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Vollständige Version anzeigen : Die vergessene Architectura Navalis



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Heifüsch
12.04.2013, 01:56
Ich möchte hier einmal an eine untergegangene Architekturform erinnern, die nicht die ortsgebundene Immobilie sondern die hölzerne "Mobilie" zum Gegenstand hat.

Wo in der Landarchitektur der rechte Winkel die Koordinaten bestimmt, sind es in der Schiffsarchitektur die Rundungen, die den Schiffskörper in kompliziertester Weise definieren. Und nicht die erdgebundene Statik sondern die Dynamik der umgebenden Elemente Wind und Wasser bestimmen die Grundregeln dieser besonderen Architekturform, die als solche kaum noch und allenfalls klischeehaft wahrgenommen wird.

Erwartungsgemäß wird das hier eher ein Monolog werden, da die Kenntnis der Schiffbaugeschichte keine allzu verbreitete ist. Falls Interesse besteht, werde ich aber gerne einmal die letzten tausend Jahre Schiffbauhistorie unter dem besonderen architektonischen Aspekt mit Bildbeispielen und schriftlichen Quellen belegt darlegen >8-)

Hier als Einstieg das erhaltene Heck des schwedischen Schoners Amphion des berühmten Schiffsarchitekten Fredrik Henrik af Chapman (1721-1808):

https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQZHD01f27PW6ZnCDfmlJv4FmxR_4LNX KqZ8DUCAgee9G9pKVA5

Leif
12.04.2013, 09:36
Ich kann es kaum erwarten :appl:

Brotzeit
12.04.2013, 09:39
"Faszinierend!" ( Spock; Enterprise ; Logbucheintrage 21498666458 )

Ich habe mal die Wasa als Modell aus Plastik gebaut.
Das Heck ............. Ein Kunstwerk!

Heifüsch
12.04.2013, 13:43
Ich kann es kaum erwarten :appl:

Im Ernst? Cool, dann bis heute abend...:-)

Heifüsch
12.04.2013, 13:47
"Faszinierend!" ( Spock; Enterprise ; Logbucheintrage 21498666458 )

Ich habe mal die Wasa als Modell aus Plastik gebaut.
Das Heck ............. Ein Kunstwerk!

http://edithandfranz11stockholm.files.wordpress.com/2011/04/v3-vasa.jpg?w=900

Heifüsch
12.04.2013, 13:49
Das war alles mal farbig gefasst und vergoldet. Aber auch diese ranzige Ruinenästhetik hat ihren Reiz :-)

Hupps! Sollte eigentlich ne Bildunterschrift werden, hehe...%-)

Leif
12.04.2013, 14:15
Im Ernst? Cool, dann bis heute abend...:-)

Freu mich schon :)

Heifüsch
13.04.2013, 00:38
Freu mich schon :)

Na denn mal los :-)

Keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Am besten in der Antike. Allerdings ist das so umfangreich, was die Ägypter, Phönizier, Griechen, Minoer, Karthager und Römer damals bauten, daß ich nur mal ein paar Beispiele überlebender Zeugen des damaligen Schiffbaus anführen möchte.

Erst mal das berühmte Cheops-Schiff, das die Jahrtausende fein säuberlich in seine Einzelteile zerlegt im Wüstensand überlebte, dann ausgegraben wurde und nun im Zeitraffer verrottet:

http://www.aegypten-online.de/typo3temp/pics/Sonnenschiff_des_Cheops_a40828e7b3.jpg

Die Vorgänger dieser Schiffe wurden noch aus Papyrusstauden zusammengefügt, deren Enden vorn und achtern hochgebogen wurden. (Thor Heyerdahl hatte einen solchen "schwimmenden Heuhaufen" einmal nachempfunden und damit den Atlantik überquert.) Interessanterweise orientierten sich die späteren Holzschiffe dann immer noch an der ursprünglich papyrusbedingten Steven-Optik und ahmten diese ehemals hochgebundenen Enden nun vollkommen zweckfrei in Holz nach :-)

Hier ein Modell dieser "Barke":

http://www.coellen-cork.com/images/barke.jpg

Eleganter lässt sich so etwas kaum noch gestalten. Achtern (hier links) erkennt man den seltsam einwärtsgebogenen Steven. Genau so wurden in früherer Zeit die Papyrusbündel geknickt und mit einem Tau fixiert :-) Eine Besegelung ist hier nicht vorgesehen, bei größeren Schiffen war sie aber durchaus gebräuchlich. Da sich die ägyptische Schiffahrt auf den Nil beschränkte, erwies sich der dort vorherrschende Nordwind als äußerst günstig, um stromaufwärts zu segeln. Stromabwärts ließ man sich einfach treiben...

"Das Bootsmuseum mit dem Sonnenschiff des Cheops. Im Mai 1954 fanden zwei ägyptische Archäologen des ägyptischen Antikendienstes bei Aufräum- und Säuberungsarbeiten an der Südflanke der Cheopspyramide zwei riesige steinerne Bootsgruben von jeweils mehr als 30 Metern Länge. Eine davon wurde geöffnet, die andere ist bis heute verschlossen, wurde allerdings 1987 mit einer speziellen Minikamera, die durch ein kleines Loch ins Innere der Bootsgrube eingeführt wurde, fotografiert. Die östliche Grube, die geöffnet wurde, beinhaltete 1224 sehr gut konservierte Einzelteile des zerlegten Bootes. Ägyptische Restauratoren unter der Leitung des Spezialisten Ahmed Youssef haben mehr als 10 Jahre sorgfältig die Einzelteile analysiert und das Schiff nach den altägyptischen Konstruktionsmarken, die an den Einzelteilen angebracht waren, wieder zusammengefügt Die Bootsplanken und Teile wurden nicht mit Nägeln oder Metalldübeln zusammengesetzt, sondern nach alter Bauweise mit Stricken zusammengebunden. Heraus kam ein 43 Meter langes und 5,6 Meter breites, elegantes Barkenschiff aus feinstem, libanesischen Zedernholz mit großer Schiffskajüte, einem Kajütenzelt für den Kapitän und langen Holzrudern. Nach 4500 Jahren sieht es nun beinahe wie neu aus und ist somit das älteste, komplett erhaltene, Holzschiff der Welt. Um es vor Wind und Wetter zu schützen und den Besuchern die Besichtigung des Schiffes zu ermöglichen, hat man eigens für das Schiff ein Museum gebaut. Vor der Ostseite der Pyramiden liegen ebenfalls drei große Schiffsgruben. Sie sind aber schon seit langer Zeit aufgedeckt und ausgeraubt."

http://www.aegypten-online.de/reisefuehrer/sehenswuerdigkeiten/pyramiden-von-giza/cheopspyramide.htm

Heifüsch
13.04.2013, 01:17
Hier nun die Rekonstruktion einer griechischen Triere oder Trireme, eines Kriegsschiffes aus dem 5. Jahrhundert v.u.Z. Sportstudenten üben das koordinierte Rudern. Gar nicht so einfach und äußerst schweißtreibend, wie man sieht :-)
Die Galeeren der Neuzeit hatten dann nicht mehr diese bis zu fünf verschiedenen mit Ruderern besetzten Ruderreihen sondern nur noch eine einzige, wobei bis zu sieben Mann an einem einzigen Riemen (Ruder) zerrten. Antike Galeeren waren auch nicht mit Sklaven bemannt, wie der Film "Ben Hur" suggeriert. Das wurde ebenso erst in der Neuzeit praktiziert. Entweder mit moslemischen Kriegsgefangenen oder mit Sträflingen, die mit Ketten an die Ruderbänke fixiert waren :-(


http://www.youtube.com/watch?v=7da52cJLwW8

http://en.wikipedia.org/wiki/Olympias_%28trireme%29

Heifüsch
13.04.2013, 01:36
Hier nun ein Beispiel römischer Schiffbaukunst, bei dem sich die Architectura Navalis und die Landarchitektur besonders nahekommen. Zwei riesige "Lustschiffe" wurden in den 30er Jahren auf dem Grund des Nemisees bei Rom entdeckt. Mussolini befahl, den See trockenzulegen und die Schiffe zu bergen...

http://de.wikipedia.org/wiki/Nemi-Schiffe#Die_Schiffe


http://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Venedigbilder/PICT2796.JPG

Eins der Schiffe im Modell...


https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQvO1-rVpalJmv1T63mIrCYKS5tR8kfWg0OJUtGHI3EJzeUyCdtXQ

Solche Bronzebeschläge fanden sich an Bord der Wracks. Ebenso eine "Fußbodenheizung", Kettenpumpen und Bleiplatten zum Schutz der Schiffsrümpfe, wie sie erst von den Spaniern im 16. Jahrhundert wieder eingeführt wurden, um ihre Schiffe gegen den karibischen Teredo Navalis (Schiffsbohrmuschel) zu schützen.

(http://de.wikipedia.org/wiki/Nemi-Schiffe#Die_Schiffe)

Geronimo
13.04.2013, 01:39
Toller Strang! Glückwunsch. Ein bißchen Werbung für meinen Lieblingsstrang ist hoffentlich erlaubt:
http://www.politikforen.net/showthread.php?63560-Die-sch%C3%B6nsten-Bilder-der-leichten-Fliegerei

Heifüsch
13.04.2013, 02:15
Toller Strang! Glückwunsch. Ein bißchen Werbung für meinen Lieblingsstrang ist hoffentlich erlaubt:
http://www.politikforen.net/showthread.php?63560-Die-sch%C3%B6nsten-Bilder-der-leichten-Fliegerei

Danke, ich weiß das zu schätzen >&-)=

Wenn´s die Schiffe nicht gäbe würde ich mich wohl auch mit Flugzeugen beschäftigen. Die betreiben eigentlich auch nichts anderes als die Fortführung der Schiffahrt mit anderen Mitteln :-)

Heifüsch
13.04.2013, 03:18
So, Schluß jetzt mit der Antike. Komischerweise hatten diese Schiffe keinerlei Einfluß auf das, was sich gegen Ende des ersten Jahrtausends in Nordeuropa als der Prototyp unserer aktuellen Schiffe entwickeln sollte. Alles, was auf unseren heutigen Meeren schwimmt hat seinen Ursprung in diesen drei bescheidenen Schiffstypen, die eigentlich so gar nicht mit ihren hochgezüchteten antiken Pendants konkurrieren konnten:

1. Das skandinavische Wikingerschiff. Ein klinkergebautes Langschiff unterschiedlichster Größe mit einem kurzen Mast mit Rahsegel. Symmetrisch in der Form, schlank und elastisch im Wasser liegend und in einigen mehr oder weniger gut erhaltenen Exemplaren in dänischen und norwegischen Museen anzutreffen :-)
Eine kürzere, kompaktere und hochbordigere Variante, die "Knorre", diente als Transport- und Handelsschiff. Anzunehmenderweise wurde dieser Typ von den Entdeckern Islands, Grönlands und Neufundlands bevorzugt verwendet.

2. Die Kogge (eigentlich "der" Koggen). Eine originär friesische Entwicklung mit flachem kraweelgebautem Boden (Planken auf Stoß) und ab der Aufkimmung (Knick der Bordwand nach oben) klinkergebauten Bordwänden ( Planken überlappen sich dachziegelartig). Die Steven (vorderer und hinterer (achterer) senkrechter Abschlußbalken des Schiffsrumpfes in Verlängerung des Kiels) sind im Gegensatz zu den gekrümmten Steven der Wikingerschiffe gerade ausgeführt. Massive Decksbalken durchstossen hier die Bordwände.
Koggen hatten ebenso wie Wikingerschiffe grundsätzlich nur einen Mast und ein Rahsegel, das durch das Anschlagen von "Bonnets" vergrößert werden konnte. Umgangssprachlich gilt heute zwar alles als "Kogge", was älter aussieht als die Gorch Fock, aber davon sollte man sich nicht beirren lassen. Ab etwa 1400 starb dieser Schiffstyp unwiederbringlich aus und wenn berufene Laien mehrmastige Schiffe immer noch als Kogge bezeichnen, dann darf man sie getrost als Ignoranten bezeichnen :-)

3. Der "Holk", der mysteriöseste der drei genannten Typen. Einfach weil noch nicht die geringste Spur eines Originalexemplars gefunden wurde. Man ist hier tatsächlich auf schlichte Münzabbildungen angewiesen, auf simplifizierte Siegeldarstellungen und auf einen bei Manufaktum angebotenen englischen Korb, der alle Konstruktionsmerkmale eines veritablen Holks aufweist :-)
Ursprünglich stammt dieser Typ aus England und/oder Flandern. Ich bin da nicht auf dem genauen Stand der Forschung, aber wenn sich hier Sensationelles ergeben hätte, wäre mir das nicht entgangen...

Abbildungen erfolgen morgen :-)

Leif
13.04.2013, 09:17
Absolut grandios, vielen Dank! :gp:Nicht allein informativ, sondern auch sehr unterhaltsam zu lesen :appl:

Heifüsch
13.04.2013, 11:44
Danke :-) Jetzt zu den Wikingerschiffen:

Wikingerschiffe sind sehr praktisch. Wenn man eins findet kann man es prima zu Feuerholz verarbeiten und damit seine Feldküche betreiben. So jedenfalls im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 geschehen, als österreichische Truppen einen Zufallsfund auf diese Weise sinnvoll nutzten.
Als dann später das Gokstadschiff und das prächtige Osebergschiff entdeckt wurden, ging man zum Glück sensibler mit den Dingern um, konservierte sie und präsentierte sie der staunenden Öffentlichkeit.
Diese Funde lösten eine wahre Begeisterungswelle für die nordische Schiffahrtshistorie und für antike Schiffe im Allgemeinen aus und markieren somit den Beginn der wissenschaftlichen Erforschung und Rekonstruktion der Architectura Navalis :-)

http://www.bilder-hochladen.net/files/big/j23p-a-d3d9.jpg

Ein Modell des Gokstadschiffes... http://de.wikipedia.org/wiki/Gokstad-Schiff (Im Hintergrund das Modell des Osebergschiffs)

http://www.wikinger-normannen.ch/images/stories/Pape_Bilder/gokstad%20schiff.jpg

Das Original im Wikingerschiff-Museum (http://de.wikipedia.org/wiki/Vikingskipshuset) in Bygdøy (http://de.wikipedia.org/wiki/Bygd%C3%B8y), Oslo (http://de.wikipedia.org/wiki/Oslo)

Leif
13.04.2013, 11:50
Einfach nur wundervoll! Und ich muss mir in Vorlesungen anhören, Design sei eine Erfindung des 20ten Jahrhunderts :D

Heifüsch
13.04.2013, 11:59
Einfach nur wundervoll! Und ich muss mir in Vorlesungen anhören, Design sei eine Erfindung des 20ten Jahrhunderts :D

Von wegen! Die industrielle Vermurksung und Vermarktung von Design meinen die wohl :-)

Heifüsch
13.04.2013, 12:13
Hier nun das Osebergschiff: http://de.wikipedia.org/wiki/Oseberg-Schiff

http://cdn1.spiegel.de/images/image-164710-galleryV9-bxmi.jpg

http://www.adelinde.net/wp-content/uploads/2010/08/Osebergschiff-Arch%C3%A4ologie.jpg http://www.adelinde.net/wp-content/uploads/2010/08/Osebergschiff-Verzierung.jpg http://lutz-moeller-jagd.de/Schiessen/Weite-Schuesse/Weite-Schuesse-2-Dateien/Osebergschiff.jpg


https://www.youtube.com/watch?v=-kKBYHrsydA

Heifüsch
13.04.2013, 12:27
Auch Dänemark kann einige Wikingerschiffe aufweisen. Allerdings ist von denen kaum noch etwas übrig, da sie als Schiffssperre versenkt wurden und nicht als Grabstätte an Land dienten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsfriedhof_von_Skuldelev


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/SkuldelevII.jpg

Neben solch traurigen Wracks unterschiedlicher Größe wurden in Skuldelev auch Reste von Knorren gefunden. Als Knorr oder Knorre bezeichnet man die kurze und hochbordige Variante der schlanken Langschiffe.

Hier ein Modell:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/78/Modell_Knorr.jpg

Hier das Lübecker Stadtsiegel von 1226:

http://www.uni-bonn.de/%7Euph202/images/BilderMA/Stadtsiegelluebeck.png

Dargestellt ist der Gründungsschwur der deutschen Hanse. Links der westfälische Kaufmann und rechts der Lübecker Schiffer. Und das an Bord keiner Kogge, sondern einer veritablen Knorre, hier sogar mit Drachensteven. Dieser Schiffstyp hat die Wikingerzeit also noch um einige Jahre überlebt :-)

(http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsfriedhof_von_Skuldelev)

Cetric
13.04.2013, 12:28
Bravo, Heifüsch. Ich liebe alte hölzerne Schiffe mit Segeln... scheiß Metallgedöns des Industralisierungszeitalters bitte draußen bleiben.

Heifüsch
13.04.2013, 12:32
Bravo, Heifüsch. Ich liebe alte hölzerne Schiffe mit Segeln... scheiß Metallgedöns des Industralisierungszeitalters bitte draußen bleiben.

Vollkommen d´accord! An diesen Blechbüchsen beissen sich Heifüsche auch die Zähne aus >&-)=

Cetric
13.04.2013, 12:37
Zufällig auch mein Interessengebiet. Vielleicht finde ich in meinen Büchern paar hübsche Bilder für deinen Strang... sogar Konstruktionspläne für Fregatten, falls einer von euch sowas bauen und vor Somalia Piraten jagen möchte...

Leif
13.04.2013, 12:52
Will mal nicht die chronologische Reihenfolge durcheinanderbringen ;)

Heifüsch
13.04.2013, 12:53
Zufällig auch mein Interessengebiet. Vielleicht finde ich in meinen Büchern paar hübsche Bilder für deinen Strang... sogar Konstruktionspläne für Fregatten, falls einer von euch sowas bauen und vor Somalia Piraten jagen möchte...

Fregatten tauchen voraussichtlich auf Seite 20 auf, falls ich die Chronologie beibehalten kann. Ich geb dir dann Bescheid :-)

Heifüsch
13.04.2013, 12:55
Ein indisches Hausboot



Da würde ich sofort einziehen und mir hier an der Spree nen Liegeplatz suchen :-) Das ist alles geflochten, wie´s aussieht %-)

Heifüsch
13.04.2013, 13:00
So, und jetzt haltet euch bitte alle fest. Das wird einem u.a. angeboten, wenn man bei Google "Kogge" eingibt: >x´(

http://cdn.fotocommunity.com/images/Pomerania-Western-Pomerania/Gdansk/Alte-Kogge-a23953624.jpg

Und so sahen diese Kisten tatsächlich aus. Hier die weltberühmte Bremer Kogge von 1380:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bremer_Kogge_%281380%29

http://www.denkmalpflege.bremen.de/fastmedia/12/PK%20Kogge%20VS%2028052008.JPG

Hier dasselbe nochmal als Nachbau (sog. Kieler Kogge):

http://www.hansekogge.de/hkwcms/content/images/62b8e0d38f543f2e31ff231fac7ca26b.jpg https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/Modell_der_Bremer_Kogge_von_1380.jpg
Ein (ergänztes) Modell des Bremer Koggenfunds mit unvollständigem Heck- und fehlendem Bugkastell :-(

Heifüsch
13.04.2013, 13:14
Will mal nicht die chronologische Reihenfolge durcheinanderbringen ;)

Nee, sowas funktioniert nicht :-) Ich find´s auch immer ganz angenehm, wenn solche Stränge zwischendurch etwas aufgelockert werden. Solange keiner die Angela Merkel oder den Papst ins Spiel bringt, ist hier alles erlaubt :-))

Cetric
13.04.2013, 13:27
Aus Chapmans 'Architectura Navalis Mercatoria', erschienen 1768 Stockholm:

"Nr. 12. Heckboot 2. Klasse, mit FregattTakelung.
Länge über Steven 148 3/4 Fuß
Breite auf Spant 37 5/6 Fuß
Konstruktions-Tiefgang 20 Fuß 4 Zoll
Tragfähigkeit 389 schwere Lasten
Hauptspantquerschnitt 594 Quadratfuß
Fläche der obersten Wasserlinie 4727 Quadratfuß
Deplacement 61498 Kubikfuß
Gesamtbaukosten des Schiffes 70659 Kronen."
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Heckboot_No_12.jpg

Cetric
13.04.2013, 13:33
Eine Venezianische Kogge, 13. Jahrhundert (in meinem Buch genannt: 1207), 2 Masten mit Lateinsegeln:
Länge 28,5m
Breite 7,00m
Tiefgang 3,00m
Verdrängung 140 to
Segelfläche 186 qm
Besatzung 28 Mann.

Eingesetzt im Levante-Handelsverkehr, östlicher Mittelmeerraum bis Schwarzes Meer.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Venezianische_Kogge_13_JHD.jpg

Heifüsch
13.04.2013, 13:39
Aus Chapmans 'Architectura Navalis Mercatoria', erschienen 1768 Stockholm:

"Nr. 12. Heckboot 2. Klasse, mit FregattTakelung.
Länge über Steven 148 3/4 Fuß
Breite auf Spant 37 5/6 Fuß
Konstruktions-Tiefgang 20 Fuß 4 Zoll
Tragfähigkeit 389 schwere Lasten
Hauptspantquerschnitt 594 Quadratfuß
Fläche der obersten Wasserlinie 4727 Quadratfuß
Deplacement 61498 Kubikfuß
Gesamtbaukosten des Schiffes 70659 Kronen."


Ja, Chapman machte aus dem guten alten Schiffbauerhandwerk eine absolute Ingenieurswissenschaft. Voriges Jahr konnte ich einmal in einer Originalausgabe seiner Architectura Navalis Mercatoria blättern. Kein Vergleich zu den kleinen Reprints und hätte ich das nötige Kleingeld gehabt, hätte ich dieses wunderbare Buch meiner Sammlung einverleibt :-)
Einige seiner Entwürfe mögen zwar konstruktiv durchdacht sein, aber ästhetisch ansprechend finde ich sie nicht unbedingt. Der Heckspiegel seiner "Amphion" in #1 ist allerdings ein absolutes Kunstwerk :-)

Heifüsch
13.04.2013, 13:45
Eine Venezianische Kogge, 13. Jahrhundert (in meinem Buch genannt: 1207), 2 Masten mit Lateinsegeln:
... Eingesetzt im Levante-Handelsverkehr, östlicher Mittelmeerraum bis Schwarzes Meer.

Das dürfte eine Illustration von Björn Landström sein. Eine Cocca ist das allerdings nicht, auch wenn diese Bezeichnung immer wieder für solche Schiffe Verwendung findet. Dieser gezeigte Typ geht direkt auf die antike römische Corbita zurück, einem Standardfrachter des Mittelmeers. Zu byzantinischer Zeit erhielten diese Schiffe dann ihre typische Lateinerbesegelung, die auf Coccas nie anzutreffen war.

http://www.artsales.com/ARTistory/Ancient_Ships/images/Mercha33.jpg Rekonstruktionszeichnung einer Corbita mit doppelten Seitenrudern

Corbita-Relief aus dem 2. Jhdt:

http://farm8.staticflickr.com/7012/6801992323_2bd1069711_m.jpg

Cetric
13.04.2013, 14:28
Ja, Chapman machte aus dem guten alten Schiffbauerhandwerk eine absolute Ingenieurswissenschaft. Voriges Jahr konnte ich einmal in einer Originalausgabe seiner Architectura Navalis Mercatoria blättern. Kein Vergleich zu den kleinen Reprints und hätte ich das nötige Kleingeld gehabt, hätte ich dieses wunderbare Buch meiner Sammlung einverleibt :-)
Einige seiner Entwürfe mögen zwar konstruktiv durchdacht sein, aber ästhetisch ansprechend finde ich sie nicht unbedingt. Der Heckspiegel seiner "Amphion" in #1 ist allerdings ein absolutes Kunstwerk :-)

Handelsschiffahrt hat ja auch in erster Linie mit Geldverdienen zu tun, leider weniger mit Ästhetik.
Meine Reprint-Ausgabe von Chapman ist von 1984, Verlag Delius Klasing Bielefeld. Format 24,2x34,5cm. Solides gebundenes Buch, gibt's heute wohl gar nicht mehr (scheiß Paperback...und Computergrafik wohin man schaut), mit Faltplänen drinnen. Gelegenheitskauf von Ebay, 6 Euro.

Heifüsch
13.04.2013, 14:43
Handelsschiffahrt hat ja auch in erster Linie mit Geldverdienen zu tun, leider weniger mit Ästhetik.
Meine Reprint-Ausgabe von Chapman ist von 1984, Verlag Delius Klasing Bielefeld. Format 24,2x34,5cm. Solides gebundenes Buch, gibt's heute wohl gar nicht mehr (scheiß Paperback...und Computergrafik wohin man schaut), mit Faltplänen drinnen. Gelegenheitskauf von Ebay, 6 Euro.

Ebay ist tatsächlich ein Segen für uns! Ich darf aber gar nicht daran denken, was ich für meine schätzungsweise 800 Schiffsbücher einmal ausgegeben habe, die einem heute für fast umsonst hinterhergeschmissen werden... >x.(

Cetric
13.04.2013, 16:15
Ebay ist tatsächlich ein Segen für uns! Ich darf aber gar nicht daran denken, was ich für meine schätzungsweise 800 Schiffsbücher einmal ausgegeben habe, die einem heute für fast umsonst hinterhergeschmissen werden... >x.(

Freu dich doch, daß du so zu Schnäppchen kommst. Weil die Idioten da draußen das Lesen verlernen und offenbar Bücher ihrer Eltern usw keine Verwendung mehr finden. Mit manchen anderen Sachen ist es genauso. Sauteure optische Fotokameras (nicht digitale) oder Hifi-Komponenten werden von der Generation Smartphone verramscht, da heißt es zugreifen, ehe sich eine neue Liebhaber-Szene bildet und zugreift.

Heifüsch
13.04.2013, 18:14
Freu dich doch, daß du so zu Schnäppchen kommst. Weil die Idioten da draußen das Lesen verlernen und offenbar Bücher ihrer Eltern usw keine Verwendung mehr finden. Mit manchen anderen Sachen ist es genauso. Sauteure optische Fotokameras (nicht digitale) oder Hifi-Komponenten werden von der Generation Smartphone verramscht, da heißt es zugreifen, ehe sich eine neue Liebhaber-Szene bildet und zugreift.

Stimmt schon. Für nautische Antiquitäten ist die beste Zeit allerdings längst vorbei. Was da an Kostbarkeiten für wenig Geld verscherbelt wurde,... unglaublich! Heute findet man nur noch den üblichen maritimen Kitsch, ausgestopfte Meerjungfrauen, Steuerräder und so was alles >&.)=

Leif
13.04.2013, 21:24
Ich suche auf ebay nur Pottwalzähne, immer vergeblich. Und auf Inuit-Folklore kann ich verzichten! Noch einmal das Hausboot. Da gibt es zum Teil Exemplare, die einem wirklich eine Vorstellung der Lustschiffe römischer Kaiser verschaffen...

http://farm3.staticflickr.com/2594/5836548571_d7f72ae10d_b.jpg

Shahirrim
13.04.2013, 21:26
Ich suche auf ebay nur Pottwalzähne, ...

Ich habe den eines Männchens. Wieviel würdest du denn dafür bieten?

Leif
13.04.2013, 21:36
Ich habe den eines Männchens. Wieviel würdest du denn dafür bieten?

Käme auf Größe und Gewicht an. 10-15cm 60-100 Euro.

Heifüsch
13.04.2013, 21:40
Ich suche auf ebay nur Pottwalzähne, immer vergeblich. Und auf Inuit-Folklore kann ich verzichten! Noch einmal das Hausboot. Da gibt es zum Teil Exemplare, die einem wirklich eine Vorstellung der Lustschiffe römischer Kaiser verschaffen...

Ach siehste, ...das wollte ich ja noch posten:


https://www.youtube.com/watch?v=kdrH8qrMcAs

Und die Pottwalzähne sind natürlich meist aus Plastik >8-(

Heifüsch
13.04.2013, 22:26
Das Nydamboot oder -schiff hätte ich fast vergessen! Als früher Vorläufer des Wikingerschiffs ist dieser Fund unersetzlich:

http://de.wikipedia.org/wiki/Nydam-Schiff

(http://de.wikipedia.org/wiki/Nydam-Schiff)Nydam-Schiff

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c1/Nydamboat.2.jpg/220px-Nydamboat.2.jpg (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nydamboat.2.jpg) http://bits.wikimedia.org/static-1.21wmf12/skins/common/images/magnify-clip.png (http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Nydamboat.2.jpg)
Nydam-Schiff, Schloss Gottorf (http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Gottorf) Schleswig (http://de.wikipedia.org/wiki/Schleswig)


Das Nydam-Schiff oder auch Nydam-Boot (dänisch: Nydambåden) ist ein Ruderboot, das etwa 320 n. Chr. im Nydam-Moor (http://de.wikipedia.org/wiki/Nydam-Moor) (Südjütland (http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCtland)) geopfert (http://de.wikipedia.org/wiki/Opfer_%28Religion%29) und im Jahre 1863 wieder ausgegraben (http://de.wikipedia.org/wiki/Ausgrabung) wurde. Es war ein hochseetaugliches Kriegsfahrzeug, welches als schneller Truppentransporter bis zu 45 Mann aufnehmen konnte. Das Nydam-Schiff ist in der Nydam-Halle des Archäologischen Landesmuseums in Schloss Gottorf (http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Gottorf), in Schleswig (http://de.wikipedia.org/wiki/Schleswig) ausgestellt. Zurzeit ist die Nydam-Halle mit dem Schiff wegen Vorbereitungsarbeiten für Besucher geschlossen. Am 14. April 2013 ist die Nydam-Halle im Rahmen einer Sonderausstellung über die Geschichte des Nydambootes für Besucher wieder geöffnet.[1] (http://de.wikipedia.org/wiki/Nydam-Schiff#cite_note-1)

Das Schiff

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/2e/Nydamboat.1.jpg/220px-Nydamboat.1.jpg (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nydamboat.1.jpg) http://bits.wikimedia.org/static-1.21wmf12/skins/common/images/magnify-clip.png (http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Nydamboat.1.jpg)
Nydam-Schiff, Schloss Gottorf


Das Nydam-Boot hat einen Schiffsrumpf (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsrumpf) in Klinkerbauweise (http://de.wikipedia.org/wiki/Beplankung) mit einer ursprünglichen Länge von 22,84 m und einer maximalen Breite von 3,26 m. Die sich überlappenden Planken waren mit eisernen Nieten (http://de.wikipedia.org/wiki/Niet) untereinander verbunden, was dem Rumpf eine große Festigkeit gab. Als Dichtung diente gewebter Wollstoff und eine teerige Masse. Es wurde früher angenommen, dass die Planken (http://de.wikipedia.org/wiki/Planke) einteilig waren und sich über die gesamte Rumpflänge hinzogen. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die meisten Planken aus zwei Teilen zusammengesetzt sind. Diese wurden in einer Stufe überlappend zusammengelascht. Anders als beispielsweise das etwa 670 Jahre ältere Hjortspring-Boot (http://de.wikipedia.org/wiki/Hjortspringboot) besaß das schlank gebaute Hochseefahrzeug einen echten, nach oben gezogenen Bug (http://de.wikipedia.org/wiki/Bug_%28Schiffbau%29), der mit der Bodenplanke (http://de.wikipedia.org/wiki/Kiel_%28Schiffbau%29) verbunden war. Die Eichenspanten waren wie beim Hjortspring-Boot an Zapfen gebunden, die beim Behauen stehen gelassen wurden. Diese so genannten Klampen (http://de.wikipedia.org/wiki/Klampe) dienten gleichzeitig auch als Auflage für die Duchten (http://de.wikipedia.org/wiki/Ducht) (Ruderbänke). Das Schiff hatte keine Segelvorrichtung (http://de.wikipedia.org/wiki/Segel) und war alleine für den Antrieb mit Riemen (http://de.wikipedia.org/wiki/Riemen_%28Schifffahrt%29) eingerichtet, bei dem die Ruderer mit dem Rücken in Fahrtrichtung saßen. Als Ruderdollen dienten auf die Reling geschnürte Astdollen, die unterschiedlich geschmückt waren. In der Nähe des Bugs hatte es zwei geschnitzte, hölzerne Masken mit langen Bärten. Die Besatzung bestand aus 45 Mann, davon 36 Ruderer an den Riemen.
Das Fälldatum der Bauhölzer des Schiffs konnte dendrochronologisch (http://de.wikipedia.org/wiki/Dendrochronologie) in den Zeitraum zwischen 310 und 320 n. Chr. datiert werden. Es ist wahrscheinlich, dass das Schiff zwischen 340 und 350 in dem ehemaligen Opfersee versenkt wurde. Die Herkunft des Holzes deutet auf einen Bauort in Dänemark (http://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A4nemark), Schleswig-Holstein (http://de.wikipedia.org/wiki/Schleswig-Holstein) oder Schonen (http://de.wikipedia.org/wiki/Schonen) hin...

Heifüsch
14.04.2013, 00:51
So, jetzt fehlt noch der Holk oder Hulk, dann ist die Einleitung abgeschlossen.
Das Bisherige waren eben die wichtigsten schiffbauhistorischen Eckdaten, dokumentiert anhand original erhaltener Schiffe. Mangels eines Holkfundes muss ich hier aber etwas improvisieren und die typische Holk-Beplankung anhand dieses formschönen Manufactum-Angebots demonstrieren :-)

Voilà! Ein sogenannter Sussex-trug:

http://images.manufactum.de/manufactum/produktdetail/83502_1.jpg

Man muß sich den Henkel einmal wegdenken und sich ganz auf die "Planken" konzentrieren. Diese enden hier nicht wie üblich in den Steven sondern verlaufen fast parallel zu diesen (bzw. einer zum Steven ausgeformten massiven Kielplanke) nach oben, wo sie stumpf abgeschnitten durch ein "Dollbord" zusammengehalten werden. Diese spezielle Konstruktionsweise erlaubt eine fast beliebige Schiffsbreite, was besonders bei Lastschiffen von Vorteil ist. Es ist wohl anzunehmen, daß Fahrzeuge dieser Konstruktion anfangs primär in der Binnenschiffahrt eingesetzt wurden, denn besonders hochseetauglich wirkt dieser Korb nicht gerade :-)

Komisch, wenn ich bei Google die Stadt Hulkesmouth eingebe, erscheint das hier:

http://www.filmdrunk.com//ul/1923-HulkMouth.jpg

Diese Grünen sind doch wirklich überall :-( Ich versuch´s nochmal...

http://www.coins-of-the-uk.co.uk/pics/hamm/ed4/10s/e4ry.jpg
Das ist jetzt ein sogenannter Rosenoble aus der Regierungszeit Edwards IV. Die Planken sind genau wie bei diesem Korb stumpf abgeschnitten und enden nicht im Steven, sondern streben parallel zu diesem nach oben, wo dann die Kastelle den nötigen Zusammenhalt garantieren >&-)

http://www.rolf-baerenfaenger.de/holk01.jpg
Das Stadtsiegel New Shorehams von 1295 mit typischem Hulk.

Geronimo
14.04.2013, 00:54
Was ist denn mit diesen runden Booten mit Lederbespannung? Wohl aus Irland oder Schottland. Angeblich sind damit die ersten Missionare über die Nordsee gekommen. Diese verdammten Penner.

Heifüsch
14.04.2013, 01:16
Was ist denn mit diesen runden Booten mit Lederbespannung? Wohl aus Irland oder Schottland. Angeblich sind damit die ersten Missionare über die Nordsee gekommen. Diese verdammten Penner.

