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Vollständige Version anzeigen : Der Neoklassizismus



Arthas
12.09.2012, 15:26
Die antike Baukunst wurde bisher in drei Bauepochen rezitiert. Dem Klassizismus des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, der um möglichts genaue Einhaltung des antiken Baukonons bemüht war, dem darauf folgenden historistischen Klassizismus, der sich oft durch großen Prunk und Mischung mit anderen Stilen auszeichnete, sowie den modernen Neoklassizimus, der neben seiner Monumentalität durch die Verbindung zwischen antikem Geist und Moderne hervorstach.

Der moderne Neoklassizismus, um den es hier gehen soll, entstand etwa ab der vorletzten Jahrhundertwende und versuchte die antike Architekturtradition mit Modernen Bauweisen und Möglichkeiten zu verbinden. Obwohl er als Wiederholung des vorherigen Klassizimus gilt, gibt es doch so einige Unterschiede zu diesem, weshalb er als eigenständiger Baustil angesehen werden kann. Der Neoklassizismus zeichnet sich durch klare und kantig-monumentale Formen aus, beweist aber trotz seiner Moderne eine zeitlose ewige Ordnung, die ihn in einer Tradition jahrtausendealter menschlicher Baukunst stehen läßt.

In diesem Strang soll es ganz um den modernen Neoklassizismus gehen, welcher seine Blütezeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte, doch auch danach noch gelegentlich zur Anwendung kam.

Arthas
12.09.2012, 16:18
Die Anfänge des Neoklassizismus liegen bereits im späten Deutschen Kaiserreich. Dort wurde der Neoklassizimus zu einer Anwort auf den bisherigen Historismus, den man überwinden und dem Reich einen neuen Architekturstil des 20. Jahrhunderts geben wollte.

Einige typische Bauten aus der Zeit:

http://2.bp.blogspot.com/-rTTcjUvB984/TrlPvcAhzQI/AAAAAAAACrU/uCcbQh536N8/s1600/F-St.Petersbourg%252C%2BAmbassade%2Ballemagne%2B.jpg

http://www.europa-radtour.de/rad09-pet-3.jpg

http://farm4.staticflickr.com/3247/2983663268_3f4240d943_z.jpg

http://farm3.staticflickr.com/2444/3643453706_8cc41ebb6e_z.jpg

Deutsche Botschaft in Sankt Petersburg von 1912. Der grobe Bau ist ein stilprägendes Paradebeispiel für den frühen Neoklassizimus. Leider ist die Figurenreihe auf dem Dach nicht mehr erhalten. (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c8/St._Petersburg,_German_Embassy.jpg)


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/92/Festspielhaus_Hellerau_1913.png

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f5/Dresden_Hellerau_Festspielhaus.jpg

http://www.musikfestspiele.com/cms/typo3temp/pics/afe15fd931.jpg

Das Festspielhaus Hellerau. Ein Bau der Reformbewegung. Zwischenzeitlich stark verfallen, wird mittlerweile aber restauriert.


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/85/Behrens_d%C3%BCsseld_vodafon_ehem_mannesmann_vorde rseite01.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c8/Behrens_d%C3%BCsseld_vodafon_ehem_mannesmann_von_n ord.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d6/Behrens_d%C3%BCsseld_vodafon_ehem_mannesmann_vorde reingang.jpg

Das Mannesmann-Haus von 1912. Ebenfalls ein typisches Gebäude des frühen Neoklassizismus.

Arthas
13.09.2012, 15:24
Die absolute Blütezeit des Neoklassizismus waren die 30er und 40er-Jahre. Insbesondere die nationalsozialistischen Repräsentativbauten sind hier zu nennen. Allen voran die Neue Reichskanzlei (http://www.atelier-neubauer.de/3d-projekte-hitlers-berlin-3d-die-reichskanzlei-d.html), eines der größten und luxuriösesten Gebäude in diesem Stil:

http://www.german-reich.de/german-reich/german_reich_bilder/reichskanzlei/reichskanzlei_Vossstr.jpg

http://www.german-reich.de/deutsches-reich-briefmarken/Neue-Reichskanzlei/neue-reichskanzlei-vossstrasse-bueros.jpg

http://www.german-reich.de/deutsches-reich-briefmarken/Neue-Reichskanzlei/neue-reichskanzlei-dienstgebaeude-wilhelmplatz.jpg

##edit## kein HK

http://de.metapedia.org/m/images/8/86/Reichskanzlei_innenhof.jpg

http://de.metapedia.org/m/images/1/1c/Bundesarchiv_Bild_146-1988-092-32%2C_Berlin%2C_Neue_Reichskanzlei.jpg

http://www.v-like-vintage.net/uploads/images/Cropped700/00062184.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ad/Bundesarchiv_Bild_146-1985-064-24A%2C_Berlin%2C_Neue_Reichskanzlei%2C_Gartenfront .jpg

http://users.skynet.be/vonweyersberg/Architecture/modfrnt.jpg

Ohne Frage einer der wohl beeindruckendsten Bauten des Neoklassizismus.

Schwarzer Rabe
13.09.2012, 15:48
Chemnitz
http://www.chemnitztour.de/chemnitz_innenstadt/chemnitz-bilder/11_chemnitz_falkeplatz.jpg

Hamburg
http://farm7.staticflickr.com/6075/6093903871_fa46495867_z.jpg

Towarish
13.09.2012, 22:21
Anders gesagt: Modern im Sinne von eintönig und möglichst viele Räume?

Arthas
15.09.2012, 03:09
Anders gesagt: Modern im Sinne von eintönig und möglichst viele Räume?

Modern als im Sinne der neuen Bautechniken bauend und eine architektonische Antwort nach dem Historismus liefernd. Dazu ist auch schon ein ausführlicherer Strang in Arbeit: Die drei Wege der Moderne.

Aber wir sind ja auch hier noch nicht fertig. Es werden noch viele neoklassizistische Bauten vorgestellt.

Arthas
15.09.2012, 03:25
Weitere neoklassizistische Bauten des Nationalsozialismus:

Das Gebäude des Reichsluftfahrtministeriums ist ein recht karger Monumentalbau. Einfach aber dennoch von einen gewissen Stil. Wenn auch für meinen Geschmack etwas zu karg geraten:

http://lmhdrouantberlin.files.wordpress.com/2010/06/reichs3.jpg

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/11538539.jpg

http://www.luftarchiv.de/luftwaffe/rlm.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a1/Bundesarchiv_Bild_146-2006-0118,_Berlin,_Reichsluftfahrtministerium.jpg


Das Haus der Deutschen Kunst. Der monumentale Flachbau ist schnörkellos gehalten und soll durch seine Monumetalität und bloße Form beeindrucken. Das Gebäude ist eines der größten Kunstmuseen weltweit:

http://www.welt.de/img/dc5-images/crop105162160/3460717937-ci3x2l-w580-aoriginal-h386-l0/rh-Nazi-Kunst1-BM-Land-und-Leute-Muenchen.jpg

http://www.hausderdeutschenkunst.de/galerie/haus-der-deutschen-kunst-01.jpg

http://www.mygrandparentsoldpostcards.co.uk/wp-content/uploads/postcards/scan20015.JPG

http://www.wikivoyage.org/w/shared/images//5/57/MUC_Haus_der_Kunst.jpg

Nach 1945 wurde der Bau allerdings absichtlich verkommen gelassen und mit Bäumen umpflanzt, um seine eindrucksvolle Wirkung abzumildern.


