Überdehnung", die ehem. Imperien an ihrer Peripherie zu spüren bekamen und die auch letztlich zum Verfall des Imperiums führte, hat die USA nicht - richtig! Allerdings ist der Einfluß der USA in wirtschaftlicher, militärischer und kultureller Art weltweit an einen Punkt angelangt, an dem sich andere aufmachen die Vorherrschaft zu brechen.

Daher wird die Zukunft eine krisen-starke Zeit bringen, in der sich die mehrere Staaten an den USA reiben werden...!

sunbeam
16.10.2005, 17:09
Hab vor einiger Zeit "Weltmacht USA. Ein Nachruf" von Emmanuel Todd (Fronkreisch) gelesen. Darin prognostiziert er ein massives Einbrechen amerikanischer Dominanz. Seine Argumente sind u.a. das enorme Handelsbilanzdefizit der USA, das mit der wirtschaftlichen auch eine militärische Schwächung bedeutet und das Gegenspiel neuer oder restaurierter Großmächte: Vor allem China, Russland und die EU.
Als weiteren Punkt möchte ich selber noch anfügen, dass die Immigration aus dem Süden des Kontinents so massive Formen angenommen hat, dass die südlichen Teile der USA langsam aber sicher in lateinamerikanische Entwicklungsländer mutieren.

Das Problem an Imperien ist die Anziehungskraft die das Ursprungsland ausübt! Die Masseneinwanderung südl. Bundesstaaten aus lateinamerik. Staaten ist so ein Problem.

basti
16.10.2005, 17:37
Es ist schade das so wenige etwas zu diesem brandaktuellen Thema, das die Debatten beherrscht im In- und Ausland, zu sagen haben.


naja, ist ja auch nicht ganz einfach.
was versteht denn münkler unter "imperium" und "hegemon"?

Crystal
16.10.2005, 18:14
Kurz gesagt: Im Gegensatz zum Römischen Imperium oder auch zum Imperium Karls V. weisen die USA keine räumlich-geostrategische Überdehnung auf.
Auch ist die USA kein Vielvölker- / Mehrnationenstaat, daher ist zumindest der Vergleich fragwürdig.
Die von Ihnen genannte "Überdehnung" muss nicht unbedingt physische Presents (Presenz?) bedeuten. Ich denke da z.B. an die satellitengestützen HiTech Informations- Überwachungs- und Kontrollsysteme.

Außerdem bin ich der Meinung, dass die US sehr wohl ein Vielvölkerstaat sind, der allerdings und im Gegensatz zu anderen Vielvölkerstaaten (mit homogenen "Inseln") gesund durchgemischt ist.

Crystal
16.10.2005, 18:15
Die "Überdehnung", die ehem. Imperien an ihrer Peripherie zu spüren bekamen und die auch letztlich zum Verfall des Imperiums führte, hat die USA nicht - richtig! Allerdings ist der Einfluß der USA in wirtschaftlicher, militärischer und kultureller Art weltweit an einen Punkt angelangt, an dem sich andere aufmachen die Vorherrschaft zu brechen.

Daher wird die Zukunft eine krisen-starke Zeit bringen, in der sich die mehrere Staaten an den USA reiben werden...!
Völlige Zustimmung meinerseits!

Crystal
16.10.2005, 18:16
Das Problem an Imperien ist die Anziehungskraft die das Ursprungsland ausübt! Die Masseneinwanderung südl. Bundesstaaten aus lateinamerik. Staaten ist so ein Problem.
Auch hier völlige Zustimmung!

Roter Prolet
16.10.2005, 18:17
Außerdem bin ich der Meinung, dass die US sehr wohl ein Vielvölkerstaat sind, der allerdings und im Gegensatz zu anderen Vielvölkerstaaten (mit homogenen "Inseln") gesund durchgemischt ist.

Ja, die USA haben Vielvölkerstaat-Status, sind aber auch in Ghetthos wie in New York eingeteilt.

Roter Prolet
16.10.2005, 18:18
Auch hier völlige Zustimmung!

Was schlägst du mit sunbeam vor?
Etwa ein Grenz-Erschiessungskommando?!

Crystal
16.10.2005, 18:22
Ja, die USA haben Vielvölkerstaat-Status, sind aber auch in Ghetthos wie in New York eingeteilt.
Niemand hat jemals die Menschen in den US gezwungen in Ghettos zu leben, im Gegensatz zur stalinistischen Vergangenheit der USSR.
Es ist ähnlich wie in Deutschland die Türken-Viertel in einer Stadt. Es ist nur natürlich, dass sich Minderheiten zusammenraufen und sich einen eigenen Lebensraum suchen, wo Gleichgesinnte zusammenleben.