Das waren Curraghs oder Coracles und dieser Missionar hieß St Brendan oder so. Die Dinger gibt´s heute noch für Angler, aber aus dem Bootsstadium sind die nie herausgekommen, weshalb ich sie hier unterschlage :-)

Ach nee, du meinst diesen Missionar, der unsere schöne Donars-Eiche gefällt hat? Ja, dieser Mistkerl hat hier viel durcheinandergebracht :-(

Cetric
16.04.2013, 13:45
Eine englische Kogge namens 'Mary Fortuna' des Jahres 1300. Man sieht im Vergleich zu dem venezianischen Schiff 100 Jahre früher, daß die Kampfplattformen oder Kastelle mehr in den Schiffskörper integriert sind, 'verwachsen', statt wie behelfsmäßig auf Pfosten draufgestellt worden zu sein.
Diese frühen Schiffe wurden nicht nach Plänen gebaut, sondern frei schnauze nach den Erfahrungen der Baumeister, daher auch die uneinheitliche Gestaltgebung und die Schwierigkeit, im nachhinein Kategorien oder Gattungsnamen wie 'Kogge', 'Hulk', 'Karacke', 'Karavelle' dafür zu finden. Der portugiesische Nao - der auch wieder eine Art hochseefähige Karavelle oder Karacke ist, heißt auf deutsch einfach nur 'Schiff'.
Länge 26m
Breite 6,67m
Tiefgang 2,95m
Verdrängung 132 to

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Englische_Kogge_1300AD.jpg

Nun ein Bild, wie man sich eine spanische Karacke des späten 15. Jahrhunderts vorstellt. Genauer gesagt handelt es sich hier um die berühmte 'Santa Maria', gebaut 1480 in Santander, das Flaggschiff von Cristobal Colon (=Kolumbus) auf seiner ersten Atlantik-Durchsegelung, Landung auf Hispanola (Haiti/Dom.Rep.).
Dieses Schiff wird auch zu den Karavellen gezählt, wie auch die Begleitschiffe Pinta und Nina, obwohl sie äußerlich äußerst verschieden sind, auch von der Größe und Besegelung her.
Länge 23,6m
Breite 7,92m
Tiefgang 2,10m
Verdrängung 51,3 to
Bewaffnung 4 Bombardellen 90mm, Kolubrinen unbekannter Zahl 50mm.

http://www.bilderhost.eu/images-i5076b35nhf.jpg (http://www.bilderhost.eu/display-i5076b35nhf.html)

Cetric
16.04.2013, 14:00
Aus Chapmans Buch eine Algerische Schebecke, ein äußerst schnittiges Schiff, das in den Nordafrikanischen Barbaresken-Ländern entwickelt worden ist zum Schrecken der christlichen Seefahrt (denn die Musels an der algerischen-marokkanischen Küste waren berüchtigte Piraten und Sklavenhändler über Jahrhunderte hinweg):
Länge über Steven 130 1/3 Fuß
Breite auf Spant 25 1/4 Fuß
Tiefgang 9 2/3 Fuß
28 Kanonen: 16x 6-Pfünder auf dem Hauptdeck, 4x 12-Pfünder auf der Back, 8x 3-Pfünder auf der Schanze. Dazu 30 Donnerbüchsen. Konnte auch bei Windstille mit 9 Riemenpaaren vorangetrieben werden.
A = Querschnitt im Bereich der Kajüte
B = Querschnitt hinter dem Fockmast
C = Querschnitt im Hauptspant

http://www.bilderhost.eu/images-i5077bkj8og.jpg (http://www.bilderhost.eu/display-i5077bkj8og.html)

Das Schiff auf der unteren Bildhälfte ist eine Maltesische Galeere (Der Malteser Ritterorden war gewissermaßen der Gegenspieler der Barbaresken und unterhielt dazu eine eigene Flotte),
Länge über Steven 184 Fuß
Breite auf Spant 24 5/6 Fuß
Tiefgang 8 1/2 Fuß
5 Kanonen, davon 2x 8-Pfünder auf dem Deck, 2x 6-Pfünder auf dem Deck, 1x 36-Pfünder auf der Back (sicher als Jagdgeschütz nach vorn gerichtet wie bei Galeeren üblich). ordentlich Wumms, wenn man damit trifft...

Heifüsch
17.04.2013, 01:55
Eine englische Kogge namens 'Mary Fortuna' des Jahres 1300. Man sieht im Vergleich zu dem venezianischen Schiff 100 Jahre früher, daß die Kampfplattformen oder Kastelle mehr in den Schiffskörper integriert sind, 'verwachsen', statt wie behelfsmäßig auf Pfosten draufgestellt worden zu sein.
Diese frühen Schiffe wurden nicht nach Plänen gebaut, sondern frei schnauze nach den Erfahrungen der Baumeister, daher auch die uneinheitliche Gestaltgebung und die Schwierigkeit, im nachhinein Kategorien oder Gattungsnamen wie 'Kogge', 'Hulk', 'Karacke', 'Karavelle' dafür zu finden. Der portugiesische Nao - der auch wieder eine Art hochseefähige Karavelle oder Karacke ist, heißt auf deutsch einfach nur 'Schiff'.
Länge 26m
Breite 6,67m
Tiefgang 2,95m
Verdrängung 132 to

Gibt es zu dieser "englischen Kogge" irgendeine Quellenangabe? Ich bin ja der Meinung, daß es englische Koggen nie gegeben hat. Entweder waren das Nefs, Keels (undefinierbarer Schiffstyp) oder aber Hulks, die um 1300 und auch später englische Gewässer befuhren. Zudem zeigt dein Bildbeispiel einige Unstimmigkeiten. Vor allem das Vorschiff ähnelt eher einem späteren Holk, wenngleich der Plankenverlauf untypisch ist.

Heifüsch
17.04.2013, 02:18
Aus Chapmans Buch eine Algerische Schebecke, ein äußerst schnittiges Schiff, das in den Nordafrikanischen Barbaresken-Ländern entwickelt worden ist zum Schrecken der christlichen Seefahrt (denn die Musels an der algerischen-marokkanischen Küste waren berüchtigte Piraten und Sklavenhändler über Jahrhunderte hinweg):
Länge über Steven 130 1/3 Fuß
Breite auf Spant 25 1/4 Fuß
Tiefgang 9 2/3 Fuß
28 Kanonen: 16x 6-Pfünder auf dem Hauptdeck, 4x 12-Pfünder auf der Back, 8x 3-Pfünder auf der Schanze. Dazu 30 Donnerbüchsen. Konnte auch bei Windstille mit 9 Riemenpaaren vorangetrieben werden.
A = Querschnitt im Bereich der Kajüte
B = Querschnitt hinter dem Fockmast
C = Querschnitt im Hauptspant

http://www.bilderhost.eu/images-i5077bkj8og.jpg (http://www.bilderhost.eu/display-i5077bkj8og.html)

Das Schiff auf der unteren Bildhälfte ist eine Maltesische Galeere (Der Malteser Ritterorden war gewissermaßen der Gegenspieler der Barbaresken und unterhielt dazu eine eigene Flotte),
Länge über Steven 184 Fuß
Breite auf Spant 24 5/6 Fuß
Tiefgang 8 1/2 Fuß
5 Kanonen, davon 2x 8-Pfünder auf dem Deck, 2x 6-Pfünder auf dem Deck, 1x 36-Pfünder auf der Back (sicher als Jagdgeschütz nach vorn gerichtet wie bei Galeeren üblich). ordentlich Wumms, wenn man damit trifft...

So ne Art Schebecken gab´s auch in der Ostsee. Hier der Originalplan eines preussischen Küstenwachtschiffes von ca. 1790. Die seltene Zeichnung wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Sie gilt als der älteste erhaltene Entwurf eines deutschen Seeschiffes überhaupt.

http://files.homepagemodules.de/b45070/f15t244p1440n2.jpg

OneDownOne2Go
17.04.2013, 02:26
Na Mensch! Ich hab's zwar mehr mit den stählernen Kriegsschiffen ab dem späten 19. Jahrhundert, aber trotzdem bin ich froh, diesen ebenso interessanten wie unterhaltsamen und sogar lehrreichen Strang doch noch entdeckt zu haben!

KuK
17.04.2013, 02:27
Moin, Heifüsch!

Ein ganz toller Strang, den ich mir als Enkel zweier Hamburger Schiffbauerfamilien besonders gerne betrachte:

Weitermachen so; leider habe ich nicht genug grüne Punkte....

Besten Gruß und Ahoi,

KuK

Heifüsch
17.04.2013, 02:35
Na Mensch! Ich hab's zwar mehr mit den stählernen Kriegsschiffen ab dem späten 19. Jahrhundert, aber trotzdem bin ich froh, diesen ebenso interessanten wie unterhaltsamen und sogar lehrreichen Strang doch noch entdeckt zu haben!

Bis zum Dreadnought kann ich mich in gewisser Weise auch für dein Interessensgebiet begeistern. Nur sind diese ollen Holzkisten immer noch etwas attraktiver für meine unverbesserlich romantische Seele :-)
Aber so´n nettes Feedback ist doch ein Anreiz, hier weiterzumachen. Thanks for watching >8-)=

KuK
17.04.2013, 02:37
So, und jetzt haltet euch bitte alle fest. Das wird einem u.a. angeboten, wenn man bei Google "Kogge" eingibt: >x´(

http://cdn.fotocommunity.com/images/Pomerania-Western-Pomerania/Gdansk/Alte-Kogge-a23953624.jpg

Und so sahen diese Kisten tatsächlich aus. Hier die weltberühmte Bremer Kogge von 1380:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bremer_Kogge_%281380%29

http://www.denkmalpflege.bremen.de/fastmedia/12/PK%20Kogge%20VS%2028052008.JPG

Hier dasselbe nochmal als Nachbau (sog. Kieler Kogge):

http://www.hansekogge.de/hkwcms/content/images/62b8e0d38f543f2e31ff231fac7ca26b.jpg https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/Modell_der_Bremer_Kogge_von_1380.jpg
Ein (ergänztes) Modell des Bremer Koggenfunds mit unvollständigem Heck- und fehlendem Bugkastell :-(

Als das Dingens im Bremerhavener Schiffahrtsmuseum konserviert wurde, lag es 1986 gerade 8 Jahre im Poly-Propylen-Wasser-Gemisch. Schön daß es jetzt fertig geworden ist und als "Ubena-Kogge" in Bremerhaven einen Nachbau gefunden hat.

Heifüsch
17.04.2013, 02:43
Moin, Heifüsch!

Ein ganz toller Strang, den ich mir als Enkel zweier Hamburger Schiffbauerfamilien besonders gerne betrachte:

Weitermachen so; leider habe ich nicht genug grüne Punkte....

Besten Gruß und Ahoi,

KuK

Moin moin! Um deine Herkunft biste ja wirklich zu beneiden :-) Aber immerhin hatte sich meine Oma einst als Füschverkäuferin profiliert und das scheint mir doch irgendwie im Blut zu liegen. Und die grünen Punkte finde ich weniger wichtig als deinen positiven Kommentar. Demnächst geht´s also weiter... >&-)

Heifüsch
17.04.2013, 02:54
Als das Dingens im Bremerhavener Schiffahrtsmuseum konserviert wurde, lag es 1986 gerade 8 Jahre im Poly-Propylen-Wasser-Gemisch. Schön daß es jetzt fertig geworden ist und als "Ubena-Kogge" in Bremerhaven einen Nachbau gefunden hat.

Auch die Ubena basiert auf dem Bremer Koggenfund. Allerdings halte ich diese Replik für weniger überzeugend als die Kieler Version, die ich bereits angeführt hatte.

http://www.rostock.de/bilder/hansesail/Kogge-UBENA-VON-BREMEN.jpg

Dieser Mastkorb, der eher an einen Papierkorb als an zeitgenössische "Krähennester" erinnert, dient dazu, Radar- und Funkantennen zu tarnen und hat keinerlei historische Entsprechung. Auch die bunte Pavesade, die Schilder aussenbords des Heckkastells sind reine Touristenshow und machen hier mehr kaputt als daß sie die Zeit um 1380 wiederbeleben würde. Zudem zerstört das riesige und unhistorische Bremer Wappen auf dem gestreiften Segel den letzten Rest an Authentizität, ebenso das offene Heckkastell, das eigentlich als geschlossene Wehranlage hätte gebaut werden sollen :-(

KuK
17.04.2013, 03:31
Auch die Ubena basiert auf dem Bremer Koggenfund. Allerdings halte ich diese Replik für weniger überzeugend als die Kieler Version, die ich bereits angeführt hatte.

http://www.rostock.de/bilder/hansesail/Kogge-UBENA-VON-BREMEN.jpg

Dieser Mastkorb, der eher an einen Papierkorb als an zeitgenössische "Krähennester" erinnert, dient dazu, Radar- und Funkantennen zu tarnen und hat keinerlei historische Entsprechung. Auch die bunte Pavesade, die Schilder aussenbords des Heckkastells sind reine Touristenshow und machen hier mehr kaputt als daß sie die Zeit um 1380 wiederbeleben würden. Zudem zerstört das riesige Bremer Wappen auf dem gestreiften Segel den letzten Rest an Authentizität, ebenso das offene Heckkastell, das eigentlich als geschlossene Wehranlage hätte gebaut werden sollen :-(

Moin, Heifüsch!

Das Ubena -Getöse erhebt keinerlei historischen Anspruch, wohl aber den, seegängig nach neuerem Seerecht zu sein: Auch die Takelage paßt in keinster Weise: wie soll denn der Ausguck ins Krähennest kommen, wenn es keine richtige Wanten gegeben haben soll. Die Pardunen sind für'n Arsch und die "Salings" eigentlich keine. Vollständig lächerlich wird es bei den Groß-Brassen und den "Bulinen", heißen die Haltetaue der unteren Segellieke, glaube ich... die waren nämlich über Blöcke weit vorderlich platziert.

Das Vorstag über die ganze Länge mit Tausendfüßlern zu versehen, damit das Groß nicht schamfielt, ist'n Witz. So, wie die da das Groß-Segel getrimmt haben, kriegt jeder Skipper Kotzreiz.

Aber wie willze das machen auf so'm Affenfelsen....

Mit Ahoi,

KuK

Pythia
17.04.2013, 08:04
... da die Kenntnis der Schiffbaugeschichte keine allzu verbreitete ist ...

http://www.24-carat.de/2011/EGYPSHIP.JPG

Wird sich auch wenig verbreiten und eher ein Liebhaber-Thema bleiben als ein Schiffsbau-Studiumsfach werden, da es in der Schiffbaugeschichte für Gegenwart und Zukunft nichts zu lernen gibt.
Künftige Schiffsbau-Architekten orientieren sich anders.



Ein paar Knoten mehr Geschwindigkeit interesieren die gar nicht, und Materialforschung überlassen sie Anderen. Bei der Oasis of the Seas war es schon schwierig die richtige Flächenaufteilung zu definieren für die Bereiche Gewerbe, Wohnen, Technik, Freizeit und Verwaltung, und dieses Schiff ist trotz 8.460 Bewohnern nicht mal eine richtige Kleinstadt.
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
Der nächste Schritt in der Schiffsbau-Architektur ist eine bisher noch nicht bewältigte Herausvorderung: eine richtige Großstadt für 160.000 Bewohner, mit Flughafen, 4 Seehäfen, mehreren Schulen und Krankenhäusern, weitgerender Selbstbersorgung und genug Export zur Rundum-Versorgung für alle Bewohner, und Alles verteilt auf 4 Schiffe:
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
http://www.24-carat.de/2012/11/Cal-oasi.gif
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
Im Detail ist bereits Einiges ausgearbeitet, aber zur funktionsfähigen Großstadt gehört noch viel Planung, für die bisher nicht mal solche Parameter definiert sind wie die Anzahl der Hotelbetten oder der Metzger, und für 2025 ist bereits der Stapellauf anvisiert. Das erscheint weit weg, da die Arbeit aber 2007 anfing, wissen wir, wieviel (oder wie wenig) Fortschritt in 5 Jahren möglich ist. 2025 ist knapp.

Cetric
17.04.2013, 09:59
So ne Art Schebecken gab´s auch in der Ostsee. Hier der Originalplan eines preussischen Küstenwachtschiffes von ca. 1790. Die seltene Zeichnung wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt. Sie gilt als der älteste erhaltene Entwurf eines deutschen Seeschiffes überhaupt.

http://files.homepagemodules.de/b45070/f15t244p1440n2.jpg

Danke, Heifüsch. Daß sogar die Preußen Schebecken nachgebaut haben! Interessant! Dieses Schiff ist aber wesentlich gedrungener als das Original-Design, hat etwas Speck angesetzt, und ich möchte bezweifeln ob unsere Preußen damit die ausgezeichneten Segeleigenschaften der Barbaresken-Modelle erreicht haben. Die Windverhältnisse an der Ostsee sind wohl auch nicht ganz dieselben wie im Mittelmeer, für welches die Lateinsegel entwickelt wurden.
Eine Fregatte ist kampfwertmäßig sicher der Schebecke überlegen, aber nicht ganz so schnell und wendig.

Cetric
17.04.2013, 10:13
Gibt es zu dieser "englischen Kogge" irgendeine Quellenangabe? Ich bin ja der Meinung, daß es englische Koggen nie gegeben hat. Entweder waren das Nefs, Keels (undefinierbarer Schiffstyp) oder aber Hulks, die um 1300 und auch später englische Gewässer befuhren. Zudem zeigt dein Bildbeispiel einige Unstimmigkeiten. Vor allem das Vorschiff ähnelt eher einem späteren Holk, wenngleich der Plankenverlauf untypisch ist.

Leider nein. Meine farbigen Bilder hier stammen aus einem ziemlich populärwissenschaftlichen Buch, ohne Quellenangaben, nicht mal der Zeichner (den du meinst erkannt zu haben) wird angegeben. Ist eine Übersetzung von Attilio Cucari's "Velieri", 2004 Mondadori Electra SpA. Milano, erschienen 2008 im Bassermann Verlag unter dem Titel "Segelschiffe. Die Königinnen der Meere - Geschichte und Typologie".
Ich kann also deine These, daß es englische Koggen nicht gegeben haben könnte, nicht widerlegen. Persönlich glaube ich allerdings, daß in einem derart engen Raum vieler Kulturen wie Ostsee und Nordseeküsten und gerade bei Schiffen, die ja naturgemäß viel herumkommen, der eine Baumeister vom anderen abgeschaut haben muß, sodaß ein ständiger wechselseitiger Einfluß im Schiffsbau vorgelegen haben muß. Zum Vorteil der Gesamtentwicklung. Ein Profi muß nur im Hafen die liegenden Schiffe aus anderen Ländern betrachten und seine Rückschlüsse ziehen. Wenn Koggen im 13. Jahrhundert das Nonplusultra des Schiffsbaus waren, kannst du eigentlich sicher sein, daß auch die Engländer sie (nach)bauten. Copyright gab's schon gar nicht.

OneDownOne2Go
17.04.2013, 12:17
Bis zum Dreadnought kann ich mich in gewisser Weise auch für dein Interessensgebiet begeistern. Nur sind diese ollen Holzkisten immer noch etwas attraktiver für meine unverbesserlich romantische Seele :-)
Aber so´n nettes Feedback ist doch ein Anreiz, hier weiterzumachen. Thanks for watching >8-)=

Begeistern kann ich mich auch für dein maritimes Steckenpferd, mir fehlt nur die Zeit, mich in "ein, zwei Jahrtausende" Schiffsbaugeschichte einzuarbeiten, schon die knapp 100 Jahre, die mich interessieren, von den Iron Clads bis zum Tode der Schlachtschiffe (gibt's was hässlicheres als moderne Raketen-Kreuzer? Uahh...) waren nicht gerade ein dünnes Brett. Und dann gibt es da ja noch die militärische Fliegerei, die frühge und goldene Ära des Autobaus, ein bisschen Architektur, Waffen- und Wehrtechnik, und, und, und ... Ach ja, man müsste länger leben und mehr Freizeit haben :D

Heifüsch
17.04.2013, 13:03
Danke, Heifüsch. Daß sogar die Preußen Schebecken nachgebaut haben! Interessant! Dieses Schiff ist aber wesentlich gedrungener als das Original-Design, hat etwas Speck angesetzt, und ich möchte bezweifeln ob unsere Preußen damit die ausgezeichneten Segeleigenschaften der Barbaresken-Modelle erreicht haben. Die Windverhältnisse an der Ostsee sind wohl auch nicht ganz dieselben wie im Mittelmeer, für welches die Lateinsegel entwickelt wurden.
Eine Fregatte ist kampfwertmäßig sicher der Schebecke überlegen, aber nicht ganz so schnell und wendig.

Diese immerhin 40m ü.a. lange Konstruktion sollte speziell die flachen Boddengewässer und die Oder bis Stettin befahren. Mit einem Tiefgang von ca. 1.60m wäre das auch kein Problem gewesen. (Ob das Schiff allerdings je gebaut wurde ist äußerst fraglich.)
Der Entwurf geht auch nicht auf die bekannten Mittelmeerschebecken zurück, sondern auf französische Bombardierprähme, die im 7-jährigen Krieg anlässlich einer geplanten Invasion Englands die dortigen Flüsse befahren sollten. Aus der Invasion wurde nix und die französische Flotte wurde dann 1759 bei der Seeschlacht von Quiberon fast vollständig zerstört :-(
In der Ostsee hatten übrigens bereits Russland und Schweden (af Chapman) Galeeren und Schebecken entwickelt und eingesetzt.

Pythia
17.04.2013, 22:34
... sind diese ollen Holzkisten immer noch etwas attraktiver für meine unverbesserlich romantische Seele...Na, und wo bleibt die Königsklasse? The majestic square riggs jamming the winds of the 7 seas?
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
http://www.24-carat.de/2013/04/7-SEAS.JPG
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
2 Schiffe, 2 Legenden! Jeder Klosterschüler kennt sie und träumt von ihnen, wenn er sich beim langweiligem Homer vorstellt, wie Islami-Piraten angstschlotternd das Weite suchten, wenn am Horizont Sqare Riggs auftauchten, oder wie Graf Luckner die Blockade der Engländer durchbrach, auf große Kaperfahrt ging und viele Feind-Schiffe aufbrachte und versenkte ...
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
... ohne Gegner zu verletzen: nur 1 Seemann kam ums Leben als eine Warn-Granate von Graf Luckners Seeadler eine Heißdampfleitung der Horngarth traf und der Seemann an seiner Verletzung mit heißem Wasserdampf starb. Ich sah Graf Luckner ein Telefonbuch zerreißen und mit Daumen und Zeigefinger ein 5-DM-Stück falten. Das beeindruckte mich damals schon.
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
Und noch mehr, als ich es in seinem damaligem Alter nicht mehr konnte. Wie auch immer, die Sea Clowd (rechtes Bild) bietet am 28.10.2013 (p.P. ab 1.515 €) 5 Tage Windjammer-Romantik in echtem Luxus. Hier Kapitäns-Deck, Promenaden-Deck und Haupt-Deck:
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
http://www.seacloud.com/typo3temp/pics/2f9a5b4219.jpghttp://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
http://www.seacloud.com/typo3temp/pics/5f02c2b29c.jpg
http://www.seacloud.com/typo3temp/pics/6da1a5c731.jpg

Heifüsch
17.04.2013, 22:40
Na, aber wo bleibt denn die Königsklasse? The majestic square riggs jamming the winds of the 7 seas?
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF

http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
2 Schiffe, 2 Legenden! Jeder Klosterschüler kennt sie und träumt von ihnen, wenn er sich beim langweiligem Homer vorstellt, wie Islami-Piraten angstschlotternd das Weite suchten, wenn am Horizont Sqare Riggs auftauchten, oder wie Graf Luckner die Blockade der Engländer durchbrach, auf große Kaperfahrt ging und viele Feind-Schiffe aufbrachte und versenkte ...
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
... ohne Gegner zu verletzen: nur 1 Seemann kam ums Leben als eine Warn-Granate von Graf Luckners Seeadler eine Heißdampfleitung der Horngarth traf und der Seemann an seiner Verletzung mit heißem Wasserdampf starb. Ich sah Graf Luckner ein Telefonbuch zerreißen und mit Daumen und Zeigefinger ein 5-DM-Stück falten. Das beeindruckte mich damals schon.
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
Und noch mehr, als ich es in seinem damaligem Alter nicht mehr konnte. Wie auch immer, die Sea Clowd (rechtes Bild) bietet am 28.10.2013 (p.P. ab 1.515 €) 5 Tage Windjammer-Romantik in echtem Luxus. Hier Kapitäns-Deck, Promenaden-Deck und Haupt-Deck:


Na herrlich! Aber diese stählernen HighTech-Kästen haben leider so gar nichts mit der traditionellen Schiffkaukunst in Eiche und Kupfer zu tun. Schon gar nicht diese alberne Sea Cloud, die nur bei Nebel entfernt an die Preussen erinnert. Ach nee, das war ja die "Royal Clipper". Mit diesen modernen Dingern kenne ich mich eben nicht aus, ich weiß nur, daß die Preuusen eben kein Klipper war, aber wen interessiert das heutzutage schon noch %.(

Heifüsch
17.04.2013, 23:26
http://www.24-carat.de/2011/EGYPSHIP.JPG
Wird sich auch wenig verbreiten und eher ein Liebhaber-Thema bleiben als ein Schiffsbau-Studiumsfach werden, da es in der Schiffbaugeschichte für Gegenwart und Zukunft nichts zu lernen gibt.
Künftige Schiffsbau-Architekten orientieren sich anders.




Zu lernen gibt es immer was. Und wie sollten wir uns denn ein Bild der Vergangenheit machen ohne Zerstörtes und Versunkenes zu rekonstruieren? Es gibt unzählige Beispiele bewusster und unbewusster Geschichtsverfälschung, einfach durch Nichtbeachtung schiffahrtshistorischer Forschungsergebnisse:

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRFUQXhtzHAeG3fEi5HslMuKNCf1xs3z dRYkfLwd6yGpdEVbNHf https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTzvswRG5J3DWEdgqY2nuL7bu6nhQaB3-PUBgcSzQBdHN6opTFloA https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQJ8gDbiARTqzZF0RKhEU2EZv5NzZ-iCJSNUw6vtUDs5ygXJfE7

https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcR4xt4G9lGzWMZx7PqUfk6ypb6u3Bhjf URXa_VR7_LIY-xXLRhc https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRpE9wG7uJxszuMXTJ_I48sutjA99QlS QfeilVcSMEfRN0bqu7R https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTxeqivDM3wY4uoI8MhvpIgP1bcFwPRN _X0YQ2RvDyORwa6jM7l

https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQCXVIys0HmPdivb0WvGcn0Nl0E7fLYP 2_Go2TsIApqMWlROWiHRQ https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQkpcoDXjmbYEa_IqBHmlzLgbSkovEx9 gJpGDtEgAKtRY-mMeaihttps://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRcABDu1AkkKEXZBsO1zYIwPS8ujAzrb zrVqtznUaQjOOBhqtfK
https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQXuwhLBOm6AAuZsDNS-5JwONKaP8dHqRI37Aau8CaDsywD9GmVwA https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRvjuhVW6kEdVewkJBSsxwJoIx7R1kzo 46wtXGy0QMEwJMcjdky https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcS0yQQY-SMa1ZOZF9FmGQfuepRs-EOesiyPBDTxyx-M9U9xBdS7

In all diesen Gefährten stecken ne Menge Geld und Arbeit. Das hätte man auch nachhaltiger inverstieren können, einfach durch Beachtung der historischen Vorbilder. So haben diese skurrilen Gebilde allenfalls einen gewissen Brennwert >&-(

Heifüsch
18.04.2013, 00:51
Moin, Heifüsch!

Das Ubena -Getöse erhebt keinerlei historischen Anspruch, wohl aber den, seegängig nach neuerem Seerecht zu sein: Auch die Takelage paßt in keinster Weise: wie soll denn der Ausguck ins Krähennest kommen, wenn es keine richtige Wanten gegeben haben soll. Die Pardunen sind für'n Arsch und die "Salings" eigentlich keine. Vollständig lächerlich wird es bei den Groß-Brassen und den "Bulinen", heißen die Haltetaue der unteren Segellieke, glaube ich... die waren nämlich über Blöcke weit vorderlich platziert.

Das Vorstag über die ganze Länge mit Tausendfüßlern zu versehen, damit das Groß nicht schamfielt, ist'n Witz. So, wie die da das Groß-Segel getrimmt haben, kriegt jeder Skipper Kotzreiz.

Aber wie willze das machen auf so'm Affenfelsen....

Mit Ahoi,

KuK

Webleinen in den Wanten sind beispielsweise beim Danziger Siegel von 1400 zu erkennen, die könnten also auch bereits 1380 bekannt gewesen sein. Bevor man die stabilen und praktischerweise schrägen Wanten als praktische Aufenterhilfe erkannte waren simple Strickleitern bzw. Jakobsleitern achterlich des Mastes üblich, denn Mastkörbe gab es damals schon vereinzelt - allerdings in anderer Form als hier :-)

Die Takelage werden die damals schon optimal gestaltet haben, aber wohl anders als hier gezeigt, da hast du sicherlich recht. Es gibt sogar ne Siegelabbildung, die die Rah fast längsschiffs gebrasst und nach vorne gekippt zeigt, so daß das Segel wie´n Gaffelsegel wirkt. Die Dinger konnten also am Wind kreuzen, was mit der Kieler Kogge auch bewiesen wurde. Allerdings verursacht die große Lateralfläche des Heckkastells ne nicht unbeträchtliche Luvgierigkeit, worauf ich aber noch zu sprechen komme :-)

Heifüsch
18.04.2013, 01:10
Leider nein. Meine farbigen Bilder hier stammen aus einem ziemlich populärwissenschaftlichen Buch, ohne Quellenangaben, nicht mal der Zeichner (den du meinst erkannt zu haben) wird angegeben. Ist eine Übersetzung von Attilio Cucari's "Velieri", 2004 Mondadori Electra SpA. Milano, erschienen 2008 im Bassermann Verlag unter dem Titel "Segelschiffe. Die Königinnen der Meere - Geschichte und Typologie".
Ich kann also deine These, daß es englische Koggen nicht gegeben haben könnte, nicht widerlegen. Persönlich glaube ich allerdings, daß in einem derart engen Raum vieler Kulturen wie Ostsee und Nordseeküsten und gerade bei Schiffen, die ja naturgemäß viel herumkommen, der eine Baumeister vom anderen abgeschaut haben muß, sodaß ein ständiger wechselseitiger Einfluß im Schiffsbau vorgelegen haben muß. Zum Vorteil der Gesamtentwicklung. Ein Profi muß nur im Hafen die liegenden Schiffe aus anderen Ländern betrachten und seine Rückschlüsse ziehen. Wenn Koggen im 13. Jahrhundert das Nonplusultra des Schiffsbaus waren, kannst du eigentlich sicher sein, daß auch die Engländer sie (nach)bauten. Copyright gab's schon gar nicht.

Diese populärwissenschaftlichen Bücher bedienen sich leider oft aus einem längst als untauglich erkannten Bilderfundus, da die Autoren in der Regel weder vom Fach noch willens sind, ihre Quellen zu überprüfen :-(
Ich hatte den bekannten schwedischen Schiffahrtshistoriker Björn Landström als Urheber deiner ersten Zeichnung in Verdacht, was ich dann aber doch als nicht zutreffend erkannte, da die Zeichnung zu viele Detailfehler aufweist, ebenso wie diese Kogge und die "Santa Maria". Aber egal, einen gewissen Eindruck vermitteln diese Bilder durchaus, da kann man eigentlich nicht meckern :-)

Was die Koggen betrifft, kann man diese Frage eigentlich nur anhand bildlicher Quellen, insbesondere Siegelabbildungen beurteilen, denn es gibt so gut wie keine Abbildungen dieser Schiffe außer einigen Buchillustrationen. (Schriftliche Quellen berichten oft nur von "Schiffen", ohne bestimmte Typbezeichnung.) Und da sind mir eben auch keine englischen Koggen in Erinnerung, aber auszuschließen ist es natürlich nicht. Allerdings stellen Kogge und Hulk allem Anschein nach zwei vollkommen unterschiedliche Bautraditionen dar, die man sich nicht mal eben aneignen konnte. Im Übrigen waren beide Typen wohl in etwa gleichwertig, eine Übernahme des jeweils anderen Schifftyps also nicht unbedingt naheliegend.

Heifüsch
18.04.2013, 01:42
Klar gibt es immer was aus der Vergangenheit zu lernen. Sollte ich aber jemals kernen, ob Attila Links- oder Rechts-Träger war, werde ich außer für Stammtisch-Wetten wohl kaum Verwendung für das Gelernte haben. In der Vergangenheit finden wir eben kein Wissen, das wir für Gegenwart und Zukunft brauchen. Dieses Wissen müssen wir uns eben laufend erarbeiten.
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
Was soll ich zum Beispiel heute mit dem Wissen, wie 1985 mit Basic auf einer CPM-Kiste ein Programm geschrieben wurde? Oder weiter zurück: was soll ich heute mit dem Wissen, woher im spätem 9. Jahrhundert die Eichen kamen für
http://www.24-carat.de/Forum/L-05.GIF
das Glokstad-Schiff? http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/3f/Gokstad_viking_ship_-excavation.jpg/220px-Gokstad_viking_ship_-excavation.jpg Alte Schiffe oder Kutschen
sind eben ein Liebhaber-Hobby. Ich hab ander Laster, die mich glücklich machen.

Die Dendrochronologie beispielsweise ist dringend auf datierbares Material angewiesen, also auch auf Eichenholz aus dem 9. Jahrhundert. Aber du scheinst nicht nur wenig Interesse an sondern auch wenig Ahnung von der Archäologie und ihrer Bedeutung zu haben. Oder nimm nur mal die stilkritische Beurteilung von Gemälden. Anhand dargestellter Schiffe lassen sich unidentifizierte Bilder geografisch und vor allem zeitlich oft ziemlich genau einordnen. Sofern man sich in der Schiffbaugeschichte auskennt, logisch :-)

Heifüsch
18.04.2013, 02:15
Begeistern kann ich mich auch für dein maritimes Steckenpferd, mir fehlt nur die Zeit, mich in "ein, zwei Jahrtausende" Schiffsbaugeschichte einzuarbeiten, schon die knapp 100 Jahre, die mich interessieren, von den Iron Clads bis zum Tode der Schlachtschiffe (gibt's was hässlicheres als moderne Raketen-Kreuzer? Uahh...) waren nicht gerade ein dünnes Brett. Und dann gibt es da ja noch die militärische Fliegerei, die frühge und goldene Ära des Autobaus, ein bisschen Architektur, Waffen- und Wehrtechnik, und, und, und ... Ach ja, man müsste länger leben und mehr Freizeit haben :D

Man müsste tatsächlich tausend Jahre planen können, um das alles eingehend zu erforschen >8-)

Aber wenn man sich über die Jahrzehnte mit genügend Einzelobjekten beschäftigt hat, dann füllen sich die Lücken ganz von alleine. So jedenfalls meine Erfahrung.
Für mich ist eben die handwerkliche und technologische Evolutionsgeschichte interessant. Diese ganzen Schritte, die nötig waren, um aus einem Einbaum eine Titanic entstehen zu lassen, wobei der Einbaum im Kiel dieses Schiffes noch immer drinsteckt :-)

Etwas hässlicheres als moderne Raketen-Kreuzer? Stealth-Bomber vielleicht. Oder Auto-Design. Modernistische Architektur,... >&.(

Senator74
18.04.2013, 12:40
Randthema!
Ich war vergangenes Jahr u.a. in Nordirland. In Belfast gibt es seit kurzem das Titanic-Museum, welches auch die Bauweise dokumentiert, zumal ja die Titanic dort gebaut worden war.
Bilder in rauen Mengen sind zu googlen. Die Technik des modernen Museums gibt einen interessanten Einblick in das Entstehen des damals gigantischen Schiffes und vermittelt Ingenieurstechnik genauso wie händische Arbeit!!
Sehenswert, zumal das Museum ganz neu ist!!

OneDownOne2Go
18.04.2013, 12:53
Man müsste tatsächlich tausend Jahre planen können, um das alles eingehend zu erforschen >8-)

Aber wenn man sich über die Jahrzehnte mit genügend Einzelobjekten beschäftigt hat, dann füllen sich die Lücken ganz von alleine. So jedenfalls meine Erfahrung.
Für mich ist eben die handwerkliche und technologische Evolutionsgeschichte interessant. Diese ganzen Schritte, die nötig waren, um aus einem Einbaum eine Titanic entstehen zu lassen, wobei der Einbaum im Kiel dieses Schiffes noch immer drinsteckt :-)

Etwas hässlicheres als moderne Raketen-Kreuzer? Stealth-Bomber vielleicht. Oder Auto-Design. Modernistische Architektur,... >&.(

Ja, das stimmt schon, die Lücken füllen sich "wie von alleine", kostet "nur" Zeit. Und ich habe, obwohl ich schon die Ticonderoga- und Arleigh-Burk-Klassen für absolut gruselig hielt und annahm, mit der schwedischen Visby-Klasse sei der Gipfel militär-maritimer Hässlichkeit erreicht, gestern dazu gelernt, das alles steigerbar ist. Die vor der Einführung stehende Zumwalt-Klasse ist der stahlgewordene Brechreiz... ;)

Heifüsch
18.04.2013, 12:57
Ja, das stimmt schon, die Lücken füllen sich "wie von alleine", kostet "nur" Zeit. Und ich habe, obwohl ich schon die Ticonderoga- und Arleigh-Burk-Klassen für absolut gruselig hielt und annahm, mit der schwedischen Visby-Klasse sei der Gipfel militär-maritimer Hässlichkeit erreicht, gestern dazu gelernt, das alles steigerbar ist. Die vor der Einführung stehende Zumwalt-Klasse ist der stahlgewordene Brechreiz... ;)

Erfreulicherweise ohne Bildbeispiel :-) Aber ich kann´s mir schon vorstellen. Zumwalt! Der Name schon... >%-(

Leif
19.04.2013, 12:04
Wir wollen Heifüschs schönen Strang nicht zersetzen, aber ...

So, jetzt rede ich nur noch zum Thema Segelschiffe.

entfernt

Anbei noch ein Bild der kaiserlichen Yacht Hohenzollern. Herrlich!

http://www.maritimequest.com/yatchs/hohenzollern_1893/1890s_hohenzollern_a.jpg

Senator74
19.04.2013, 12:49
Anbei noch ein Bild der kaiserlichen Yacht Hohenzollern. Herrlich!

http://www.maritimequest.com/yatchs/hohenzollern_1893/1890s_hohenzollern_a.jpg

Schön, dass du wieder zum Strangthema zurückführst!!
Hoffentlich kommen noch viele Beiträge samt Bildern!!
Ein Superthema!!

Pillefiz
19.04.2013, 13:05
Pythia ist raus

Narcissus
20.04.2013, 13:45
Mein persönlicher Lieblingssegler sei genannt, äh gezeigt.

