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Vollständige Version anzeigen : Er ist wieder da



Helgoland
10.02.2013, 07:18
Absolut empfehlenswert ist der Roman "Er ist wieder da" von Timur Vermes. Selten habe ich so gelacht! Die üblichen Verdächtigen geifern zwar schon wieder von "Verharmlosung der Bestie" und einer fast schon sympathisch erscheinenden Romanfigur, rücken den Autor unterschwellig schon in die "rechte" Ecke, aber wer an die Sache unverkrampft herangeht, kommt voll auf seine Kosten!

"So viel Hitler war lange nicht mehr. Im Weihnachtsgeschäft hat ein Buch überraschend Platz eins der Bestsellerlisten erobert, das mit nichts als einem schwarzen Seitenscheitel und dem charakteristischen, fast quadratischen Bärtchen auf weißem Titelbild unweigerlich alle Blicke auf sich zieht. Bei genauem Hinsehen zerfällt der Hitlerbart in die Worte "Er ist wieder da" - den Titel von Timur Vermes' Aufmerksamkeit erregendem Romandebüt. Vermes lässt Adolf Hitler im Jahr 2011 in einer Berliner Baulücke erwachen und auf ein verwirrend modernes, jedoch nachhaltig führerfasziniertes Deutschland treffen. Schon bald bietet sich dem gewesenen Diktator eine zweite Karriere im Rampenlicht: als Comedy-Star.

Unterbrochen von sehr langen, polternden inneren Monologen des Gröfaz entwickelt sich die Story der Satire recht absehbar. Hitler wird von einem Privatsender "entdeckt" und für einen begnadeten Parodisten gehalten, der nie aus der Rolle fällt. Erste Auftritte in der Show eines Comedians, der seit Jahren erfolgreich seine "Türkennummer" absolviert, machen Hitler bald zum Star, vor allem in "diesem Internetz" auf Youtube und Co. Die Bild-Zeitung hetzt zunächst gegen ihn, schwenkt dann aber auf Jubel um, und bald winkt sogar der Grimme-Preis für Adolf Hitler."

Für den Kindle als Download (14,99 €):

http://www.amazon.de/s/?ie=UTF8&keywords=er+ist+wieder+da&tag=googhydr08-21&index=aps&hvadid=16535777665&hvpos=1t1&hvexid=&hvnetw=g&hvrand=19971760921828041782&hvpone=&hvptwo=&hvqmt=e&ref=pd_sl_3b92d2cj86_e

feuermax2
10.02.2013, 07:31
Der Grimme-Preis "wimkt" sogar dem Dschungel-Camp!

Helgoland
10.02.2013, 08:44
Der Grimme-Preis "wimkt" sogar dem Dschungel-Camp!

Als gelungene Dokumentation einer kranken Gesellschaft hat es den auch verdient.

Shahirrim
10.02.2013, 08:45
ER ist wieder da, nicht er! :nana:

Helgoland
17.02.2013, 11:05
So geht es los:

Das Volk hat mich wohl am meisten überrascht. Nun habe ich ja wirklich das Menschenmögliche getan, um auf diesem vom Feinde entweihten Boden die Grundlagen für eine Fortexistenz zu zerstören. Brücken, Kraftwerke, Straßen, Bahnhöfe, ich habe die Zerstörung all dessen befohlen. Und inzwischen habe ich es auch nachgelesen, wann, das war im März, und ich denke, ich habe mich in dieser Beziehung ganz klar ausgedrückt. Alle Versorgungseinrichtungen sollten vernichtet werden, Wasserwerke, Telefonanlagen, Produktionsmittel, Fabriken, Werkstätten, Bauernhöfe, jegliche Sachwerte, alles, und damit meinte ich auch: alles! Da muss man sorgfältig vorgehen, da darf bei so einem Befehl kein Zweifel bestehen bleiben, das kennt man ja, dass dann vor Ort der einfache Soldat, dem verständlicherweise in seinem Frontabschnitt der Überblick, die Kenntnis der strategischen, taktischen Zusammenhänge fehlt, dass der dann kommt und sagt: »Ja, muss ich denn wirklich auch diesen, diesen, sagen wir einmal Kiosk hier anzünden? Kann der nicht dem Feind in die Hände fallen? Ist das denn so schlimm, wenn dem Feind der Kiosk in die Hände fällt? « Das ist natürlich schlimm! Der Feind liest ja auch eine Zeitung! Er treibt Handel damit, er wird den Kiosk gegen uns wenden, alles, was er vorfindet! Man muss alle, und ich unterstreiche es nochmals, alle Sachwerte zerstören, nicht nur Häuser, auch Türen. Und Türklinken. Und dann auch die Schrauben, und nicht nur die großen. Die Schrauben muss man herausdrehen und sie dann unbarmherzig verbiegen. Und die Tür muss man zermahlen, zu Sägemehl. Und dann verbrennen. Denn der Feind wird sonst unnachsichtig selber durch diese Tür ein und ausgehen, wie es ihm gerade beliebt. Aber mit einer kaputten Klinke und lauter verbogenen Schrauben und einem Haufen Asche, da wünsche ich dem Herrn Churchill viel Vergnügen! Jedenfalls sind diese Erfordernisse die brutale Konsequenz des Krieges, das ist mir immer klar gewesen, insofern konnte mein Befehl auch gar nicht anders gelautet haben, auch wenn der Hintergrund meines Befehles ein anderer war.