Der Führerbau in München. Einer der schönsten neoklassizistischen Bauten in Deutschland:

http://www.br.de/themen/bayern/inhalt/geschichte/fuehrerbau-muenchen100~_v-image853_-7ce44e292721619ab1c1077f6f262a89f55266d7.jpg?versi on=1324394285530

http://desmond.imageshack.us/Himg573/scaled.php?server=573&filename=014it.jpg&res=landing

http://desmond.imageshack.us/Himg229/scaled.php?server=229&filename=fuehrerbau.jpg&res=landing

http://farm7.staticflickr.com/6223/6266434762_4ca6537e76_z.jpg

Direkt daneben befindet sich übrigens der dem Führerbau exakt gleichende ehemalige Verwaltungsbau der NSDAP:

http://www.zikg.eu/main/images/ZI-Aussenansicht-2005-05c.jpg

http://4.bp.blogspot.com/_VtWIlclprYM/S5j24EIFHCI/AAAAAAAARns/CZx7qSXiqbA/s1600/2.JPG

Arthas
15.09.2012, 16:42
Ebenfalls ein beeindruckender neoklassizistischer Bau der 30er-Jahre, der Völkerbundpalast in Genf:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/73/Palais_des_nations.jpg

http://www.auswandern-nach.net/media/bilder/Palais_des_Nations.jpg

http://faculty.msmc.edu/pycior/_pdn1.jpg

http://www.iisd.ca/forestry/unff/unff4/pix/may14/a-palais.jpg

http://www.schweizfotos.com/bilder/Palais-des-Nations-9198.jpg

http://www.geneve-tourisme.ch/images/ajouts/PalaisNationsGlobe3.jpg

http://static2.akpool.de/images/cards/32/322648.jpg

Der Neoklassizismus stieg in dieser Zeit zu einem international verbreitetem Stil auf.

König
15.09.2012, 19:38
29932

Die Villa Urbig oder das "Haus Seefried" steht in Babelsberg.

Das Hotel Adlon befindet sich in der häßlichsten Stadt der Welt.

Feldmann
17.09.2012, 17:09
Ein gelungendes Beispiel für den monumentalen Neoklassizismus ist das finnische Parlament von 1931:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Parliament_of_Finland1.jpg

Sogar im 21. Jahrhundert werden noch neoklassizistische Gebäude errichtet!

Hier das "Schermerhorn Symphony Center" in Nashville von 2006:

http://www.esarch.com/content/images/portfolio/01-schermerhorn-24.jpg

Arthas
17.09.2012, 17:38
Ein gelungendes Beispiel für den monumentalen Neoklassizismus ist das finnische Parlament von 1931:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/12/Parliament_of_Finland1.jpg

Ja, das finnische Parlamentsgebäude ist wirklich ein großartiges Beispiel für den Neoklassizismus. Hier noch einige Bilder davon:

http://2.bp.blogspot.com/_4rt8ZNTPE3M/SLBYNEhLqcI/AAAAAAAAB8g/sWw2qVGdvh8/s400/ZIMG_3621.JPG

http://farm8.staticflickr.com/7210/6987255783_b23304e4c1_z.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/dd/Eduskuntatalo_Helsinki.jpg

http://fc04.deviantart.net/fs71/i/2012/094/c/b/parliament_house__helsinki_by_leessaray-d4uytd4.jpg

http://www.collectsoccer.com/acatalog/XVOlympics-1952-postcard-19-L.jpg

Feldmann
17.09.2012, 22:18
Die stalinistische Architketur wird auch als neoklassizistisch angesehen, auch wenn ich das teilweise bezweifeln würde.

Trotzdem sind einige beeindruckende Bauwerke in diesem Stil errichtet worden.

Bsp.:

Lomonossow Universität (Moskau):

http://forum.aktuell.ru/foto/d/10900-2/lomonossov-uni-moskau.jpg

Kulturpalast (Warschau):

http://countries-of-europe.com/wp-content/uploads/2011/02/Palace-of-Culture-and-Science.jpg

Ein Haus in der Karl-Marx-Allee (Berlin):

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a2/Karl-Marx-Allee_Block_C_Nord_Berlin_April_2006_060.jpg

Arthas
18.09.2012, 00:44
Die stalinistische Architketur wird auch als neoklassizistisch angesehen, auch wenn ich das teilweise bezweifeln würde.

Trotzdem sind einige beeindruckende Bauwerke in diesem Stil errichtet worden.

Bsp.:

Lomonossow Universität (Moskau):

http://forum.aktuell.ru/foto/d/10900-2/lomonossov-uni-moskau.jpg

Kulturpalast (Warschau):

http://countries-of-europe.com/wp-content/uploads/2011/02/Palace-of-Culture-and-Science.jpg

Ein Haus in der Karl-Marx-Allee (Berlin):

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a2/Karl-Marx-Allee_Block_C_Nord_Berlin_April_2006_060.jpg

Stimmt. Viele Gebäude des Sozialistischen Klassizismus sind eher in eklektizistischen Mischstilen erbaut, doch gibt es auch einige rein neoklassizistisch errichtete Bauwerke. Die Bauten der DDR sind hier mitunter noch am stilreinsten.

Arthas
18.09.2012, 00:44
Und da wir schon beim sozialistischen Neoklassizismus sind:

Das Haus der Sowjets, ein sehr schönes Gebäude und einer meiner Lieblingsbauten dieses Stils:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/45/Dom_sovetov_na_moscpl.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bd/Dom_sovetov_spb.jpg

http://www.enlight.ru/camera/121/jul28_4690.jpg

http://www.worldofstock.com/slides/WOS23006.jpg


Die Russische Botschaft in Berlin wurde ebenfalls im Stil des Neoklassizismus errichtet:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9c/Bundesarchiv_Bild_183-54710-0001%2C_Berlin%2C_Sowjetische_Botschaft.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/90/Russische_Botschaft_in_Berlin.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3a/Berlin,_Mitte,_Russische_Botschaft,_Fassade_Behren strasse.jpg

http://www.german-architecture.info/024-botschaft_new.jpg


Der Sozialistische Klassizismus der DDR war, anders als der der UdSSR, zu großen Teilen mit dem schlichteren und stilreineren nationalsozialistischen Neoklassizismus identisch. Gutes Beispiel dafür ist die ehemalige Hauptverwaltung der SDAG Wismut, heute Verwaltungsgebäude der Bundesknappschaft:

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/55108502.jpg

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/18360058.jpg

http://www.kbs.de/DE/05_medizinisches_netz/4_sozialmedizinischer_dienst/sozialmedizinische_dienststellen/3_ost/Chemnitz/bild_teaser.png?__blob=normal&v=5

Ein sehr schöner NK-Bau.