Da die Datei zu groß ist, gibts den Querverweis:

http://www.modelships.de/Sovereign_of_the_Seas_IV/Sovereign_of_the_Seas_IV_eng.htm

Leif
20.04.2013, 13:54
Die Datei ist nicht zu groß, Du musst nur das Häkchen von "Datei im Forum speichern" entfernen :)

http://www.modelships.de/Sovereign_of_the_Seas_IV/ggDSC_6923.jpg

Heifüsch
20.04.2013, 14:11
Pythia ist raus? Wie schön für ihn. Draußen isses gerade auch viel schöner als drinnen. Aber immerhin haben wir von ihm gelernt, daß Schiffe eine Gated Community darstellen. Wer hätte das gedacht! %-)

So, ...äh, Wikingerschiff, Kogge und Hulk, mehr war da nicht an Vorläufermodellen, um gegen 1400 den Prototypen nicht nur des nordeuropäischen sondern des Schiffes überhaupt zu erschaffen.
Die drei genannten Typen bildeten sich natürlich aus kleineren Booten, die anfangs noch ohne Segel fuhren und Jahrhunderte brauchten, um sich zu seegehenden Seglern zu entwickeln. Auch hatten sie noch keine Aufbauten, weshalb Architekturbegeisterte diese frühen Gefährte vielleicht weniger interessiert.

Gegen 1200 tauchen dann aber erste stelzengelagerte "Kastelle" auf, hölzerne Wehranlagen vorn und achtern und als kleinere Version sogar schon als Mastkorb. Komischerweise waren es nicht die breiteren Koggen und Hulks, sondern die fragileren Nachfahren der Wikingerschiffe (Nefs), die hier den Anfang machten. Die aus dem 13. Jahrhundert stammenden Siegel von Dunwich, Santander, Pevensey, Sandwich, Winchelsea, Dover und vieler weiterer englischer Städte zeigen diese Neuerung und zwar immer auf Rümpfen der Wikingertradition. Es dauerte dann auch nicht lange, bis Hulks und Koggen nachzogen und ebenfalls "aufrüsteten". Nur kleinere Exemplare scheinen sich diesem Trend entzogen zu haben, denn diese Kastelle wurden schon bald zum Erkennungsmerkmal jedes "anständigen" Schiffs :-)

http://rlv.zcache.de/isapi/designall.dll?rlvnet=1&realview=113844229744519726&design=5ab2197e-c648-4539-b031-969347fbb2e8&style=standard_mousepad&pending=false&pdt=zazzle_mousepad&hide=bleed%2Csafe%2CvisibleMask&r=1366459986817&max_dim=512

Hier das Nef-Siegel von Winchelsea (Als Mousepad! Aahh!)

Dann hier das Koggensiegel von Elbing um 1350. Das Heckkastell steht nicht mehr auf Stelzen sondern ist bereits in den Rumpf integriert. Das kleine Stevenkastell vorne hängt dagegen richtig in der Luft...

http://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/modell/2003/mksiegel1.jpg

Und hier nochmal ein typischer "Rosenoble", eine englische Goldmünze. Dargestellt ist ein Hulk mit seinen typischen Kastellen:

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQuwVygjLj3m3GizhWfJ2qwYYvBh0jsz od5eUCI3WPsxQnnxqkW

Heifüsch
20.04.2013, 14:13
Mein persönlicher Lieblingssegler sei genannt, äh gezeigt.

Da die Datei zu groß ist, gibts den Querverweis:

http://www.modelships.de/Sovereign_of_the_Seas_IV/Sovereign_of_the_Seas_IV_eng.htm

Cool! Muss erst noch´n paar Illustrationen zu meinem Beitrag suchen, dann komme ich darauf zurück...:-)

Heifüsch
20.04.2013, 14:56
Mein persönlicher Lieblingssegler sei genannt, äh gezeigt.

Da die Datei zu groß ist, gibts den Querverweis:

http://www.modelships.de/Sovereign_of_the_Seas_IV/Sovereign_of_the_Seas_IV_eng.htm

Ja, das isse, die Sovereign of the Seas. Leider sind von dem Schiff keine Bauzeichnungen überliefert, die waren um 1637 ja auch noch nicht üblich.
Das einzige, was wir von dieser Kiste an Quellen haben sind die Maße, ein zeitgenössischer Kupferstich von John Payne und eine spätere Zeichnung von Willem van de Velde d. Älteren. In Boston ist ein großes Gemälde eines frühen Entwurfs erhalten, das aber von den genannten Grafiken abweicht. Auch andere Gemäldedarstellungen differieren in gewisser Weise, wobei das Schiff ja auch lange in Dienst war und einmal radikal umgebaut wurde.

Hier handelt es sich allerdings um ein Baukastenmodell mit den üblichen unerfreulichen Begleiterscheinungen. Den Eindruck eines schwimmenden Palastes des Frühbarock vermag ein solches Modell mit seinen unansehlichen Messingverzierungen leider in keinster Weise zu vermitteln :-(

http://www.modellismo.net/forum/attachments/navi-e-velieri-work-progress/62056d1255463654-autocostruzione-sovereign-seas-da-piani-amati-sovereign-seas.jpg

Hier der Schiffbauer Peter Pett mit dem Heck seiner Sovereign, Ende der 1640er Jahre.

Heifüsch
20.04.2013, 15:38
Randthema!
Ich war vergangenes Jahr u.a. in Nordirland. In Belfast gibt es seit kurzem das Titanic-Museum, welches auch die Bauweise dokumentiert, zumal ja die Titanic dort gebaut worden war.
Bilder in rauen Mengen sind zu googlen. Die Technik des modernen Museums gibt einen interessanten Einblick in das Entstehen des damals gigantischen Schiffes und vermittelt Ingenieurstechnik genauso wie händische Arbeit!!
Sehenswert, zumal das Museum ganz neu ist!!

Der Titanic-Strang wird weitergeführt, sobald sich irgendwas Neues ergibt. Baubeginn soll ja bereits dieses Jahr sein :-)

Senator74
20.04.2013, 15:42
Der Titanic-Strang wird weitergeführt, sobald sich irgendwas Neues ergibt. Baubeginn soll ja bereits dieses Jahr sein :-)

Die Methoden von damals werden ja nicht mehr zur Anwendung kommen müssen, aber der Nachbau soll wirklich authentisch werden!!

Heifüsch
20.04.2013, 15:59
Die Methoden von damals werden ja nicht mehr zur Anwendung kommen müssen, aber der Nachbau soll wirklich authentisch werden!!

Ich hoffe es! Aber ich denke, der Bauherr ist exzentrisch genug, das Ding wenigstens optisch überzeugend nachzuempfinden :-)

Senator74
20.04.2013, 16:07
Ich hoffe es! Aber ich denke, der Bauherr ist exzentrisch genug, das Ding wenigstens optisch überzeugend nachzuempfinden :-)

Der "Bauherr" ist einer, der im Geld schwimmt...von da her...!!?!!!??!!!

Heifüsch
20.04.2013, 19:11
Der "Bauherr" ist einer, der im Geld schwimmt...von da her...!!?!!!??!!!

Möge er immer eine handbreit Goldmünzen unterm Bauch haben, damit dieses Projekt gelingt >8.)=

Senator74
20.04.2013, 19:13
Möge er immer eine handbreit Goldmünzen unterm Bauch haben, damit dieses Projekt gelingt >8.)=

Wird schon schief gehen...

OneDownOne2Go
20.04.2013, 21:03
Ich hoffe es! Aber ich denke, der Bauherr ist exzentrisch genug, das Ding wenigstens optisch überzeugend nachzuempfinden :-)

Hm, gibt es überhaupt noch jemanden, der sich mit dem Bau im Niet-Verfahren auskennt? Immerhin ist es für den optischen Eindruck des Rumpfes mit bestimmend, und der Aufwand, das nachzuempfinden, dürfte ganz erheblich sein.

OneDownOne2Go
20.04.2013, 21:10
Ja, das isse, die Sovereign of the Seas. Leider sind von dem Schiff keine Bauzeichnungen überliefert, die waren um 1637 ja auch noch nicht üblich.
Das einzige, was wir von dieser Kiste an Quellen haben sind die Maße, ein zeitgenössischer Kupferstich von John Payne und eine spätere Zeichnung von Willem van de Velde d. Älteren. In Boston ist ein großes Gemälde eines frühen Entwurfs erhalten, das aber von den genannten Grafiken abweicht. Auch andere Gemäldedarstellungen differieren in gewisser Weise, wobei das Schiff ja auch lange in Dienst war und einmal radikal umgebaut wurde.

Hier handelt es sich allerdings um ein Baukastenmodell mit den üblichen unerfreulichen Begleiterscheinungen. Den Eindruck eines schwimmenden Palastes des Frühbarock vermag ein solches Modell mit seinen unansehlichen Messingverzierungen leider in keinster Weise zu vermitteln :-(

http://www.modellismo.net/forum/attachments/navi-e-velieri-work-progress/62056d1255463654-autocostruzione-sovereign-seas-da-piani-amati-sovereign-seas.jpg

Hier der Schiffbauer Peter Pett mit dem Heck seiner Sovereign, Ende der 1640er Jahre.

Sowas habe ich auch gebaut, als die Hände dazu noch ruhig genug waren. Es gibt da das Ideal des "Museums-Standards", und das ist für Segler - seltsamer Weise - Naturholz und Messing, mal brüniert, mal poliert. Und ich kann berichten, dass "lackierte" Modelle mit vergoldeten Beschlägen, welche zeitgenössischen Darstellungen wie auf diesem Bild nahe kommen, wenig gelitten und als "Spielzeug" verschrieen sind. O-Ton: "Wieso baust'e nicht gleich in Plastik?"

Bei aller Begeisterung, sei's nun die Sovereign oder die Kaiserliche Yacht, würde ich mir aber wünschen, der Strang würde sich etwas an die Chronologie der Entwicklung halten, gerade darin liegt ein ganz erheblicher Reiz.

Ich.. dachte eh schon, nach Gated-Community und den Preussen-liken Plagiaten, hättest du evtl. den Spaß am Thema schon verloren. Ich bin froh, dass das ein Irrtum war.

Leif
20.04.2013, 21:28
Rundboot in Vietnam

http://www.geo.de/reisen/community/bild/regular/566880/Rundboote.jpg

Haben will :)

Heifüsch
20.04.2013, 22:11
Hm, gibt es überhaupt noch jemanden, der sich mit dem Bau im Niet-Verfahren auskennt? Immerhin ist es für den optischen Eindruck des Rumpfes mit bestimmend, und der Aufwand, das nachzuempfinden, dürfte ganz erheblich sein.

Technisch dürfte es überhaupt kein Problem sein, zuvor verschweißte Platten mit zusätzlichen Nieten zu versehen. Die schwächen den Rumpf ja nicht, im Gegenteil. Nur Nieten ist sicherlich nicht erlaubt, weil´s doch zu unsicher ist. Man weiß ja auch, daß die Nieten der echten Titanic minderwertig waren und das möchte man wohl bei aller Originaltreue nicht nochmal riskieren :-(
Aber man kann auch unechte Nietköpfe anbringen. Das geht schnell und sieht gut aus. Wichtig für den Gesamteindruck ist eben, daß die Platten nicht auf Stoß montiert werden :-)

Heifüsch
21.04.2013, 01:23
Rundboot in Vietnam
Haben will :)

Selber flechten :-) Oder dir ein Curragh/Coracle besorgen:

http://www.downcountymuseum.com/uploads/bruce_crawford.jpg

Heifüsch
21.04.2013, 02:02
Sowas habe ich auch gebaut, als die Hände dazu noch ruhig genug waren. Es gibt da das Ideal des "Museums-Standards", und das ist für Segler - seltsamer Weise - Naturholz und Messing, mal brüniert, mal poliert. Und ich kann berichten, dass "lackierte" Modelle mit vergoldeten Beschlägen, welche zeitgenössischen Darstellungen wie auf diesem Bild nahe kommen, wenig gelitten und als "Spielzeug" verschrieen sind. O-Ton: "Wieso baust'e nicht gleich in Plastik?"

Bei aller Begeisterung, sei's nun die Sovereign oder die Kaiserliche Yacht, würde ich mir aber wünschen, der Strang würde sich etwas an die Chronologie der Entwicklung halten, gerade darin liegt ein ganz erheblicher Reiz.

Ich.. dachte eh schon, nach Gated-Community und den Preussen-liken Plagiaten, hättest du evtl. den Spaß am Thema schon verloren. Ich bin froh, dass das ein Irrtum war.

Ich will´s ja nicht zum Monolog ausarten lassen :-) Ein Roter Faden ist allerdings schon angebracht und der ist auch erkennbar, trotz aller OT-Exkurse.

Mit dem Prolog bin ich eigentlich fertig. Der war mir wichtig, weil das alles doch sehr zum besseren Verständnis der weiteren Entwicklung beiträgt, die ziemlich exakt mit dem Jahr 1400 einsetzt (morgen, äh...heute mehr). Irgendwann bin ich hier auch durch, wenn´s mit dem 20. Jahrhundert so langsam zuende geht mit der stetigen Weiterentwicklung des Segelschiffs und der Dampfer zum stinkenden funktionalen Dieselschiff mutiert. Ab da werden dann eben die Lücken gefüllt und die unzähligen Nebenaspekte der Schiffahrtshistorie thematisiert. So jedenfalls meine Vorstellung >&.)=

Modelle sind dabei ein ganz besonderes Thema. Und ein sehr wichtiges dazu. Denn wenn ich nun auf das 15. Jhdt. zu sprechen komme, kann ich kein einziges Originalschiff dieses wichtigen Zeitraums vorweisen, sondern nur ein schlichtes zeitgenössisches Modell, das allerdings viele Fragen beantwortet, die allein durch die schriftlichen und bildlichen Quellen kaum befriedigend zu beantworten wären. Was die Sovereign of the Seas betrifft bin ich momentan in die Erstellung eines Museumsmodells mit involviert. Zu den näheren Einzelheiten kann ich mich hier allerdings nicht äußern, aber gewisse Recherche-Erkenntnisse werde ich zu gegebener Zeit natürlich zur Diskussion stellen :-)

Noch kurz zu deinen Anmerkungen zu diesen holzsichtigen Modellen: Was du beschreibst wird leider seit Jahrzehnten von der Modellbauindustrie propagiert. Und wie die Lemminge rennen die Freizeitbastler diesen historisch vollkommen unbedarften Dogmatikern hinterher und verinnerlichen diesen Mist in einer Weise, die wirklich mehr über ihren kritiklosen Herdentrieb aussagt als über ihren leider nicht vorhandenen Skeptizismus und Forscherdrang. Eine Authentizität derartiger Modelle kann man jedenfalls vergessen, denn hier wird eben nur der kitschige Massengeschmack bedient. Aber wenn der fertige Staubfänger dann die original Gelsenkirchener Barock-Kommode ziert, dann passt das natürlich wieder alles wie die Faust aufs Auge >%.)=

http://www.fast-alles.net/pictures/bild-20111124135547.jpg

Heifüsch
21.04.2013, 04:19
http://www.miner-sailor.de/hzfotomontage.JPG

Hier mal eben das historische Vorbild für die oben gezeigte Krücke, das originale Großmodell des berühmten "Holländischen Zweideckers" von ca. 1660/70. Der Schiffahrtshistoriker Heinrich Winter konnte dieses wertvolle Modell im Bestand des ehemaligen Hohenzollernmuseums in Berlin gegen Ende der 30er Jahre genauestens vermessen und fotografisch dokumentieren, bevor es in den Kriegswirren verlorenging. Zufälligerweise konnte ich mir einen Teil Winters´ Nachlasses mit den von ihm angefertigten Rißzeichnungen des Modells sichern :-)

Heifüsch
21.04.2013, 05:10
http://www.maritimequest.com/yatchs/hohenzollern_1893/1890s_hohenzollern_a.jpg

Anbei noch ein Bild der kaiserlichen Yacht Hohenzollern. Herrlich!



Die Burg Hohenzollern hatte ich als Kind praktisch dauernd vor der Nase, weshalb mich dieses Schiff besonders fasziniert :-)

Und die Seeschlacht von Lissa hatte 1866 gezeigt, daß windunabhängige Dampfschiffe genauso wie die riemenbetriebenen Trieren der Antike einen Gegner durch einen gezielten Rammstoß versenken konnten. Deshalb wurden die Kriegsschiffe ab dieser Zeit generell mit diesem vorgeschobenen Bug mit dem schräg nach achtern wegfallenden Steven ausgerüstet. Zum Einsatz sollte diese bösartige Vorrichtung allerdings nie kommen, von einem versehentlichen Rammstoß eines Royal Navy-Schiffes einmal abgesehen, das gegen Ende des 19. Jhdts. beinahe Nelsons betagte Victory versenkte >%.(

https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTW_RFVLyl-oNBZJIeFGN3fcvuKSQMmbtdxE0ozcEgAkkB8MmqW

Hier der Rammsporn der vorchristlichen "Olympias", einer griechischen Trieren-Rekonstruktion. Das bronzene Gußteil entspricht einem Original, das vor der libanesischen Küste geborgen wurde.

Heifüsch
21.04.2013, 15:31
So, hier isser nun. Der Prototyp des modernen Segelschiffs, der Holk:

https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQpTgtiF1qjoJpJs3Ys2Fwb2474zHIC7 8BubWDy0USNzsjVpfuNDw http://www.marmucommerce.com/Binaries/Binary8542/HOLK.JPG

(Nicht zu verwechseln mit dem genannten Hulk. Der fungiert hier eben als Namensgeber für diese Fusion mit der Kogge.) Links das Danziger Siegel von 1400 und rechts die Modellrekonstruktion des Danziger Schiffahrtmuseums.


Bezeichnenderweise taucht dieser neue Typ an der Wende zum 15. Jhdt. gleichzeitig entlang der gesamten ost-westlichen Haupthandelsroute der Hanse auf. Die Ratssiegel von Southampton (1400), Rye (um 1400), Amsterdam (1400) und Danzig (1400) belegen das. Dieses Schiff musste sich also nicht erst lange gegen die Konkurrenz durchsetzen, sondern war bereits bei Markteinführung der Renner.

Heifüsch
21.04.2013, 19:11
Hier eine polnische Rekonstruktionszeichnung nach dem Danziger Siegel:

http://i5.photobucket.com/albums/y177/Piterski/50%20lat%20MM/32003.jpg

Die annähernde Bug-Heck-Symmetrie, welche die Kogge und den Ur-Holk auszeichneten, sind aufgelöst. Das Koggenheck mit seinem geraden Steven wurde mit dem gerundeten Hulk-Bug kombiniert, womit die ideale Rumpfform für die kommenden Jahrhunderte gefunden war.
Auch das Prinzip der vorlichen und achterlichen Kastelle sollte sich erst ab etwa 1800 zugunsten eines durchgehenden glatten Decks erübrigen (Im Englischen wird allerdings nach wie vor der Begriff "forecastle" für den Bugbereich verwendet :-)). Eine gegenteilige Enwicklung gegen Mitte des 19. Jhdts. konzentrierte dann erforderliche Aufbauten zunehmend mittschiffs.

Weitere Merkmale dieses neuen Schiffstyps sind die (etwas oberhalb der Wasserlinie erkennbaren) "Barghölzer", Plankengänge von doppelter bis dreifacher Stärke, die dem Spantenverband zusätzliche Stabilität geben sollten und auf ein gewisses Größenwachstum des Schiffes hindeuten. Andere Neuerungen sind die an den Schiffsseiten angebrachten senkrechten Fender, die "Webleinen" ("Strickleitern") in den Wanten und vor allem das voll in den Rumpfverband integrierte Bugkastell, das bereits die Bugform späterer Karracken inklusive einer kleinen "Galionsfigur" vorwegnimmt.

KuK
21.04.2013, 21:34
Moin, Heifüsch!


Technisch dürfte es überhaupt kein Problem sein, zuvor verschweißte Platten mit zusätzlichen Nieten zu versehen. Die schwächen den Rumpf ja nicht, im Gegenteil. Nur Nieten ist sicherlich nicht erlaubt, weil´s doch zu unsicher ist. Man weiß ja auch, daß die Nieten der echten Titanic minderwertig waren und das möchte man wohl bei aller Originaltreue nicht nochmal riskieren :-(
Aber man kann auch unechte Nietköpfe anbringen. Das geht schnell und sieht gut aus. Wichtig für den Gesamteindruck ist eben, daß die Platten nicht auf Stoß montiert werden :-)

Dasselbe Problem gab es auch bei der Erneuerung des Fahrgerüstes für die Wuppertaler Schwebebahn.
Es gibt keine "Nieter" und keine "Gegenhalter" mehr, die Nietverbindungen zuverlässig bewerkstelligen können. Es fehlen auch erfahrene "Nietwärmer", "Zuwerfer" und "Nietfänger" sowie "Nietsetzer".

Als erstes gibt es kaum noch ausreichend Nietwerkstoffe wie St 50 oder St 65, die in ihrer Beschaffenheit dem vernieteten Material überlegen sein müssen. Nietmaterial muß eine extreme Währmedehnung aufweisen (7%). Moderne Stähle können das nicht mehr. (2,8-4,5%) Diese Eigenschaft wurde gebraucht, um bei Abkühlung möglichst hohe negative Zugspannungen in der Nietverbindung zu erzeugen.

Der "Wärmer" mußte auf seiner meist fahrbahren Esse die üblicherweise 4-verschieden langen Nieten in "Hellkirschroter Glutfarbe" vorhalten und auf Zuruf "Niet" dem Werfer mittels Zange genau in seine "Asbesthand" (Handschuh - 1 nur) legen, mit der dieser dann dem "Nietfänger" die glühende Niete auf's Baugerüst der Werft zuwarf. Dort nahm der "Setzer" mittels Zange die glühende Niete und setzte sie in das zuvorgebohrte Nietloch ein. Unmittelbar danach mußte der "Gegenhalter" sehen, daß eine rotglühende Niete in seinen Rumpf gesteckt wurde und die Niete wieder "vorsetzen", dann drückte der Nieter die Niete mit dem Setzhammer wieder ein und der Gegenhalter formte mit seinem Werkzeug den "Nietblindkopf".

Richtige Nietverbindungen sind äußerst haltbar und beanspruchbar auf Zug und Scherung, wenn sie richtig ausgeführt wurden. Mein Großonkel väterlicherseits war Nieter bei HOHWALD's Werft in Hamburg. Er erzählte mir Ende der 60er-Jahre, daß diese Zunft selbst für Reparaturen nicht mehr funktionierte. Leider kann man keine genieteten Schiffe reparaturtechnisch sicher schweißen, da die geschweißten und genieteten Verbände andere Ausdehnungskoeffizienten haben, die nicht kompatibel sind.

Wird so ein "Bastard" belastet, reißen zuerst die modernen Schweißverbände auf !!!

Also, Heifüsch: ganz so einfach ist die Kombination aus Nieten und Schweißen nicht.

Mit klugscheißerischen Grüßen,

KuK

Casus Belli
21.04.2013, 21:59
Heifüsch, ich muss sagen ich bin beeindruckt. Endlich mal ein Thema in dem ich zwar nicht mitreden kann aber doch gerne deine Beiträge lesen.

Heifüsch
21.04.2013, 22:00
Moin, Heifüsch!



Dasselbe Problem gab es auch bei der Erneuerung des Fahrgerüstes für die Wuppertaler Schwebebahn.
Es gibt keine "Nieter" und keine "Gegenhalter" mehr, die Nietverbindungen zuverlässig bewerkstelligen können. Es fehlen auch erfahrene "Nietwärmer", "Zuwerfer" und "Nietfänger" sowie "Nietsetzer".

Als erstes gibt es kaum noch ausreichend Nietwerkstoffe wie St 50 oder St 65, die in ihrer Beschaffenheit dem vernieteten Material überlegen sein müssen. Nietmaterial muß eine extreme Währmedehnung aufweisen (7%). Moderne Stähle können das nicht mehr. (2,8-4,5%) Diese Eigenschaft wurde gebraucht, um bei Abkühlung möglichst hohe negative Zugspannungen in der Nietverbindung zu erzeugen.

Der "Wärmer" mußte auf seiner meist fahrbahren Esse die üblicherweise 4-verschieden langen Nieten in "Hellkirschroter Glutfarbe" vorhalten und auf Zuruf "Niet" dem Werfer mittels Zange genau in seine "Asbesthand" (Handschuh - 1 nur) legen, mit der dieser dann dem "Nietfänger" die glühende Niete auf's Baugerüst der Werft zuwarf. Dort nahm der "Setzer" mittels Zange die glühende Niete und setzte sie in das zuvorgebohrte Nietloch ein. Unmittelbar danach mußte der "Gegenhalter" sehen, daß eine rotglühende Niete in seinen Rumpf gesteckt wurde und die Niete wieder "vorsetzen", dann drückte der Nieter die Niete mit dem Setzhammer wieder ein und der Gegenhalter formte mit seinem Werkzeug den "Nietblindkopf".

Richtige Nietverbindungen sind äußerst haltbar und beanspruchbar auf Zug und Scherung, wenn sie richtig ausgeführt wurden. Mein Großonkel väterlicherseits war Nieter bei HOHWALD's Werft in Hamburg. Er erzählte mir Ende der 60er-Jahre, daß diese Zunft selbst für Reparaturen nicht mehr funktionierte. Leider kann man keine genieteten Schiffe reparaturtechnisch sicher schweißen, da die geschweißten und genieteten Verbände andere Ausdehnungskoeffizienten haben, die nicht kompatibel sind.

Wird so ein "Bastard" belastet, reißen zuerst die modernen Schweißverbände auf !!!

Also, Heifüsch: ganz so einfach ist die Kombination aus Nieten und Schweißen nicht.

Mit klugscheißerischen Grüßen,

KuK

Nicht doch! Das war´n hochinteressanter Exkurs auf den ich gerne zurückkommen werde, wenn´s im 19. Jhdt dann akut wird :-)

Was die Titanic II betrifft, werden es dann wohl Schummelnieten sein, die den Rumpf zieren. Nur aufgeschweißte Nietköpfe eben, ohne jede Funktion.

Heifüsch
21.04.2013, 22:01
Heifüsch, ich muss sagen ich bin beeindruckt. Endlich mal ein Thema in dem ich zwar nicht mitreden kann aber doch gerne deine Beiträge lesen.

Jetzt komm mir aber bitte nicht mit nem Kirchenschiff oder mit christlicher Seefahrt! Oh Gott...>%-(

Casus Belli
21.04.2013, 22:02
Hier nun ein Beispiel römischer Schiffbaukunst, bei dem sich die Architectura Navalis und die Landarchitektur besonders nahekommen. Zwei riesige "Lustschiffe" wurden in den 30er Jahren auf dem Grund des Nemisees bei Rom entdeckt. Mussolini befahl, den See trockenzulegen und die Schiffe zu bergen...

http://de.wikipedia.org/wiki/Nemi-Schiffe#Die_Schiffe


http://www.wehrgeschichte-salzburg.at/Venedigbilder/PICT2796.JPG

Eins der Schiffe im Modell...


https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQvO1-rVpalJmv1T63mIrCYKS5tR8kfWg0OJUtGHI3EJzeUyCdtXQ

Solche Bronzebeschläge fanden sich an Bord der Wracks. Ebenso eine "Fußbodenheizung", Kettenpumpen und Bleiplatten zum Schutz der Schiffsrümpfe, wie sie erst von den Spaniern im 16. Jahrhundert wieder eingeführt wurden, um ihre Schiffe gegen den karibischen Teredo Navalis (Schiffsbohrmuschel) zu schützen.

(http://de.wikipedia.org/wiki/Nemi-Schiffe#Die_Schiffe)

Fußbodenheizung?

Casus Belli
21.04.2013, 22:04
Jetzt komm mir aber bitte nicht mit nem Kirchenschiff oder mit christlicher Seefahrt! Oh Gott...>%-(

Und dabei ist der Anker ein Christliches Symbol.

http://www.manfred-gebhard.de/Anker.jpg:dg:

Heifüsch
21.04.2013, 22:21
Fußbodenheizung?

In der Tat! In römischen Badehäusern gehörten die zum Standard und konnten natürlich auch auf so ´nem Riesenschiff eingebaut werden.
Was ich zu den Nemiseeschiffen anzumerken vergessen hatte, ist, daß sie beide in Flammen aufgingen. Man munkelt, die Wehrmacht...>x-(

Heifüsch
21.04.2013, 22:26
Und dabei ist der Anker ein Christliches Symbol.

:dg:

Meinetwagen. Für mich ist eher das Schwert ein christliches Symbol, aber zum Glück ist das hier ein theologiefreier Strang. Beim kleinsten Anzeichen von Weihrauch geht hier nämlich die Sprinkleranlage an und dann kriegste Streß mit der Moderation :-)

Hier, römische Anker (Repliken), religiös vollkommen unkontaminiert: >&.)=

http://www.ths-wargames.de/artikel/anker.jpg

Casus Belli
21.04.2013, 22:33
Das mit der Fußbodenheizung hast du mir noch nicht erklärt.

OneDownOne2Go
21.04.2013, 22:44
Das mit der Fußbodenheizung hast du mir noch nicht erklärt.

Ich nehme an, die Schiffe waren groß und tragfähig genug, dass man auf ihnen eine Variante der römischen Hypocauste installieren konnte - was nicht weiter schwierig ist, wenn man nur ein Feuer an Bord unterhalten kann.

Heifüsch
22.04.2013, 00:38
Ich nehme an, die Schiffe waren groß und tragfähig genug, dass man auf ihnen eine Variante der römischen Hypocauste installieren konnte - was nicht weiter schwierig ist, wenn man nur ein Feuer an Bord unterhalten kann.

Kein Problem, auch auf Holzschiffen. Die Vasa von 1628 hat einen kleinen gemauerten Raum für eine Feuerstelle mit kupferblechverkleidetem Rauchabzug. Sicherlich ein begehrter Platz in den kalten Ostseegewässern, der auch vor allem Kranken vorbehalten war.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/28/Vasa_galley.jpg/450px-Vasa_galley.jpg

Hier ne Modelldarstellung im Vasa-Museum Stockholm :-)

Rolf1973
22.04.2013, 00:50
Ich liege auf dem Grund der See
Und frage mich: warum? O weh..
Wie bin ich nur hierher geraten?
Ach ja! Die englischen Piraten!

Sie schossen. Ich ergab mich nicht.
Drum bliesen sie mir aus das Licht
Ja, sie zerstörten meinen Rumpf
Dann-ein Ächzen klang sehr dumpf..

Ich kippte um nach Steuerbord
Hört`noch manch Entsetzenswort
Als bei Tortuga ich versank
Und die gesamte Crew ertrank.

Doch war dies nicht nur unser Schaden
Denn drüben weinten die Piraten
Weil keine Beute sie bekamen
Drum fluchten sie des Herrgotts. Amen!

Aus "Trübe Nachtgedanken einer spanischen Galeone, versunken 1603 nach vergeblichem Kampfe und nun langsam
in einer Tiefe von 238 Metern verfaulend-mit fünf Tonnen Gold an Bord".

User in diesem Thread gebannt: Rolf1973?

Geronimo
22.04.2013, 01:01
Hier mal der Nachbau der "Batavia" in Lelystad/NL. Ich hab vor Jahren mal davor gestanden. Kam mir relativ klein vor. Also auf Bildern wirken die Dinger immer wesentlich größer.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Ship_Batavia_2.jpg

Heifüsch
22.04.2013, 01:17
Hier mal der Nachbau der "Batavia" in Lelystad/NL. Ich hab vor Jahren mal davor gestanden. Kam mir relativ klein vor. Also auf Bildern wirken die Dinger immer wesentlich größer.


Dann sollteste beim nächsten Besuch mal zur Großmars aufentern, falls das gerade angeboten wird, dann haste nen imposanteren Eindruck :-)
Höher lassen sie einen leider nicht, aber sonst kann man auf diesem wundervollen Schiff in der letzten Ecke herumstöbern, ohne von irgendwelchen Wichtigtuern zurückgepfiffen zu werden.
Ich habe den Bau über zehn Jahre verfolgt mit ein bis zwei Lelystad-Besuchen pro Jahr. Heute ist dieser reizvolle Ort jedoch dermaßen kommerzverseucht, daß es keinen Spaß mehr macht, das Nachfolgeprojekt, die "Zeven Provincien" auf ihrer Helling zu besuchen :-(
Die gemauerte Kombüse der Batavia entspricht übrigens genau der der Vasa, wie vieles andere auch, da beide Schiffe aus der gleiche Zeit stammen und auch die Vasa nach holländischer Art gebaut wurde.

KuK
22.04.2013, 01:27
Moin, werter Zwei-Hand-Schießer !


Ich nehme an, die Schiffe waren groß und tragfähig genug, dass man auf ihnen eine Variante der römischen Hypocauste installieren konnte - was nicht weiter schwierig ist, wenn man nur ein Feuer an Bord unterhalten kann.

"Feuer an Bord" ist und war auf jedem Schiff dieser Welt ein Problem. Wenn die römischen Potentaten glaubten, diesem Thema keinen Glauben schenken zu müssen, waren sie wahrscheinlich "sehr alleine". "Hypocauste" hätten auch an Bord römischer "Luxus-Liner" Platz gefunden anstelle von Kielballast, aber meine Brechnungen haben ergeben, daß dann selbst hölzerne Aufbauten das Metazentrum eines Schiffes nicht stabil darzustellen wären. Man hätte dann 2,2 to/m² einbauen müssen. Diese Konstruktionen wären keinesfalls seefähig gewesen...

Vielleicht kann der "Duce" darüber Auskunft geben....

mit zweifelnden Gruß,

KuK

Heifüsch
22.04.2013, 01:29
Ich liege auf dem Grund der See
Und frage mich: warum? O weh..
Wie bin ich nur hierher geraten?
Ach ja! Die englischen Piraten!

Sie schossen. Ich ergab mich nicht.
Drum bliesen sie mir aus das Licht
Ja, sie zerstörten meinen Rumpf
Dann-ein Ächzen klang sehr dumpf..

Ich kippte um nach Steuerbord
Hört`noch manch Entsetzenswort
Als bei Tortuga ich versank
Und die gesamte Crew ertrank.

Doch war dies nicht nur unser Schaden
Denn drüben weinten die Piraten
Weil keine Beute sie bekamen
Drum fluchten sie des Herrgotts. Amen!

Aus "Trübe Nachtgedanken einer spanischen Galeone, versunken 1603 nach vergeblichem Kampfe und nun langsam
in einer Tiefe von 238 Metern verfaulend-mit fünf Tonnen Gold an Bord".

User in diesem Thread gebannt: Rolf1973?

Der Flatterratt! Ich hab´s begriffen,
jetzt hat er´s auch noch mit den Schiffen :-(
Wie selbst der Casus eben schon
besuchte mich nicht ohne Hohn.
Den Pythia hat es schon erwischt,
nach dem, was er hier aufgetischt.
Und wie mich deucht würd´s mich nicht wundern
wenn bald auch du dich bei den Flundern
fluchs wiederfändest als gebannt
von diesem Strang von strenger Hand >&,(

Heifüsch
22.04.2013, 01:51
Moin, werter Zwei-Hand-Schießer !



"Feuer an Bord" ist und war auf jedem Schiff dieser Welt ein Problem. Wenn die römischen Potentaten glaubten, diesem Thema keinen Glauben schenken zu müssen, waren sie wahrscheinlich "sehr alleine". "Hypocauste" hätten auch an Bord römischer "Luxus-Liner" Platz gefunden anstelle von Kielballast, aber meine Brechnungen haben ergeben, daß dann selbst hölzerne Aufbauten das Metazentrum eines Schiffes nicht stabil darzustellen wären. Man hätte dann 2,2 to/m² einbauen müssen. Diese Konstruktionen wären keinesfalls seefähig gewesen...

Vielleicht kann der "Duce" darüber Auskunft geben....

mit zweifelnden Gruß,

KuK

Die Rumpfform der Nemiseeschiffe kam hier nicht besonders gut rüber, aber sie entsprach in etwa der der Mississippi-Dampfer. Das waren also sehr flachgehende, breite und stabile Plattformen, die im Prinzip gar nicht kentern konnten, schon gar nicht auf einem Mini-See mit ner maximalen Wellenhöhe von vielleicht einem halben Meter. Ballast war auch nicht erforderlich, da der Auftrieb sich gleichmäßig über den gesamten Rumpf verteilte.

http://www.express.de/image/view/2013/1/6/22226240,17773675,highRes,maxh,480,maxw,480,TS+RA-RE+mississippi_060213.jpg

Hier die "American Queen". Ein flacher Rumpf mit hohen Aufbauten, wobei diese die Wandstärke von Hundehütten haben dürften :-)
Solche Konstruktionen liegen wie ein Brett im Wasser, ebenso wie die Nemiseeschiffe.

...und hier nochmal eins der Nemi-Wracks:

http://farm6.static.flickr.com/5132/5461081862_4ce2efd592.jpg

Heifüsch
22.04.2013, 02:31
Sooo,...äh, ..ja! Anknüpfend an #92 und #93 hier nun ein Modell, das die meisten Flohmarktbesucher wohl naserümpfend links liegen lassen würden.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/76/WLANL_-_Quistnix%21_-_Maritiem_Museum_-_Mataro_Model.jpg/456px-WLANL_-_Quistnix%21_-_Maritiem_Museum_-_Mataro_Model.jpg

Man beachte die Ähnlichkeit mit dem Danziger Holk... Zur Erklärung ausnahmsweise mal ein Wiki-Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Matar%C3%B3-Modell

Cetric
22.04.2013, 18:16
Spanische Viermast-Karavelle 'Estremadura', Stapellauf 1511.
Länge 55m
Breite 4,28m
Tiefgang 5,90m
Verdrängung 228to
Bewaffnung 24x 9-Pfünder Kolubrinen
Besatzung 86 Seeleute, 120 Soldaten.