Jedenfalls ursprünglich.

Es war nicht mehr zu leugnen, dass sich das deutsche Volk zuletzt im epischen Ringen mit dem Engländer, mit dem Bolschewismus, mit dem Imperialismus als das unterlegene erwiesen hatte und damit seine Fortexistenz selbst auf dem primitivsten Stadium eines Jäger- und Sammlertums, ich sage es schlicht: verwirkt hatte. Von daher hat es auch jegliches Anrecht auf Wasserwerke, Brücken, Straßen verspielt. Und auch auf Türklinken. Deshalb gab ich den Befehl, und ein wenig auch der Vollständigkeit halber, denn natürlich habe ich damals auch gelegentlich ein paar Schritte vor und um die Reichskanzlei getan, und man muss es da unwiderruflich zur Kenntnis nehmen: Der Amerikaner, der Engländer, sie hatten uns mit ihren Fliegenden Festungen in Hinsicht auf meinen Befehl schon großflächig eine beträchtliche Menge Arbeit abgenommen. Ich habe die Umsetzung dieses Befehls in der Folgezeit natürlich nicht in allen Einzelheiten kontrolliert. Man kann sich vorstellen, ich hatte viel zu tun, die Niederringung des Amerikaners im Westen, die Abwehr des Russen im Osten, die städtebauliche Weiterentwicklung der Welthauptstadt Germania und so weiter, aber mit den übrigen Türklinken hätte die deutsche Wehrmacht meiner Einschätzung nach fertigwerden müssen. Und insofern hätte es dieses Volk eigentlich nicht mehr geben dürfen.

Es ist aber, wie ich jetzt feststelle, noch immer da.
Das ist mir einigermaßen unbegreiflich.
Andererseits: Ich bin ja auch da, und das verstehe ich genauso wenig.

Wie gesagt, unbedingt lesenswert. Vor allem, wenn der Fööhrer das Treiben in "seiner" ehemaligen Reichshauptstadt analysiert und glaubt, sich in einer Art weiterentwickeltem "Sodom und Gomorrha" zu befinden....

Helgoland
26.02.2013, 05:12
Worüber darf Deutschland lachen? Gestern bei Plasbergs "Hart aber fair"-Debatte war man hinterher genauso schlau wie vorher, weil die Macher es versäumt hatten, einen Abgesandten des Zentralrats einzuladen, der uns erklärt hätte, was in Deutschland statthaft ist. Nicht einmal Friedman oder Reich-Ranicki waren zugegen, was ich persönlich sehr bedauert habe!

Sudetendeutscher
26.02.2013, 05:30
Was mit Hitler zu tun hat, wird in der Regel ein Kassenschlager.
Es heißt, dass die Auflage des "Spiegel" jedes Mal enorm ansteigt, wenn mal wieder Onkel Dolf auf dem Cover ist.
Deshalb wird er in regelmäßigen Abständen ausgegraben, und aufs Cover gesetzt: Hitlers Helfer, Hitlers Bodyguards, Hitlers Gärtner, Hitlers Unterhosen usw.usw.
Hitler-Themen ziehen einfach.

Helgoland
26.02.2013, 06:29
Was mit Hitler zu tun hat, wird in der Regel ein Kassenschlager.
Es heißt, dass die Auflage des "Spiegel" jedes Mal enorm ansteigt, wenn mal wieder Onkel Dolf auf dem Cover ist.
Deshalb wird er in regelmäßigen Abständen ausgegraben, und aufs Cover gesetzt: Hitlers Helfer, Hitlers Bodyguards, Hitlers Gärtner, Hitlers Unterhosen usw.usw.
Hitler-Themen ziehen einfach.

Der Chefredakteur der "Titanic" hat das gestern, zwar satirisch aber sehr genau, auf den Punkt gebracht.