Oder auch das Rathaus von Eisenhüttenstadt:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/03/Eisenhuettenstadt_Rathaus.jpg

http://www.nipp.brandenburg.de/nipp_img/Rathaus_Eisenhuettenstadt.JPG

http://www.machmaplazda.com/planstaedte/eisenhuettenstadt/eh_wk_II_6.JPG

http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/27193673.jpg

Arthas
18.09.2012, 03:11
Auch in Amerika war der Neoklassizismus in den 30er- und 40er-Jahren verbreitet:

Das Hauptquartier des Bösen stellt einen beispielshaften Bau des Neoklassizismus für die Vereinigten Staaten dar:

http://www.livemint.com/rw/LiveMint/Period1/2012/09/14/Photos/Eccles%20Building--621x414.jpg

http://yglesias.thinkprogress.org/wp-content/uploads/2009/11/3363067053_e723e5dfa7.jpg

http://photos.flexetch.com/main.php?g2_view=core.DownloadItem&g2_itemId=578&g2_serialNumber=1

http://i.telegraph.co.uk/multimedia/archive/01688/Federal_reserve_bu_1688492c.jpg


Das Empfangsgebäude des Zentralbahnhofs von Philadelphia:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/80/Amtrak30thStreetStationExterior2007.jpg/800px-Amtrak30thStreetStationExterior2007.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0b/30th_Street_Station_Philly.JPG

http://www.ominousweather.com/images1/PhiladelphiaStation.jpg

http://www.american-rails.com/images/PRR_LC_30th.jpg

Feldmann
18.09.2012, 11:48
Der Sozialistische Klassizismus der DDR war, anders als der der UdSSR, zu großen Teilen mit dem schlichteren und stilreineren nationalsozialistischen Neoklassizismus identisch.

Identisch war er wohl nicht, er war eine deutsche Variante, denn die sowjetischen Vorbilder sind deutlich erkennbar.

Feldmann
18.09.2012, 11:54
Hier ist ein Beispiel für eine sehr interassante Kombination von europäischem Neoklassizismus und indischer Architektur.

Das monumentale "Rashtrapati Bhavan" (1912-1929) in Neu-Dehli:

http://images.travelpod.com/tripwow/photos/ta-00d9-3250-f74c/rashtrapati-bhawan-india-india%2B1152_12959259874-tpfil02aw-25332.jpg

http://entirekingdom.com/wp-content/uploads/2012/01/Rashtrapati-Bhavan.jpg

Arthas
18.09.2012, 12:33
Identisch war er wohl nicht, er war eine deutsche Variante, denn die sowjetischen Vorbilder sind deutlich erkennbar.

Nun, er war dem NS-Neoklassizimus bei den meisten Bauten zumindest viel näher als dem Sowjet-Neoklassizismus. Man kann das wohl auch mit dem typisch deutschen Charakter, der mit in die Bauten einfloß erklären. Auch wenn es natürlich auch so einige Bauten gab die wieder eher dem sowjetischen Vorbild näher kamen. Gerade bei der Stalin-/Karl-Marx-Allee ist dies gut erkennbar. Aber solche reichverzierten Hochbauten wie die Sieben Schwestern oder den Warschauer Kulturpalast, die prägend für die stalinistische Sowjetarchitektur waren, gab es in der DDR nicht.

annullator
19.09.2012, 01:00
Danke für diesen Thread erstmal, sehr eindrucksvolle Bilder! Nur das Haus der Deutschen Kunst mag ich nicht so, die vielen Säulen da scheinen dann doch etwas geschmacklos zu sein. Der Rest ist aber sehr schön.

Selbst der sowjetische Zuckerbäcker-Stil ist viel schöner anzusehen als das westliche Le-Corbusier-Geschwurbel. Eigentlich sollte man im Westen alles, was zwischen 1945 und 1990 erbaut wurde, einfach abreißen. Daß Mies van der Rohe hier und da ein schönes Haus gebaut hat, ändert daran nichts, der war da wohl eher der Einäugige unter den Blinden.

Arthas
19.09.2012, 01:46
Danke für diesen Thread erstmal, sehr eindrucksvolle Bilder! Nur das Haus der Deutschen Kunst mag ich nicht so, die vielen Säulen da scheinen dann doch etwas geschmacklos zu sein. Der Rest ist aber sehr schön.

Selbst der sowjetische Zuckerbäcker-Stil ist viel schöner anzusehen als das westliche Le-Corbusier-Geschwurbel. Eigentlich sollte man im Westen alles, was zwischen 1945 und 1990 erbaut wurde, einfach abreißen. Daß Mies van der Rohe hier und da ein schönes Haus gebaut hat, ändert daran nichts, der war da wohl eher der Einäugige unter den Blinden.

Das, was nach 1990 erbaut wurde, aber größtenteils ebenso. Ab da begann die Mode des Dekonstruktivismus, also die Maximalentartung überhaupt.

Arthas
19.09.2012, 09:32
Der Baustil des Neoklassizismus breitete sich sogar bis nach Ostasien aus und schuf in Kombination mit typisch asiatischen Stilelementen eine eigene Stilvariante des Neoklassizismus.

Die chinesische Große Halle des Volkes von 1959 ist ein gutes Beispiel für den ostasiatischen Neoklassizismus:

http://www.lisasee.com/dreamsofjoy-inside/files/2011/06/tghop-daytime.jpg?w=300&h=199

http://www.ra.ethz.ch/www/www2008/images/beijing_great-hall-of-the-people_big.jpg

http://www2.warwick.ac.uk/fac/soc/economics/staff/academic/wooders/peking04/tiananmen/greathall.jpg

http://elizabethwanggallery.com/ESW/Images/Great_Hall_of_the_People.jpg


Ebenfalls ein phantastischer ostasiatischer NK-Bau ist der Kumsusan-Gedenkpalsat in Nordkorea von 1976:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/Dprk_pyongyang_kim_mausoley_view_05.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e7/Kumsusan_Memorial_Palace%2C_Pyongyang.jpg/800px-Kumsusan_Memorial_Palace%2C_Pyongyang.jpg

http://farm8.staticflickr.com/7223/7265879842_6d7893b21d_z.jpg

http://farm5.staticflickr.com/4070/5145813099_6a5486c4bf_z.jpg


Das japanische Parlamentsgebäude von 1936:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/12/Diet_of_Japan_Kokkai_2009.jpg/800px-Diet_of_Japan_Kokkai_2009.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4e/Japanese_diet_outside.jpg/800px-Japanese_diet_outside.jpg

http://static.sunnypages.jp/photos/thumbnail/1345/280/420

http://www.mlit.go.jp/english/2006/p_g_b_department/02_buildings/images/history_l_gijido_f.jpg

Feldmann
19.09.2012, 09:55
Der asiatischen Variante des sowjetischen Klassizismus fehlt es eindeutig an Eleganz.