Sie ist für ihre Epoche stark bewaffnet, man beachte auch den seltsamen Rammsporn, der wohl ihrer Mittelmeer-Einsatzregion geschuldet ist, wo zu der Zeit so viele Galeeren im Einsatz waren, die bekanntlich den Nahkampf und das Rammen suchen. Die 'Estremadura' gehörte zu einem Geschwader von (Truppen)Transportschiffen, die zusammen mit 50 Galeeren des Malteser Ordens, Neapels, Genuas und des Vatikanstaates Algier gegen den Angriff des berühmten türkischen Korsaren Barbarossa (Kheir-Ed-Din) verteidigen sollten. Ein Sturm vor Algier machte das Vorhaben allerdings zunichte, und auch dieses Schiff ging mit 20 anderen Schiffen unter, während man die Besatzung noch bergen konnte.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Spanisch_Karavelle_1511.jpg

Cetric
22.04.2013, 18:24
Portugiesische Lateinsegler-Karavelle 'Vijia', Stapellauf um 1600.
Länge 32,06m
Breite 6,50m
Tiefgang 3,70m
Verdrängung 126to
40 Mann Besatzung.
Die 'Vijia' war fast 50 Jahre im Einsatz und stellt die letzte Weiterentwicklung der Karavelle dar, bevor diese von den Meeren verschwand, sie überquerte als letztes Schiff dieses Typs den Atlantik (1618 Kapitän Bartholomeu Nodal) ohne einen Mann Verlust. Im Kielraum konnte sie Vorräte für 10 Monate mitführen.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Portugiesische_Karavelle_1600.jpg

Wie dehnbar der Gattungsbegriff 'Karavelle' war! Die Rumpfgestaltung dieses portugiesischen Schiffes ist dem der vorgenannten spanischen Karavelle sowas von unähnlich.

Cetric
22.04.2013, 18:29
Hier mal der Nachbau der "Batavia" in Lelystad/NL. Ich hab vor Jahren mal davor gestanden. Kam mir relativ klein vor. Also auf Bildern wirken die Dinger immer wesentlich größer.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Ship_Batavia_2.jpg

Geile Aufnahme, wirkt sehr authentisch. Man könnte sich vierhundert Jahre zurückversetzt fühlen...

Cetric
22.04.2013, 18:33
So, hier isser nun. Der Prototyp des modernen Segelschiffs, der Holk:

https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQpTgtiF1qjoJpJs3Ys2Fwb2474zHIC7 8BubWDy0USNzsjVpfuNDw http://www.marmucommerce.com/Binaries/Binary8542/HOLK.JPG

(Nicht zu verwechseln mit dem genannten Hulk. Der fungiert hier eben als Namensgeber für diese Fusion mit der Kogge.) Links das Danziger Siegel von 1400 und rechts die Modellrekonstruktion des Danziger Schiffahrtmuseums.


Bezeichnenderweise taucht dieser neue Typ an der Wende zum 15. Jhdt. gleichzeitig entlang der gesamten ost-westlichen Haupthandelsroute der Hanse auf. Die Ratssiegel von Southampton (1400), Rye (um 1400), Amsterdam (1400) und Danzig (1400) belegen das. Dieses Schiff musste sich also nicht erst lange gegen die Konkurrenz durchsetzen, sondern war bereits bei Markteinführung der Renner.

Dieses Holk-Modell sieht doch fast identisch aus wie mein Bild der englischen 'Mary Fortuna'...

Heifüsch
22.04.2013, 18:59
Dieses Holk-Modell sieht doch fast identisch aus wie mein Bild der englischen 'Mary Fortuna'...

In deinem Bild wurde sie aber als "Kogge" bezeichnet und das ist definitiv falsch. Als Holk deklariert isses wieder okay, auch wenn solche "Rekonstruktionen" meist sehr hypothetisch sind und nur den Schiffstyp einigermaßen wiedergeben, nicht aber das spezielle Vorbild mit all seinen Charakteristika. Irgendeine Originalabbildung einer "Mary Fortune" aus dieser Zeit ist mir jedenfalls nicht bekannt. Hier scheint auch ein Kraweelbau vorzuliegen, wo ein geklinkerter zu erwarten wäre. (kraweel - Planken seitlich auf Stoß, geklinkert - Planken seitlich dachziegelmäßig überlappend) :-)

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Englische_Kogge_1300AD.jpg

Heifüsch
22.04.2013, 19:05
Geile Aufnahme, wirkt sehr authentisch. Man könnte sich vierhundert Jahre zurückversetzt fühlen...
Geil isses auch, da drin rumzukrauchen. Willem Vos, der Schiffbaumeister, hat sich wirklich alle Mühe gegeben, dieses Schiff möglichst authentisch nachzuempfinden. Nur die Farbgebung ist wie üblich absolut daneben, leider :-(
Die originale Batavia war das erste europäische Schiff, das an der australischen Küste strandete. Die anschließende Meuterei stellt die der Bounty übrigens bei weitem in den Schatten. Zudem wurden Wrackreste gefunden, die bei der Rekonstruktion berücksichtigt wurden, ansonsten wurde nach dem Vorbild der Vasa gebaut...

http://museum.wa.gov.au/maritime-archaeology-db/sites/default/files/images-gallery/batavia-wreck.jpg

Cetric
22.04.2013, 22:24
In deinem Bild wurde sie aber als "Kogge" bezeichnet und das ist definitiv falsch. Als Holk deklariert isses wieder okay, auch wenn solche "Rekonstruktionen" meist sehr hypothetisch sind und nur den Schiffstyp einigermaßen wiedergeben, nicht aber das spezielle Vorbild mit all seinen Charakteristika. Irgendeine Originalabbildung einer "Mary Fortune" aus dieser Zeit ist mir jedenfalls nicht bekannt. Hier scheint auch ein Kraweelbau vorzuliegen, wo ein geklinkerter zu erwarten wäre. (kraweel - Planken seitlich auf Stoß, geklinkert - Planken seitlich dachziegelmäßig überlappend) :-)


Über unser Schiffchen hier scheinen sich noch mehr Leute den Kopf zerbrochen zu haben, schau mal hier:

http://wiki.verkata.com/de/wiki/Wikipedia:L%C3%B6schkandidaten/19._Januar_2011?page=18

Interessanterweise meint jemand ganz unten die 'Mary Fortuna' doch noch gefunden zu haben, der Schreiber dort nennt ein Siegel der Admiralität von Bristol aus dem Jahr 1430 als Vorbild für unser Bild, das aber einen Holk zeige. Da liegst du goldrichtig.

Heifüsch
22.04.2013, 22:48
Über unser Schiffchen hier scheinen sich noch mehr Leute den Kopf zerbrochen zu haben, schau mal hier:

http://wiki.verkata.com/de/wiki/Wikipedia:L%C3%B6schkandidaten/19._Januar_2011?page=18

Interessanterweise meint jemand ganz unten die 'Mary Fortuna' doch noch gefunden zu haben, der Schreiber dort nennt ein Siegel der Admiralität von Bristol aus dem Jahr 1430 als Vorbild für unser Bild, das aber einen Holk zeige. Da liegst du goldrichtig.

Ich denke mal, daß diese Zeichnung aus irgendwelchen Versatzstücken frei improvisiert wurde. Denn weder das Admiralitätssiegel von Bristol, das übrigens aus dem 16. Jhdt. stammt, noch irgendwelche anderen frei zugänglichen Quellen berichten von einer "Mary Fortuna" mit dieser um 1400 üblichen Holk-Optik. Erst 1497 taucht eine "Mary Fortune" auf, allerdings als Galeasse, einer Art schwerer Galeere. Hochinteressant dagegen sind die Abbildungen der sog. Warwick Roll aus der Mitte des. 15. Jhdts. mit einigen sehr detaillierten Dreimastern vom Typ des Holks bzw. der frühen Karracke. Allerdings kennt nicht einmal Google diese wichtige Quelle speziell aus schiffahrtshistorischer Sicht :-(

Heifüsch
23.04.2013, 00:42
In #111 hatte ich ja schon das sogenannte Mataro-Schiff angeführt, das weltberühmte Modell einer katalanischen Nao aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und das einzige erhaltene Modell dieses für die schiffbauliche Entwicklung so wichtigen Zeitraums, von etwaig erhaltenen Originalschiffen ganz zu schweigen.
Es finden sich zwar immer mal ein paar Überreste massiver Kiele und Spanten, aber alles andere, was etwas über das Aussehen der Schiffe dieser Zeit aussagen könnte, ist natürlich unwiederbringlich verrottet, weshalb man fast ausschließlich auf die Auswertung bildlicher Quellen angewiesen ist, wenn man ein Schiff dieser Zeit rekonstruieren möchte :-(

Aber zum Glück haben wir ja dieses Modell einer Nao, eines krawelgeplankten Holks, der sich wie man sieht bis ins Mittelmeer ausgebreitet hatte und dort wie´s scheint bereits einen zweiten Mast verpasst bekam. Mehrmastige Schiffe waren dort längst bekannt und nun wurde eben auch dieser nordische Technologie-Import entsprechend modifiziert. ( Der einst vorhandene zweite Mast wurde allerdings von übereifrigen Vorbesitzern entfernt, um eine angebliche Authentizität wiederherzustellen.)

Das Interessante an diesem Modell ist, daß es einerseits noch alle Merkmale des Danziger Holks von 1400 wiedergibt, dann aber auch Anhaltspunkte etwa für die spätere Nao "Santa Maria" der Herrn Kolumbus liefert, also eines um etwa 1480 erbauten Schiffs. Wenn man einmal davon absieht, daß nordische Schiffe weiterhin geklinkert und mediterrane krawelgebaut waren, liegt der wichtigste Unterschied hier in der expandierenden Bemastung und Besegelung, die ab etwa der Mitte des 15. Jhdts. vom Süden ausgehend ihren revolutionären Einfluss auf die nördliche Schiffbautradition nahm.

Um 1460 wurde die Krawelbauweise dann auch im Norden bekannt. So durch den berühmten "Pierre de la Rochelle", einem krawelgebauten Dreimaster, der 1462 in Danzig wegen eines Blitzschadens festlag und schließlich in Danziger Besitz überging, um als "Peter von Danzig" Geschichte zu schreiben. Die nordischen Schiffbauer studierten die neue Methode und erkannten ihre Vorteile gerade für größere Schiffe. Und natürlich waren sie von den Segeleigenschaften angetan, die mehrmastige Schiffe aufwiesen.

So etwa könnte Kolumbus` "Santa Maria" ausgesehen haben:

http://www.yachtcharter-a500.com/slike%20internet/kolumbo/Santa%20Maria%20v.jpg

Die Grundform des Holks ist noch erkennbar. Hier nun der "Peter von Danzig":

http://www.marmucommerce.com/Binaries/Binary8574/Peter._draw._side.jpg

Und noch einmal der Danziger Holk von 1400 mit komischen Messpunkten:
http://www.fotoskaner.pl/wp-content/uploads/2010/05/holk.jpg

...und nochmal das Mataro-Modell. Die Proportionen sind wohl etwas gequetscht, was bei solchen Votifschiffen aber die Regel ist. In seiner Detailtreue ist dieses fast zwei Meter lange Modell allerdings sehr exakt :-)

https://encrypted-tbn3.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcR22te2eeLzar19_Mpra21agXJQlAXm-q6TDyoMWbuWlcrG-JRVbw http://www.bauernkriege.de/botticelli.JPG

Zum Schluß noch ein Bildausschnitt aus Sandro Botticellis "Urteil des Paris" (1485-88) :-)

KuK
23.04.2013, 01:45
Ein sagenhaft guter Strang und ich hänge mit den Augen an jedem Neu-Eintrag,

KuK

Heifüsch
23.04.2013, 02:11
Ein sagenhaft guter Strang und ich hänge mit den Augen an jedem Neu-Eintrag,

KuK

Danke, freut mich :-)

Einen Beitrag mach ich noch. Erst mal das Bild, der Rest folgt...

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/76/Bergenfahreraltar.jpg/460px-Bergenfahreraltar.jpg

Hier ein Epitaph vom Lübecker Bergenfahrer-Altar von 1489. Die breiten Planken weisen eher auf einen Klinkerbau hin als auf einen "Kraweel", wie krawelgebaute (oder kraweelgebaute) Schiffe dieser Art damals auch genannt wurden. Typologisch korrekt isses immer noch ein Holk mit Tendenz zur Karacke (oder Karracke), auch wenn dieser bereits vier Masten aufweist. Die Kastelle sind hier schon so weit mit dem Rumpf verwachsen, daß sich eine gewisse harmonische Einheit ergibt. Zudem sind diese bereits mit anzunehmenderweise kleinkalibrigen Kammerstücken (Hinterladern) bestückt.

KuK
23.04.2013, 03:02
Moin, Heifüsch!


Danke, freut mich :-)

Einen Beitrag mach ich noch. Erst mal das Bild, der Rest folgt...

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/76/Bergenfahreraltar.jpg/460px-Bergenfahreraltar.jpg

Hier ein Epitaph vom Lübecker Bergenfahrer-Altar von 1489. Die breiten Planken weisen eher auf einen Klinkerbau hin als auf einen "Kraweel", wie krawelgebaute (oder kraweelgebaute) Schiffe dieser Art damals auch genannt wurden. Typologisch korrekt isses immer noch ein Holk mit Tendenz zur Karacke (oder Karracke), auch wenn dieser bereits vier Masten aufweist. Die Kastelle sind hier schon so weit mit dem Rumpf verwachsen, daß sich eine gewisse harmonische Einheit ergibt. Zudem sind diese bereits mit anzunehmenderweise kleinkalibrigen Kammerstücken (Hinterladern) bestückt.

Ich widerspreche dem Marine -Guru nur ungern, aber die Darstellung mit 16 "gonnes" auf einer Schiffseite erscheint mir bei diesem kleinen Schiffstyp als eine "künstlerische Übertreibung". Die damaligen Schiffskanonen hatten ein Kaliber von 40 mm bis etwa 80 mm und waren m.E. niemals Hinterladerwaffen, da das Seewasser solchen komplizierten Konstruktionen zu stark zugesetzt hätte. "Kammerstücke" sind außerdem Vorderlader, an deren großkalibrigenm "Flug" (Kugelführung) sich eine im Kaliber kleinere "Kammer" (daher der Name) für die Pulveraufnahme anschließt, damit das Ladungsraumstück stärker bleibt. Diese Konstruktion hätte aber zweigeteilte Ladestöcke erforderlich gemacht und Stückmeister-Bedienung, die man auf solchen Schiffen nicht annehmen konnte (Kosten). Bei Seegang wäre ein Laden von Kammergeschützen eh nicht möglich. Selbst die Verwendung von "sciopettos" ginge auf See nicht praktisch zu realisieren...

Verzeih' mir meine ketzerischen Bemerkungen,

KuK

der's ja nun mal mit der Artillerie so hat....

Heifüsch
23.04.2013, 03:12
Moin, Heifüsch!



Ich widerspreche dem Marine -Guru nur ungern, aber die Darstellung mit 16 "gonnes" auf einer Schiffseite erscheint mir bei diesem kleinen Schiffstyp als eine "künstlerische Übertreibung". Die damaligen Schiffskanonen hatten ein Kaliber von 40 mm bis etwa 80 mm und waren m.E. niemals Hinterladerwaffen, da das Seewasser solchen komplizierten Konstruktionen zu stark zugesetzt hätte. "Kammerstücke" sind außerdem Vorderlader, an deren großkalibrigenm "Flug" (Kugelführung) sich eine im Kaliber kleinere "Kammer" (daher der Name) für die Pulveraufnahme anschließt, damit das Ladungsraumstück stärker bleibt. Diese Konstruktion hätte aber zweigeteilte Ladestöcke erforderlich gemacht und Stückmeister-Bedienung, die man auf solchen Schiffen nicht annehmen konnte (Kosten). Bei Seegang wäre ein Laden von Kammergeschützen eh nicht möglich. Selbst die Verwendung von "sciopettos" ginge auf See nicht praktisch zu realisieren...

Verzeih' mir meine ketzerischen Bemerkungen,

KuK

der's ja nun mal mit der Artillerie so hat....

Also weeßte! >:-))

Ich meinte dieses Teil hier: Ein dezidiert als Kammergeschütz ausgewiesener französischer Hinterlader von 1410. Mehr dazu morgen... :-)

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/00/40KgWroughtIronMurderer1410France.jpg/800px-40KgWroughtIronMurderer1410France.jpg

Cetric
23.04.2013, 10:18
Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.

Leif
23.04.2013, 10:43
Mal was anderes:

Die Royal Louise, die auf der Pfaueninsel überwintert. Vor malerischer Kulisse mit Schinkels Casino und der Glienicker Brücke:

http://www.royal-louise.de/tl_files/royal_louise/images/Schiff/Blickachteraus/RL-GlienickerBruecke.jpg

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats auf Grund seines schlechten Zustandes vernichtet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_Louise_%28Schiff%29#Die_Royal_Louise_und_der _Fregattenschuppen

KuK
23.04.2013, 11:46
Moin, Cetric!


Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.

Ein Falkonett war die nicht genormte Bezeichung des kleinsten Feldgeschützess von etwa 50mm Kaliber oder 4 Pfd. Geschoßgewicht vor Einführung der Kalibernormalisierung durch Maximilian I. Es waren immer lange schlanke Rohre, auch als sehr selten ausgeführte Hinterlader:




https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRLoCMhmkKiRk618eKG4YlZuWxipuWZC-4OmQ55HpiQSJsJEcYL


Eine "Drehbasse" (Dreh-Büchse) hingegen ist bereits das Kleingeschütz mit Richthaken, das auf einer Pivotlafette entweder an der Reling oder im Krähennest wirken konnte.

Besten Gruß,

KuK

Heifüsch
23.04.2013, 13:25
Mal was anderes:

Die Royal Louise, die auf der Pfaueninsel überwintert. Vor malerischer Kulisse mit Schinkels Casino und der Glienicker Brücke:

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde es auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats auf Grund seines schlechten Zustandes vernichtet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_Louise_%28Schiff%29#Die_Royal_Louise_und_der _Fregattenschuppen

Ein hübsches Bild :-) Leider isses nur ein schwimmfähiges Großmodell einer Fregatte im Maßstab 1:3. Aber für eine echte Fregatte wären die Berliner Gewässer auch nicht geeignet.
Ich hatte den Bau in einer Köpenicker Werft zeitweise verfolgt, was allerdings nicht nur anregend war, da dieses Schiff natürlich nicht in der traditionellen Bauweise entstand. Nur die äußere Optik sollte dem Original einigermaßen nahekommen, nicht aber die Innereien oder das Deck. Es wirkt auch etwas befremdlich, die maßstäblich über fünf Meter große Besatzung an Bord dieses Schiffchens zu sehen :-)

Heifüsch
24.04.2013, 01:18
Ich glaube man nennt diesen Geschütztyp ein Falconett, richtig? Die waren auf einer Drehbasse auf der Reling montiert und daher schwenkbar.
Da müsste ich jetzt direkt mal in Mondfelds "Schiffsgeschütze Bd.1" nachsehen. Aber Namen sind bekanntlich Knall & Rauch, gerade bei Geschützen :-)

Mein Beispiel ist jedenfalls ein sogenanntes Stabringrohrgeschütz, wie sie in der Anfangszeit der Geschützherstellung üblich waren. Eiserne Stäbe wurden um einen Holzkern geschmiedet und durch eiserne Ringe zusammengehalten. Dann wurde der Kern ausgebohrt und fertig war die Waffe. Diese recht primitive Herstellungstechnik lädt geradezu dazu ein, das beidseitig offene Rohr als Hinterlader zu gestalten und dieses nur als flugbahnstabilisierende Verlängerung für einen kleinen Mörser zu benutzen, der an die hintere Öffnung angesetzt und verkeilt wurde. Der Dorn in diesem Bildbeispiel weist auf die Verwendung als Relingsgeschütz hin, sofern es sich überhaupt um eine Schiffswaffe handelt :-)

Heifüsch
24.04.2013, 02:10
Zurück zu #122. Dazu erst einmal ein Wiki-Artikel, die berühmt-berüchtigte "Lisa von Lübeck" betreffend :-(

http://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_von_L%C3%BCbeck

(http://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_von_L%C3%BCbeck)Lisa von Lübeck



http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/39/Lisa_von_L%C3%BCbeck_-_Photo_by_Doris_Sch%C3%BCtz.jpg/250px-Lisa_von_L%C3%BCbeck_-_Photo_by_Doris_Sch%C3%BCtz.jpg (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lisa_von_L%C3%BCbeck_-_Photo_by_Doris_Sch%C3%BCtz.jpg)




Schiffsdaten


Flagge
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/ba/Flag_of_Germany.svg/20px-Flag_of_Germany.svg.png (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland) Deutschland (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland)


Schiffstyp (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffstyp)
Kraweel (http://de.wikipedia.org/wiki/Kraweel)


Stapellauf (http://de.wikipedia.org/wiki/Stapellauf)
27. März 2004


Indienststellung
April 2005







Schiffsmaße und Besatzung


Länge (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#L.C3.A4ngenangaben)
35,9 m (Lüa (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#L.C3.A4ngenangaben))
30,12 m (Lpp (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#L.C3.A4ngenangaben))


Breite (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#L.C3.A4ngenangaben)
9,3 m


Tiefgang (http://de.wikipedia.org/wiki/Tiefgang)
max. 2,86 m


Verdrängung (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#Verdr.C3.A4ngung)
198 t (http://de.wikipedia.org/wiki/Tonne_%28Einheit%29)







Maschine


Maschine
Hilfsdiesel (http://de.wikipedia.org/wiki/Dieselmotor)


Maschinen-
leistung
347 PS (255 kW)


Geschwindigkeit
max. 8,5 kn (16 km/h)


Propeller
1







Takelung und Rigg


Anzahl Masten (http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsmast)
3


Anzahl Segel
3


Segelfläche
276 m²





"Die Lisa von Lübeck ist die Rekonstruktion eines Kraweels (http://de.wikipedia.org/wiki/Kraweel) aus dem 15. Jahrhundert. Ihr Heimathafen (http://de.wikipedia.org/wiki/Heimathafen) ist der Museumshafen Lübeck (http://de.wikipedia.org/wiki/Museumshafen_L%C3%BCbeck).
Die Kiellegung (http://de.wikipedia.org/wiki/Kiellegung) war am 31. Juli 1999. 350 Mitarbeiter waren an der Rekonstruktion beteiligt, überwiegend ungelernte ABM (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsbeschaffungsma%C3%9Fnahme)-Kräfte. Die Initiatorin des Projektes, Lisa Dräger (http://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_Dr%C3%A4ger) aus Lübeck (http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbeck), sagte in einem Zeitungsinterview, die Idee sei ihr schon 1936 gekommen, als die „Lübecker Kogge (http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbecker_Kogge)“, ein Nachbau einer Kogge (http://de.wikipedia.org/wiki/Kogge), das Olympische Feuer (http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Fackel) von Lübeck zu den Segelwettbewerben der Olympischen Spiele (http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_1936/Segeln) nach Kiel (http://de.wikipedia.org/wiki/Kiel) gefahren hatte. 1991 wurde die Rekonstruktion der Kogge Ubena von Bremen (http://de.wikipedia.org/wiki/Ubena_von_Bremen) in Lübeck ausgestellt, und Lisa Dräger nahm das Projekt in Angriff. Weil noch nie eine vollständige Kraweel ausgegraben wurde, musste der Bauplan in Teilstücken erstellt werden. Das Schiff wurde eine authentische Rekonstruktion, die allerdings einen zusätzlichen Dieselmotor zur Fahrt ohne Segelleistung besitzt."

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9a/WP_L%C3%BCbecker_Kogge.jpg/392px-WP_L%C3%BCbecker_Kogge.jpg http://farm5.staticflickr.com/4123/4876485739_2a86f19f3c_m.jpg

(http://de.wikipedia.org/wiki/Lisa_von_L%C3%BCbeck)Bereits in den 30er Jahren wurde ein Versuch unternommen, einen Holk des späten 15. Jhdts zu rekonstruieren. Die Bezeichnung als "Kogge" war allerdings damals schon widerlegt. Sie hatte sich jedoch so festgesetzt, daß alte Schiffe dieser Art grundsätzlich unter dem Sammelbegriff "Kogge" fuhren :-(

Die Lübecker wollten diese inzwischen abgewrackte Replik nun also wiedererstehen lassen. Noch mittelalterlicher und noch authentischer natürlich und zwar in Anlehnung an die in Lelystad ("Batavia") geprägte "experimentelle Archäologie", die nichts anderes forderte, als einen gewissen handwerklichen Pragmatismus, gepaart mit der Berücksichtigung aller verfügbaren Quellen.

Das Quellenstudium ersparte man sich allerdings und verwechselte ganz nebenbei noch konsequent das 15. mit dem 16. Jahrhundert. Und um das planerische Chaos komplett zu machen, setzte man ein überkragendes Holkkastell auf ein vollkommen anachronistisches Spiegelheck, eine iberische Heckform, die in Nordeuropa erst im frühen 16. Jhdt. auftauchte. So entstand ein höchst skurriles Gefährt, das die drei Millionen DM Baukosten, zum großen Teil aus öffentlichen Mitteln, nicht annähernd wert ist und am besten vom Blitz getroffen werden sollte, um den Lübecker Ruf als ehemalige Königin der Hanse und Schiffbaumetropole nicht vollends zu ruinieren >&.(

KuK
25.04.2013, 11:42
Die Lisa von Lübeck erscheint mir, besonders durch die seitlichen - ich nenne es mal so - "Fenstereinbauten", die bis runter zum Bargholz zu gehen scheinen, mehr als ein Wohnboot mit Mittelalterappeal.

Dennoch dürfte es sich um eine schöne Touristenattraktion handeln, da die wenigsten Touris so viel Plan haben, wie der Strangersteller u.a.m.
Außerdem hat Frau Dräger (Dräger-Werke, Lübeck: Tauchretter, Gasmasken, Druckatmer uv.m-) ein steuerlich 100% abschreibbares "gutes Werk" getan. Da sind für so ein Schiff auch 3 Mio. nicht allzuviel, wenn man bedenkt, daß es ein Unikat ist und alles handgedengelt werden muß.

Ich teile nicht die Meinung, daß da der Blitz einschlagen soll... ... aber:

"Lot mi an Land!",

KuK

Heifüsch
25.04.2013, 13:02
Die Lisa von Lübeck erscheint mir, besonders durch die seitlichen - ich nenne es mal so - "Fenstereinbauten", die bis runter zum Bargholz zu gehen scheinen, mehr als ein Wohnboot mit Mittelalterappeal.

Dennoch dürfte es sich um eine schöne Touristenattraktion handeln, da die wenigsten Touris so viel Plan haben, wie der Strangersteller u.a.m.
Außerdem hat Frau Dräger (Dräger-Werke, Lübeck: Tauchretter, Gasmasken, Druckatmer uv.m-) ein steuerlich 100% abschreibbares "gutes Werk" getan. Da sind für so ein Schiff auch 3 Mio. nicht allzuviel, wenn man bedenkt, daß es ein Unikat ist und alles handgedengelt werden muß.

Ich teile nicht die Meinung, daß da der Blitz einschlagen soll... ... aber:

"Lot mi an Land!",

KuK

Dein Wille geschehe, fühle dich also ausgebootet >8-)) Aber nicht nur diese Fenster, sondern vor allem die Heckkonstruktion ist dermaßen daneben, daß man sich fragen muß, ob die noch alle Tassen im Spind hatten. Gründlicher kann man so ein Projekt jedenfalls nicht versauen. :-(

Die Verantwortlichen hatten wirklich keinen Plan, trotz oder gerade weil sie sich von einem eigens eingerichteten wissenschaftlich-technischen Beirat bevormunden liessen, dessen einzige Sachkenntnis sich auf die Berechnung der Strömungseigenschaften des geplanten Schiffes beschränkte. Hätte man die Schiffbauer vom Verein "Weltkulturerbe e.V." einfach mal machen lassen, dann wäre sicher ein akzeptables Schiffchen daraus geworden. Anfangs gab man sich auch noch alle Mühe, nach alter Methode auf Spant zu bauen. Zum Schluß hin wurde aber nur noch wild improvisiert, weil wohl irgendwelche Termine drängten.

Wichtig waren eben die Vorgaben der involvierten Schiffbautechnischen Gesellschaft, um die herum dann eben "historisch" gebaut wurde. Bezeichnend für diese Lisa ist auch, daß inzwischen ein Modell dieses Schiffchens inklusive der im Original installierten Offnung für das Bugstrahlruder angeboten wird. Hier geht es also gar nicht mehr um das historische Vorbild, sondern um die moderne Persiflage desselben >%-(

KuK
25.04.2013, 13:18
Moin, Heifüsch!


Dein Wille geschehe, fühle dich also ausgebootet >8-)) Aber nicht nur diese Fenster, sondern vor allem die Heckkonstruktion ist dermaßen daneben, daß man sich fragen muß, ob die noch alle Tassen im Spind hatten. Gründlicher kann man so ein Projekt jedenfalls nicht versauen. :-(

Die Verantwortlichen hatten wirklich keinen Plan, trotz oder gerade weil sie sich von einem eigens eingerichteten wissenschaftlich-technischen Beirat bevormunden liessen, dessen einzige Sachkenntnis sich auf die Berechnung der Strömungseigenschaften des geplanten Schiffes beschränkte. Hätte man die Schiffbauer vom Verein "Weltkulturerbe e.V." einfach mal machen lassen, dann wäre sicher ein akzeptables Schiffchen daraus geworden. Anfangs gab man sich auch noch alle Mühe, nach alter Methode auf Spant zu bauen. Zum Schluß hin wurde aber nur noch wild improvisiert, weil wohl irgendwelche Termine drängten.

Wichtig waren eben die Vorgaben der involvierten Schiffbautechnischen Gesellschaft, um die herum dann eben "historisch" gebaut wurde. Bezeichnend für diese Lisa ist auch, daß inzwischen ein Modell dieses Schiffchens inklusive der im Original installierten Offnung für das Bugstrahlruder angeboten wird. Hier geht es also gar nicht mehr um das historische Vorbild, sondern um die moderne Persiflage desselben >%-(

:gp:

aber wir sollten den Strang weiter entwickeln und uns nicht in irgendwelchen Sack- oder Eierstock-Gassen verschwenden...

Bitte weitermachen, wünscht,

KuK

Heifüsch
25.04.2013, 13:27
Moin, Heifüsch!



:gp:

aber wir sollten den Strang weiter entwickeln und uns nicht in irgendwelchen Sack- oder Eierstock-Gassen verschwenden...

Bitte weitermachen, wünscht,

KuK
Wird gemacht :-) Aber wir sind ja noch ziemlich themennah, denn momentan geht´s um die Entwicklung vom einmastigen geklinkerten Holk um 1400 zur viermastigen kraweelen Karracke um 1500.
Heute Abend geht es weiter, jetz muß ich erst mal wieder arbeiten. Was tut man nicht alles fürs liebe Geld... >x-(

Cetric
25.04.2013, 14:16
Ich wollte grundsätzliches zum Thema Schiffstypen, Visualisierung von historischen Schiffen vom Stapel lassen:

Klar, wir haben heutzutage den Anspruch 'wissenschaftlich fundiert' zu arbeiten, und nur gelten zu lassen, was 'quellenmäßig abgesichert' ist.
Man muß sich aber meines Erachtens folgende Punkte vor Augen führen:
- nur ein sehr geringer Prozentsatz aller je gebauten und betriebenen Schiffe ist als Bild oder Plan der Nachwelt erhalten geblieben
- nur ein Teil dieser der Nachwelt erhaltenen Bilder oder Pläne ist in Buchform einem breiten (Fach)Publikum dargeboten worden
- davon wiederum nur ein Teil hat den Weg ins digitale Zeitalter bislang geschafft, indem irgendwer eine Webseite damit gefüllt hat
- und von diesen digitalen Aufbereitungen wird nur ein Teil in den Suchmaschinen erfaßt, oder auch nicht erfaßt (je nachdem wohin die Suchroboter vorstoßen oder auch nicht hingelangen). Google selbst gibt es erst seit September 1998 (14 1/2 Jahre!)...

Nun stellt euch vor wieviele Schiffe es zu jedem Zeitpunkt auf den Meeren gegeben haben muß! Die aufgrund der begrenzten Haltbarkeit hölzerner Konstruktionen in Salzwasser und bei Wurmbefall, Schneckenbewuchs etc alle paar Jahre überarbeitet oder abgewrackt und gegen Neubauten ausgetauscht werden mußten! Nicht gezählt die Havarien und Kriegsverluste.
Wenn wir uns den Einfallsreichtum menschlicher Ingenieurskunst (oder vielmehr Baumeister-Findigkeit) vergegenwärtigen, wird klar, daß so ziemlich alles 'Denkbare' ausprobiert worden sein muß in der Praxis (zur See). Egal welche Kategorien und Schiffstypen-Bezeichnungen wir uns heute so denken. Ich denke, es muß zahllose Mischtypen und Varianten gegeben haben, die meisten (und vor allem die frühen) undokumentiert. Von daher würde ich zu mehr Fantasie raten und nicht gleich jedes Schiff, das nicht in die eine oder andere retrospektive Kategorie hineinpaßt, als 'unhistorisch' verwerfen.
Aus diesen Bemühungen, nachträgliche Vereinheitlichungen zu schaffen, entstehen dann auch die Irrtümer, die später dann wieder revidiert werden müssen (so wie Heifüsch schreibt, daß die Holks früher alle fälschlich als 'Kogge' bezeichnet wurden).

KuK
25.04.2013, 14:26
Moin, Heifüsch, Moin Cetric!

Leider konnte ich kein größeres Bild der "Drehbasse" finden, die ein offensichtlich Fachkundiger für die Kogge "Wissemara" nachgebaut hat.

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSTJ8oo-mNbnfKk97_evjlqNuLWZ3RzQFmoq2M4hwHkGU1or9Qtow




Hier sieht man wieder, wie "Laien" die Pivotaufhängung gegenüber dem Original "verschlimmbessert" haben. Im Original lagen die senkrechten Pivotaufnahmen "vor" der Bordwant, also dem Schandecksrelingen, um den erheblichen Rückstoß auf die Bordwand zu übertragen . Hier wird nur Salut geschossen.

Eine - angenommen - 45 mm dicke Eisenkugel (380 Gramm) hatte aus diesen Geschützen bei ener realistischen V° von 190 m/sec eine E° von etwa

E = 1/2 x mv² = 6890 Joule , dürfte die Bordwand des gegnerischen Schiffes nur mit viel Mühe durchdrungen werden.

Nehmen wir Blei als Projektil (566 Gramm), werden es 10223 Joule, was die Sache eher wahrscheinlich macht.

Bei einem Waffengewicht von von mindestens 100 kg beträgt der Rückstoß rund 250 Joule, den das Pivot im scharfen Schuß aufnehmen müßte...
Die "pisselige" Konstruktion auf der Wismarer Kogge wäre damit in 3-5 Schuß aufgelöst---

Mit "Zu-Gleich",

KuK

Rolf1973
25.04.2013, 14:55
36068

Der Beschreibung nach handelt es sich bei diesem Schiff um eine (vermutlich frühe) friesische Kogge.
Was sagen die Experten dazu? Auf einem Bild in einer Zeitschrift (leider finde ich sie nicht mehr) war
mal ein ähnliches Schiff, jedoch mit Kastellen an Bug und Heck, abgebildet, in dieser Form angeblich
bei einer weitgehend unbekannten Seeschlacht zwischen Friesen und Wikingern ca. 884(?) im Einsatz.
Leider schweigt sich Google dazu aus. Weißte dazu mehr, Füsch?

Rolf1973
25.04.2013, 15:04
36069

Das ist ein Hulk. Was sagt die Forschung über seinen Aufbau und seine Eigenschaften.........nicht hauen!

36071

Das hier meinte ich:-(.

Cetric
25.04.2013, 16:58
Diese scheiß Popkultur ist überall (Grüner Hulk...) und überlagert das wirklich Wichtige mit Schleimschichten... zum Kotzen.

Cetric
25.04.2013, 16:59
[
36071

Das hier meinte ich:-(.[/QUOTE]

Sieht aus wie ein Gefängnis- oder Hospitalschiff Mitte des 19. Jahrhunderts, auf einem umgebauten Linienschiff-Rumpf.

Cetric
25.04.2013, 17:03
Moin, Heifüsch, Moin Cetric!

Leider konnte ich kein größeres Bild der "Drehbasse" finden, die ein offensichtlich Fachkundiger für die Kogge "Wissemara" nachgebaut hat.

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSTJ8oo-mNbnfKk97_evjlqNuLWZ3RzQFmoq2M4hwHkGU1or9Qtow




Hier sieht man wieder, wie "Laien" die Pivotaufhängung gegenüber dem Original "verschlimmbessert" haben. Im Original lagen die senkrechten Pivotaufnahmen "vor" der Bordwant, also dem Schandecksrelingen, um den erheblichen Rückstoß auf die Bordwand zu übertragen . Hier wird nur Salut geschossen.

Eine - angenommen - 45 mm dicke Eisenkugel (380 Gramm) hatte aus diesen Geschützen bei ener realistischen V° von 190 m/sec eine E° von etwa

E = 1/2 x mv² = 6890 Joule , dürfte die Bordwand des gegnerischen Schiffes nur mit viel Mühe durchdrungen werden.

Nehmen wir Blei als Projektil (566 Gramm), werden es 10223 Joule, was die Sache eher wahrscheinlich macht.