Crystal
16.10.2005, 18:25
Was schlägst du mit sunbeam vor?
Etwa ein Grenz-Erschiessungskommando?!
Das mit dem Erschiessungskommando ist Ihre Intrerpretation der Dinge.
Ich habe das niemals behauptet, noch irgendeinen Satz von mir gegeben, der darauf Rückschlüsse ziehen lies.

Ich brauche gar nichts vorzuschlagen, denn die US-Regierung (und sogar private Organisationen) handeln bereits entsprechend.

JosephBlücher
16.10.2005, 18:30
Die Gleichsetzung der USA mit einem Imperium lahmt, wo die Amerikaner noch nicht mal ein eigenes Volk sind!

Crystal
16.10.2005, 18:37
Die Gleichsetzung der USA mit einem Imperium lahmt, wo die Amerikaner noch nicht mal ein eigenes Volk sind!
Dann lahmt ebenso die Definition eines "Römischen Imperiums" aus den gleichen Gründen.

JosephBlücher
16.10.2005, 18:44
Dann lahmt ebenso die Definition eines "Römischen Imperiums" aus den gleichen Gründen.
Warum denn das? Die Römer haben zwar über Jahrhunderte andere Völker assimiliert, aber prinzipiell ist eine gewisse Kontinuität in der Beibehaltung der alten römischen Kultur zu erkennen, und somit auch von einem Volk zu sprechen.

Crystal
16.10.2005, 19:01
Warum denn das? Die Römer haben zwar über Jahrhunderte andere Völker assimiliert, aber prinzipiell ist eine gewisse Kontinuität in der Beibehaltung der alten römischen Kultur zu erkennen, und somit auch von einem Volk zu sprechen. Und Sie sehen in Ihrem Beispiel keine Parallelen und Analogien zur US?

Biskra
16.10.2005, 20:16
Die von Ihnen genannte "Überdehnung" muss nicht unbedingt physische Presents (Presenz?) bedeuten. Ich denke da z.B. an die satellitengestützen HiTech Informations- Überwachungs- und Kontrollsysteme.



Doch, es geht in der von mir genannten Kategorie "räumlich-geostrategisch" per definitionem um physische Präsenz. Um vielleicht das ganze etwas genauer auf den Punkt zu bringen: Auch im Römischen Imperium, bzw. dem Karls V. ist es von großer Bedeutung zwischen Peripherie und angrenzenden bzw. entfernten Vasallenstaaten zu unterscheiden. Die Peripherie der USA besteht aus den Inseln im Pazifik, Alaska etc, Vasallenstaaten wären ehemals die BRD, tw. heute noch Südkorea, Taiwan, Haiti, Afghanistan, Irak...


Außerdem bin ich der Meinung, dass die US sehr wohl ein Vielvölkerstaat sind, der allerdings und im Gegensatz zu anderen Vielvölkerstaaten (mit homogenen "Inseln") gesund durchgemischt ist.

Welche Völker wären denn da zu nennen und welche Gebiete der USA wären da ihr angestammter Siedlungsraum?

Crystal
16.10.2005, 20:39
Doch, es geht in der von mir genannten Kategorie "räumlich-geostrategisch" per definitionem um physische Präsenz. Um vielleicht das ganze etwas genauer auf den Punkt zu bringen: Auch im Römischen Imperium, bzw. dem Karls V. ist es von großer Bedeutung zwischen Peripherie und angrenzenden bzw. entfernten Vasallenstaaten zu unterscheiden. Die Peripherie der USA besteht aus den Inseln im Pazifik, Alaska etc, Vasallenstaaten wären ehemals die BRD, tw. heute noch Südkorea, Taiwan, Haiti, Afghanistan, Irak...
Auf meine Bemerkung der HiTech-Technologie gehen Sie gar nicht ein.
Dass Haiti, Irak und Afghanistan zu den Vasallen der US gehören sollen ist äußerst interessant und bedarf m.E. einer näheren Betrachtung.
Dass Alaska ebenfalls ein Vasallenstaat der US sein sollte, erstaunt mich außerordentlich, da Alaska doch Teil der US ist.




Welche Völker wären denn da zu nennen und welche Gebiete der USA wären da ihr angestammter Siedlungsraum?
Wenn Sie per "eigener Definition" von angestammten Siedlungsraum sprechen, dann haben Sie natürlich Recht. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass die US auch ohne "angestammten Siedlungsraum" ein Vielvölkerstaat ist. Ganz simple und einfach durch die Zuwanderungen der letzten Jahrhunderten bedingt, insbesondere aus Europa und vornehmlich aus Deutschland!