Arthas
20.09.2012, 14:36
Der asiatischen Variante des sowjetischen Klassizismus fehlt es eindeutig an Eleganz.

Ich finde den ostasiatischen Neoklassizismus eigentlich ganz gelungen. Traditionell ist die Architektur Ostasiens recht flach und rechtwinklig, was sich auch in dessem Stil des Neoklassizismus niederschlägt.

Das Beeindruckende am Stil des Neoklassizismus ist seine enorme Integrationsfähigkeit in die verschiedensten Landschaften, Städte und Kulturen. Man kann in allen Ländern im Stil des Neoklassizismus bauen. Er paßt sich überall an und wirkt verwurzelt, aber dennoch nicht eintönig und gleich. Damit stellt er quasi das Gegenstück zum entarteten Modernismus dar. Während die Bauten des Neoklassizismus überall gebaut werden können und auch überall hinpassen, ist es beim Modernismus genau umgekehrt. Die modernistische Architektur paßt nirgends hin. Sie ist stets ein Fremdkörper, ein Geschwür in der Landschaft.

Arthas
20.09.2012, 15:01
Anitkabir, das Mausoleum Atatürks, ist ebenfalls ein gutes Beispiel für einen schlichten neoklassizistischen Baukomplex:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/86/Anitkabir_Mausoleum_Ataturk.JPG/800px-Anitkabir_Mausoleum_Ataturk.JPG

http://images.die-erde.com/asien/tuerkei/Ankara-Atatuerk-Mausoleum02.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9c/An%C4%B1tkabir.JPG/800px-An%C4%B1tkabir.JPG

http://okulweb.meb.gov.tr/42/26/390775/images/an%C4%B1tkabir.gif

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f1/Anitkabir_Miniature.JPG

Heifüsch
20.09.2012, 16:01
Neoklassizismus ist ja ein weiter Begriff und eine Bauweise, die in regelmäßigen Zyklen in unzähligen Varianten immer wiederkehrte. Als schlichtes Reset, wenn man wieder einmal in architektonischen Sackgassen angelangt ist und einem nichts Neues mehr einfiel. Insofern wird er wohl nicht auszurotten sein, auch wenn manche Modernisten ihn noch so sehr verteufeln :-)

Nach dem Untergang des Imperiums verkam die römische Architektur bekanntlich zu einem gedrungenen und schwerfälligen romanischen Kirchenbaustil, der sich über die Jahrhunderte zur Gotik verfeinerte, die in nichts mehr an ihre Ursprünge erinnerte. Dann kam mit der Renaissance der erste Flashback. Zurück zu den Wurzeln hieß es, und es wurde wieder römisch gebaut und wieder verfeinerte sich dieser Stil und wandelte sich über den Manierismus und das Barock zur verspielten Rokoko. Wieder hatte man eine anfängliche schlichte Sachlichkeit und Erhabenheit auf die Spitze getrieben und wieder begann man ganz von vorne. Nun hieß das ganze Klassizismus und der zeigte sich manchmal schon klassischer und edler, als es die griechisch-römische Klassik jemals war :-)

Im späten 19. Jahrhundert hatte man dann schon gewisse Erfahrungen mit diesen immer wiederkehrenden Neuauflagen alter Stile, daß man die gesamten früheren Epochen im Schnelldurchlauf nochmal durchspielte, erstmals verschiedene Stile gleichzeitig pflegte und kombinierte und mit den Mitteln der Massenindustrie gleich noch so weit pervertierte, daß am Schluß dieser wüste gründerzeitliche Pseudohistorismus herauskam, der dann mit dem ersten Weltkrieg sein berechtigtes Ende fand. (Der Jugendstil als eigenständige Erfindung der Belle Epoque war ein reiner Ornamentstil und zudem sehr uneinheitlich, weswegen der wohl gesondert gesehen werden sollte.)

Tja, in den 20ern war das dann alles vorbei und erstmals begann man nicht mehr bei den altbewährten Römern, sondern suchte sich weitaus primitivere Vorbilder. Schlichte indianische Puebloarchitektur etwa, Kuben, Schachteln und Container aller Art wurden als Vorlage herangezogen, um zur Abwechslung einmal dort anzuknüpfen, wo die Neandertaler die Höhlen verließen und sich ihr erstes selbstgebasteltes Dach über dem Kopf zusammenschusterten. Die Idee selbst war ja nicht schlecht, aber wenn es bis dahin üblich war, daß sich grobe Stile im Lauf ihrer Entwicklung immer mehr verfeinerten, so ist bei den Spätfolgen der Bauhausstils eher das Gegenteil zu beobachten. Immer billiger und beliebiger wurden diese Zweckbauten und immer austauschbarer dadurch unsere Städte.
Aber es tut sich was. An manchen Ecken Berlins lassen sich bereits wieder klassizistische Neubauten bestaunen, so gegenüber dem Innenministerium am Hausvogteiplatz oder schräg gegenüber des Bundesratsgebäudes in der Leipziger Straße. Aber auch die Art Deco Architektur New Yorks oder Chicagos wäre es wert, wiederbelebt zu werden, so wie Hans Kollhoff es am Potsdamer Platz überzeugend bewiesen hat. Mal abwarten, wie sich das alles entwickelt... :-)

Arthas
20.09.2012, 16:48
Neoklassizismus ist ja ein weiter Begriff und eine Bauweise, die in regelmäßigen Zyklen in unzähligen Varianten immer wiederkehrte. Als schlichtes Reset, wenn man wieder einmal in architektonischen Sackgassen angelangt ist und einem nichts Neues mehr einfiel. Insofern wird er wohl nicht auszurotten sein, auch wenn manche Modernisten ihn noch so sehr verteufeln :-)

Dies stimmt. Aus diesem Grunde schrieb ich ja schon im Eingangsbeitrag, daß es in diesem Strang speziell um den modernen Neoklassizismus gehen soll, der in etwa ab 1900 begann. Ich würde den Begriff auch ausschließlich für diese Art Klassizismus etablieren, da dieser Stil sich doch, im Gegensatz zum historistischen Neoklassizismus, merklich vom ursprünglichen Klassizismus unterscheidet und im Gegensatz zum historistischen NK einen eigenen Stil bildet.