Bei einem Waffengewicht von von mindestens 100 kg beträgt der Rückstoß rund 250 Joule, den das Pivot im scharfen Schuß aufnehmen müßte...
Die "pisselige" Konstruktion auf der Wismarer Kogge wäre damit in 3-5 Schuß aufgelöst---

Mit "Zu-Gleich",

KuK

Interessant. Ich glaube, daß Drehbassen wegen der leichten Kaliber grundsätzlich nicht dazu verwendet wurden den gegnerischen Rumpf zu bekämpfen, sondern gegen Personenziele auf dem Deck des Gegners. Dafür spricht auch ihre überhöhte Positionierung auf der Reling plus die Schwenkbarkeit, was ideal gegen bewegliche menschliche Ziele ist. Sofern es auch Kettengeschosse für diese Kaliber gegeben hat, auch gegen die Takelage. Für das Zufügen von Rumpfschäden sind wohl die Batteriedecks zuständig.

Heifüsch
25.04.2013, 19:06
Moin, Heifüsch, Moin Cetric!

Leider konnte ich kein größeres Bild der "Drehbasse" finden, die ein offensichtlich Fachkundiger für die Kogge "Wissemara" nachgebaut hat.

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSTJ8oo-mNbnfKk97_evjlqNuLWZ3RzQFmoq2M4hwHkGU1or9Qtow




Hier sieht man wieder, wie "Laien" die Pivotaufhängung gegenüber dem Original "verschlimmbessert" haben. Im Original lagen die senkrechten Pivotaufnahmen "vor" der Bordwant, also dem Schandecksrelingen, um den erheblichen Rückstoß auf die Bordwand zu übertragen . Hier wird nur Salut geschossen.

Eine - angenommen - 45 mm dicke Eisenkugel (380 Gramm) hatte aus diesen Geschützen bei ener realistischen V° von 190 m/sec eine E° von etwa

E = 1/2 x mv² = 6890 Joule , dürfte die Bordwand des gegnerischen Schiffes nur mit viel Mühe durchdrungen werden.

Nehmen wir Blei als Projektil (566 Gramm), werden es 10223 Joule, was die Sache eher wahrscheinlich macht.

Bei einem Waffengewicht von von mindestens 100 kg beträgt der Rückstoß rund 250 Joule, den das Pivot im scharfen Schuß aufnehmen müßte...
Die "pisselige" Konstruktion auf der Wismarer Kogge wäre damit in 3-5 Schuß aufgelöst---

Mit "Zu-Gleich",

KuK

Diese Wissemaria wurde nach dem Wrack der "Poeler Kogge" rekonstruiert, besser gesagt konstruiert, denn bei dem Wrack handelt es sich nach neueren Erkenntnissen um einen Klinkerbau des späten 18. Jahrhunderts. Rätselhafterweise hat hier nicht nur das Hintergrundwissen der datierenden Wissenschaftler, sondern auch die Bestimmungsmethode der Dendrochronologie vollkommen versagt. Man beachte übrigens das fehlende Bugkastell. Der unheilige Einfluß der Bremerhavener Koggenrekonstrukteure lässt grüssen! >&-(

http://www.mecklenburg-vorpommern.eu/cms2/Landesportal_prod/Landesportal/content/de/_aktuell/Archiv/2009/750_Jahre_Schutzbuendnis_Rostock_-_Wismar_-_Luebeck/bilder/BILD0919_400.jpg

Aber wie du sagst wurden solche Drehbassen auf bzw. vor den massiven Spantköpfen gelagert oder falls diese zu schmächtig waren, auf einem speziellen Unterbau montiert, der aber in der Flucht der Spanten positioniert sein müßte und nicht wie hier einfach dahintergesetzt. Ich find´s auch immer merkwürdig, wenn das Rettungsgerät auf diesen Nachbauten nicht durch schlichte Persennings abgedeckt wird sondern durch seine aufdringliche Präsenz schon gar kein Gefühl einer Zeitreise aufkommen lässt. Ebenso könnte dieser Kanonier doch wenigstens neutrale Kleidung tragen. Die muß ja nicht gleich mittelalterlich sein...

Deine Anmerkungen zu den Schußeigenschaften dieser Relingsgeschütze sind sehr interessant; ich komme bei der "Mary Rose" nochmal darauf zurück. Bei Steinkugeln, wie sie damals oft verwendet wurden, wird die Aufschlagsenergie noch ein wenig mickriger gewesen sein. Allerdings wurde wohl weniger der Schiffsrumpf beschossen. Treffer unterhalb der Wasserlinie liessen sich sowieso nicht erzielen und unter Deck gab es nichts Lohnenswertes zu treffen, da sich das Kampfgeschehen damals ausschließlich an Deck abspielte. Es ging also nur darum, das gegnerische Deck und die Kastelle zu bestreichen, wobei letztere wohl nicht besonders massiv gebaut gewesen sein dürften. Ich schätze mal, einzölliges Eichenholz dürfte gereicht haben, um Pfeile und Armbrustbolzen einigermaßen abzuhalten. Regelrechte mit Geschützen ausgetragene Seegefechte gab es dann auch erst gegen Ende des 15. Jhdts, als die Zeit der Koggen längst vorbei war.

Heifüsch
25.04.2013, 19:24
36068

Der Beschreibung nach handelt es sich bei diesem Schiff um eine (vermutlich frühe) friesische Kogge.
Was sagen die Experten dazu? Auf einem Bild in einer Zeitschrift (leider finde ich sie nicht mehr) war
mal ein ähnliches Schiff, jedoch mit Kastellen an Bug und Heck, abgebildet, in dieser Form angeblich
bei einer weitgehend unbekannten Seeschlacht zwischen Friesen und Wikingern ca. 884(?) im Einsatz.
Leider schweigt sich Google dazu aus. Weißte dazu mehr, Füsch?

Solche urigen Gefährte gibt´s heute noch auf irgendeinem norddeutschen See :-) Und tatsächlich sind das die Urahnen der Kogge, auch "Schlickrutscher" genannt (friesischer Ursprung). Typisch der flache kraweelgebaute Boden, die geklinkerten Seiten, die geraden Steven und das ursprüngliche Seitenruder ("Firrer") an Steuerbord (Daher auch der Name, denn für Rechtshänder empfiehlt sich die rechtsseitige Anbringung solcher Geräte.) Auch die "Decksbalken" (hier eher Duchten) gehen durch die Bordwand, ebenso wie bei den späteren Koggen, die auch als "durchbalkte Schiffe" bezeichnet wurden >&.)

Heifüsch
25.04.2013, 19:28
Ich wollte grundsätzliches zum Thema Schiffstypen, Visualisierung von historischen Schiffen vom Stapel lassen:

Klar, wir haben heutzutage den Anspruch 'wissenschaftlich fundiert' zu arbeiten, und nur gelten zu lassen, was 'quellenmäßig abgesichert' ist.
Man muß sich aber meines Erachtens folgende Punkte vor Augen führen:
- nur ein sehr geringer Prozentsatz aller je gebauten und betriebenen Schiffe ist als Bild oder Plan der Nachwelt erhalten geblieben
- nur ein Teil dieser der Nachwelt erhaltenen Bilder oder Pläne ist in Buchform einem breiten (Fach)Publikum dargeboten worden
- davon wiederum nur ein Teil hat den Weg ins digitale Zeitalter bislang geschafft, indem irgendwer eine Webseite damit gefüllt hat
- und von diesen digitalen Aufbereitungen wird nur ein Teil in den Suchmaschinen erfaßt, oder auch nicht erfaßt (je nachdem wohin die Suchroboter vorstoßen oder auch nicht hingelangen). Google selbst gibt es erst seit September 1998 (14 1/2 Jahre!)...

Nun stellt euch vor wieviele Schiffe es zu jedem Zeitpunkt auf den Meeren gegeben haben muß! Die aufgrund der begrenzten Haltbarkeit hölzerner Konstruktionen in Salzwasser und bei Wurmbefall, Schneckenbewuchs etc alle paar Jahre überarbeitet oder abgewrackt und gegen Neubauten ausgetauscht werden mußten! Nicht gezählt die Havarien und Kriegsverluste.
Wenn wir uns den Einfallsreichtum menschlicher Ingenieurskunst (oder vielmehr Baumeister-Findigkeit) vergegenwärtigen, wird klar, daß so ziemlich alles 'Denkbare' ausprobiert worden sein muß in der Praxis (zur See). Egal welche Kategorien und Schiffstypen-Bezeichnungen wir uns heute so denken. Ich denke, es muß zahllose Mischtypen und Varianten gegeben haben, die meisten (und vor allem die frühen) undokumentiert. Von daher würde ich zu mehr Fantasie raten und nicht gleich jedes Schiff, das nicht in die eine oder andere retrospektive Kategorie hineinpaßt, als 'unhistorisch' verwerfen.
Aus diesen Bemühungen, nachträgliche Vereinheitlichungen zu schaffen, entstehen dann auch die Irrtümer, die später dann wieder revidiert werden müssen (so wie Heifüsch schreibt, daß die Holks früher alle fälschlich als 'Kogge' bezeichnet wurden).

Darauf möchte ich gerne ausführlich eingehen, so gegen 21:30 Uhr :-)

Don
25.04.2013, 20:40
Möge er immer eine handbreit Goldmünzen unterm Bauch haben, damit dieses Projekt gelingt >8.)=

Vor allem sollte er vernünftige Nieten verwenden lassen. Der damalige Schund war der Grund daß der Rumpf aufplatzte wie eine gekochte Weißwurscht.

Heifüsch
25.04.2013, 21:30
Vor allem sollte er vernünftige Nieten verwenden lassen. Der damalige Schund war der Grund daß der Rumpf aufplatzte wie eine gekochte Weißwurscht.

Bis New York hätten die schon noch gehalten, wäre das Schiff nicht an diesem Eisbären langgeschrammt >%.(

Heifüsch
25.04.2013, 21:41
Interessant. Ich glaube, daß Drehbassen wegen der leichten Kaliber grundsätzlich nicht dazu verwendet wurden den gegnerischen Rumpf zu bekämpfen, sondern gegen Personenziele auf dem Deck des Gegners. Dafür spricht auch ihre überhöhte Positionierung auf der Reling plus die Schwenkbarkeit, was ideal gegen bewegliche menschliche Ziele ist. Sofern es auch Kettengeschosse für diese Kaliber gegeben hat, auch gegen die Takelage. Für das Zufügen von Rumpfschäden sind wohl die Batteriedecks zuständig.
Exakt! Und Batteriedecks gab´s auf den Koggen eben noch nicht, also auch keine, die man hätte beschiessen können. Wenn Koggen überhaupt bewaffnet waren, dann eher die sehr späten Exemplare und das auch nur sporadisch, ansonsten wurde mit Pfeil und Bogen und mit Armbrüsten gekämpft und dann geentert. Ich habe mal mit Grausen ein Video der Rügener Störtebekerfestspiele gesehen, ein grandioses pyromantisches Spektakel für hollywoodverwöhnte Action-Fans eben und eher nichts für Geschichtspedanten :-))

Bellerophon
25.04.2013, 21:44
Klasse Strang Heifüsch.

Freue mich darauf, wenn du hier im 18./19. Jahrhundert angekommen bist.

Wenn du mal in Hamburg bist, besuchen wir die Tamm-Sammlung im Marine-Museum in der Hafen-City.

Heifüsch
25.04.2013, 22:23
Klasse Strang Heifüsch.

Freue mich darauf, wenn du hier im 18./19. Jahrhundert angekommen bist.

Wenn du mal in Hamburg bist, besuchen wir die Tamm-Sammlung im Marine-Museum in der Hafen-City.

Nee nee, das war nur ein kleiner Ausflug! Und schon bin ich zurück in der frühen Neuzeit inmitten von Holken , Naos und Karracken :-)

Tamms Sammlung ist natürlich immer einen Besuch wert, wenngleich ich ihm seine Rolle in der Lübecker Lisa-Affäre immer noch nicht so recht verzeihe. Aber okay, das ist jetzt verjährt, damit will ich den alten Herrn nun nicht mehr belästigen >&.)

Cetric
25.04.2013, 22:33
Freue mich darauf, wenn du hier im 18./19. Jahrhundert angekommen bist.



Und ich freue mich, möglichst lange vom 19. Jahrhundert entfernt zu bleiben.

Heifüsch
25.04.2013, 22:37
Und ich freue mich, möglichst lange vom 19. Jahrhundert entfernt zu bleiben.

Bis Ende Juli brauchste dir diesbezüglich bestimmt keine Sorgen zu machen :-)

Bellerophon
25.04.2013, 22:41
Nee nee, das war nur ein kleiner Ausflug! Und schon bin ich zurück in der frühen Neuzeit inmitten von Holken , Naos und Karracken :-)

Tamms Sammlung ist natürlich immer einen Besuch wert, wenngleich ich ihm seine Rolle in der Lübecker Lisa-Affäre immer noch nicht so recht verzeihe. Aber okay, das ist jetzt verjährt, damit will ich den alten Herrn nun nicht mehr belästigen >&.)

Ich meinte, ich freue mich wenn du dann da ankommst - mir war entgangen das wir hier da schon wären?

Und auf alles bis dem.



PS. Und ich bin sehr froh, das dieses Museum, trotz aller linker Widerstände in Hamburg, enstanden ist.

Bellerophon
25.04.2013, 22:47
Und ich freue mich, möglichst lange vom 19. Jahrhundert entfernt zu bleiben.

Ich freu mich über alle Dinge die vorher kommen, und dann über das 18. und Anfang 19. besonders.


PS. Das Ding vom Anfang, das Spaßschiff von den römischen Kaisern, auf dem See, das Mussolini freilegte, wurd glaub ich, von der Wehrmacht, auf dem Rückzug nach dem Verrat der Italiner, verbrannt. Da haben sie mal US-Amerikanisch gehandelt.

Ein römischer Kaiser hätte das gut gefunden.

Politik funktioniert übrigens auch so.

Die Konquistadores haben die Schiffe abrennen lassen.

Damit die Männer gar keine Möglichkeit hatten, zurückzukehren.

Eroberung war somit alternativlos.

Römische Heerführer so viele Schulden angehäuft, das Expansion unvermeidlich wurde.

Rührseeligeit gabs da keine.

Leif
25.04.2013, 22:50
Das wäre auch so typisch für die Wehrmacht... nicht. Bei solchen Märchen würde ich mal pauschal zur Vorsicht raten. Aber weiter mit diesem Exellenz-Thread, bitte! :)

Bellerophon
25.04.2013, 23:12
Das wäre auch so typisch für die Wehrmacht... nicht. Bei solchen Märchen würde ich mal pauschal zur Vorsicht raten. Aber weiter mit diesem Exellenz-Thread, bitte! :)

Du hast recht, in Wahrheit war es sogar wohl anders:


In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1944 wurden das Museum und die Schiffe durch ein Feuer vollständig zerstört. Gerettet wurden nur wenige Einzelteile, die ins Museo Nazionale Romano in Rom ausgelagert waren. Eine Untersuchung direkt nach Kriegsende beschuldigte Soldaten der deutschen Wehrmacht der vorsätzlichen Brandstiftung. Später wurde jedoch auch die Möglichkeit diskutiert, dass Flüchtlinge, die damals im Museum übernachteten, durch offenes Feuer den Brand ausgelöst haben könnten, oder der Brand durch den Beschuss durch amerikanische Streitkräfte ausgelöst wurde. Der tatsächliche Hergang wird sich wohl nicht mehr klären lassen.


Mein Fehler, ich hatte das mal in so ner Doku gesehen, und wie immer in Deutschen Dokus - waren natürlich wir Schuld.

Echt klasse - in Wirklichkeit warens die Amis - oder Italiener selbst.

Wie ich ja schon andeutete - wär das erstemal gewesen, das die Werhrmacht amimäßig gehandelt hätte...

Fast schade.... wir sind halt ehrliche Tölpel....

Heifüsch
25.04.2013, 23:31
Ich wollte grundsätzliches zum Thema Schiffstypen, Visualisierung von historischen Schiffen vom Stapel lassen:

Klar, wir haben heutzutage den Anspruch 'wissenschaftlich fundiert' zu arbeiten, und nur gelten zu lassen, was 'quellenmäßig abgesichert' ist.
Man muß sich aber meines Erachtens folgende Punkte vor Augen führen:
- nur ein sehr geringer Prozentsatz aller je gebauten und betriebenen Schiffe ist als Bild oder Plan der Nachwelt erhalten geblieben
- nur ein Teil dieser der Nachwelt erhaltenen Bilder oder Pläne ist in Buchform einem breiten (Fach)Publikum dargeboten worden
- davon wiederum nur ein Teil hat den Weg ins digitale Zeitalter bislang geschafft, indem irgendwer eine Webseite damit gefüllt hat
- und von diesen digitalen Aufbereitungen wird nur ein Teil in den Suchmaschinen erfaßt, oder auch nicht erfaßt (je nachdem wohin die Suchroboter vorstoßen oder auch nicht hingelangen). Google selbst gibt es erst seit September 1998 (14 1/2 Jahre!)...

Wir haben tatsächlich sehr wenige erhaltene Originalschiffe, die auch nicht so besonders alt sind, wie etwa die USF Constitution, die HMS Victory, die SS Great Britain oder die nach einem Brand gerade erst wiedererstellte Cutty Sark. Aber auch die wurden x-mal umgebaut, rundumerneuert und kaputtrenoviert, so daß auch diese kaum noch etwas mit den Originalen zu tun haben. Ansonsten gibt es eben unzählige Wracks, von denen erst ein Bruchteil geborgen oder auch nur wissenschaftlich katalogisiert wurde. Guterhaltene Wracks wie die Vasa, die Mary Rose oder die Bremer Kogge bilden hier leider sehr seltene Ausnahmen, denn meist finden sich nur Reste der Schiffsböden, Ballaststeine, Anker und Kanonen. Fragileres wie Aufbauten sind nun mal sehr anfällig für die zersetzenden Kräfte der See, des Teredo Navalis und des fiesen Zahns der Zeit :-(

Sekundärquellen wie Pläne, Modelle und Gemälde haben wir dagegen jede Menge, doch auch diese gehen nur bis ins 17. Jhdt. zurück und aus dem Jahrhundert davor wurden nur fragmentarische Pläne und kaum relevante Modelle überliefert, die als Votivschiffe zudem keinen Anspruch auf besondere Originaltreue haben. Für diese Zeit ist man deshalb vor allem auf die Auswertung von Zeichnungen, Stichen und Malereien angewiesen, aus denen man sich dann das Aussehen der damaligen Schiffe zusammenreimt. Für das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit sind vor allem die Siegelabbildungen der Hansestädte interessant. Daneben diverse Buchmalereien und Fresken. Das war´s dann aber auch schon und ohne die Bremer Kogge und ein paar ähnliche, weniger gut erhaltene Funde wäre man hier ziemlich aufgeschmissen.

Etwas vollkommen anderes ist natürlich die wissenschaftliche Aufbereitung dieser Quellen, die leider viel zu selten Eingang in die populärwissenschaftliche Literatur findet. Die unzähligen Bilderbücher zur Schiffbaugeschichte kranken leider daran, daß ein Autor vom anderen abschreibt und sich alle zusammen aus einem Bilderfundus bedienen, der längst hätte ausgemistet werden müssen, so verseucht ist dieser von unhistorischen Amateur-Rekonstruktionen aller Art, die sich zum Teil seit Jahrzehnten halten. Zudem konzentrieren sich solche Veröffentlichungen meist auf das 18. und 19. Jahrhundert, aus dem natürlich eine riesige Bilderfülle zur Verfügung steht. Würden sich die Autoren die Mühe machen, auch das 15. Jahrhundert einmal nach Spuren zu durchforsten, wäre das dagegen mit richtiger Recherchearbeit verbunden und das wollen die meisten eben nicht.
Natürlich gibt es auch andere Autoren, wie etwa Wolfram zu Mondfeld und viele andere, meist aus dem englischsprachigen Raum, die sich ernsthaft bemühen, ihrem Publikum das ganze Spektrum der Schiffbaugeschichte näherzubringen. Besonders verdient gemacht hat sich meiner Meinung nach der Schwede Björn Landström, der zu seinen zeichnerischen Rekonstruktionen immer auch die bildlichen Quellen anführte und seine fachlich fundierten Interpretationen dadurch erst so richtig nachvollziehbar machte.

Heifüsch
25.04.2013, 23:45
Ich meinte, ich freue mich wenn du dann da ankommst - mir war entgangen das wir hier da schon wären?

Und auf alles bis dem.
PS. Und ich bin sehr froh, das dieses Museum, trotz aller linker Widerstände in Hamburg, enstanden ist.



Die Linken haben sich vor allem an Tamms leicht unkritischer Haltung zur Kriegsmaschinerie der NS-Zeit gestört, was ja irgendwie nachvollziehbar ist. Zudem hatte wohl das Altonaer Museum unter der Bevorzugung von Tamms Projekt durch den Senat zu leiden. Trotzdem kann man wirklich froh sein, daß diese riesige Kollektion endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. In der alten Adresse in der Elbchaussee waren ja nur kleine Teile der Sammlung zu besichtigen und das auch nur nach einem komplizierten Voranmeldungsverfahren.

Bellerophon
25.04.2013, 23:56
Die Linken haben sich vor allem an Tamms leicht unkritischer Haltung zur Kriegsmaschinerie der NS-Zeit gestört, was ja irgendwie nachvollziehbar ist. Zudem hatte wohl das Altonaer Museum unter der Bevorzugung von Tamms Projekt durch den Senat zu leiden. Trotzdem kann man wirklich froh sein, daß diese riesige Kollektion endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. In der alten Adresse in der Elbchaussee waren ja nur kleine Teile der Sammlung zu besichtigen und das auch nur nach einem komplizierten Voranmeldungsverfahren.


Sorry - Ich scheiß auf diese Masche von wegen kritische Haltung zur NS-Zeit.

Welche Ausstellung zur Royal-Navy oder irgendeiner könnte es denn dann geben?

Und das Altonaer Museum ist ein Haufen Müll.

Wie so ein Jugendzentrum vom Ende der 70er Jahre, wo die Alt68er gar keinen Bock mehr haben, da wenigstens zu indoktrinieren...

Aber das Maritime-Museum hat auch keine Ideen.

Warum nicht mal ne Austellung und Lesungen zu Melville?

Mit einem Modell der "Pequod".

Da könnte man die Linken gleich mit einbeziehen, hat doch die RAF sehr aus "Moby Dick" zitiert.

Ich wüpde überhaupt auch mehr erlebbare, und auch Hafenbasarmäßigere Gestaltung machen.... das was die Leute wollen, wenn sie nach Hamburg kommen...

Aber dazu sind die zu bräsig da.

Siehe Beatles-Museum.

Shit, ich würd nen tätowierten Koberer mit Vokuhila vor das Museum stellen....

Heifüsch
26.04.2013, 00:03
Du hast recht, in Wahrheit war es sogar wohl anders:


In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1944 wurden das Museum und die Schiffe durch ein Feuer vollständig zerstört. Gerettet wurden nur wenige Einzelteile, die ins Museo Nazionale Romano in Rom ausgelagert waren. Eine Untersuchung direkt nach Kriegsende beschuldigte Soldaten der deutschen Wehrmacht der vorsätzlichen Brandstiftung. Später wurde jedoch auch die Möglichkeit diskutiert, dass Flüchtlinge, die damals im Museum übernachteten, durch offenes Feuer den Brand ausgelöst haben könnten, oder der Brand durch den Beschuss durch amerikanische Streitkräfte ausgelöst wurde. Der tatsächliche Hergang wird sich wohl nicht mehr klären lassen.


Mein Fehler, ich hatte das mal in so ner Doku gesehen, und wie immer in Deutschen Dokus - waren natürlich wir Schuld.

Echt klasse - in Wirklichkeit warens die Amis - oder Italiener selbst.

Wie ich ja schon andeutete - wär das erstemal gewesen, das die Werhrmacht amimäßig gehandelt hätte...

Fast schade.... wir sind halt ehrliche Tölpel....

Ich habe hier ein kleines dreisprachiges illustriertes Buch über "Die Schiffe vom Nemisee", herausgegeben 1952 in Rom. Darin heißt es:

"In der Nacht auf den 31. Mai 1944 fielen die vom Seegrund geborgenen Schiffe des Claudius einer Feuersbrunst zum Opfer. Deutsche Soldaten, Angehörige einer FLAK-Einheit, die ihre Geschütze erst wenige Tage vorher in der Nähe des Museums aufgefahren hatte, steckten die Zeugen antiker Größe in Brand.
Heute befinden sich in den gleichen Museum die inzwischen auf den Werften von Castellammare di Stabia hergestellten Modelle der Kaiserschiffe, die, wenn auch nur in einem Größenverhältnis von 1:5 zum Original, so doch in vollkommen getreuer Form die technischen und spezifisch konstruktiven Eigenschaften sowohl des einen wie des anderen wiedergeben."

Es lebe die Modellbaukunst, kann man da nur sagen! Ohne sie wäre diese speziell maritime Holzbau-Architektur wohl längst in Vergessenheit geraten >&-)

Heifüsch
26.04.2013, 00:12
Sorry - Ich scheiß auf diese Masche von wegen kritische Haltung zur NS-Zeit.

Welche Ausstellung zur Royal-Navy oder irgendeiner könnte es denn dann geben?

Und das Altonaer Museum ist ein Haufen Müll.

Wie so ein Jugendzentrum vom Ende der 70er Jahre, wo die Alt68er gar keinen Bock mehr haben, da wenigstens zu indoktrinieren...

Aber das Maritime-Museum hat auch keine Ideen.

Warum nicht mal ne Austellung und Lesungen zu Melville?

Mit einem Modell der "Pequod".

Da könnte man die Linken gleich mit einbeziehen, hat doch die RAF sehr aus "Moby Dick" zitiert.

Ich wüpde überhaupt auch mehr erlebbare, und auch Hafenbasarmäßigere Gestaltung machen.... das was die Leute wollen, wenn sie nach Hamburg kommen...

Aber dazu sind die zu bräsig da.

Siehe Beatles-Museum.

Shit, ich würd nen tätowierten Koberer mit Vokuhila vor das Museum stellen....

Hehe! Ich verstehe, was du meinst. Vielleicht kennst du auch das Imperial War Museum in London und dessen einigermaßen unsensiblen Umgang mit der Glorious History Großbritanniens :-)
Aber man muß dem Museum wirklich vorwerfen, ein Exponat neben das andere zu reihen und die Didaktik doch etwas zu vernachlässigen. Wer sich auskennt, weiß natürlich, was interessant ist und was nicht. Der interessierte Laie wird jedoch eher überfordert sein in diesem an ein Kaufhaus erinnerndes Museum, das der Schiffsbegeisterte am liebsten mit nem großen Einkaufswagen durchqueren möchte :-)

Bellerophon
26.04.2013, 00:23
Hehe! Ich verstehe, was du meinst. Vielleicht kennst du auch das Imperial War Museum in London und dessen einigermaßen unsensiblen Umgang mit der Glorious History Großbritanniens :-)
Aber man muß dem Museum wirklich vorwerfen, ein Exponat neben das andere zu reihen und die Didaktik doch etwas zu vernachlässigen. Wer sich auskennt, weiß natürlich, was interessant ist und was nicht. Der interessierte Laie wird jedoch eher überfordert sein in diesem an ein Kaufhaus erinnerndes Museum, das der Schiffsbegeisterte am liebsten mit nem großen Einkaufswagen durchqueren möchte :-)

Ich mag gerne die Schriftstücke von Nelson und die Waffen und Uniformen der deutschen Kolonialzeit, und die Monitore und Küstenpanzer (Beowulf) und Flußkampfboote in Asien (und der Donau).

Wobei die Minimodelle mit der er seine Sammlung begann auch nett sind, ich kauf mir manchmal welche in nem Laden in Hamburg am Michel.

Wobei mich vor allem die Wendezeit vom Segel zum Dampfschiff interessiert.

Mein Museeum ist allerdings eher das Heeresgeschichtliche in Wien.

Ich bin eher der Steppenmensch gen Osten.

Die Österreicher haben übrigens mit uns mit ihren Schiffen vor Helgoland gegen die Dänen gekämpft.

Stättler
26.04.2013, 00:28
Ein ganz ausgezeichnetes Museum zur Schiffahrtsgeschichte befindet sich im Westflügel des ehem. Hyronimus- Klosters in Lissabon ! Gleich am Tejo !

Habe da leider nur 2 Stunden verbracht - der Inhalt kann einen Tage unterhalten ........also, wer Zeit und Gelegenheit hat ......

Bellerophon
26.04.2013, 00:29
Ich habe hier ein kleines dreisprachiges illustriertes Buch über "Die Schiffe vom Nemisee", herausgegeben 1952 in Rom. Darin heißt es:

"In der Nacht auf den 31. Mai 1944 fielen die vom Seegrund geborgenen Schiffe des Claudius einer Feuersbrunst zum Opfer. Deutsche Soldaten, Angehörige einer FLAK-Einheit, die ihre Geschütze erst wenige Tage vorher in der Nähe des Museums aufgefahren hatte, steckten die Zeugen antiker Größe in Brand.
Heute befinden sich in den gleichen Museum die inzwischen auf den Werften von Castellammare di Stabia hergestellten Modelle der Kaiserschiffe, die, wenn auch nur in einem Größenverhältnis von 1:5 zum Original, so doch in vollkommen getreuer Form die technischen und spezifisch konstruktiven Eigenschaften sowohl des einen wie des anderen wiedergeben."

Es lebe die Modellbaukunst, kann man da nur sagen! Ohne sie wäre diese speziell maritime Holzbau-Architektur wohl längst in Vergessenheit geraten >&-)

Ja, nur in echt waren es halt die Amis, die es vernichteten.

Wie immer.

Das macht denen Spaß.

Zeigen sie auch in jedem Hollywood-Film.

Immer mu8ß alles vernichtet werden.

Venedig vor allem.

Vendig muß immer vernichtet werden, in Amifilmen.

Heifüsch
26.04.2013, 00:33
Ja, nur in echt waren es halt die Amis, die es vernichteten.

Wie immer.

Das macht denen Spaß.

Zeigen sie auch in jedem Hollywood-Film.

Immer mu8ß alles vernichtet werden.

Venedig vor allem.

Vendig muß immer vernichtet werden, in Amifilmen.

Das Copyright hat aber Cato, soweit ich mich erinnere. Carthaginem esse delendam und so ...

Heifüsch
26.04.2013, 00:35
Ein ganz ausgezeichnetes Museum zur Schiffahrtsgeschichte befindet sich im Westflügel des ehem. Hyronimus- Klosters in Lissabon ! Gleich am Tejo !

Habe da leider nur 2 Stunden verbracht - der Inhalt kann einen Tage unterhalten ........also, wer Zeit und Gelegenheit hat ......
Danke für den Tip! Sicherlich gibt´s da Modelle von Karavellen. Die hatte ich ganz vergessen zu erwähnen :-(

Stättler
26.04.2013, 00:42
Danke für den Tip! Sicherlich gibt´s da Modelle von Karavellen. Die hatte ich ganz vergessen zu erwähnen :-(

Es gibt jede Menge Modelle - auch 2 m große :D
Von Heinrich dem Seefahrer bis hin zur Kolonialmarine Schautafeln, Dokumente, Übersichten , Baupläne , Kanonen usw..usf.
Ein riesengroßer Ausstellungsbereich .... mehrere Fussballfelder voll

Heifüsch
26.04.2013, 01:17
Es gibt jede Menge Modelle - auch 2 m große :D
Von Heinrich dem Seefahrer bis hin zur Kolonialmarine Schautafeln, Dokumente, Übersichten , Baupläne , Kanonen usw..usf.
Ein riesengroßer Ausstellungsbereich .... mehrere Fussballfelder voll

Heinrich der Seefahrer - Ein gutes Stichwort! >8.)

Rumburak
26.04.2013, 05:10
Danke :-) Jetzt zu den Wikingerschiffen:

Wikingerschiffe sind sehr praktisch. Wenn man eins findet kann man es prima zu Feuerholz verarbeiten und damit seine Feldküche betreiben. So jedenfalls im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 geschehen, als österreichische Truppen einen Zufallsfund auf diese Weise sinnvoll nutzten.
Als dann später das Gokstadschiff und das prächtige Osebergschiff entdeckt wurden, ging man zum Glück sensibler mit den Dingern um, konservierte sie und präsentierte sie der staunenden Öffentlichkeit.
Diese Funde lösten eine wahre Begeisterungswelle für die nordische Schiffahrtshistorie und für antike Schiffe im Allgemeinen aus und markieren somit den Beginn der wissenschaftlichen Erforschung und Rekonstruktion der Architectura Navalis :-)

http://www.bilder-hochladen.net/files/big/j23p-a-d3d9.jpg

Ein Modell des Gokstadschiffes... http://de.wikipedia.org/wiki/Gokstad-Schiff (Im Hintergrund das Modell des Osebergschiffs)

http://www.wikinger-normannen.ch/images/stories/Pape_Bilder/gokstad%20schiff.jpg

Das Original im Wikingerschiff-Museum (http://de.wikipedia.org/wiki/Vikingskipshuset) in Bygdøy (http://de.wikipedia.org/wiki/Bygd%C3%B8y), Oslo (http://de.wikipedia.org/wiki/Oslo)

Da war ich schon.:ätsch:

Heifüsch
26.04.2013, 09:07
Da war ich schon.:ätsch:

Gleich mal den Neid-Smiley suchen, Moment, ....hm, gibt´s nicht, dann eben den hier... :hd:

KuK
26.04.2013, 09:35
Moin, Männer!

Was wir hier mal brauchen, damit nicht dieser tolle Strang "versandet", i.e. alle Informationen sich auf tausende von Beiträgen verteilen, wäre eine Art Register gut, wo man auf 1 oder 2 zentralen Seiten die Querverweise wiederfinden kann. Ich könnte z.B. in so ein Register an die 30 Museen mit Kurzgeschreibung einstellen, die ich schon alle besucht habe. Leider bin ich internet-technisch ein DAU.

Wie könnte sowas aussehen?

Danke für Antworten,

Ahoi,

KuK

Senator74
26.04.2013, 09:59
Und ich freue mich, möglichst lange vom 19. Jahrhundert entfernt zu bleiben.

Ihr macht aber nicht für jedes Jahrhundert einen eigenen Strang, oder??:crazy:

Cetric
26.04.2013, 10:12
PS. Das Ding vom Anfang, das Spaßschiff von den römischen Kaisern, auf dem See, das Mussolini freilegte, wurd glaub ich, von der Wehrmacht, auf dem Rückzug nach dem Verrat der Italiner, verbrannt. Da haben sie mal US-Amerikanisch gehandelt.



Ich weiß nicht, wieso du in fast jedem deiner Posts irgendwas zum III.Reich äußern mußt. Sogar hier wo es primär um Segelschiffe gehen soll.
Entweder du meinst den Deutschen den Spiegel des zwanghaften Erinnerns vorhalten zu müssen, oder wenn sie es schon aus eigenem Antrieb tun, ziehst du sie damit auf... mir scheint da liegt in dir eine geheime Faszination mit dem Thema vor. Würdest du uns bitte in diesem Strang damit verschonen?

KuK
26.04.2013, 10:22
Danke, Cetric!


Ich weiß nicht, wieso du in fast jedem deiner Posts irgendwas zum III.Reich äußern mußt. Sogar hier wo es primär um Segelschiffe gehen soll.
Entweder du meinst den Deutschen den Spiegel des zwanghaften Erinnerns vorhalten zu müssen, oder wenn sie es schon aus eigenem Antrieb tun, ziehst du sie damit auf... mir scheint da liegt in dir eine geheime Faszination mit dem Thema vor. Würdest du uns bitte in diesem Strang damit verschonen?

Diesem frommen Wunsch möchte ich mich vollinhaltlich anschließen. Nicht jedes Thema in diesem Forum muß mit irgendwelchen geschichtlichen Belanglosigkeiten einer nur 13 Jahre währenden Herrschaft verknüpft werden, während wir hier in diesem Strang uns im Bereich von mindestens 4000 Jahre währendem Schiffbau befinden.

Man möge uns mit dem Kack verschonen,

KuK

Cetric
26.04.2013, 14:15
Ich habe übrigens ein Bild gefunden zu einem Hinterlader-Geschütz, aus der Marine-Enzyklopädie, (Jürgen Gebauer, Egon Krenz) Brandenburgisches Verlagshaus in der Dornier Medienholding, Berlin 1998, Seite 309, unter 'Schiffsartillerie'. Der Artikel dort handelt natürlich leider hauptsächlich von moderneren 'Stücken'.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Hinterladergeschuetz_1545AD.jpg

Ein Scan, Bild im Buch in schwarz/weiß.
Soviel nur zum Thema "Alles Denkbare ist mal ausprobiert worden", auch wenn wir heute gewohnt sind in Kategorien zu denken und anderes auszuschließen.

Cetric
26.04.2013, 14:20
Als Jugendlicher fand ich den Weg in die Welt der Segelschiffe nicht zuletzt durch die anregenden Bilder auf diesen (jetzt rümpft mancher die Nase) Plastik-Modellbausatz-Schachteln, wie sie jedes Spielwarengeschäft im Sortiment hatte, Marke Revell, Airfix, Heller usw.
Hier passend zu unserer gerade aktuellen Geschichtsperiode:

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Hanse_Kogge_nach_Revell.JPG http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Karavelle_Lateinsegel_PK.JPG
Das erste eine 'Hanse-Kogge', das zweite eine 'Karavelle' so in der Art von Cristobal Colon's Begleitschiffen Nina und Pinta.
Ich hoffe der Maler der 'Hanse-Kogge' hat mit diesen Öffnungen am Rumpf keine Geschützpforten gemeint, das wäre natürlich Unsinn zu dieser Zeit, als Riemenöffnungen wäre es wohl okay.

