frodo
03.11.2012, 09:30
Khorchide Mouhanad ist ein außergewöhnlicher Mensch.
Österr. Staatsbürger, geboren in Beirut, in Saudi-Arabien zur Schule gegangen, Deutsch gelernt und zum Studium der Soziologie nach Österreich gekommen.
Mittels Fernstudium bildete er sich in islamischer Theologie.
Erstmals großes Aufsehen erregte er 2008 durch seine Dissertation:
„Der islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft: Einstellungen der islamischen ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen“.
Diese Studie basierend auf Befragungen der Hälfte der islamischen Religionslehrer, brachte bedenkliche Strömungen zu Tage.
Ergebnisse:
21,9 % der muslimischen Religionslehrer hält Demokratie und Islam für unvereinbar.
14 % lehnen die österreichische Verfassung ab,
13 % halten die Teilnahme an Wahlen mit dem Islam nicht vereinbar
28,4 % halten es für unvereinbar, gleichzeitig Muslim und Europäer zu sein.
18,2 % halten die Todesstrafe beim Abfall vom Islam für gerechtfertigt.
8,5 % haben Verständnis, wenn zur Verbreitung des Islam Gewalt angewandt wird.
32,7 % lehnen die rechtsstaatlichen Prinzipien ab
Die Politik war empört, die islamische Glaubensgemeinschaft fühlte sich verleumdet, aber Konsequenzen aus dieser Fehlentwicklung gab es nicht.
Khorchide hat im Zuge seiner Ernennung zum Professor für islamische Religionspädagogik der Universität Münster ein sehr interessantes Interview gegeben.
Khorchide: Mir geht es um eine moderne Religionspädagogik.
Mir schwebt ein Religionsunterricht vor, der von der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler ausgeht.
Ich will die Religion mit der Lebenswirklichkeit der Studenten und Schüler verbinden, anstatt ihnen nur religiöse Gesetze einzuimpfen.
Zugleich haben viele Kinder muslimischer Migranten das Problem, die Sprache ihrer Eltern – in den meisten Fällen also Türkisch oder Arabisch –
nicht hinreichend zu beherrschen. Ihre Sprachkenntnisse reichen nicht aus, um etwa der Predigt eines Imams in einer Moschee folgen zu können.
So bleiben viele Bedürfnisse offen.
Wie sehen Sie das Verhältnis von Islam und Moderne? Was sind für Sie die Prinzipien einer zeitgemäßen Deutung des Islam?
Khorchide: Der Koran gilt als Gottes Wort. Als Theologe beschäftigt mich die Frage, wie wir mit diesem Gotteswort umgehen.
Wie können wir es angemessen verstehen? Sollen wir den gesamten Koran wortwörtlich verstehen?
Sollen wir alles, was im 7. Jahrhundert offenbart wurde, auch die juristischen Einzelanweisungen, zum Beispiel im Strafrecht, heute eins zu eins übertragen?
Ich glaube nicht. Mir geht es um eine zeitgemäße Deutung des Islam.
Und die sollte danach fragen, welche Antworten in welchem gesellschaftlichen Kontext auf welche Fragen gegeben wurden.
Wir müssen verstehen, welche Anliegen die Menschen damals hatten – und welchen Sinn die damals gegebenen Antworten.
Auf Grundlage dieser Hermeneutik können wir uns dann fragen, welchen Sinn die heiligen Texte heute haben.
Als gläubiger Muslim und Theologe gehe ich davon aus,
dass der Koran das Gotteswort nicht nur für die Menschen des 7. Jahrhunderts,
sondern auch für uns heutige Menschen ist.
Um diese Frage aber zu beantworten, muss man den Koran in seinem historischen Kontext lesen.
Unterlässt man das, kann man ihn nicht angemessen begreifen.
Interview: Kersten Knipp
Österr. Staatsbürger, geboren in Beirut, in Saudi-Arabien zur Schule gegangen, Deutsch gelernt und zum Studium der Soziologie nach Österreich gekommen.
Mittels Fernstudium bildete er sich in islamischer Theologie.
Erstmals großes Aufsehen erregte er 2008 durch seine Dissertation:
„Der islamische Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft: Einstellungen der islamischen ReligionslehrerInnen an öffentlichen Schulen“.
Diese Studie basierend auf Befragungen der Hälfte der islamischen Religionslehrer, brachte bedenkliche Strömungen zu Tage.
Ergebnisse:
21,9 % der muslimischen Religionslehrer hält Demokratie und Islam für unvereinbar.
14 % lehnen die österreichische Verfassung ab,
13 % halten die Teilnahme an Wahlen mit dem Islam nicht vereinbar
28,4 % halten es für unvereinbar, gleichzeitig Muslim und Europäer zu sein.
18,2 % halten die Todesstrafe beim Abfall vom Islam für gerechtfertigt.
8,5 % haben Verständnis, wenn zur Verbreitung des Islam Gewalt angewandt wird.
32,7 % lehnen die rechtsstaatlichen Prinzipien ab
Die Politik war empört, die islamische Glaubensgemeinschaft fühlte sich verleumdet, aber Konsequenzen aus dieser Fehlentwicklung gab es nicht.
Khorchide hat im Zuge seiner Ernennung zum Professor für islamische Religionspädagogik der Universität Münster ein sehr interessantes Interview gegeben.
Khorchide: Mir geht es um eine moderne Religionspädagogik.
Mir schwebt ein Religionsunterricht vor, der von der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler ausgeht.
Ich will die Religion mit der Lebenswirklichkeit der Studenten und Schüler verbinden, anstatt ihnen nur religiöse Gesetze einzuimpfen.
Zugleich haben viele Kinder muslimischer Migranten das Problem, die Sprache ihrer Eltern – in den meisten Fällen also Türkisch oder Arabisch –
nicht hinreichend zu beherrschen. Ihre Sprachkenntnisse reichen nicht aus, um etwa der Predigt eines Imams in einer Moschee folgen zu können.
So bleiben viele Bedürfnisse offen.
Wie sehen Sie das Verhältnis von Islam und Moderne? Was sind für Sie die Prinzipien einer zeitgemäßen Deutung des Islam?
Khorchide: Der Koran gilt als Gottes Wort. Als Theologe beschäftigt mich die Frage, wie wir mit diesem Gotteswort umgehen.
Wie können wir es angemessen verstehen? Sollen wir den gesamten Koran wortwörtlich verstehen?
Sollen wir alles, was im 7. Jahrhundert offenbart wurde, auch die juristischen Einzelanweisungen, zum Beispiel im Strafrecht, heute eins zu eins übertragen?
Ich glaube nicht. Mir geht es um eine zeitgemäße Deutung des Islam.
Und die sollte danach fragen, welche Antworten in welchem gesellschaftlichen Kontext auf welche Fragen gegeben wurden.
Wir müssen verstehen, welche Anliegen die Menschen damals hatten – und welchen Sinn die damals gegebenen Antworten.
Auf Grundlage dieser Hermeneutik können wir uns dann fragen, welchen Sinn die heiligen Texte heute haben.
Als gläubiger Muslim und Theologe gehe ich davon aus,
dass der Koran das Gotteswort nicht nur für die Menschen des 7. Jahrhunderts,
sondern auch für uns heutige Menschen ist.
Um diese Frage aber zu beantworten, muss man den Koran in seinem historischen Kontext lesen.
Unterlässt man das, kann man ihn nicht angemessen begreifen.
Interview: Kersten Knipp