Nach dem Untergang des Imperiums verkam die römische Architektur bekanntlich zu einem gedrungenen und schwerfälligen romanischen Kirchenbaustil, der sich über die Jahrhunderte zur Gotik verfeinerte, die in nichts mehr an ihre Ursprünge erinnerte. Dann kam mit der Renaissance der erste Flashback. Zurück zu den Wurzeln hieß es, und es wurde wieder römisch gebaut und wieder verfeinerte sich dieser Stil und wandelte sich über den Manierismus und das Barock zur verspielten Rokoko. Wieder hatte man eine anfängliche schlichte Sachlichkeit und Erhabenheit auf die Spitze getrieben und wieder begann man ganz von vorne. Nun hieß das ganze Klassizismus und der zeigte sich manchmal schon klassischer und edler, als es die griechisch-römische Klassik jemals war :-)

Im späten 19. Jahrhundert hatte man dann schon gewisse Erfahrungen mit diesen immer wiederkehrenden Neuauflagen alter Stile, daß man die gesamten früheren Epochen im Schnelldurchlauf nochmal durchspielte, erstmals verschiedene Stile gleichzeitig pflegte und kombinierte und mit den Mitteln der Massenindustrie gleich noch so weit pervertierte, daß am Schluß dieser wüste gründerzeitliche Pseudohistorismus herauskam, der dann mit dem ersten Weltkrieg sein berechtigtes Ende fand. (Der Jugendstil als eigenständige Erfindung der Belle Epoque war ein reiner Ornamentstil und zudem sehr uneinheitlich, weswegen der wohl gesondert gesehen werden sollte.)

Tja, in den 20ern war das dann alles vorbei und erstmals begann man nicht mehr bei den altbewährten Römern, sondern suchte sich weitaus primitivere Vorbilder. Schlichte indianische Puebloarchitektur etwa, Kuben, Schachteln und Container aller Art wurden als Vorlage herangezogen, um zur Abwechslung einmal dort anzuknüpfen, wo die Neandertaler die Höhlen verließen und sich ihr erstes selbstgebasteltes Dach über dem Kopf zusammenschusterten. Die Idee selbst war ja nicht schlecht, aber wenn es bis dahin üblich war, daß sich grobe Stile im Lauf ihrer Entwicklung immer mehr verfeinerten, so ist bei den Spätfolgen der Bauhausstils eher das Gegenteil zu beobachten. Immer billiger und beliebiger wurden diese Zweckbauten und immer austauschbarer dadurch unsere Städte.
Aber es tut sich was. An manchen Ecken Berlins lassen sich bereits wieder klassizistische Neubauten bestaunen, so gegenüber dem Innenministerium am Hausvogteiplatz oder schräg gegenüber des Bundesratsgebäudes in der Leipziger Straße. Aber auch die Art Deco Architektur New Yorks oder Chicagos wäre es wert, wiederbelebt zu werden, so wie Hans Kollhoff es am Potsdamer Platz überzeugend bewiesen hat. Mal abwarten, wie sich das alles entwickelt... :-)

Das kann ich Dir sagen. Eher nicht die derzeitigen Regime in Europa zusammengebrochen sind und damit auch die linke Kulturhoheit gebrochen wurde, wird der Modernismus unangefochten weiterdominieren. Doch ist dies erst einmal geschehen, so wird, in Deutschland zumindest, die Architektur genau da weitermachen wo sie 1945 endete. Also an die NS-Baupolitik mit dem Neoklassizimus als Repräsentativarchitektur, vielleicht auch noch zusätzlich den Backsteinexpressionismus, anknüpfen und sich von da aus weiterentwickeln. Der Modernismus ist nicht als legitimer Teil der deutschen Architekturgeschichte zu sehen. Er stellt für die deutsche Bautradition, wie auch für jene weltweit, vielmehr eine Zäsur dar, ein schwarzer Fleck. Daher kann die Architektur auch nur an die Zeit vor dem Modernismus anknüpfen. Das muß sie, denn neues kann nur aus der Weiterewntwicklung von altem entstehen. Ansonsten entsteht Entartung, wie sie der Modernismus darstellt.

Aus diesem Grunde ist auch das Studium des Neoklassizismus so wichtig (und für Deutschland im besonderen die NS-Baupolitik). Denn wir müssen bei diesem wieder anfangen und aus ihm heraus die Architektur der Zukunft entwickeln.

Feldmann
20.09.2012, 23:23
Nach dem Untergang des Imperiums verkam die römische Architektur bekanntlich zu einem gedrungenen und schwerfälligen romanischen Kirchenbaustil

Wie kommst du zu dieser negativen Bewertung der Romanik?


dieser wüste gründerzeitliche Pseudohistorismus herauskam

Ist Historismus denn nicht immer Pseudo?


Denn wir müssen bei diesem wieder anfangen und aus ihm heraus die Architektur der Zukunft entwickeln.

Man sollte sich jedoch nicht nur auf die Architektur unmittelbar vor dem 2. WK beschränken. Vielmehr wäre es wünschenswert die gesamte Bandbreite der Stile zu nutzen.

derRevisor
20.09.2012, 23:39
Man sollte sich jedoch nicht nur auf die Architektur unmittelbar vor dem 2. WK beschränken. Vielmehr wäre es wünschenswert die gesamte Bandbreite der Stile zu nutzen.

Arthas mag es selbstredend mindestens monumental. :)

derRevisor
20.09.2012, 23:41
[B][I]Ich finde den ostasiatischen Neoklassizismus eigentlich ganz gelungen. Traditionell ist die Architektur Ostasiens recht flach und rechtwinklig, was sich auch in dessem Stil des Neoklassizismus niederschlägt.

Das Beeindruckende am Stil des Neoklassizismus ist seine enorme Integrationsfähigkeit in die verschiedensten Landschaften, Städte und Kulturen. Man kann in allen Ländern im Stil des Neoklassizismus bauen.

Besonders bei dem Kumsusan-Gedenkpalast in Nordkorea scheint dies gelungen zu sein.

Heifüsch
20.09.2012, 23:48
Wie kommst du zu dieser negativen Bewertung der Romanik?

Ist Historismus denn nicht immer Pseudo?