Cetric
26.04.2013, 14:28
Zwei Abbildungen zu unserer Periode aus Gino Galuppinis (Marineingenieur und Konteradmiral d.R.) "Enzyklopädie der Kriegsschiffe. Geschichte.Technik.Daten." Arnoldo Mondadori Editore SpA, Mailand 1983.
Die beiden Schiffe werden wieder als 'Koggen' bezeichnet, Heifüsch würde sie wahrscheinlich Hulks nennen, zumindest den Nordeuropäer.

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Handelsschiff_Ravenna_13JHD.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Nordeu_Handelsschiff_14JHD.jpg

Cetric
26.04.2013, 14:35
Ihr macht aber nicht für jedes Jahrhundert einen eigenen Strang, oder??:crazy:

Nein, so wie ich Heifüsch am Anfang verstanden habe, wird es eine Gesamtdarstellung der Geschichte des hölzernen Segelschiffs bis zum 19. Jahrhundert. Von mir aus kann man für alles ab Aufkommen der Dampfmaschine und der eisernen Rümpfe einen eigenen Strang aufmachen, um diesen hier reinzuhalten.
So wie ich die Sache abschätze, wird man dann aber doch mit diesen Innovationen weitermachen wollen, weil man schon ein paar Knoten Fahrt aufgenommen hat. Vielleicht werde ich mich dann von hier verabschieden, vielleicht mache ich aber auch weiter mit, denn zu Stahlschiffen habe ich natürlich auch Material, es begeistert mich halt nur nicht so...

KuK
26.04.2013, 14:42
Moin, Cetric!


Ich habe übrigens ein Bild gefunden zu einem Hinterlader-Geschütz, aus der Marine-Enzyklopädie, (Jürgen Gebauer, Egon Krenz) Brandenburgisches Verlagshaus in der Dornier Medienholding, Berlin 1998, Seite 309, unter 'Schiffsartillerie'. Der Artikel dort handelt natürlich leider hauptsächlich von moderneren 'Stücken'.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Hinterladergeschuetz_1545AD.jpg

Ein Scan, Bild im Buch in schwarz/weiß.
Soviel nur zum Thema "Alles Denkbare ist mal ausprobiert worden", auch wenn wir heute gewohnt sind in Kategorien zu denken und anderes auszuschließen.

Hier hast Du mal wieder ein wunderbares Beispiel dafür gefunden, wenn Laien sich mit Schiffen beschäftigen. Nur weil man dieses Geschütz auf einem Schiff gefunden hat, ist es noch lange keine Schiffsartillerie. Solche Monster aus Schmiedeeisen gehören zu einem "Belagerungs-Train", der den Mineuren unterstand und üblicherweise - so lange wie möglich - mit dem Schiff, Kahn oder Pram Richtung Zielort transportiert wurde, weil der Landweg damals äußerst beschwerlich und abenteuerlich war.

Leider gibt es keinen Größenmaßstab, aber auf einem Schiff ließ sich dieses Geschütz höchstens abfeuern, um das Schiff zu versenken.
Es besitzt keinerlei Elevationseinrichtung oder Transversalrichtmöglichkeit. Damit scheidet es als Schiffartillerie vollständig aus, denn so wurde es verwendet:
https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTTonDVjpqP54k6j7i4PnFAbQEr4qA2P TaPVJ8V2K-Yj01mEYx0

die dabei notwendigen Steinkugeln wurden aus örtlichen Steinbrüchen gewonnen. Die Wirkung einer zerplatzenden Steinkugel ist übrigens sehr interessant, wenn man den Versuchen von Rheinmetall in Unterlüß mal beigewohnt hat....

Cetric
26.04.2013, 14:57
Moin, Cetric!



Hier hast Du mal wieder ein wunderbares Beispiel dafür gefunden, wenn Laien sich mit Schiffen beschäftigen. Nur weil man dieses Geschütz auf einem Schiff gefunden hat, ist es noch lange keine Schiffsartillerie. Solche Monster aus Schmiedeeisen gehören zu einem "Belagerungs-Train", der den Mineuren unterstand und üblicherweise - so lange wie möglich - mit dem Schiff, Kahn oder Pram Richtung Zielort transportiert wurde, weil der Landweg damals äußerst beschwerlich und abenteuerlich war.

Leider gibt es keinen Größenmaßstab, aber auf einem Schiff ließ sich dieses Geschütz höchstens abfeuern, um das Schiff zu versenken.
Es besitzt keinerlei Elevationseinrichtung oder Transversalrichtmöglichkeit. Damit scheidet es als Schiffartillerie vollständig aus, denn so wurde es verwendet:
https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTTonDVjpqP54k6j7i4PnFAbQEr4qA2P TaPVJ8V2K-Yj01mEYx0

die dabei notwendigen Steinkugeln wurden aus örtlichen Steinbrüchen gewonnen. Die Wirkung einer zerplatzenden Steinkugel ist übrigens sehr interessant, wenn man den Versuchen von Rheinmetall in Unterlüß mal beigewohnt hat....

Moin, KuK!

Hm, bist du dir da so sicher? Wenn das Gerät tatsächlich so groß war wie das auf deiner Zeichnung, das durch die Gestalt daneben in etwa eine Größeneinschätzung zuläßt, ist dein Einwand verständlich. Vor allem bei einer Aufstellung nach backbord und steuerbord (Rückstoß).
Dann hätte man das Ding lediglich auf der 'Mary Rose' transportiert, als sie versank.
Aber wenn wir uns das Gerät etwas kleiner denken, wäre nicht eine Verwendung auf der Back denkbar, als Jagdgeschütz? Also in Kielrichtung, nach vorne feuernd?
Ich erinnere in dem Zusammenhang an die auf Galeeren übliche Aufstellung recht großer Kanonen eben dort. Weiter vorne im Strang berichtete ich aus dem absolut fundierten Konstruktionsbuch von Chapman von 32-Pfündern auf Malteser Kriegsgaleeren.

Was die Richtmöglichkeit dieses Babys angeht, könnte es doch durchaus einen darunterliegenden Schlitten gegeben haben, der nicht erhalten ist, und wenn man nur nahe genug an den Gegner herankommt, erübrigt sich auch eine Höhenverstellung - Hauptsache der Rumpf ist irgendwie im Weg des Projektils!

KuK
26.04.2013, 14:58
Moin, Cetric!


Zwei Abbildungen zu unserer Periode aus Gino Galuppinis (Marineingenieur und Konteradmiral d.R.) "Enzyklopädie der Kriegsschiffe. Geschichte.Technik.Daten." Arnoldo Mondadori Editore SpA, Mailand 1983.
Die beiden Schiffe werden wieder als 'Koggen' bezeichnet, Heifüsch würde sie wahrscheinlich Hulks nennen, zumindest den Nordeuropäer.

Danke, daß Du das gezeigt hast, Cetric!

In Heifüschs ersten Beiträgen konnte ich zu Koggentakelung so schnell nichts finden, erinnerte mich aber daran, anläßlich eines von vielen Besuchen im Schiffahrtsmuseum Bremerhaven (wohnte dort 5 Jahre lang) mit dem Chefrestaurator der Bremer Kogge gesprochen zu haben, wo es um die korrekte Takelung von Koggen ging. Stand der Bremer Kogge war damals noch "im Konserviertank", wo sie 20 Jahre PVC-Kram zum "speisen" bekam (Konservierung der Holzsubstanz) (ca. 1983). Der Kustos erzählte mir, daß die Bulinen an einer Art Bugspriet (sic) mit "Jungfern" betätigt wurden, weil soviel Druck auf dem Hauptsegel stand, daß man das mit den paar Männekens an Bord gar nicht "klarholen" konnte. Winschen für Segel gab es auch noch nicht, also Leine auslaufen, wahrnehmen und "hiiieevt".

Auch die unteres Hauptsegel-Liek-Takelung muß anders ausgesehen haben, da man dem Seemann wohl schlecht zumuten konnte, außenbords zu klettern um die Groß-Trimmung zu klarieren.

Cooler Strang hier .....

Ahoi, KuK

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Handelsschiff_Ravenna_13JHD.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Nordeu_Handelsschiff_14JHD.jpg

KuK
26.04.2013, 15:00
Da hat die Technik mir einen Streich gespielt: mein Beitrag ist in Cetric's enthalten, Pardon

KuK
26.04.2013, 16:27
Werter Cetric!


Moin, KuK!

Hm, bist du dir da so sicher? Wenn das Gerät tatsächlich so groß war wie das auf deiner Zeichnung, das durch die Gestalt daneben in etwa eine Größeneinschätzung zuläßt, ist dein Einwand verständlich. Vor allem bei einer Aufstellung nach backbord und steuerbord (Rückstoß).
Dann hätte man das Ding lediglich auf der 'Mary Rose' transportiert, als sie versank.
Aber wenn wir uns das Gerät etwas kleiner denken, wäre nicht eine Verwendung auf der Back denkbar, als Jagdgeschütz? Also in Kielrichtung, nach vorne feuernd?
Ich erinnere in dem Zusammenhang an die auf Galeeren übliche Aufstellung recht großer Kanonen eben dort. Weiter vorne im Strang berichtete ich aus dem absolut fundierten Konstruktionsbuch von Chapman von 32-Pfündern auf Malteser Kriegsgaleeren.

Was die Richtmöglichkeit dieses Babys angeht, könnte es doch durchaus einen darunterliegenden Schlitten gegeben haben, der nicht erhalten ist, und wenn man nur nahe genug an den Gegner herankommt, erübrigt sich auch eine Höhenverstellung - Hauptsache der Rumpf ist irgendwie im Weg des Projektils!

Ich möchte mein linkes Ei als Pfand verwetten, daß es sich hier nur um eine "Belagerungswaffe" handelte.

wer sich mit Belagerungauskennt,

KuK

Rolf1973
26.04.2013, 17:17
https://www.youtube.com/watch?v=lUJS5OKs-ro

Zur Abwechslung mal ein paar bewegte Bilder zum Thema.

Stättler
26.04.2013, 19:05
Werter Cetric!
Ich möchte mein linkes Ei als Pfand verwetten, daß es sich hier nur um eine "Belagerungswaffe" handelte.

wer sich mit Belagerungauskennt,

KuK

Was zwickt dich denn ?

Das keine rollende Lafette vorhanden ist ? Die kam erst später ....
Geschütze in sog. "Lagemulden" wurde auch auf See verwendet - den Rückstoß fing ein dicker Querbalken ab.

Das große Kaliber ? Es gab auch kleinerkalibrige Geschütze auf der Mary Rose ....

Das unmögliche Höhen / Seitenrichten ? Die segelten damals doch sowieso auf Enterabstand heran ......

Heifüsch
26.04.2013, 21:43
Moin, Männer!

Was wir hier mal brauchen, damit nicht dieser tolle Strang "versandet", i.e. alle Informationen sich auf tausende von Beiträgen verteilen, wäre eine Art Register gut, wo man auf 1 oder 2 zentralen Seiten die Querverweise wiederfinden kann. Ich könnte z.B. in so ein Register an die 30 Museen mit Kurzgeschreibung einstellen, die ich schon alle besucht habe. Leider bin ich internet-technisch ein DAU.

Wie könnte sowas aussehen?

Danke für Antworten,

Ahoi,

KuK

Moin moin!

Internetmäßig habe ich von derlei Dingen leider null Ahnung. Aber vielleicht findet sich ja ein User, der das mal eben einrichten könnte :-)
Ansonsten wird sich eine klare Linie nur in groben Zügen einhalten lassen, denn erfreulicherweise entstehen ja immer mal kleinere Diskussionen, die auch schon mal weit zurück oder auch vorgreifen. Generell fände ich es gut, wenn zitierte Kommentare mit der entsprechenden Nummer (#) versehen würden, um ein Auffinden zu erleichtern >&-)

Heifüsch
26.04.2013, 22:04
Moin, Cetric!



Hier hast Du mal wieder ein wunderbares Beispiel dafür gefunden, wenn Laien sich mit Schiffen beschäftigen. Nur weil man dieses Geschütz auf einem Schiff gefunden hat, ist es noch lange keine Schiffsartillerie. Solche Monster aus Schmiedeeisen gehören zu einem "Belagerungs-Train", der den Mineuren unterstand und üblicherweise - so lange wie möglich - mit dem Schiff, Kahn oder Pram Richtung Zielort transportiert wurde, weil der Landweg damals äußerst beschwerlich und abenteuerlich war.

Leider gibt es keinen Größenmaßstab, aber auf einem Schiff ließ sich dieses Geschütz höchstens abfeuern, um das Schiff zu versenken.
Es besitzt keinerlei Elevationseinrichtung oder Transversalrichtmöglichkeit. Damit scheidet es als Schiffartillerie vollständig aus, denn so wurde es verwendet:
https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTTonDVjpqP54k6j7i4PnFAbQEr4qA2P TaPVJ8V2K-Yj01mEYx0

die dabei notwendigen Steinkugeln wurden aus örtlichen Steinbrüchen gewonnen. Die Wirkung einer zerplatzenden Steinkugel ist übrigens sehr interessant, wenn man den Versuchen von Rheinmetall in Unterlüß mal beigewohnt hat....

Das ist alles eine Frage der Definition. Eine Schiffsartillerie im heutigen Sinn gab es damals natürlich noch nicht. Die Rohre selbst fanden mal an Land und mal auf See Verwendung und nur die Lafetten wurden den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Google mal "Mary Rose cannons", dort sieht man die unterschiedlichsten Arten von Rohren, auch das von Cedric angeführte, mal mit und mal ohne Räder an der Lafette. Gerade die Mary Rose überraschte die Ausgräber ja durch ihr buntes Sammelsurium von Geschützen aller Art, eins anders als das andere. Von genormten Kalibern sollte man da vielleicht auch nicht gerade ausgehen, so daß die Geschützmeister sicherlich einigen Streß hatten, die Übersicht zu behalten :-(

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/77/Bronze_Demi_Cannon_Culverins_Pmoth.png/450px-Bronze_Demi_Cannon_Culverins_Pmoth.png

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c0/Mary_Rose_iron_gun_watercolor.jpg/800px-Mary_Rose_iron_gun_watercolor.jpg

Dieses Aquarell eines Stabringrohrgeschützes der Mary Rose stammt von Charles Deane, der es in den 1830er Jahren neben anderen Rohren geborgen hatte.

http://www.christopp.co.uk/sites/default/files/imagecache/gallery-node-image-big/archeology%20mary%20rose%20canon.jpg

(Nachbau eines Mary Rose -Geschützes)

Bellerophon
26.04.2013, 22:08
Ich weiß nicht, wieso du in fast jedem deiner Posts irgendwas zum III.Reich äußern mußt. Sogar hier wo es primär um Segelschiffe gehen soll.
Entweder du meinst den Deutschen den Spiegel des zwanghaften Erinnerns vorhalten zu müssen, oder wenn sie es schon aus eigenem Antrieb tun, ziehst du sie damit auf... mir scheint da liegt in dir eine geheime Faszination mit dem Thema vor. Würdest du uns bitte in diesem Strang damit verschonen?

Sorry Zecke, fiel mir nur Nebenbei auf.

Ich kannte halt diese Reste der Schiffe und die angebliche (Wehrmacht hätte sie vernichtet) Geschichte darüber.

Ich bin immer interessiert an Propaganda, - das ist mein Steckenpferd. Ich sammle das quasi.

Hat in dem Strang aber echt nichts zu suchen - daher hast du recht, das du dich beschwerst.

So long Digger.

Heifüsch
26.04.2013, 22:42
Als Jugendlicher fand ich den Weg in die Welt der Segelschiffe nicht zuletzt durch die anregenden Bilder auf diesen (jetzt rümpft mancher die Nase) Plastik-Modellbausatz-Schachteln, wie sie jedes Spielwarengeschäft im Sortiment hatte, Marke Revell, Airfix, Heller usw.
Hier passend zu unserer gerade aktuellen Geschichtsperiode:

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Hanse_Kogge_nach_Revell.JPG http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Karavelle_Lateinsegel_PK.JPG
Das erste eine 'Hanse-Kogge', das zweite eine 'Karavelle' so in der Art von Cristobal Colon's Begleitschiffen Nina und Pinta.
Ich hoffe der Maler der 'Hanse-Kogge' hat mit diesen Öffnungen am Rumpf keine Geschützpforten gemeint, das wäre natürlich Unsinn zu dieser Zeit, als Riemenöffnungen wäre es wohl okay.

Ich hatte mit 14 abgefangen, diese Plastikmodelle zu bauen und mein Zimmer mit den Deckelabbildungen der Baukästen geschmückt :-)
Es war ein guter Einstieg, aber irgendwann wird man eben anspruchsvoller und tendiert dann eher zu Holzbaukästen, bis man merkt, daß auch die beschissen sind und dann macht man sich eben an die eigene Recherche :-)

Diese Kogge links ist an den Bremer Fund angelehnt und erscheint mir ziemlich authentisch. Toppnanten gab´s damals allerdings noch nicht. Die "Öffnungen" sind übrigens die durch den Rumpf gehenden Balkenköpfe der Decksbalken, eine Besonderheit dieser Koggen ("durchbalkte" Schiffe).
Die "Karavelle" ist jedoch eine Schebecke. Karavellen sahen anders aus, vielleicht bringe ich heute noch Beispiele...

Leif
26.04.2013, 22:51
Die Mary Rose-Geschütze sind der Wahnsinn! Eure Beiträge sind Balsam für die Seele :)

Heifüsch
26.04.2013, 23:21
Zwei Abbildungen zu unserer Periode aus Gino Galuppinis (Marineingenieur und Konteradmiral d.R.) "Enzyklopädie der Kriegsschiffe. Geschichte.Technik.Daten." Arnoldo Mondadori Editore SpA, Mailand 1983.
Die beiden Schiffe werden wieder als 'Koggen' bezeichnet, Heifüsch würde sie wahrscheinlich Hulks nennen, zumindest den Nordeuropäer.

http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Handelsschiff_Ravenna_13JHD.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Nordeu_Handelsschiff_14JHD.jpg

Man sollte sich gerade bei Italienern nicht von Titeln blenden lassen. Ein Marineingenieur und Konteradmiral a.D. ist nun mal vor allem in seiner Jetztzeit befangen und hat nur in den seltensten Fällen einen wirklichen Draht zur Historie wie etwa der bekannte französische Admiral Paris. Selbst ausgewiesene Amateurhistoriker und Modellbauer wie Vincenzo Lusci oder Orazio Curti sind leider nicht gerade durch besondere Seriosität bekannt :-)

Aber das untere Schiff ist durchaus ne reinrassige Kogge. Das obere allerdings ist ein direkter Nachkomme der römischen Corbita, die im Byzantinischen Reich über die Jahrhunderte zu diesem hier etwas deformiert dargestellten Schiff mutierte.

Die ursprüngliche mediterrane "Cocca" war anfangs eine kraweelgebaute Kopie der Hansekogge, die in ihrer späteren Perfektion vor allem Genueser und Venezianer beeindruckte. Sie war also keine "Schwester", wie in deinem Text beschrieben, sondern eine Tochter der nordischen Kogge :-) Parallel zum nordeuropäischen Holk entwickelte sich diese Cocca im Mittelmeer dann zur mehrmastigen Nao bzw. Karracke.
Aber mit deinem Beispiel haben diese Schiffe nichts zu tun. Die antike Bautradition überlebte wie gesagt im öströmischen Reich, wo die römischen Corbitae ihre Rahsegel gegen dreieckige "Lateinersegel", einer von den Arabern importierten ursprünglich wohl indischen Segelform, eintauschten. Ebenso umgerüstet wurden die "Dromonen", die Nachfahren der antiken Galeeren, die durch ihre Wunderwaffe des "Griechischen Feuers", einer Art Flammenwerfer, berühmt waren.

Cetric
26.04.2013, 23:25
Ich hatte mit 14 abgefangen, diese Plastikmodelle zu bauen und mein Zimmer mit den Deckelabbildungen der Baukästen geschmückt :-)
Es war ein guter Einstieg, aber irgendwann wird man eben anspruchsvoller und tendiert dann eher zu Holzbaukästen, bis man merkt, daß auch die beschissen sind und dann macht man sich eben an die eigene Recherche :-)

Diese Kogge links ist an den Bremer Fund angelehnt und erscheint mir ziemlich authentisch. Toppnanten gab´s damals allerdings noch nicht. Die "Öffnungen" sind übrigens die durch den Rumpf gehenden Balkenköpfe der Decksbalken, eine Besonderheit dieser Koggen ("durchbalkte" Schiffe).
Die "Karavelle" ist jedoch eine Schebecke. Karavellen sahen anders aus, vielleicht bringe ich heute noch Beispiele...

Hehe, siehste mal wozu die Plastikbausätze doch noch gut sind... einerseits ziehen sie Jungs in ein interessantes Wissensgebiet, anderenseits sind sogar ihre Packungsbilder brauchbarer als ich jetzt vermutet hätte - Überraschung!

Cetric
26.04.2013, 23:27
Die Mary Rose-Geschütze sind der Wahnsinn! Eure Beiträge sind Balsam für die Seele :)

Gell, wenn man die Leutchen im Museum davor stehen sieht, kriegt man mächtig Respekt vor diesen Ballermännern. Muß mächtig gerummst haben. Und das vor bald 500 Jahren...

Heifüsch
26.04.2013, 23:31
Die Mary Rose-Geschütze sind der Wahnsinn! Eure Beiträge sind Balsam für die Seele :)

Freut mich! Aber die Mary Rose wollte ich eigentlich erst später behandeln. Hier nur mal ein grober Überblick des erhaltenen Schiffsrumpfs:

http://www.submerged.co.uk/mary%20rose%20nine%20big.jpg

...und diese zeichnerische Rekonstruktion :-)

http://beerinthebox.gr/wp-content/uploads/2012/04/MaryRose2F.jpg

Cetric
26.04.2013, 23:44
Die "Karavelle" ist jedoch eine Schebecke. Karavellen sahen anders aus, vielleicht bringe ich heute noch Beispiele...

Ich weiß nicht ob es so früh schon Schebecken gegeben hat. Dem Schiff auf diesem Bild fehlt das durchgehende Hauptbatteriedeck, das die Schebecke gleich einer Fregatte hat. Dagegen ist sie bis auf den langgezogenen Bug und ein paar Geschützluken auf der Back identisch mit meiner früher (#113) gebrachten Abbildung einer Karavelle, daher finde ich die Gattungsbezeichnung weiterhin zutreffend. Takelung ist 1:1 gleich.
(http://www.politikforen.net/showthread.php?139218-Die-vergessene-Architectura-Navalis&p=6231272&viewfull=1#post6231272)
Aber laß uns nicht streiten über die eine oder andere Bezeichnung. Damit die Sache hier weiter rund läuft.

Heifüsch
26.04.2013, 23:45
Hehe, siehste mal wozu die Plastikbausätze doch noch gut sind... einerseits ziehen sie Jungs in ein interessantes Wissensgebiet, anderenseits sind sogar ihre Packungsbilder brauchbarer als ich jetzt vermutet hätte - Überraschung!

Ja, diese Kogge ist wirklich ganz brauchbar. Man muß nur alles tun, um diesen Plastikcharakter zu unterdrücken. Vor allem das Segel sollte man unbedingt weglassen oder durch ein Papiersegel ersetzen :-)

Heifüsch
26.04.2013, 23:57
Ich weiß nicht ob es so früh schon Schebecken gegeben hat. Dem Schiff auf diesem Bild fehlt das durchgehende Hauptbatteriedeck, das die Schebecke gleich einer Fregatte hat. Dagegen ist sie bis auf den langgezogenen Bug und ein paar Geschützluken auf der Back identisch mit meiner früher (#113) gebrachten Abbildung einer Karavelle, daher finde ich die Gattungsbezeichnung weiterhin zutreffend. Takelung ist 1:1 gleich.
(http://www.politikforen.net/showthread.php?139218-Die-vergessene-Architectura-Navalis&p=6231272&viewfull=1#post6231272)
Aber laß uns nicht streiten über die eine oder andere Bezeichnung. Damit die Sache hier weiter rund läuft.

Nee, so früh gab´s die noch nicht, aber dein Bild ist ja auch kein Originaldokument, sondern eine Zeichnung aus dem 20. Jahrhundert. Und im Gegensatz zu den viel späteren Fregatten, die ein durchgehendes gedecktes Batteriedeck hatten, standen die Geschütze von Schebecken grundsätzlich an Deck zwischen den Ruderbänken, das heißt im Freien. Bei Fregatten ja auch, allerdings zusätzlich zu denen im Batteriedeck. Karavellen hatten dagegen überwiegend Relingsgeschütze. Drehbassen eben und vielleicht ein paar kleinere Kanonen. Karavellen waren auch nicht gerade besonders groß, da sie ursprünglich entwickelt wurden, um auch Flussläufe zu erkunden.

...und rund läuft´s nur, wenn auch mal etwas kontrovers diskutiert wird, sonst wird´s nämlich schnell langweilig :-)

Heifüsch
27.04.2013, 01:20
Portugiesische Lateinsegler-Karavelle 'Vijia', Stapellauf um 1600.
Länge 32,06m
Breite 6,50m
Tiefgang 3,70m
Verdrängung 126to
40 Mann Besatzung.
Die 'Vijia' war fast 50 Jahre im Einsatz und stellt die letzte Weiterentwicklung der Karavelle dar, bevor diese von den Meeren verschwand, sie überquerte als letztes Schiff dieses Typs den Atlantik (1618 Kapitän Bartholomeu Nodal) ohne einen Mann Verlust. Im Kielraum konnte sie Vorräte für 10 Monate mitführen.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Portugiesische_Karavelle_1600.jpg

Wie dehnbar der Gattungsbegriff 'Karavelle' war! Die Rumpfgestaltung dieses portugiesischen Schiffes ist dem der vorgenannten spanischen Karavelle sowas von unähnlich.

Hierzu erst mal der passende Wiki-Artikel:

http://de.wikipedia.org/wiki/Karavelle

Zusammenfassend kann man sagen, daß unter einer Karavelle ungeachtet möglicher Vorgänger die zielgerichtete portugiesische Entwicklung eines kleinen Entdeckerfahrzeuges zu verstehen ist, mit welchem der Seeweg nach Indien erkundet werden sollte. Neben der Nao "Santa Maria" befehligte dann auch Cristobal Colon, genannt Kolumbus zwei Karavellen, die Nina und die Pinta, auf seiner Entdeckungsreise von 1492.

Bezeichnend für Karavellen ist ihr sogenanntes "Spiegelheck", ein flacher achterlicher Abschluß des Rumpfs, auf den die Planken wie auf einen Faßboden stoßen, anstatt in einem Bogen in den Achtersteven zu verlaufen. Zudem besaßen Karavellen kein Vorderkastell und führten ein Lateinerrigg (dreieckige Segel, die sich bestens für Am-Wind-Kurse eigneten). Manchmal wurde der Fockmast rahgetakelt und das Schiff als Carabela redonda bezeichnet.

(Die Lübecker Lisa-Bauer, die ihren Holk gerne umgangssprachlich als "Kraweel" bezeichnen, waren leider dem Irrtum unterlegen, nicht nur die Kraweelbeplankung der Karavelle, sondern auch das Karavellenheck seien typisch für ihr in das 15. Jahrhundert datierte Schiff gewesen, weswegen sie statt eines zeittypischen Rundhecks ein "Plattgatt" bauten, das für Nordeuropa jedoch erst ab ca. 1515 nachweisbar ist.)

Hier ein Karavellenmodell eines Mitgliedes des "Arbeitskreises historischer Schiffbau eV.":

http://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/ontour/messe/dort2008/d12g.jpg

Und hier ein Rekonstruktionsversuch der Kolumbus-Karavelle "Pinta", welche zum Rahsegler (Carabela redonda) umgerüstet wurde.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/1c/Carabela_Ni%C3%B1a_Palos.jpg/800px-Carabela_Ni%C3%B1a_Palos.jpg

Hier noch eine ziemlich naive Darstellung einer Karavelle, die aber deren typische Heckform gut wiedergibt. Dieses Konstruktionsmerkmal war im europäischen Schiffbau zuvor unbekannt und verdrängte im 16. Jahrhundert das noch lange übliche Rundheck. Das Google- Bildangebot zum Stichwort "Karavelle" ist übrigens mit größter Vorsicht zu genießen. Nicht überall, wo Karavelle draufsteht, ist auch Karavelle drin. Dasselbe gilt allerdings auch für alle anderen Schiffstypen :-)

http://www.darpatia.de/DARPATIA/SEEFAHRT/BUIDL/KARAVELA.GIF

Heifüsch
27.04.2013, 02:08
https://www.youtube.com/watch?v=lUJS5OKs-ro

Zur Abwechslung mal ein paar bewegte Bilder zum Thema.

Herrliche Bilder! Trotz aller Unzulänglichkeiten der Rekonstruktionen bekommt man hier doch einen gewissen Eindruck davon, was vor 550 bis 650 Jahren auf der Ostsee schwamm. In der Reihenfolge des Auftretens:

Die "Lisa von Lübeck" (unerreichtes Vorbild: Holk um 1470)
Die "Kieler Kogge" (Vorbild: Bremer Kogge von 1380)
Die "Wissemaria" (Vorbild: Poeler "Kogge" von ca. 1780 (!))
Die "Lisa"
Die "Wissemaria", hier mit hart angebrasstem Segel :-)
Die "Ubena von Bremen" bei 2:43 (Vorbild Bremer Kogge von 1380) ...usw.

Rumburak
27.04.2013, 03:38
Gleich mal den Neid-Smiley suchen, Moment, ....hm, gibt´s nicht, dann eben den hier... :hd:


Hab sogar noch den Aufnäher von dem Museum, den ich damals als Souvenier kaufte.:)
Ach, da gings mir noch gut.:D
Ne, war gar nicht so teuer. Wir waren 9 Leute, zwei Autos und da kam eine Woche Norwegen, schön in einer Hütte im Wald ca. 400 DM für jeden. Mit Überfahrt und allen drum und dran.
Wir waren in Larvik. 1999 bis 2000. Silvester eben.:)

KuK
27.04.2013, 06:36
Moin, Heifüsch!


Freut mich! Aber die Mary Rose wollte ich eigentlich erst später behandeln. Hier nur mal ein grober Überblick des erhaltenen Schiffsrumpfs:

http://www.submerged.co.uk/mary%20rose%20nine%20big.jpg

...und diese zeichnerische Rekonstruktion :-)



Ich frage mich, wie auf disen 500 tons-Seglern 759 Menschen Platz gefunden haben können...?
http://en.wikipedia.org/wiki/Mary_Rose
Laut Musterungsliste der größten britischen Seglern wie der "Victory" waren dort "nur" 865 Mann an Bord, aber bei 3556 tons Verdrängung ?

Da kann was nicht stimmen in der Wikiblöd-Beschreibung.

Auf der "Gorch Fock" sind 129 Mann bei knapp 2000 tons und die beklagen sich schon wegen "Platzmangel". Selbst wenn die Seeleute in ihren Hängematten nur die berüchtigten 28 " (etwa 65cm) Platz gehabt haben und in einem 1,55 cm hohen Deck in 4 (!) Reihen übereinander lagen, reicht bei der "Mary Rose" der Platz nach meiner Rechnung nicht mal für 1/3 der Besatzung, da alle "Schlafplätze) in Hängematten unter Deck gewesen sein mußten. Auf Deck war es nicht möglich, da bei "alle Mann" Segelmanövern ja kein Platz war. Selbst vorausgesetzt, daß sogenannte "hälftige Wachen" gegangen worden sind, ist nicht genügend Platz für 759 Mann in so einem kleinen Kolcher.

Wer weiß Rat ?

Kopfkratz,

KuK

Heifüsch
27.04.2013, 11:10
Moin, Heifüsch!



Ich frage mich, wie auf disen 500 tons-Seglern 759 Menschen Platz gefunden haben können...?
http://en.wikipedia.org/wiki/Mary_Rose
Laut Musterungsliste der größten britischen Seglern wie der "Victory" waren dort "nur" 865 Mann an Bord, aber bei 3556 tons Verdrängung ?

Da kann was nicht stimmen in der Wikiblöd-Beschreibung.

Auf der "Gorch Fock" sind 129 Mann bei knapp 2000 tons und die beklagen sich schon wegen "Platzmangel". Selbst wenn die Seeleute in ihren Hängematten nur die berüchtigten 28 " (etwa 65cm) Platz gehabt haben und in einem 1,55 cm hohen Deck in 4 (!) Reihen übereinander lagen, reicht bei der "Mary Rose" der Platz nach meiner Rechnung nicht mal für 1/3 der Besatzung, da alle "Schlafplätze) in Hängematten unter Deck gewesen sein mußten. Auf Deck war es nicht möglich, da bei "alle Mann" Segelmanövern ja kein Platz war. Selbst vorausgesetzt, daß sogenannte "hälftige Wachen" gegangen worden sind, ist nicht genügend Platz für 759 Mann in so einem kleinen Kolcher.

Wer weiß Rat ?

Kopfkratz,

KuK

Moin KuK! Wikieinträge darf man natürlich nicht nur lesen, sondern man muß sie interpretieren und richtig einschätzen, das stimmt :-) Ich mach mir jetzt mal nicht die Mühe, dort reinzuschauen, sondern blättere einfach einmal in der ersten Veröffentlichung zu diesem Schiff, Alexander McKees "Die Mary Rose" von 1983, sowie in "The Mary Rose" der genialen Margret Rule, die damals mit der Konservierung des Wracks befasst war.
Das aktuellste Buch ist "Mary Rose Your Noblest Shippe" herausgegeben von Peter Marsden (Archaeology of the Mary Rose Volume 2), einem herrlichen Werk mit unzähligen SW-Fotos und Zeichnungen der architektonischen Details und der gefundenen Artefakte. Ein detaillierter Plansatz des Wracks und der vorgestellten Rekonstruktion liegt separat in einem Schuber bei, so daß ich mich mit diesem Buch zu gerne einmal für zehn Jahre in meine Werkstatt zurückziehen möchte :-) Interessant hierzu auch: "The Tudor Navy - The Ships, Men and Organisation" von Arthur Nelson.

Die Mary Rose sank 1545 vor den Augen des Königs Heinrich VIII. "in action" im Solent, zwischen Portsmouth und der Isle of Wight. Der französische Gegner scheint nur wenige Schiffslängen entfernt gewesen zu sein. Allerdings war es keine Feindeinwirkung, die das Schiff zum Kentern brachte, sondern die geöffneten vorlichen Lee-Stückpforten, deren Sülls sich nur knapp 40 cm über der Wasserlinie befanden. Ein ähnliches vermeidbares Desaster also wie knapp 80 Jahre später beim Untergang der Vasa.
Etwa 400 Mann waren wie die Fische im Enternetz gefangen, das über die Kuhl gespannt war, um enternde Franzosen fernzuhalten. Nur 40 sollen überlebt haben, wobei die Zahlen hier stark differieren. Ein flämischer Augenzeuge berichtete dem Gesandten des deutschen Kaisers van der Delft, daß "alle 500 Mann an Bord ertranken, mit Ausnahme von 25 oder 30 Dienern, Seeleuten und ähnlichen", wie Alexander McKee berichtet.

Bei diesem Seetreffen unter der eigenen Küste darf man jedoch nicht von einer riesigen Stammbesatzung ausgehen, sondern um ein kurzfristiges Vollstopfen dieses Schiffes mit allem, was nur irgendwie kämpfen konnte. Ziel von Seegefechten war es schließlich, den Gegner zu entern und nicht, Schiffe zu versenken, da das kaum möglich war. Es sei denn, man versenkte sein eigenes :-(
Deshalb waren auch keine Schlafplätze ohne Ende erforderlich, von Hängematten erst gar nicht zu reden, da diese geniale Erfindung erst später über die Portugiesen und Spanier aus Südamerika importiert wurde. Zu Mary Roses Zeiten schlief man auf Schafsfellen auf den nackten Planken. Die Schiffe waren aber auch nicht monatelang auf See wie du Zeiten der Victory, sondern lagen vor allem in ihren Heimathäfen.

Heifüsch
27.04.2013, 14:14
Soviel dazu. Jetzt nochmal schnell zurück ins 15. Jhdt. wo die Holke in der zweiten Hälfte desselben so langsam zu veritablen Karracken mutierten.

Die Mehrmastigkeit trat im Norden um die Jahrhundertmitte auf, wobei Schiffe wie die "Lisa" noch ein Segel pro Mast fuhren. Das änderte sich dann, als sich diese nicht durch weitere Bonnets (am Unterliek angeknüpfte Tuchstreifen) vergrößern liessen und man dazu überging, ein zweites Segel, das "Marssegel" über dem Großsegel und der Großmars und später auch über dem Focksegel zu fahren. Hier ein Karracken-Modell eines Mitglieds des bereits erwähnten "Arbeitskreises historischer Schiffbau" nach einer Abbildung eines flämischen Illustratoren aus der Zeit um 1470. Die hier erkennbaren aus den Marsen herausragenden Masttops dienen in der nächsten Entwicklungsstufe bereits als "Marsstengen" für die Marssegel:

http://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/ontour/jhv/jvh2009/a18g.jpg

Hier die Zeichnung, nach der das Modell rekonstruiert wurde:

http://villahuegel.de/landschaft/data/angesicht/see/kultur/schiff_1.jpg

Beide Kastelle haben hier schon eine zweite "Etage" aufgesetzt bekommen. Die Verwandtschaft mit der hölzernen Landarchitektur wird so langsam erkennbar. Am Heck ist eine kleine offene Galerie erkennbar, ein "Balkon" sozusagen mit zwei angeschlossenen Toilettenhäuschen, eins für die Damen und eins für den Herrn :-) Die Mannschaft musste sich mit Plumpsklos im über den Bug hinauskragenden Kastell begnügen. Pissoirs wurden traditionell hinter den beiden Ankerklüsen beiderseits der Vorderstevens installiert, aber für diese Zeit ist das natürlich nicht direkt nachweisbar. Die älteste erhaltene Schiffstoilette findet sich übrigens in das Kastelldeck der Bremer Kogge eingelassen und zwar sehr dezent und überaus praktisch..