In Relation zur Hochzeit römischen Bauschaffens ist vor allem die frühe Romanik nun mal plump und schwerfällig. Im Vergleich zum Mainstream der Moderne ist sie allerdings hochartifiziell und absolut ästhetisch. Alles eine Frage der Sichtweise :-)

Stilreiner Historismus, handwerklich und künstlerisch gut ausgeführt, hat wie ich finde durchaus seine Berechtigung. Auch die ersten Renaissance- und Klassizismusbaumeister bemühten sich ja anfangs, ihre Vorbilder so gut wie möglich zu kopieren. Was aber ab Mitte des 19. Jahrhunderts so alles wild kombiniert wurde, hat mit einem Kopieren historischer Vorlagen nichts mehr zu tun. Diese ganzen Jugendstilrokokorenaissancebarockbauten mitsamt dazu abgestimmtem Mobiliar sind zwar irgendwie pittoresk, vor allem durch die inzwischen angesetzte Alterspatina, aber mehr auch nicht. Designmüll eben, meist kitschig, überladen und vulgär...

Feldmann
20.09.2012, 23:52
Arthas mag es selbstredend mindestens monumental.

Das ist kein Widerspruch, andere Stile sind ebenfalls monumental, bspw. die Gotik.


Besonders bei dem Kumsusan-Gedenkpalast in Nordkorea scheint dies gelungen zu sein.

Der Kumsusan-Gedenkpalast ist wirklich kein Meisterwerk, dass geht besser, z.B. in Neu-Dehli.

Feldmann
20.09.2012, 23:58
Diese ganzen Jugendstilrokokorenaissancebarockbauten mitsamt dazu abgestimmtem Mobiliar sind [...] meist kitschig, überladen und vulgär.

Findest du den Eklektizismus so schlimm? Meiner Ansicht nach ist er eher Ausdruck von Kreativität, die aus den vorhandenen Stilen eine neue harmonische Zusammenstellung erschafft.

Agesilaos Megas
21.09.2012, 00:04
... Zurück zu den Wurzeln hieß es, und es wurde wiederrömischgebaut...

Ich halte es immer noch für problematisch, dass "römisch" gebaut wurde; das begrenzt die Antike wieder nur auf das westliche Mittelmeer. Das östliche Mittelmeer kommt dabei immer nur zu kurz - sprich: der Einfluss des originär Griechisch-Vorrömischen. Gerade in Preußen, nachdem es Spree-Sparta, dann wieder Spree-Athen geworden war, wurde im Klassizismus auch ein Neohellenismus gepflegt.

Hier ein kleines Beispiel:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b1/Brandenburger_Tor_morgens.jpg/260px-Brandenburger_Tor_morgens.jpg


http://www.engr.psu.edu/deutschlandsarchitektur/muenchen/sonstiges/propylaeen1.jpg


Das Brandenburger Tor unterliegt nicht "römischer Bauart", sondern erinnert stark an die Propyläen Athens.

http://www.francebalade.com/paris/arctriomp1.jpg

http://info-antike.de/titus_3.jpg

Der Pariser Siegesbogen dagegen ist "römisch" wie der des Titus.

Auch in anderen Bereichen folgte man im dt. Klassizismus gern den Hellenen - so in der Plastik. Schau mal, Luther:

http://www.kreiter.info/familie/images/reiseberichte/regensburg/walhalla/walhalla-luther.jpg



Hier mal "römische" Plastik:

http://geschichtsverein-koengen.de/CatoDerAeltere.jpg

Heifüsch
21.09.2012, 00:13
Findest du den Eklektizismus so schlimm? Meiner Ansicht ist es eher Ausdruck von Kreativität aus den vorhandenen Stilen eine harmonische Zusammenstellung zu erschaffen.

Im Prinzip wäre das nix Schlimmes, wenn die Harmonie dabei nicht regelmäßig auf der Strecke bliebe. Unter den Bedingungen der industriellen Massenproduktion wird aus einem gutgemeinten Ekklektizismus eben schnell das, was man Zuckerbäckerstil oder im Möbelbereich Gelsenkirchener Barock nennt. Eine willkürliche Ansammlung krakeliger Schnörkel auf garantiert echtem Plastikfurnier in Eichenoptik, man kennt das ja von unseren Trödelmärkten. Fließband und serielles Bauen haben nun mal viel kaputtgemacht an Stilgefühl und Sinn für Authentizität.

Heifüsch
21.09.2012, 00:23
Ich halte es immer noch für problematisch, dass "römisch" gebaut wurde; das begrenzt die Antike wieder nur auf das westliche Mittelmeer. Das östliche Mittelmeer kommt dabei immer nur zu kurz - sprich: der Einfluss des originär Griechisch-Vorrömischen. Gerade in Preußen, nachdem es Spree-Sparta, dann wieder Spree-Athen geworden war, wurde im Klassizismus auch ein Neohellenismus gepflegt.



Wie gesagt lieferten die Griechen mit ihren Tempeln das grundsätzliche Baumuster, das die Römer dann für ihre Herrschafts- und Profanbauten nach Bedarf variierten. Und natürlich steht das Vorbild für das Brandenburger Tor auf der Akropolis, ebenso wie das Vorbild der Rolls Royce-Kühlers :-)
In Preußen war es natürlich Schinkel, dessen Hang zum Hellenismus den preussischen Spätklassizismus prägte. Napoleons Ägyptenexpedition darf man in diesem Zusammenhang vielleicht auch nicht vergessen, in deren Folge sich pharaonische Stilelemente im speziellen französischen Klassizismus wiederfanden.

Agesilaos Megas
21.09.2012, 00:28
Wie gesagt lieferten die Griechen mit ihren Tempeln das grundsätzliche Baumuster, das die Römer dann für ihre Herrschafts- und Profanbauten nach Bedarf variierten. Und natürlich steht das Vorbild für das Brandenburger Tor auf der Akropolis, ebenso wie das Vorbild der Rolls Royce-Kühlers :-)
Napoleons Ägyptenexpedition darf man in diesem Zusammenhang vielleicht nicht vergessen, in deren Folge sich pharaonische Stilelemente im speziellen französischen Empirestil wiederfanden.

Mich wurmt immer wieder, dass wir alleinig nur die Römer im Kopf haben. Auch wenn die Griechen in einigen Fällen "nur" das Muster geliefert haben, wurden im Klassizismus auch vorrömische Ideen rezipiert - sprich: hellenische. Dabei spielt auch die historisch-kulturelle Beziehung Römer-Griechen eine gewichtige Rolle, die man hier nicht so leicht abfassn kann.

M.W. gibt es auch keine Propyläen in Rom. Es ist der Komplexität der Antike geschuldet, dass wir hier abstrahieren müssen.

Heifüsch
21.09.2012, 00:41
Mich wurmt immer wieder, dass wir alleinig nur die Römer im Kopf haben. Auch wenn die Griechen in einigen Fällen "nur" das Muster geliefert haben, wurden im Klassizismus auch vorrömische Ideen rezipiert - sprich: hellenische. Dabei spielt auch die historisch-kulturelle Beziehung Römer-Griechen eine gewichtige Rolle, die man hier nicht so leicht abfassn kann.