Wenn man Bilder von Karracken googelt, wird man regelrecht erschlagen von Schiffstypen aller Art bis hin zur Gorch Fock, aber ne anständige Karracke aus dem späten 15. Jhdt. ist nicht dabei :-( Wenigstens konnte ich das hier auftreiben:
http://www.ship-modelers-assn.org/wp-content/uploads/2010/06/fantastic-carrack1.jpg
Irgendwas stimmt da nicht, aber egal. Jedenfalls erkennt man die innovativen Marssegel und die inzwischen schon vier Masten, wobei die beiden letzteren traditionell mit Lateinersegeln bestückt waren, wie später auch die entsprechenden Marsstengen :-)

Cetric
27.04.2013, 21:40
Ich sehe, Heifüsch hat den Anker gelichtet um das Spätmittelalter zu verlassen und steuert die Neuzeit an...
Schnell noch was posten, ehe die Zeit der Koggen außer Sicht gerät:

Ich habe noch was zu Koggen gefunden in Carl Busley's "Geschichte der Segelschiffe", Reprint der Ausgabe von 1920.
Allerdings nennt er dies folgende Schiff nicht 'Kogge' oder von mir aus auch 'Holk', sondern 'Jüngeres Normannenschiff'. Dem Äußeren nach nahm ich mir die Freiheit zu folgern, daß er das meint, was heute und hier als 'Kogge' kursiert.
Busley bringt den Schiffstyp konkret mit den Erfordernissen des Truppentransports während der Kreuzzüge in Verbindung, weswegen er sich aus dem 'Älteren Normannenschiff' durch Hinzufügen eines zweiten Mastes, insgesamt größere Ausmaße und Hinzufügen der Kastelle entwickelte. Busley entwarf ein Modell, das einen Durchschnittstyp darstellen soll (erstes Bild unten), den er mit 26,5 m Länge (auf Wasserlinie 21m), 7,30 m Breite, Tiefgang 2 m und eine Verdrängung von 100 to angibt.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Juengeres_Normannenschiff_1.jpg
Ich berichte weiter aus Busley's Buch:
Diese Schiffe wurden auf Kiel und Steven gebaut. Die Spanten sollen im Gegensatz zu den älteren Normannenschiffen (aus der Zeit Wilhelms des Eroberers, also um 1066) fest mit dem Kiel verbunden gewesen sein, und die Außenbeplankung war in Klinkerbauweise hergestellt. Es gab ein durchlaufendes Deck.
Die für die zu erwartenden Kampfhandlungen aufgesetzten Kampfplattformen nahmen Knappen (Back) und Ritter (Kampagne) auf. Die Ritter pflegten ihre Standarten auf ihrem Kastell aufzupflanzen, mit der Landesflagge darüber. Von den Krähennestern aus wurden schwere Steine auf enternde Feinde geworfen.
Der vordere der zwei Masten war etwas nach vorn geneigt, um das Wenden beim Kreuzen zu erleichtern, denn seitdem die Masten Wanten besaßen, versuchte man auf hoher See mit den Rahsegeln auch an den Wind zu gehen. Beide Segel konnten in der Fläche durch Antuchen von zusätzlichen Stücken an der Unterseite vergrößert werden (Reffhändsel gab es noch nicht, Blöcke dagegen schon). Jedes Segel besaß die üblichen Brassen und Schoten und ein Fall nebst Toppnanten.
Da durch die größeren Segel das Schiff in stärkere Seitenlage geraten konnte und ein einzelnes Steuerruder dann zu hoch aus dem Wasser auftauchte, verwendete man zwei Steuerruder an den Seiten, wie im Altertum.
Die Besatzung gibt Busley mit 100 - 120 Mann an, inklusive der Kämpfer, die ja eigentlich für Palästina bestimmt waren und kein ständiges Schiffspersonal waren.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Juengeres_Normannenschiff_4.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Juengeres_Normannenschiff_3.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Juengeres_Normannenschiff_2.jpg

Heifüsch
27.04.2013, 23:38
Ich sehe, Heifüsch hat den Anker gelichtet um das Spätmittelalter zu verlassen und steuert die Neuzeit an...
Schnell noch was posten, ehe die Zeit der Koggen außer Sicht gerät:

Ich habe noch was zu Koggen gefunden in Carl Busley's "Geschichte der Segelschiffe", Reprint der Ausgabe von 1920.
Allerdings nennt er dies folgende Schiff nicht 'Kogge' oder von mir aus auch 'Holk', sondern 'Jüngeres Normannenschiff'. Dem Äußeren nach nahm ich mir die Freiheit zu folgern, daß er das meint, was heute und hier als 'Kogge' kursiert.
Busley bringt den Schiffstyp konkret mit den Erfordernissen des Truppentransports während der Kreuzzüge in Verbindung, weswegen er sich aus dem 'Älteren Normannenschiff' durch Hinzufügen eines zweiten Mastes, insgesamt größere Ausmaße und Hinzufügen der Kastelle entwickelte. Busley entwarf ein Modell, das einen Durchschnittstyp darstellen soll (erstes Bild unten), den er mit 26,5 m Länge (auf Wasserlinie 21m), 7,30 m Breite, Tiefgang 2 m und eine Verdrängung von 100 to angibt.

Ich berichte weiter aus Busley's Buch:
Diese Schiffe wurden auf Kiel und Steven gebaut. Die Spanten sollen im Gegensatz zu den älteren Normannenschiffen (aus der Zeit Wilhelms des Eroberers, also um 1066) fest mit dem Kiel verbunden gewesen sein, und die Außenbeplankung war in Klinkerbauweise hergestellt. Es gab ein durchlaufendes Deck.
Die für die zu erwartenden Kampfhandlungen aufgesetzten Kampfplattformen nahmen Knappen (Back) und Ritter (Kampagne) auf. Die Ritter pflegten ihre Standarten auf ihrem Kastell aufzupflanzen, mit der Landesflagge darüber. Von den Krähennestern aus wurden schwere Steine auf enternde Feinde geworfen.
Der vordere der zwei Masten war etwas nach vorn geneigt, um das Wenden beim Kreuzen zu erleichtern, denn seitdem die Masten Wanten besaßen, versuchte man auf hoher See mit den Rahsegeln auch an den Wind zu gehen. Beide Segel konnten in der Fläche durch Antuchen von zusätzlichen Stücken an der Unterseite vergrößert werden (Reffhändsel gab es noch nicht, Blöcke dagegen schon). Jedes Segel besaß die üblichen Brassen und Schoten und ein Fall nebst Toppnanten.
Da durch die größeren Segel das Schiff in stärkere Seitenlage geraten konnte und ein einzelnes Steuerruder dann zu hoch aus dem Wasser auftauchte, verwendete man zwei Steuerruder an den Seiten, wie im Altertum.
Die Besatzung gibt Busley mit 100 - 120 Mann an, inklusive der Kämpfer, die ja eigentlich für Palästina bestimmt waren und kein ständiges Schiffspersonal waren.


Ei, was haben wir denn da? >8.) Aahhhh! Busley! >x-(=

Nein, bitte nicht! Tu uns das nicht an! Solche Phantasiemodelle gehören in den Giftschrank und dürfen nur kritisch kommentiert veröffentlicht werden! >&-(
Aber okay, wo dieses Ding nun mal gepostet ist, kann ich das hier ja mal versuchen.

Also, angefangen hat diese Geschichte im Jahre 1909, als auf Initiative der "Schiffbautechnischen Gesellschaft" ein Zehnjahresplan aufgestellt wurde, um einige herausragende Exemplare der Schiffbaugeschichte als Modell für das "Deutsche Museum der Technik und Naturkunde" in München zu rekonstruieren. Der Berliner Paul Karl, technischer Inspektor des Berliner Kunstgewerbemuseums, wurde mit dem Bau beauftragt und das Ergebnis seiner Bemühungen zehn Jahre später in München präsentiert, sowie die Modelle von O. Georgen unter dem Titel "Geschichte des Kriegsschiffbaues" im Architekturverlag "Der Zirkel" in Wort und Bild vorgestellt.

Ein Jahr darauf, 1920, veröffentlichte der Geheime Regierungsrat und Vorsitzende der Schiffbautechnischen Gesellschaft Professor Dr. Ing. Carl Busley, wohnhaft am Kronprinzenufer No. 2 in Berlin NW40, im Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft Band 21 seinen Beitrag Nr. XV, betreffend die "Schiffe des Mittelalters und der neueren Zeit.", in welchem er unter anderem auf das von Paul Karl erbaute Modell eines "Normannenschiffs aus dem dreizehnten Jahrhundert" einging und dieses wie oben gezeigt vorstellte.

Anscheinend folgte er dabei der Logik Karls, wonach normannische (?) Kreuzfahrer von der Normandie aus das "heilige" Land befuhren und zwar in zweimastigen Nefs! Als Quelle werden drei schlichte Skizzen von Zweimastern angeführt, die eindeutig die bereits erwähnte Bautradition der römischen Corbitae fortführen und rein gar nichts mit nordischen Schiffen zu tun haben. Und natürlich wurden für Mittelmeerreisen die Dienste der dortigen Reeder in Anspruch genommen und keine fragilen Normannenschiffe vollbesetzt durch die stürmische Biskaya und um die iberische Halbinsel durch die Straße von Gibraltar gehetzt, um dort mit einem zweiten Mast als Mittelmeerschiff getarnt zu werden :-) Zudem weist Karls Schiffchen neben dem üblichen Steuerbordruder nun auch noch eins an Backbord auf! Ein absoluter Quatsch, denn noch nie wurde die Mittelmeertradition beidseitiger Ruder von nordischen Schiffen übernommen!

Aber ich will ja nicht meckern, denn 1919, das war die wilde Pionierphase der schiffbauhistorischen Rekonstruktion, in der keinerlei Rücksicht auf derlei Ungereimtheiten genommen wurde. Heute sollten die Nachdrucke solcher Phantastereien allerdings wirklich kommentiert werden, denn nur allzu oft misst man diesen alten Schinken eine Autorität zu, die sie gar nicht haben konnten. Die Beschäftigung mit der Schiffbauhistorie steckte in den Kinderschuhen und der Schiffbauingenieur Carl Busley kannte schließlich nichts anderes als die Dampfpötte seiner Zeit. Übrigens hat dieser Herr auch Karls Modell eines hansischen Holks aus der Zeit um 1470 bekanntgemacht und der Zufall wollte es, daß ein Dr. Ing. von der heute noch existierenden Schiffbautechnischen Gesellschaft Karls und Busleys Modell gegen das verbesserte Modell des Schiffbauhistorikers Heinrich Winter durchsetzte, als es darum ging, die "Lisa von Lübeck" zu bauen. Honi soit qui mal y pense >%-)

PS: Der gesamte Text, den Busley sich hier aus den Fingern saugt und den du verkürzt wiedergibst, ist absoluter Quatsch. Der gute Mann hatte eine blühende Phantasie und die ist nun mal Gift für die seriöse Erforschung der Architectura Navalis.
Aber trotzdem gut, daß du das hier angeführt hast. Nur so lassen sich solche inzwischen schon uralten aber immer noch durch die Literatur schwirrenden Fehler und Missverständnisse klarstellen. Das Düsseldorfer "Schiffahrt-Museum im Schlossturm" beispielsweise präsentiert in seinem Katalog aus den 80er Jahren ein ähnliches Modell, das wohl auch nach Karls Plänen gebaut wurde, unter der Bezeichnung "Kreuzfahrerschiff 12./13. Jahrhundert", wobei der Rumpf schon fast an einen späteren Holk erinnert :-)

Cetric
28.04.2013, 11:05
Ei, was haben wir denn da? >8.) Aahhhh! Busley! >x-(=

Nein, bitte nicht! Tu uns das nicht an! Solche Phantasiemodelle gehören in den Giftschrank und dürfen nur kritisch kommentiert veröffentlicht werden! >&-(
Aber okay, wo dieses Ding nun mal gepostet ist, kann ich das hier ja mal versuchen.



Anscheinend folgte er dabei der Logik Karls, wonach normannische (?) Kreuzfahrer von der Normandie aus das "heilige" Land befuhren und zwar in zweimastigen Nefs! Als Quelle werden drei schlichte Skizzen von Zweimastern angeführt, die eindeutig die bereits erwähnte Bautradition der römischen Corbitae fortführen und rein gar nichts mit nordischen Schiffen zu tun haben. Und natürlich wurden für Mittelmeerreisen die Dienste der dortigen Reeder in Anspruch genommen und keine fragilen Normannenschiffe vollbesetzt durch die stürmische Biskaya und um die iberische Halbinsel durch die Straße von Gibraltar gehetzt, um dort mit einem zweiten Mast als Mittelmeerschiff getarnt zu werden :-) Zudem weist Karls Schiffchen neben dem üblichen Steuerbordruder nun auch noch eins an Backbord auf! Ein absoluter Quatsch, denn noch nie wurde die Mittelmeertradition beidseitiger Ruder von nordischen Schiffen übernommen!


OK, ich habe keine 800 Bücher zum Thema wie du, von daher muß ich mich wohl der Meinung des Fachmanns beugen. Freilich hat Busley hier in meinem Buch noch weitere Schiffe, die ich versuchsweise später aus dem 'Giftschrank' hervorziehen und hier ausbreiten würde (mit deiner Erlaubnis, du kannst ja dann wieder was kommentieren, du bist der Strang-Boss), und die sehen eigentlich ganz seriös aus...
Übrigens schreibt er in diesem Abschnitt, 2.Teil, Schiffe des Mittelalters, 6. Normannenschiff des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts, nirgens daß die Normannen damit über die Biskaya herum ins Mittelmeer schipperten und an Kreuzzügen teilnahmen, oder gar unterwegs den zweiten Mast hinzufügten. Das hast du ein bißchen polemisch formuliert. Busley benennt den Schiffstyp einfach nach seinen ursprünglichen Baumeistern, es handelt sich um einen abgeleiteten Namen (der wohl etwas verunglückt scheint und auf Dauer nicht haltbar war), ohne aussagen zu wollen, daß da noch 'Normannen' drinsaßen, als es gegen Palästina ging.
Was die Sache des zweiten Steuerruders angeht; warum soll es das nicht gegeben haben?
Natürlich nicht als Verwaltungsakt des TÜV für alle Schiffe, aber wie ich schon mal versucht habe auszuführen, hat jeder Baumeister aufgrund seiner Erfahrungen sein eigenes Schiff versucht zu bauen (TÜV gab's ja zum Glück nicht, heute könnt ich auch auf die verzichten). Und sein Erklärungsansatz, daß ein Schiff unter Winddruck mit schwerer Seitenneigung sich besser steuern ließe wenn auf beiden Seiten Steuer im Wasser sind (bzw dann auf der einen Seite weniger im Wasser) scheint mir als Landratte durchaus einleuchtend.
Wenn wir sonst die Bilder seines 'Jüngeren Normannenschiffs' mit unseren bereits geposteten Bildern von Schiffen gleicher Bauart vergleichen, sehen wir nicht wirklich krasse Abweichungen, oder?
OK, du kannst mich jetzt zerfleddern, aber eine weitere Erwiderung werde ich dann nicht mehr verfassen. Das meinte ich mit 'rund laufendem Strang'. Wenn man ne Diskussion über Einzelfragen vom Zaun bricht, gerät das 'große Ganze' außer Sicht. Daher will ich den Fall Busley damit auf Trockendock legen.

Nachtrag: Übrigens benennt der Autor als Quellen für sein Modell den Teppich von Bayeux (für das 'Ältere Normannenschiff') und eine französische Handschrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts (für das 'Jüngere Normannenschiff). Ganz allein aus den Fingern hat er sich das nicht gesaugt.

KuK
28.04.2013, 11:47
Moin, Männer !

Hier hat sich mal jemand richtig Mühe gemacht, ein Schiff nachzuvollziehen, obwohl ausgewiesener Laie: Segellast heißt Abstellkammer für Segel usw. aber präzise bis ins Detail z.B. an der Nagelbank...

https://plus.google.com/photos/103900242489953178591/albums/5520395845737549697?banner=pwa

Viel Spaß...

KuK

Heifüsch
28.04.2013, 13:54
OK, ich habe keine 800 Bücher zum Thema wie du, von daher muß ich mich wohl der Meinung des Fachmanns beugen. Freilich hat Busley hier in meinem Buch noch weitere Schiffe, die ich versuchsweise später aus dem 'Giftschrank' hervorziehen und hier ausbreiten würde (mit deiner Erlaubnis, du kannst ja dann wieder was kommentieren, du bist der Strang-Boss), und die sehen eigentlich ganz seriös aus...

Du könntest nochmal den Holk bringen. (In der Originalausgabe des Buchs auf Seite 643 unter dem Titel "8. Hansa-Kogge." aufgeführt.) Und zu gegebener Zeit vielleicht die Nr. 9. "Englisches Kriegsschiff "Great Harry", das wäre hochinteressant. Aber um Erlaubnis brauchste mich bitte nicht fragen. Ich freue mich doch, wenn hier ne Diskussion entsteht. Ich neige allerdings zuweilen zum Überdramatisieren, aber ich werde versuchen, mich zurückzuhalten &-)


Übrigens schreibt er in diesem Abschnitt, 2.Teil, Schiffe des Mittelalters, 6. Normannenschiff des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts, nirgens daß die Normannen damit über die Biskaya herum ins Mittelmeer schipperten und an Kreuzzügen teilnahmen, oder gar unterwegs den zweiten Mast hinzufügten. Das hast du ein bißchen polemisch formuliert. Busley benennt den Schiffstyp einfach nach seinen ursprünglichen Baumeistern, es handelt sich um einen abgeleiteten Namen (der wohl etwas verunglückt scheint und auf Dauer nicht haltbar war), ohne aussagen zu wollen, daß da noch 'Normannen' drinsaßen, als es gegen Palästina ging.

Er suggeriert das aber. Alternativ müssten diese Normannenschiffe ja über Land ins Mittelmeer verbracht oder aber irgendwo an der Riviera erst gebaut worden sein. Und wenn ein Modell als Normannenschiff bezeichnet wird, dann erwartet man natürlich auch ein typisches Normannenschiff und fragt aber auch höflich nach, woher denn dieser so vollkommen unnormannische zweite Mast, die Webleinen in den Wanten und das Backbordruder kommen. Hier nämlich ergeht er sich in reinster Spekulation, wenn er Charakteristika dezidierter Mittelmeerschiffe auf seinen Normannenkonstrukt appliziert und sich dann die passende Erklärung zusammenreimt.


Was die Sache des zweiten Steuerruders angeht; warum soll es das nicht gegeben haben?
Natürlich nicht als Verwaltungsakt des TÜV für alle Schiffe, aber wie ich schon mal versucht habe auszuführen, hat jeder Baumeister aufgrund seiner Erfahrungen sein eigenes Schiff versucht zu bauen (TÜV gab's ja zum Glück nicht, heute könnt ich auch auf die verzichten). Und sein Erklärungsansatz, daß ein Schiff unter Winddruck mit schwerer Seitenneigung sich besser steuern ließe wenn auf beiden Seiten Steuer im Wasser sind (bzw dann auf der einen Seite weniger im Wasser) scheint mir als Landratte durchaus einleuchtend.

Schau dir doch mal die Abb. 90 und 91 an, die Busley als "Beleg" für seine skurrile These herangezogen hat. Auf der unteren Abb. ist eindeutig ein Backbordruder zu erkennen, zudem existieren viele ähnliche Abbildungen, die Busley verrieten, daß Mittelmeerschiffe grundsätzlich beiderseits Ruder führten. Bei Abb. 90 sind es nun die zwei Masten, die ihn faszinierten, wobei die vorderen Fockmasten erkennbar bugwärts geneigt sind, was bei Lateinerriggs nun mal Sinn macht, um die Rute beim Kreuzen vor dem Mast besser auf den anderen Bug zu bringen.
Ansonsten wurde aus tausend Jahren Wikingertradition, angefangen beim Nydamboot, kein einziges Beispiel und keine einzige Abbildung eines Doppelruders überliefert. Warum auch, denn wie die Nachbauten solcher Schiffe zeigen, funktionieren die Steuerbordruder (Firrer) selbst bei schärfster Krängung tadellos.
Nein, Paul Karl und mit ihm Carl Busley waren hier einfach bemüht, diesen Normannenrumpf möglichst exotisch auszugestalten. Das Ding wurde schließlich nicht umsonst als indiskutabel aus dem Verkehr gezogen :-)


Wenn wir sonst die Bilder seines 'Jüngeren Normannenschiffs' mit unseren bereits geposteten Bildern von Schiffen gleicher Bauart vergleichen, sehen wir nicht wirklich krasse Abweichungen, oder?

Doch, den zweiten Mast, der auf nordischen Schiffen erst nach der Mitte des 15. Jhdts. auftaucht, die Webeleinen in den Wanten, die erst um 1400 eingeführt wurden und eben besagtes Backbordruder.


OK, du kannst mich jetzt zerfleddern, aber eine weitere Erwiderung werde ich dann nicht mehr verfassen. Das meinte ich mit 'rund laufendem Strang'. Wenn man ne Diskussion über Einzelfragen vom Zaun bricht, gerät das 'große Ganze' außer Sicht. Daher will ich den Fall Busley damit auf Trockendock legen.

Aahhh!*Zerfledder...!*... So, erledigt! >&-)

Aber wir wollen hier mal nicht zu ernsthaft werden. Es freut mich, wenn du und KuK die Anderen meine Monologe so nett bereichern. Allein und ohne Resonanz macht´s nämlich keinen Spaß. Und wie gesagt, es wäre nett, nochmal eben die "Hansa-Kogge" auseinanderzunehmen und uns später dann den Great Harry bestaunen zu lassen :-)


Nachtrag: Übrigens benennt der Autor als Quellen für sein Modell den Teppich von Bayeux (für das 'Ältere Normannenschiff') und eine französische Handschrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts (für das 'Jüngere Normannenschiff). Ganz allein aus den Fingern hat er sich das nicht gesaugt.

Der berühmte Teppich von Bayeux zeigt die Invasion Englands durch den Normannen Wilhelm den Eroberer im Jahr 1066. Dieser beeindruckende Wandbehang wurde allerdings erst später gewebt, aber trotzdem sind die Schiffe eindeutig als normannisch dargestellt, auch wenn man deren Farbigkeit der Phantasie der Weberinnen zuschreiben muß. Busley hätte sich mal lieber auf die Schiffe der "Cinque Ports" berufen sollen, die bereits diese Kastelle aufwiesen und schlicht als Nefs bezeichnet wurden. Ich hatte das ja schon angesprochen.

Teppich von Bayeux (Ausschnitt):

https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcQWsTomOHWLrG7SjPxD3baDlfxOa7u9j 1ojLUkBbA-grgkxyYZ1NA

Hier ein Modell eines Nefs der "Cinque Ports". Wohl spiegelverkehrt, wie man sieht :-))

http://4.bp.blogspot.com/_bR6jwDPKQGU/TNBLyttjPJI/AAAAAAAABYA/pgWBIBlvCMM/s400/Cinque+Ports+ship+via+Science+Museum+UK.jpg

Heifüsch
28.04.2013, 15:15
PS: Das obige Modell wurde offensichtlich nach dem Siegel von Dover von 1284 gearbeitet:

https://encrypted-tbn1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSdAkGudtzAA-if0z3xj7P2ikxdCD--KNMvmaBLhgrWW-_2oFWv

Wie man sieht, wurden die anachronistischen Webleinen in den Wanten einfach hinzuphantasiert und die künstlerische Freiheit eines Backbordruders kritiklos als authentisch übernommen. Dem Siegelstecher ging es hier ganz offensichtlich darum, den Rudergänger mitsamt seinem Instrument optimal in Szene zu setzen. Das kommt schon mal vor bei nach links ausgerichteten Schiffsabbildungen auf Siegeln :-)

Heifüsch
28.04.2013, 15:56
Moin, Männer !

Hier hat sich mal jemand richtig Mühe gemacht, ein Schiff nachzuvollziehen, obwohl ausgewiesener Laie: Segellast heißt Abstellkammer für Segel usw. aber präzise bis ins Detail z.B. an der Nagelbank...

https://plus.google.com/photos/103900242489953178591/albums/5520395845737549697?banner=pwa

Viel Spaß...

KuK

Moin Kuk!

Siehste, die Santa Maria hatte ich eigentlich noch etwas genauer unter die Lupe nehmen wollen! Da kommt mir dieser interessante Link gerade recht, um auch dieses Modell wegen seiner historischen Mängel in der Luft zu zerreissen >&-)=

Zuerst mal sollte man sich nie von der Akkuratesse solcher Rekonstruktionen beeindrucken lassen. Die täuscht nur zu oft über mangelnde Recherche hinweg, die allerdings gerade bei diesem Schiff schon symptomatisch ist. Dabei wurde das Kolumbusschiff bereits 1892 zur 400-Jahrfeier der (Wieder)-Entdeckung Amerikas als erstes historisches Schiff überhaupt nachgebaut bzw. nachempfunden, welches hier wohl auch als Vorbild diente. Es sieht ja auch überzeugend aus, wenn man nicht weiß, daß die Naos dieser Zeit eine vollkommen andere Heckform hatten und eben nicht dieses Plattgatt aus deinem Link:

https://lh3.googleusercontent.com/-NlYjowoALt0/TT00Ej9Y9MI/AAAAAAAABT8/hUuOvV9hR_8/w631-h510/Testrender8_2.jpg

Kein Mensch weiß, wie die Santa Maria tatsächlich ausgesehen hat, weswegen man vollkommen auf zeitgenössische Abbildungen kleinerer Frachter angewiesen ist, um dieses Schiff daraus so gut es geht zu "rekonstruieren". Zum Glück steht uns aber das Modell der katalanischen Nao zur Verfügung, das sich als Grundlage für die Santa Maria bestens eignet:

http://www.hartmut-walter.de/pics/2Spanische_Nao/04_Oben.JPG

Hier ein kommerziell vertriebenes Modell des besagten Schiffes mit dem zeittypischen Rundheck. Auch alle anderen Details dieses katalanischen Frachters kann man als typisch für die Santa Maria annehmen. Man muß den Rumpf nur etwas strecken und mit zwei zusatzlichen Masten versehen und schon bekommt man einen optimalen Eindruck von Kolumbus´ ungeliebtem Flaggschiff. (Seine beiden Karavellen Nina und Pinta waren wendiger und wohl auch seetüchtiger als die schwerfällige Nao :-))

Obige Abbildung besticht natürlich durch die besondere Ästhetik der Holzsichtigkeit während dieselbe bei der unteren billig und aufdringlich wirkt. Das sind aber wieder ganz andere Kriterien, die man nicht über die historische Vorbildtreue stellen sollte.

Die Kolumbusschiffe von 1892. Die mittlere La Pinta kommt hier allerdings nicht als Karavelle sondern als typische Nao daher. Rechts die "astreine" Karavelle La Nina, wie sie auch heute noch als akzeptabel gilt. Das sich stark nach oben verjüngende Heck der Santa Maria, hier links, erinnert schon fast an eine Galeone um 1600. Aber mit dem Spiegelheck ist dieser "Nachbau" ohnehin disqualifiziert:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f7/1893_Nina_Pinta_Santa_Maria_replicas.jpg/800px-1893_Nina_Pinta_Santa_Maria_replicas.jpg

KuK
28.04.2013, 16:12
Das dürfte dann etwa so ausgesehen haben:

Nao "Victoria" von Fernando Magelhan:

http://elmundoviajes.elmundo.es/elmundoviajes/especiales/2004/12/naovictoria/img/planosnao.jpg
Quelle:
http://www.google.de/imgres?um=1&client=firefox-a&rls=org.mozilla:de:official&hl=de&biw=1280&bih=894&tbm=isch&tbnid=4-1-6QqYEdaHSM:&imgrefurl=http://elmundoviajes.elmundo.es/elmundoviajes/especiales/2004/12/naovictoria/ugarte.html&docid=xXMCO4qDHBRQ3M&imgurl=http://elmundoviajes.elmundo.es/elmundoviajes/especiales/2004/12/naovictoria/img/planosnao.jpg&w=487&h=327&ei=TCx9Ua3FFMXJ4ATV-YCYBg&zoom=1&iact=hc&vpx=389&vpy=377&dur=81&hovh=184&hovw=274&tx=155&ty=98&page=1&tbnh=145&tbnw=228&start=0&ndsp=31&ved=1t:429,r:8,s:0,i:107

KuK
28.04.2013, 16:30
Und wenn diese Geschütze mal abgefeuert werden, "wandern" die einmal quer durchs Schiff. (nur seitliche Richtmittel mittels Richtspake.... und die Höhe mit der Krängung... haha), keine Brooktaue

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/47141814.jpg

eine klassische Lieschen-Müller-Darstellung.... Pulverfaß neben dem Geschütz, :fizeig: :haha:

http://www.google.de/imgres?start=147&um=1&client=firefox-a&rls=org.mozilla:de:official&hl=de&biw=1280&bih=894&tbm=isch&tbnid=QuJUPvrR8woeBM:&imgrefurl=http://www.caminoaitaca.com/2012/03/patagonia-chilena-ii-el-maestro.html&docid=0hctjHW6eOrzyM&imgurl=http://2.bp.blogspot.com/-_udyOG7-zoI/T24TwuOkCuI/AAAAAAAAByY/sd8PRQ-2DGI/s1600/Nao%252BVictoria_01.jpg&w=1500&h=1000&ei=RC19UYLMFKGo4ASC2YHIDw&zoom=1&iact=rc&dur=855&page=5&tbnh=149&tbnw=204&ndsp=42&ved=1t:429,r:47,s:100,i:145&tx=98&ty=100

Heifüsch
28.04.2013, 16:41
Das dürfte dann etwa so ausgesehen haben:

Nao "Victoria" von Fernando Magelhan:



Diese Kreuze sind zwar sehr unportugiesisch aber sonst isses ganz okay. Im ZDF habe ich einmal einen "Nachbau" dieser Victoria in einer Spielszene auf dem Amazonas gesehen und zwar mit wild aufwirbelndem Schraubenwasser :-)) An Bug stand einer und starrte angestrengt durch ein Reisefernrohr aus dem 19. Jahrhundert, wobei den Requisiteuren noch nicht einmal bewusst war, daß dieses praktische Gerät sowieso erst ein Jahrhundert nach Magellan erfunden wurde :-)

Hier ein Video, das auch einmal ausführlich den sogenannten Kolderstock zeigt, die Verlängerung der Ruderpinne, mit der die Schiffe noch bis nach 17oo gesteuert wurden, bevor die Engländer dann das Steuerrad erfanden:


https://www.youtube.com/watch?v=VqHne-RdC48

Heifüsch
28.04.2013, 16:49
Und wenn diese Geschütze mal abgefeuert werden, "wandern" die einmal quer durchs Schiff. (nur seitliche Richtmittel mittels Richtspake.... und die Höhe mit der Krängung... haha), keine Brooktaue
eine klassische Lieschen-Müller-Darstellung.... Pulverfaß neben dem Geschütz, :fizeig: :haha:



Auweia! Ja, das Pulver wurde natürlich tief unter der Wasserlinie in der Pulverlast vor Beschuß geschützt gelagert. Aber vielleicht isses ein Luntenfass oder was auch immer :-) Und die Lafetten brauchen natürlich Räder, Brooktaue, Rückholtakel und alles, was dazugehört. So funktioniert das nämlich nicht >&.))

OneDownOne2Go
28.04.2013, 16:59
Auweia! Ja, das Pulver wurde natürlich tief unter der Wasserlinie in der Pulverlast vor Beschuß geschützt gelagert. Aber vielleicht isses ein Luntenfass oder was auch immer :-) Und die Lafetten brauchen natürlich Räder, Brooktaue, Rückholtakel und alles, was dazugehört. So funktioniert das nämlich nicht >&.))

Sieht ein wenig aus, als hätte sich der Erbauer von Festungslafetten "inspirieren" lassen. Aus Stein und fest in festem Grund verankert mag das funktionieren, auf einem Schiff gäbe es unweigerlich Kleinholz - oder eben auch nicht, lassen sich die Geschüzte doch so nicht mal laden...

Heifüsch
28.04.2013, 17:32
Sieht ein wenig aus, als hätte sich der Erbauer von Festungslafetten "inspirieren" lassen. Aus Stein und fest in festem Grund verankert mag das funktionieren, auf einem Schiff gäbe es unweigerlich Kleinholz - oder eben auch nicht, lassen sich die Geschüzte doch so nicht mal laden...

Stimmt, da muß einer mit ner Kartusche und ner Kugel unterm Arm nach außenbords klettern und das Zeug unter dem Beifall des Feindes ins Rohr stopfen. Beim nächsten Schuß lässt sich das allerdings bequem binnenbords zelebrieren. Man muß dann nur noch dieses runde Loch treffen :-))

OneDownOne2Go
28.04.2013, 18:15
Stimmt, da muß einer mit ner Kartusche und ner Kugel unterm Arm nach außenbords klettern und das Zeug unter dem Beifall des Feindes ins Rohr stopfen. Beim nächsten Schuß lässt sich das allerdings bequem binnenbords zelebrieren. Man muß dann nur noch dieses runde Loch treffen :-))

Gänzlich OT wüsste ich gerne, was du von dem Modell hältst, das hier entsteht:

http://www.wettringer-modellbauforum.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=42271&pageNo=24

Mich hat die Handwerkskunst beeindruckt, die historische Genauigkeit kann ich leider nicht beurteilen.

Heifüsch
28.04.2013, 18:23
Gänzlich OT wüsste ich gerne, was du von dem Modell hältst, das hier entsteht:

http://www.wettringer-modellbauforum.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=42271&pageNo=24

Mich hat die Handwerkskunst beeindruckt, die historische Genauigkeit kann ich leider nicht beurteilen.

Das ist eine französische Corvette (kleinere Fregatte) aus den 1820er Jahren. Das Originalmodell steht im Museé del la Marine im Pariser Palais de Chaillot, gegenüber dem Eiffelturm am anderen Seine-Ufer.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/30/La_Cr%C3%A9ole_img_0354.jpg/800px-La_Cr%C3%A9ole_img_0354.jpg

Solche Modelle müssen natürlich unbedingt auch farblich gefasst werden, um richtig zur Geltung zu kommen. Modellbauer schrecken davor leider oft zurück. (Dieses Originalmodell sollte eigentlich weiße Geschützpfortenstreifen zeigen und keine holzsichtigen. Der damaligen Mode entsprechend begnügte man sich eben mit Schwarz und etwas Rot als Kontrast zu den verwendeten Edelhölzern.)
Ein Modell dieses eleganten Schiffs steht übrigens auch im Berliner DTM :-)

KuK
29.04.2013, 10:45
Moin, Sir!


Gänzlich OT wüsste ich gerne, was du von dem Modell hältst, das hier entsteht:

http://www.wettringer-modellbauforum.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=42271&pageNo=24

Mich hat die Handwerkskunst beeindruckt, die historische Genauigkeit kann ich leider nicht beurteilen.

Nachdem ich den ganzen Strang im Link durchgearbeitet habe, den Du hier freundlicherweise gefunden hast, kann ich nur sagen: chapeau!

Was dieser "johann" hier hingezaubert hat ist ein Musterbeispiel handwerklichen Könnens. Jedes Detail ein Kunstwerk, da im Maßstab 1:48 ......

Bohrungen von 0,3 mm .... gebogene Ösen von 0,8mm .... Kanonenrohrevon 12mm Länge in allen Details....

Über 20 Jahre Bauzeit sprechen für sich, ein "maniac" in meinen Augen, aber ein profunder mit schwäbischer Präzision und preußischer Disziplin beim Bau eines franz. Kriegsschiff von unerreichter Schönheit, aber keiner historischen Auffälligkeit. Dieser Mensch verdient den größten Respekt für die Sichtbarmachung franz. Schiffbaukunst.


Da kniee ich handwerklich ab.....

KuK

Heifüsch
29.04.2013, 13:34
Moin, Sir!...
KuK

http://www.wettringer-modellbauforum.de/forum/index.php?page=Attachment&attachmentID=106417

Hier ne Bugansicht. Eine präzise Arbeit nach den ebenso präzisen Plänen Jean Boudriots, der sich darauf spezialisiert hat, dem Modellbauer gut recherchierte originale Museumsmodelle für den Nachbau aufzubereiten. Das ist hier allerdings ein reines Architekturmodell, das nicht die Absicht hat, den Charme einer hölzernen Korvette wiederzugeben, sondern "nur" die Art ihrer Konstruktion demonstriert. Auf Materialtreue wurde hier nicht geachtet, denn die aus Messing gedrehten Drehbassen bestanden in Wirklichkeit aus geschwärztem Eisen. Die Dübelung der Planken sticht bei Originalschiffen nicht so hervor und zudem ist das Holz der Decksplanken hier viel zu hell und zu beige gewählt. (Eiche verwittert oberflächlich sehr schnell und nimmt schon auf der Helling einen hellen Grauton an.) Und das, was die äußere Optik einer Korvette dieser Zeit erst so richtig ausmacht, wurde hier auch unterschlagen: Der schwarze Rumpf mit den typisch weißen Geschützpfortenstreifen und schwarzen Pfortendeckeln, sowie rot gefasste Lafetten usw.. Diese weitverbreitete Manie der unbehandelten Holzsichtigkeit macht solche Modelle in meinen Augen wenig überzeugend, zumal dann, wenn sie auch noch aufgetakelt und mit Segeln versehen werden :-(

Heifüsch
30.04.2013, 11:40
Zurück ins ausgehende 15. Jahrhundert:


http://www.youtube.com/watch?v=Z_KZyweVETQ

KuK
30.04.2013, 11:42
Moin, Heifüsch!