M.W. gibt es auch keine Propyläen in Rom. Es ist der Komplexität der Antike geschuldet, dass wir hier abstrahieren müssen.
(Den von mir angeführten "Empirestil" hatte ich eben noch korrigiert, da er ja nichts mit dem originalen Klassizismus zu tun hat. Aber das nur nebenbei.)

Zufällig war ich erst vorgestern in Athen und bin eigentlich ganz froh darüber, daß dieser stickige Moloch so gut wie nichts mit meinem geliebten Spreeathen zu tun hat :-) Aber was will man den alten Griechen schon groß entlehnen, was die Römer nicht schon zigfach durchgekaut haben? Außer Stadien und Tempeln gibt´s da nichts zu holen und auch Ägypten mit seinen primitiven Kraggewölben bietet allenfalls Inspirationen für unsere Bauhäusler. Zumindest, was die Bauten selbst angeht - die ägyptische Ornamentik ist natürlich phänomenal.

Agesilaos Megas
21.09.2012, 00:48
(Den von mir angeführten "Empirestil" hatte ich eben noch korrigiert, da er ja nichts mit dem originalen Klassizismus zu tun hat. Aber das nur nebenbei.)

Zufällig war ich erst vorgestern in Athen und bin eigentlich ganz froh darüber, daß dieser stickige Moloch so gut wie nichts mit meinem geliebten Spreeathen zu tun hat :-) Aber was will man den alten Griechen schon groß entlehnen, was die Römer nicht schon zigfach durchgekaut haben? Außer Stadien und Tempeln gibt´s da nichts zu holen und auch Ägypten mit seinen primitiven Kraggewölben bietet allenfalls Inspirationen für unsere Bauhäusler. Zumindest, was die Bauten selbst angeht - die ägyptische Ornamentik ist natürlich phänomenal.

Ich seh' s Dir nach; denn so habe ich früher, als ich noch nicht reif genug war, auch gedacht. Das originär Griechische wurde, wie dargelegt, oft genug rezipiert und war keineswegs "nur" Inspiration.

PS: Das heutige Athen ist kein Maßstab für die Antike. Wenn Du wüsstest, dass die Zeitgenossen ihrerzeit von einem Athen ausgegangen sind, das sie niemals mit eigenen Augen gesehen haben, erscheint Spree-Athen Berlin leicht idealisiert.

PPS: Nach der Plättung Berlins durch die roten Horden sehe ich keinen großen Vorzug Berlins mehr vor anderen Stadtsümpfen - die Infrastruktur jedoch ist besser, das war' s.

Heifüsch
21.09.2012, 01:04
Ich seh' s Dir nach; denn so habe ich früher, als ich noch nicht reif genug war, auch gedacht. Das originär Griechische wurde, wie dargelegt, oft genug rezipiert und war keineswegs "nur" Inspiration.

PS: Das heutige Athen ist kein Maßstab für die Antike. Wenn Du wüsstest, dass die Zeitgenossen ihrerzeit von einem Athen ausgegangen sind, das sie niemals mit eigenen Augen gesehen haben, erscheint Spree-Athen Berlin leicht idealisiert.

PPS: Nach der Plättung Berlins durch die roten Horden sehe ich keinen großen Vorzug Berlins mehr vor anderen Stadtsümpfen - die Infrastruktur ist besser, das war´s.

Du vergisst das Flughafengebäude in Tempelhof, das Arbeitsamtsgebäude in der Friedrichstraße (noch mit Reichsadler versehen!) und das ehemalige Luftfahrtministerium in der Wilhelmstraße. Allesamt böse Bauten einer bösen Zeit, wobei ich die angebliche Bosheit steinerner Artefakte noch nie so richtig nachvollziehen konnte. Richtig brutal wird deutsches Bauen erst in der Nachkriegszeit, wie ich finde (Wolf Jobst Siedler - Die gemordete Stadt!).
Außerdem haben wir die Museumsinsel und in einigen Jahren wird (wahrscheinlich noch vor dem neuen Flughafen) das Stadtschloß wiedereröffnen :-)

Agesilaos Megas
21.09.2012, 01:08
Außerdem haben wir die Museumsinsel und in einigen Jahren wird (wahrscheinlich noch vor dem neuen Flughafen) das Stadtschloß wiedereröffnen :-)

Ja, das ist die letzte Hoffnung Berlins. Ich fürchte aber, dass aus diesem ehrenwerten Stadtschloß wohl eine "Gedenkstätte", "Mahnmal" oder etwas anderes Abartiges wird. Wir werden sehen!

PS: Höchstwahrscheinlich noch vor dem neuen Flughafen! :haha:

Heifüsch
21.09.2012, 01:13
Ja, das ist die letzte Hoffnung Berlins. Ich fürchte aber, dass aus diesem ehrenwerten Stadtschloß wohl eine "Gedenkstätte", "Mahnmal" oder etwas anderes Abartiges wird. Wir werden sehen!

PS: Höchstwahrscheinlich noch vor dem neuen Flughafen! :haha:

Die geplante Ostfassade erinnert ja schon sehr an Mussolinis faschistischen Baustil. Eine kleine Reminiszenz des italienischen Architekten, wie ich annehme :-))

Leila
21.09.2012, 02:21
Viele lieblos geknipste Bilder sehe ich in diesem Strang! Schiefe Horizonte und auf jede nur mögliche Weise perspektivisch verzerrte Abbildungen von Gebäuden. Leider darf man aus Büchern keine Photographien zeigen.

Arthas
21.09.2012, 09:54
Man sollte sich jedoch nicht nur auf die Architektur unmittelbar vor dem 2. WK beschränken. Vielmehr wäre es wünschenswert die gesamte Bandbreite der Stile zu nutzen.

Dann wären wir wieder beim Historismus. Natürlich kann man auch immer mal wieder auf vergangene Stile und Stilelemente zurückgreifen, doch muß eine übergreifende Ordnung herrschen, aus der heraus wir wieder eine eigene Stilepoche schaffen können, die wir so dringend brauchen um unsere Kultur wiederzuerlangen. Die Weichen dafür wurden mit der Kunst-und-Handwerks- sowie Um-1800-Bewegung geschaffen und gingen von da aus letztlich zur NS-Baupolitik über, welche als die bisher letzte Phase deutscher bzw. europäischer Bautradition gesehen werden kann. Die Epoche des Modernismus ist da gar nicht erst weiter zu beachten.

Als angehender Architekt wie auch als kulturpolitischer Philosoph und Nationalrevolutionär, habe ich ein besonderes Interesse an der Wiederherstellung der deutschen Bautradition und sehe es als meine Aufgabe an an dieser Aktiv mitzuwirken. Darum beschäftige ich mich auch im besonderen Maße mit der Architekturgeschichte der letzten Jahrzehnte vor dem Zweiten Weltkrieg.

Arthas
21.09.2012, 09:59
Besonders bei dem Kumsusan-Gedenkpalast in Nordkorea scheint dies gelungen zu sein.

Ja, gerade bei diesem erkennt man die für Ostasien typische Pagodenarchitektur gut wieder.

Heifüsch
21.09.2012, 11:04
Dann wären wir wieder beim Historismus. Natürlich kann man auch immer mal wieder auf vergangene Stile und Stilelemente zurückgreifen, doch muß eine übergreifende Ordnung herrschen, aus der heraus wir wieder eine eigene Stilepoche schaffen können, die wir so dringend brauchen um unsere Kultur wiederzuerlangen. Die Weichen dafür wurden mit der Kunst-und-Handwerks- sowie Um-1800-Bewegung geschaffen und gingen von da aus letztlich zur NS-Baupolitik über, welche als die bisher letzte Phase deutscher bzw. europäischer Bautradition gesehen werden kann. Die Epoche des Modernismus ist da gar nicht erst weiter zu beachten

Als angehender Architekt wie auch als kulturpolitischer Philosoph und Nationalrevolutionär, habe ich ein besonderes Interesse an der Wiederherstellung der deutschen Bautradition und sehe es als meine Aufgabe an an dieser Aktiv mitzuwirken. Darum beschäftige ich mich auch im besonderen Maße mit der Architekturgeschichte der letzten Jahrzehnte vor dem Zweiten Weltkrieg.

Deine Visionen setzen allerdings das Vorhandensein eines zentralistischen Staats mit entsprechenden Weisungsvollmachten (Berufsverbote für Modernisten, strikte Richtlinien in der Architektenausbildung und massive Förderung staatskonformer Vorstellungen etc.) voraus. Damit wird sich nicht jeder anfreunden können, zumal das heutige Bauen weniger von der Architektenschaft sondern von den Vorstellungen von Investoren bestimmt wird. Die wird man erst mal überzeugen müssen, daß Architektur etwas mit Kunst im öffentlichen Raum zu tun hat. Und dann ist da natürlich noch die Notwendigkeit, diese Kunst zu vermitteln, wobei aber erfahrungsgemäß alles geschluckt wird, was der desinteressierten Masse vor die Nase gesetzt wird. Und schlimmer kann´s eigentlich nicht werden :-)
Bevor man sich aber in irgendwelchen Utopien verliert, sollte man doch besser dort ansetzen, wo bereits wieder subversiv auf Traditionen zrückgegriffen wird, die sich als sinnvolle Alternative zur gegenwärtigen Tristesse anbieten. Hans Kollhoff hatte ich ja schon genannt...

Feldmann
21.09.2012, 14:49
Die Weichen dafür wurden mit der Kunst-und-Handwerks- sowie Um-1800-Bewegung geschaffen und gingen von da aus letztlich zur NS-Baupolitik über, welche als die bisher letzte Phase deutscher bzw. europäischer Bautradition gesehen werden kann.

Unterstützt du damit nicht eher "Heimatschutzarchitektur" (http://de.wikipedia.org/wiki/Heimatschutzarchitektur)?

Arthas
21.09.2012, 18:07
Deine Visionen setzen allerdings das Vorhandensein eines zentralistischen Staats mit entsprechenden Weisungsvollmachten (Berufsverbote für Modernisten, strikte Richtlinien in der Architektenausbildung und massive Förderung staatskonformer Vorstellungen etc.) voraus. Damit wird sich nicht jeder anfreunden können, zumal das heutige Bauen weniger von der Architektenschaft sondern von den Vorstellungen von Investoren bestimmt wird. Die wird man erst mal überzeugen müssen, daß Architektur etwas mit Kunst im öffentlichen Raum zu tun hat. Und dann ist da natürlich noch die Notwendigkeit, diese Kunst zu vermitteln, wobei aber erfahrungsgemäß alles geschluckt wird, was der desinteressierten Masse vor die Nase gesetzt wird. Und schlimmer kann´s eigentlich nicht werden :-)

Wie ich bereits schrieb, wird eine grundlegender Wandel in der Architektur erst dann kommen und überhaupt möglich sein, wenn das derzeitige Regime samt seiner linken Kulturhoheit gestürzt wurde. Das ganze muß man ganzheitlich sehen. Es wird eine grundlegende und äußerst blutige Revolution werden, wie man sie in Europa seit 1789 und 1917 nicht mehr gesehen hat. (Dazu gibt es ja schon reichlich andere Diskussionsstränge in diesem Forum.) Die Gesamtsituation wird sich dadurch grundlegend ändern, und damit auch die Architektur. Der Staat wird dann tatsächlich konkrete Architekturkonzepte vorlegen und umsetzen, und selbst wenn er es nicht täte, jeder Modernist wird dann ohnehin vom Volke gelüncht werden wie 1789/1917 jeder Anhänger des alten Regimes, denn der Modernismus ist nunmal fester Ausdruck des derzeit herrschenden Systems.


Bevor man sich aber in irgendwelchen Utopien verliert, sollte man doch besser dort ansetzen, wo bereits wieder subversiv auf Traditionen zrückgegriffen wird, die sich als sinnvolle Alternative zur gegenwärtigen Tristesse anbieten. Hans Kollhoff hatte ich ja schon genannt...

Da gibt es aber noch einige bessere. Man lese sich dazu auch meinen Strang (http://www.politikforen.net/showthread.php?112691-Nichtmodernistische-Architektur-im-21sten-Jahrhundert) über nichtmodernistische Architektur im 21. Jahrhundert durch. Gerade im nichtwestlichen Ausland tut sich da einiges mehr. Besonders solche offenen Kriegserklärungen an den Modernismus wie etwa die Abradsch-al-Bait-Türme oder die Basilika der Muttergottes von Lichen sind da besonders hervorzuheben. Die BRD bleibt weiterhin Hochburg der Entartung. Auch was die Architektur betrifft.

Arthas
21.09.2012, 18:14
Unterstützt du damit nicht eher "Heimatschutzarchitektur" (http://de.wikipedia.org/wiki/Heimatschutzarchitektur)?

Die Heimatschutzarchitektur ist ein Teil dieses Konzeptes. Sie kommt bei ländlicher Wohn- und Dorfarchitektur zum Einsatz. Für den städtischen Repräsentativbau dagegen ist der Neoklassizismus vorgesehen.

Erik der Rote
25.09.2012, 17:14
Was ist das eigentlich für ein Baustil ?

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/98/Monument_%C3%A0_Victor-Emmanuel_II.JPG

Arthas
25.09.2012, 17:29
Was ist das eigentlich für ein Baustil ?

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/98/Monument_%C3%A0_Victor-Emmanuel_II.JPG

Historistischer Klassizismus.