Der Modellbauer ist noch dran. Das Modell ist noch nicht fertiggestellt. Die Farbgebung kann ja noch kommen und wird sie wohl auch. Trotzdem von der Detailtreue kaum überbietbar.

Man muß auch mal loben könnenn...

Mit Ahoi,

KuK

Heifüsch
30.04.2013, 11:47
Moin, Heifüsch!

Der Modellbauer ist noch dran. Das Modell ist noch nicht fertiggestellt. Die Farbgebung kann ja noch kommen und wird sie wohl auch. Trotzdem von der Detailtreue kaum überbietbar.

Man muß auch mal loben könnenn...

Mit Ahoi,

KuK

Auch ich bin doch des Lobes voll! Denn das Modell ist einfach toll :-)

Aber warten wir´s mal ab. Der Bau ist schon so weit fortgeschritten, daß bereits einiges bemalt sein müsste...

KuK
30.04.2013, 12:52
Auch ich bin doch des Lobes voll! Denn das Modell ist einfach toll :-)

Aber warten wir´s mal ab. Der Bau ist schon so weit fortgeschritten, daß bereits einiges bemalt sein müsste...

Zu Deinen Anmerkungen bezüglich der Holzfarbe: es gibt im Modellbau eine Menge Sachen, die nicht funzen: Du kannst kein Eichenholz für Schiffsplanken und Deck nehmen, weil es zu großporig ist. So muß der Modellbauer auf andere Hölzer ausweichen wie Birne, Ulme, Rüster, Balsa usw. .... und farblich ein Modellschiff naturgetreu hinzutrimmen, bedarf zusätzlichen Aufwandes, der erheblich ist.

Frage: was sollte der Videobeitrag über die "Santa Maria" uns zu verstehen geben, außer daß die Geschichtsfälscher wieder am Werk waren?

Ahoi,

KuK

Cetric
30.04.2013, 12:58
Auf Wunsch von Heifüsch ein weiterer Griff in Carl Busley's Giftschrank; die 'Hansa-Kogge' des 14.-16.Jahrhunderts.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Busley_Hansa_Kogge_1.jpg
Busley schreibt (meine Zusammenfassung):

Die ältesten Koggen waren noch wie die 'alten Normannenschiffe', aus denen sie entstanden sind, einmastige Fahrzeuge. Nun kam ein geneigter Fockmast und noch später ein dritter hinterer Mast (also Besan) hinzu. Äußerlich sind sie gut zu sehen auf einem Bild in der Marienkirche in Lübeck von 1489.
Ihre Verdrängung stieg im Lauf der Zeit von etwa 100 to auf 300 to, maximal 500 to am Ende ihrer Entwicklungszeit. Dementsprechend stieg die Länge von 60 auf 120 Lübecker Fuß. Das hier gezeigte Modell soll den Stand Anfang des 16. Jahrhunderts abbilden, mit einer Länge über alles von 28,8m (Wasserlinie 24m), Breite in der Wasserlinie 8m und Tiefgang 2,8m, Verdrängung 270 to.
Koggen wurden auf Kiel und Steven gebaut und karweel geplankt. Die Spanten waren mit den Deckbalken durch Kniee verbunden sowie mit Kielschweinen und Leibhölzern zwecks Erhöhung der Längsfestigkeit versehen. Der Vorsteven fällt etwas aus und trägt ein kurzes Bugspriet ohne Segel. Auch das Hinterkastell ragt etwas über den Schiffskörper hinaus. Die größeren Koggen besaßen drei Masten, die durch Wanten abgesteift wurden, diejenigen des Hauptmastes durch die Jungfern an den Rüsten außerbords befestigt, bei Fockmast und hinterem Mast in Augbolzen eingehängt, die an den Schanzkleidstützen befestigt wurden. Die Rahen waren durch Racks an den Masten festgehalten. Vorn und mitte wurden Rahsegel verwendet, hinten ein Lateiner- oder Rutensegel. Rahsegel hatten außder dem Fall an laufendem Gut Toppnanten, Brassen und Schoten, das Rutensegel außer dem Fall nur Hals und Schot.
Die Koggen besaßen zwei Buganker, deren Taue durch Ankerklüsen zu einer auf Deck stehenden Querbeeting führten, was sie zu den ersten bekannten Wasserfahrzeugen mit Klüsen überhaupt macht. Hinter dem Großmast befand sich eine Hand-Lenzpumpe. Eine Treppe führte von Deck auf das Kampagnedeck und andere von dort durch Luken nach unten zu den Kammern des Führungspersonals. Am hinteren Ende der Kampagne (wohl über dem herausragenden Ende des Schiffsaufbaus zwecks Ableitung) war an einer Bordwand eine Tonne mit einer Öffnung im Boden befestigt als Abort für die Offiziere.
Die Bewaffnung mit Geschützen beginnt erst Anfang des 15. Jhd., vorher führten Orlogskoggen (Kriegsschiffe) auf der Decksmitte zwei eigenartige Kriegsmaschinen, Blide und 'treibendes Werk' (Katapult und Pfeilwindengeschütz nach Art des römischen Skorpions). Armbrustschützen wurden später durch Arkebusiere ersetzt. Auf dem Schanzkleid der Kastelle konnten noch kleinkalibrige Geschütze; Drehbassen und Wallbüchsen, positioniert werden.
Besatzung wird mit 140 Mann angegeben, davon nur 20 eigentliche Seeleute. Mit Geschützausstattung und wachsender Größe entsprechend mehr.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Busley_Hansa_Kogge_2.jpg
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Busley_Hansa_Kogge_3.jpg

Heifüsch
30.04.2013, 14:15
Zu Deinen Anmerkungen bezüglich der Holzfarbe: es gibt im Modellbau eine Menge Sachen, die nicht funzen: Du kannst kein Eichenholz für Schiffsplanken und Deck nehmen, weil es zu großporig ist. So muß der Modellbauer auf andere Hölzer ausweichen wie Birne, Ulme, Rüster, Balsa usw. .... und farblich ein Modellschiff naturgetreu hinzutrimmen, bedarf zusätzlichen Aufwandes, der erheblich ist.

Frage: was sollte der Videobeitrag über die "Santa Maria" uns zu verstehen geben, außer daß die Geschichtsfälscher wieder am Werk waren?

Ahoi,

KuK

Beim Modellbau sollte man meiner Meinung nach unterscheiden, ob man die maßstabsgetreue Illusion eines Schiffes zaubern will oder aber ein sogenanntes Architekturmodell erstellen möchte, dessen äußere Erscheinung angemessenerweise sachlich neutral zu wirken hat. In etwa so wie das bei Architekturmodellen von Häusern der Fall ist, die ja auch nicht täuschend echt bemalt und möglicherweise noch in einem verwitterten Zustand gezeigt werden.
Am überzeugendsten ist diese zurückgenommene puristische Bauweise noch bei Teilmodellen, wie etwa einem Hauptspantquerschnitt oder einem Spantmodell nach Art der Navy Board Models. Bei Konstruktionsmodellen aller Art eben, die primär die Arbeit der Schiffszimmerleute vermitteln sollen bzw. einen möglichen Auftraggeber animieren sollen, sich das Ding im Original bauen zu lassen. Wieder ne Parallele zum Gebäudearchitekten also.
Möchte man aber ein dreidimensionales "Gemälde" erschaffen, sollte man wie gesagt auch berücksichtigen, daß die Farbgebung nicht unerheblich zum Charakter eines Schiffes gehört. In unserem Fall eben die fehlenden weißen Stückpfortenbänder auf schwarzem Rumpf, mit denen man ein Kriegsschiff dieser Zeit unbedingt assoziiert. Welcher Marinemaler würde sich das denn verkneifen, nur um die schöne Farbe des Eichenholzes wirken zu lassen? :-)

Hölzer sollten natürlich maßstabsgetreu sein. Ich habe allerdings ein Hauptspantsegment in Arbeit, dessen ungewöhnlicher Maßstab 1:11 feingemaserte Eiche durchaus zulässt. Ich habe dafür irreparable Möbelfragmente aus dem 18. und 19. Jahrhundert verwendet. Diese Eiche ist wunderschön gedunkelt und die Bearbeitungsspuren lassen sich mit Essigessenz bequem nachfärben, von Graubraun bis Tiefschwarz. Bei neuem Holz funktioniert das allerdings nicht.

http://files.homepagemodules.de/b45070/f15t244p1445n2.jpg

Die Santa Maria bzw. La Galega sollte nur ein unterhaltsamer Pausenfüller sein und wieder ins 15. Jhdt. zurückführen. Kein Grund zur Beunruhigung... >%.)

Heifüsch
30.04.2013, 14:57
Auf Wunsch von Heifüsch ein weiterer Griff in Carl Busley's Giftschrank; die 'Hansa-Kogge' des 14.-16.Jahrhunderts.
http://www.imgbox.de/users/Cetric/HPF_Forumsbilder/Busley_Hansa_Kogge_1.jpg
Busley schreibt (meine Zusammenfassung):

Die ältesten Koggen waren noch wie die 'alten Normannenschiffe', aus denen sie entstanden sind, einmastige Fahrzeuge. Nun kam ein geneigter Fockmast und noch später ein dritter hinterer Mast (also Besan) hinzu. Äußerlich sind sie gut zu sehen auf einem Bild in der Marienkirche in Lübeck von 1489.
Ihre Verdrängung stieg im Lauf der Zeit von etwa 100 to auf 300 to, maximal 500 to am Ende ihrer Entwicklungszeit. Dementsprechend stieg die Länge von 60 auf 120 Lübecker Fuß. Das hier gezeigte Modell soll den Stand Anfang des 16. Jahrhunderts abbilden, mit einer Länge über alles von 28,8m (Wasserlinie 24m), Breite in der Wasserlinie 8m und Tiefgang 2,8m, Verdrängung 270 to.
Koggen wurden auf Kiel und Steven gebaut und karweel geplankt. Die Spanten waren mit den Deckbalken durch Kniee verbunden sowie mit Kielschweinen und Leibhölzern zwecks Erhöhung der Längsfestigkeit versehen. Der Vorsteven fällt etwas aus und trägt ein kurzes Bugspriet ohne Segel. Auch das Hinterkastell ragt etwas über den Schiffskörper hinaus. Die größeren Koggen besaßen drei Masten, die durch Wanten abgesteift wurden, diejenigen des Hauptmastes durch die Jungfern an den Rüsten außerbords befestigt, bei Fockmast und hinterem Mast in Augbolzen eingehängt, die an den Schanzkleidstützen befestigt wurden. Die Rahen waren durch Racks an den Masten festgehalten. Vorn und mitte wurden Rahsegel verwendet, hinten ein Lateiner- oder Rutensegel. Rahsegel hatten außder dem Fall an laufendem Gut Toppnanten, Brassen und Schoten, das Rutensegel außer dem Fall nur Hals und Schot.
Die Koggen besaßen zwei Buganker, deren Taue durch Ankerklüsen zu einer auf Deck stehenden Querbeeting führten, was sie zu den ersten bekannten Wasserfahrzeugen mit Klüsen überhaupt macht. Hinter dem Großmast befand sich eine Hand-Lenzpumpe. Eine Treppe führte von Deck auf das Kampagnedeck und andere von dort durch Luken nach unten zu den Kammern des Führungspersonals. Am hinteren Ende der Kampagne (wohl über dem herausragenden Ende des Schiffsaufbaus zwecks Ableitung) war an einer Bordwand eine Tonne mit einer Öffnung im Boden befestigt als Abort für die Offiziere.
Die Bewaffnung mit Geschützen beginnt erst Anfang des 15. Jhd., vorher führten Orlogskoggen (Kriegsschiffe) auf der Decksmitte zwei eigenartige Kriegsmaschinen, Blide und 'treibendes Werk' (Katapult und Pfeilwindengeschütz nach Art des römischen Skorpions). Armbrustschützen wurden später durch Arkebusiere ersetzt. Auf dem Schanzkleid der Kastelle konnten noch kleinkalibrige Geschütze; Drehbassen und Wallbüchsen, positioniert werden.
Besatzung wird mit 140 Mann angegeben, davon nur 20 eigentliche Seeleute. Mit Geschützausstattung und wachsender Größe entsprechend mehr.
Danke für die Mühe! Daß es sich mitnichten um eine Kogge handelt, hatten wir ja schon angesprochen :-)

Hier das Vorbild dieser "Kogge", ein hansischer Holk, gemalt 1489. Am Heck sieht man eindeutig die nach oben in den Steven verlaufenden Planken. Wir haben es hier also mit einem zeitüblichen Rundheck zu tun. Karls und Busleys Modell zeigt allerdings ein Spiegelheck, wie es frühestens bei der Mary Rose nachgewiesen ist, zumindest bei nordeuropäischen Schiffen. Anfang des 16. Jahrhunderts sahen die Schiffe allerdings schon wieder etwas anders aus als 1489, weshalb ich leider schon wieder meckern muß &-(

Ansonsten sind weder Holks noch Koggen aus Normannenschiffen entstanden, wie Busley fabuliert. Das war aber auch schon zu seiner Zeit bekannt. Und den "geneigten Fockmast" wird der geneigte Leser auch nirgendwo anders entdecken können als auf dem genannten "Normannen-Kreuzfahrerschiff" und seinen mediterranen Vorbildern. Wenn schon, dann zeigt sich auf untenstehendem Epitaph der Großmast unfreiwillig geneigt :-) Über der Bruchstelle erkennt man übrigens ein Schiffsheck mit der damals gängigen runden Heckform...


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/76/Bergenfahreraltar.jpg

Das hier braucht man wohl nicht weiter zu erklären:

http://www.travequeen.de/gfx/lisa_von_luebeck.jpg

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRYkbPT_grLcok5DpqHCKzpEHzCgbC36 KB1UnIYlaQfjgfVAS-TmQ

Besonders skurril ist hier das anachronistische platte Heck, das zusätzlich noch vom Kastellaufbau seitlich überragt wird. Vollkommen absurd so was, darauf sind noch nicht einmal Paul Carl und Carl Busley gekommen %-(

Zum Schluß noch eine gelungene Umsetzung der obigen Bildvorlage, in den 50er Jahren erarbeitet von dem Berliner Schiffahrtshistoriker Heinrich Winter:

http://www.modelships.de/Verkaufte_Schiffe/Hanse_Schiff_1/f1.jpg

Allerdings wieder ein kommerziell gefertigtes Schiffchen mit der üblichen Blässe des Holzes :-(

Cetric
30.04.2013, 17:52
Bei dir zuhause sieht's ja aus wie auf einer Schiffswerft! :appl: Ich glaub du bist auch im falschen Jahrhundert gelandet...

Heifüsch
30.04.2013, 18:24
Bei dir zuhause sieht's ja aus wie auf einer Schiffswerft! :appl: Ich glaub du bist auch im falschen Jahrhundert gelandet...

Das ist in meiner Werkstatt. Bei mir zuhause sieht´s aus wie in einen Schiffsmuseum :-)

KuK
30.04.2013, 18:27
Das ist in meiner Werkstatt. Bei mir zuhause sieht´s aus wie in einen Schiffsmuseum :-)

Dann warst Du bestimmt auch schon in Bremerhaven. Ein paar Exponate dort stammen aus meiner damaligen Werkstatt: Stichwort Leinengewehre, die man dort von uns ankaufte und die ich vorher restauriert hatte,

erinnert sich gern,

KuK

Heifüsch
30.04.2013, 18:32
Dann warst Du bestimmt auch schon in Bremerhaven. Ein paar Exponate dort stammen aus meiner damaligen Werkstatt: Stichwort Leinengewehre, die man dort von uns ankaufte und die ich vorher restauriert hatte,

erinnert sich gern,

KuK

Äh, ...Leinengewehre..*grübel...!*....%-( Aahhh! Seenotrettungsausrüstung! Cool! Wie funktioniert sowas? Woran ist die Leine denn befestigt, an nem Pfeil oder so?

KuK
30.04.2013, 19:32
Äh, ...Leinengewehre..*grübel...!*....%-( Aahhh! Seenotrettungsausrüstung! Cool! Wie funktioniert sowas? Woran ist die Leine denn befestigt, an nem Pfeil oder so?

Das von mir zur "Sail 1986" restaurierte Leinengewehr war ein massiv geschmiedeter 8-Kant-Lauf mit Beschußamtszeichen Weipert (Böhmen) und einem Kaliber von 38mm mit einer einfachen Perkussionszündung ("große" Flügel-Zündhütchen) Auf der Beschußmarke war auch die Pulvermenge vermerkt: 1/2 pr. (preußisch) Lt. (Loth), etwa 7-8 gr., einer wirklich kräftigen Ladung. Damit ließ sich die Herstellung auf vor 1856 festlegen, nach denen andere Lotgewichte amtlich wurden.

Damit wurde ein hölzernes Geschoß mit einer starken Eisenkappe auf oder über das havarierte Objekt geschossen, woran eine "Sorgleine" befestigt war. Mit dieser wurde dann die Bergeleine rübergezogen.

Das Geschoß war nur unten Kaliber-groß und -lang, verkleinerte sich dann im Durchmesser auf etwa 20mm und danach spindelförmig nach vorn dicker werdend (Pfeileffekt) und besaß 3 Durchbohrungen, durch die die Sorgleine geknotet werden mußte, die dann seitlich an der Mündung des nur 430mm langen Rohres herausragte. Die zugehörige Sorgleine war in einem extra dafür angefertigten "Leinenkasten" richtig "aufgeschossen", d.h. in einem speziellen Kreuzmuster so eingelegt, daß sie rapide und gleichmäßig dem Geschoß folgen konnte.

Die Reichweite mit Leine war etwa 150 m (erprobt auf der Erprobungsstelle für Handfeuerwaffen der Bundeswehr in Meppen). Beim ersten Abschuß habe ich mir fast das Schlüsselbein gebrochen, solchen Rückstoß hat das Gerät---, danach haben wir nur noch "eingespannt" geschossen.

Ein tolles Erlebnis mit einer 7,5 kg schweren Waffe...

Mit Ahoi,

KuK

Heifüsch
30.04.2013, 19:43
...Die Reichweite mit Leine war etwa 150 m (erprobt auf der Erprobungsstelle für Handfeuerwaffen der Bundeswehr in Meppen). Beim ersten Abschuß habe ich mir fast das Schlüsselbein gebrochen, solchen Rückstoß hat das Gerät---, danach haben wir nur noch "eingespannt" geschossen.

Ein tolles Erlebnis mit einer 7,5 kg schweren Waffe...

Mit Ahoi, KuK
Kann ich mir gut vorstellen, daß der Rückstoß einen fast umhaut bei der Masse, die das Projektil haben muß :-) Ich kenne ja nur das MG3 vonner Bundeswehr, vielleicht ist das ja so ähnlich...
Die Leine wird diesen Bolzen leicht nach unten abgelenkt haben, aber das lässt sich wahrscheinlich gut einschätzen. Jedenfalls isses ne geniale Erfindung, die sich die Walfänger dann wohl abgekuckt haben - oder andersrum...

KuK
30.04.2013, 19:47
Da werden wohl die Walfänger Pate gestanden haben....

OneDownOne2Go
30.04.2013, 20:00
Kann ich mir gut vorstellen, daß der Rückstoß einen fast umhaut bei der Masse, die das Projektil haben muß :-) Ich kenne ja nur das MG3 vonner Bundeswehr, vielleicht ist das ja so ähnlich...
Die Leine wird diesen Bolzen leicht nach unten abgelenkt haben, aber das lässt sich wahrscheinlich gut einschätzen. Jedenfalls isses ne geniale Erfindung, die sich die Walfänger dann wohl abgekuckt haben - oder andersrum...

Ich glaube, das G3 liefert da keinen hinreichenden Vergleich, absolut nicht. Ich hab mal die .700 Nitro Express eines Bekannten "probegeschossen", brutaler Rückstoß, und das Eigengewicht der Waffe (deren Massenträgheit dem Rückstoß entgegen wirkt) lag bei etwa 11 Kilo, also deutlich über den 7 1/5 des Leinengewehrs.

Da walten Kräfte, die man sich nicht ehrlich vorstellen kann, wenn man sie noch nicht erlebt hat...

Heifüsch
30.04.2013, 20:12
Ich glaube, das G3 liefert da keinen hinreichenden Vergleich, absolut nicht. Ich hab mal die .700 Nitro Express eines Bekannten "probegeschossen", brutaler Rückstoß, und das Eigengewicht der Waffe (deren Massenträgheit dem Rückstoß entgegen wirkt) lag bei etwa 11 Kilo, also deutlich über den 7 1/5 des Leinengewehrs.

Da walten Kräfte, die man sich nicht ehrlich vorstellen kann, wenn man sie noch nicht erlebt hat...

Immerhin explodiert einem da etwas in der Hand, daran muß man sich erst mal gewöhnen :-) Woran man sich auch gewöhnen muß ist der Knall. Ich meine jetzt keine Handfeuerwaffen, sondern ne veritable Schiffskanone, so nen 18- oder 24-Pfünder. In Lelystad (Batavia-Werft) werden die an Bord der Batavia ab und zu (ohne Kugel) abgefeuert und wenn man nur diese typischen Filmszenen mit gemütlichem Smalltalk mitten im Kanonendonner kennt, dann ist man doch etwas überrascht, daß ein solcher Schuß genügt, um einen für ne Stunde taub zu machen. Vom Schlag gegen die Brust mal ganz abgesehen %.( Die müssen sich damals wirklich Wachs in die Ohren gestopft und sich mit Handzeichen verständigt haben.

KuK
30.04.2013, 20:21
Kann ich mir gut vorstellen, daß der Rückstoß einen fast umhaut bei der Masse, die das Projektil haben muß :-) Ich kenne ja nur das MG3 vonner Bundeswehr, vielleicht ist das ja so ähnlich...
Die Leine wird diesen Bolzen leicht nach unten abgelenkt haben, aber das lässt sich wahrscheinlich gut einschätzen. Jedenfalls isses ne geniale Erfindung, die sich die Walfänger dann wohl abgekuckt haben - oder andersrum...

Anders rum ist glaubwürdiger: da werden wohl die Walfänger Pate gestanden haben.
Beim G3 haben wir 10gr.-Geschosse, V° = 750 m/sec und Waffengewicht 4 kg. E° ist 2800 Joule
Das ergibt einen Rückstoß der Waffe von 10gr./4000 gr. = 7 Joule

Das Leinen-Monster hat 380 gr- Geschoßgewicht, gemessene V° = 60m/sec und damit eine E° von 684 Joule aber:
380gr/7800gr Waffengewicht machen "gesunde" 33,3 Joule (ein Volltreffer von Cassius Clay machte etwa solchen "Einschlag")

Jetzt verstehst Du mich besser,

Gruß

KuK

Heifüsch
30.04.2013, 20:39
Anders rum ist glaubwürdiger: da werden wohl die Walfänger Pate gestanden haben.
Beim G3 haben wir 10gr.-Geschosse, V° = 750 m/sec und Waffengewicht 4 kg. E° ist 2800 Joule
Das ergibt einen Rückstoß der Waffe von 10gr./4000 gr. = 7 Joule

Das Leinen-Monster hat 380 gr- Geschoßgewicht, gemessene V° = 60m/sec und damit eine E° von 684 Joule aber:
380gr/7800gr Waffengewicht machen "gesunde" 33,3 Joule (ein Volltreffer von Cassius Clay machte etwa solchen "Einschlag")

Jetzt verstehst Du mich besser,

Gruß

KuK
Okay, so´n Schlüsselbein ist da schnell durch. Aber mit so nem Ding zielt man ja wohl nicht über Kimme&Korn. Das kann man doch einfach mit dem Kolben in den Sand setzen und dann grob über die Takelage zielen. Runter kommt die Leine wohl immer :-)

OneDownOne2Go
30.04.2013, 20:40
Immerhin explodiert einem da etwas in der Hand, daran muß man sich erst mal gewöhnen :-) Woran man sich auch gewöhnen muß ist der Knall. Ich meine jetzt keine Handfeuerwaffen, sondern ne veritable Schiffskanone, so nen 18- oder 24-Pfünder. In Lelystad (Batavia-Werft) werden die an Bord der Batavia ab und zu (ohne Kugel) abgefeuert und wenn man nur diese typischen Filmszenen mit gemütlichem Smalltalk mitten im Kanonendonner kennt, dann ist man doch etwas überrascht, daß ein solcher Schuß genügt, um einen für ne Stunde taub zu machen. Vom Schlag gegen die Brust mal ganz abgesehen %.( Die müssen sich damals wirklich Wachs in die Ohren gestopft und sich mit Handzeichen verständigt haben.

Schiffgeschütze habe ich noch nicht mit eigenen Ohren gehört, dafür aber 20- und 30pfünder Parrott-Kanonen etwa aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs. Wenn ich mit vorstelle, es würde eine Breitseite aus 48 oder mehr Rohren dieser Art gefeuert... oh je! Das kann wirklich nur mit Wachs in den Ohren zu ertragen gewesen sein, zumal, wenn dieser infernalische Lärm noch in ein hölzernes Batteriedeck eingesperrt war.

Heifüsch
30.04.2013, 20:46
Schiffgeschütze habe ich noch nicht mit eigenen Ohren gehört, dafür aber 20- und 30pfünder Parrott-Kanonen etwa aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs. Wenn ich mit vorstelle, es würde eine Breitseite aus 48 oder mehr Rohren dieser Art gefeuert... oh je! Das kann wirklich nur mit Wachs in den Ohren zu ertragen gewesen sein, zumal, wenn dieser infernalische Lärm noch in ein hölzernes Batteriedeck eingesperrt war.

Und dazu noch der ganze Pulverqualm! Man konnte ja nicht mal ordentlich lüften und hatte nur die Gätings und die engen Stückpforten als Rauchabzug. Die müssen manchmal wirklich blind agiert haben, und wie gesagt auch taub. Das Dumme am Seekrieg war wohl auch, daß man keine Chance hatte zu Desertieren. Nix für mich also. Ich wäre damals Schiffbauer geworden aber kein Seemann. Niemals! >:-(

KuK
30.04.2013, 20:48
bevor das hier off-topic wird, laß uns warten, bis wir zu der passenden Zeit kommen: da habe ich dann die passenden Infos dazu...

OneDownOne2Go
30.04.2013, 20:50
Und dazu noch der ganze Pulverqualm! Man konnte ja nicht mal ordentlich lüften und hatte nur die Gätings und die engen Stückpforten als Rauchabzug. Die müssen manchmal wirklich blind agiert haben, und wie gesagt auch taub. Das Dumme am Seekrieg war wohl auch, daß man keine Chance hatte zu Desertieren. Nix für mich also. Ich wäre damals Schiffbauer geworden aber kein Seemann. Niemals! >:-(

Falls dich eine zufällig deinen Weg kreuzende Press-Gang denn nach deinen Wünschen gefragt hätte natürlich nur ;)

Heifüsch
30.04.2013, 21:20
Falls dich eine zufällig deinen Weg kreuzende Press-Gang denn nach deinen Wünschen gefragt hätte natürlich nur ;)

Bin ja zum Glück kein Brite :-) Bei uns gab´s sowas nicht, eher schon in Holland, aber ohne Gewalt. Im 17. Jhdt wurden dort viele Deutsche für die VOC angeworben, mit wilden Versprechungen und einem fetten Handgeld, das dann mit den Werbern zusammen gleich versoffen wurde. Und schon hatten sie einen in der Hand &-(

Cetric
30.04.2013, 21:45
Da werden wohl die Walfänger Pate gestanden haben....

Ja, mein erster Gedanke war auch der an eine Art Harpune mit Treibladung.

Cetric
30.04.2013, 21:46
Bin ja zum Glück kein Brite :-) Bei uns gab´s sowas nicht, eher schon in Holland, aber ohne Gewalt. Im 17. Jhdt wurden dort viele Deutsche für die VOC angeworben, mit wilden Versprechungen und einem fetten Handgeld, das dann mit den Werbern zusammen gleich versoffen wurde. Und schon hatten sie einen in der Hand &-(

Die frz. Fremdenlegion praktizierte diese Methode noch Mitte des 20. Jahrhunderts mit Deutschen. Kannte mal jemanden, der auf diese Art zu seinem Auslandserlebnis kam.

Heifüsch
30.04.2013, 22:34
So, jetzt sind se alle am Fernsehen, da mach ich mal weiter mit die ollen Karracken...

Erst mal dozieren... äh, Karracken, das sind so ne Art schwimmende Festungen. Bug- und Heckkastell haben sich mit der Entwicklung der Schiffsartillerie zu Beginn des 16. Jahrhunderts zu ansehnlichen mehrstöckigen Festungsanlagen entwickelt, von denen aus der Feind in allen Richtungen mit einem Kugelhagel eingedeckt werden konnte. Im Jahrhundert davor scheinen Schiffsgeschütze noch keine derart wichtige Rolle gespielt zu haben, denn das erste Seetreffen, das hauptsächlich durch den Einsatz von Geschützen ausgetragen wurde fand erst 1499 statt. Die Seeschlacht von Zonchio, einem frühen Vorgänger der berühmten Seeschlacht von Lepanto, in welcher der vordringende Islam erfolgreich in seine Schranken verwiesen werden konnte :-)

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8e/Battle_of_Zonchio_1499.jpg

Interessante Karracken haben vor allem die Engländer und Portugiesen zu bieten. Aber auch Lübeck war berühmt für seine Schiffbaukunst. Für den "Schwan von Lübeck" (Lybska Svan) etwa, der 1525 in schwedischen Diensten vor der Insel Gotland sank. Oder den "Jesus von Lübeck" (Jesus of Lubeke), der für die englische Flotte angekauft wurde und später den bekannten Freibeutern John Hawkins und Francis Drake für den Sklavenhandel nach Amerika überlassen wurde. (Für das Berliner DTM wird gerade ein Modell dieses Schiffes erstellt.) Hier die zeitgenössische Zeichnung eines Artillerieoffiziers:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/2a/AnthonyRoll-6_Jesus_of_L%C3%BCbeck.jpg/800px-AnthonyRoll-6_Jesus_of_L%C3%BCbeck.jpg

Modell des "Jesus":

https://www.bankenbrueder.de/system/html/Jesus_von_Luebeck-824715cf.jpeg

Zum Glück ist ein Originalschiff dieser Zeit einigermaßen gut erhalten. Die bereits angesprochene Mary Rose (1515 - 1545). Hier einmal ein Bild des Originals, wie es derzeit noch in Portsmouth konserviert wird:

http://www.maryrose.org/wp-content/uploads/2013/01/mary-rose-ship.jpg

Heifüsch
30.04.2013, 22:38
Die frz. Fremdenlegion praktizierte diese Methode noch Mitte des 20. Jahrhunderts mit Deutschen. Kannte mal jemanden, der auf diese Art zu seinem Auslandserlebnis kam.

Die Typen sind meist ziemlich gestört, zumindest die, die ich kennengelernt habe. Algerienkämpfer und so, einigermaßen unerfreulich das alles :-(

KuK
30.04.2013, 23:49
Moin, Heifüsch" !

Karacken waren meiner Meinung nach weit entfernt, artilleristische Großleistungen zu erbringen. Die ungenaue Verteilung von wenigen Geschützen auf allen Decks waren nicht dazu angetan, Feuerzusammenfassungen zu schießen, weil auch die Anordnung dazu nicht gegeben war. Rundum-Verteidigung war wegenmangelnder Taktik und Strategie noch nicht in den Schiffbau eingeflossen.

Kanonentechnisch war um 1500 bei etwa 300 m "Feierabend", was die Maximal-Treff-Weite anbetraf.

Die aus Österreich importierte Bronze-Gußtechnik (separater Strang andenkbar) eröffnete den Engländern neue Reichweiten von bis zu 800 m (!).

Dazu ist eine komplette Historie verfügbar. Die ersten englischen Guss-Eisen-Kanonen flogen den englischen Gußmeistern zumiest "um die Ohren".

Bronze-Guß (improved bell-stuff) war bis 1750 allem engl. Stahlguß weit überlegen. Die "Armada-Invasion" (1588) und deren Abwehr war ein klassisches Beispiel für den erstmaligen Einsatz weitreichender Geschütze gegen decksmäßig anwesende Angreifer. Auch wurden erstmalig durch die englisch-tirolerisch gegossenen Geschütze spanische Rümpfe im großen Maßstab durchschlagen. Wenn die Engländer bereitsgewußt hätten, was ihre Geschosse in den Zwischendecks anrichten ('tweendecks), hätten sie noch rigoroser angegriffen.

Zeitgleich fiel auch die Einführung "gekörnten Pulvers", ebenfalls aus Deutschland (Nürnberg) und Tirol, die erstmalig Kartusch-Munition ermöglichte...

Besten Gruß,

KuK

Rolf1973
30.04.2013, 23:53
http://www.youtube.com/watch?v=W3-DqKBG9dU

http://www.youtube.com/watch?v=8UgVaqkJgRc

Will ich mal nicht weiter kommentieren.

Heifüsch
01.05.2013, 00:57
Moin, Heifüsch" !

Karacken waren meiner Meinung nach weit entfernt, artilleristische Großleistungen zu erbringen. Die ungenaue Verteilung von wenigen Geschützen auf allen Decks waren nicht dazu angetan, Feuerzusammenfassungen zu schießen, weil auch die Anordnung dazu nicht gegeben war. Rundum-Verteidigung war wegenmangelnder Taktik und Strategie noch nicht in den Schiffbau eingeflossen.

Kanonentechnisch war um 1500 bei etwa 300 m "Feierabend", was die Maximal-Treff-Weite anbetraf.

Die aus Österreich importierte Bronze-Gußtechnik (separater Strang andenkbar) eröffnete den Engländern neue Reichweiten von bis zu 800 m (!).

Dazu ist eine komplette Historie verfügbar. Die ersten englischen Guss-Eisen-Kanonen flogen den englischen Gußmeistern zumiest "um die Ohren".

Bronze-Guß (improved bell-stuff) war bis 1750 allem engl. Stahlguß weit überlegen. Die "Armada-Invasion" (1588) und deren Abwehr war ein klassisches Beispiel für den erstmaligen Einsatz weitreichender Geschütze gegen decksmäßig anwesende Angreifer. Auch wurden erstmalig durch die englisch-tirolerisch gegossenen Geschütze spanische Rümpfe im großen Maßstab durchschlagen. Wenn die Engländer bereitsgewußt hätten, was ihre Geschosse in den Zwischendecks anrichten ('tweendecks), hätten sie noch rigoroser angegriffen.

Zeitgleich fiel auch die Einführung "gekörnten Pulvers", ebenfalls aus Deutschland (Nürnberg) und Tirol, die erstmalig Kartusch-Munition ermöglichte...

Besten Gruß,

KuK

Moin KuK :-)

Ich dachte, gekörntes Pulver und Pulvermühlen hätte es schon immer gegeben, seit dieses Teufelszeug auf dem Markt war?

Aber um auf die Karracken zurückzukommen muß man solche Entwicklungen natürlich vor dem Hintergrund ihrer Zeit sehen. Man war weit davon entfernt, Seekriegstaktiken zu entwickeln, massives Breitseitenfeuer einzusetzen oder sonstwie zielgerichtete Entwicklungen in Richtung eines effektiveren Einsatzes der Bordartillerie einzuleiten. Man ist da wohl auch viel zu verwöhnt von späteren Selbstverständlichkeiten wie einem einheitlichen Kaliber fürs gesamte Batteriedeck oder auch was den militärischen Drill der Geschützmannschaften wie zu Armadazeiten betrifft. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war man eben noch nicht so weit und Seeschlachten waren ja auch noch nicht an der Tagesordnung wie zu den späteren Zeiten der Linienschiffe. Solange der Gegner sich auf ähnlichem Niveau bewegte, sah man wohl auch keinen Grund für innovative Maßnahmen. Eine "Rundumverteidigung" war allerdings gegeben, wenn man sich die Kastellbestückungen ansieht. Sowohl im Bugkastell wie auch im achterlichen Gegenstück waren Geschütze positioniert, die die Kuhl bestreichen oder aber schräg nach vorn und achteraus schiessen konnten. Und falls das Bugkastell geentert wurde, konnte dieses vom Halbdeck aus zusammengeschossen werden.

Solche Überlegungen betreffen aber nicht den Kern des Themas, nämlich die Schiffsarchitektur als solche. Festzuhalten ist eben, daß sich aus den schlichten Provisorien der frühen Nefs beeindruckende Wehranlagen entwickelt hatten, die sich noch bis zur Jahrhundertmitte weiter in die Höhe schrauben sollten, bis dann endlich ein Umdenken einsetzte, welches schließlich im 18. und 19. Jahrhundert bei der Glattdeckfregatte endete.

Kennste zufällig "Das siebte Siegel" von Mondfeld? Wegen deines Hinweises auf die österreichischen Geschützgiesser ...:-)

Alexandermerow
01.05.2013, 01:07
Wirklich einige geile Schiffe. Die wussten noch, wie man schöne Pötte baut :)