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Vollständige Version anzeigen : CDU will beim Einsatz von Bundeswehrsoldaten auf die Souveränität verzichten



Untergrundkämpfer
08.06.2012, 18:29
Neuer Anlauf: Souveränitätsverzicht für den Einsatz? (http://augengeradeaus.net/2012/06/neuer-anlauf-souveranitatsverzicht-fur-den-einsatz/comment-page-4/#comment-36944)


Die Diskussion über eine stärkere militärische Lastenteilung in der NATO und/oder in der EU, über pooling&sharing, über gemeinsam genutzte militärische Fähigkeiten, gar über den Weg zu einer gemeinsamen europäischen Armee, ist in Deutschland mit einem sensiblen Thema verbunden: Dem Parlamentsvorbehalt, der einen bewaffneten Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland (außerhalb des Verteidigungsfalls) an eine Zustimmung des Bundestages bindet. Nun gibt es schon lange gemeinsame Einrichtungen und Einheiten der Nordatlantischen Allianz, zum Beispiel die AWACS-Aufklärungsflugzeuge, und der Europäischen Union, zum Beispiel die Battle Groups, bei denen eine fehlende Zustimmung Deutschlands den Einsatz dieser bündnis/unionsgemeinsamen Einheiten de facto stoppt.

Ob man daran etwas ändern will, ist eine politische Frage, und die treibt die Union jetzt wieder voran. Nachdem im vergangenen Jahr der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, in einem Zeitungskommentar einen Vorstoß unternommen hatte und am Rande des NATO-Gipfels in Chicago ähnliche Töne von Verteidigungsminister Thomas de Maizière zu hören waren, liegt jetzt ein Vorschlag zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der CDU-Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter und Andreas Schockenhoff vor – letzterer für die Außenpolitik zuständig, erster formal für Abrüstungsfragen, aber als Oberst a.D. mit Verwendung im NATO-Hauptquartier SHAPE auch mit Militär- und Bündniskenntnis.


Einige Kernpunkte ihres Papiers (der komplette Text unten zum Download angehängt):

4. Konsequenzen für die deutsche Politik
Um der dringend nötigen Stärkung europäischer Handlungsfähigkeit in der Sicherheitspolitik gerecht werden zu können, werden die Nationen Europas weitreichende Entscheidungen treffen müssen, die ihre jeweilige Souveränität und bisherigen sicherheitspolitischen Kulturen betreffen werden. Bundesregierung und Bundestag müssen bei der Beantwortung dieser strukturellen Fragen eine Führungsrolle übernehmen und Impulse setzen.
a. Wir müssen anerkennen, dass die deutsche Sicherheitspolitik ein Glaubwürdigkeitsproblem hat. Spätestens seit der deutschen Enthaltung bei der UN-Resolution zum militärischen Eingreifen in Libyen hegen einige unsere Partner in NATO und GSVP Zweifel, ob sie in “Hard-Power-Konflikten” auf Deutschland zählen können. Der wiederholte Streit um den Einsatz der AWACS-Flugzeuge – eine Fähigkeit, die seit langem dem Pooling & Sharing-Prinzip folgt und bei der die NATO auf Deutschland angewiesen ist – hat diese Skepsis noch verstärkt. Deutschland muss sich intensiver, breiter und strategischer mit Sicherheitspolitik befassen, wenn es seinem weltpolitischen Gewicht und seinen Interessen gerecht werden und verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will. Davon hängt allerdings nicht nur Deutschlands Rolle in der NATO ab, sondern auch die Wirkungsmacht der GSVP.
Empfehlung: Es muß eine regelmäßige Sicherheitsdebatte im Bundestag initiiert werden, welche die Ziele der deutschen Sicherheitspolitik identifiziert, bestehende Herausforderungen analysiert und entsprechende Mittel und Maßnahmen benennt. Von der Bundeskanzlerin in einem jährlichen Rhythmus vorgestellt und in parlamentarischer Debatte diskutiert, könnten solche „Sicherheitspolitische Richtlinien“ erheblich dazu beitragen, die deutsche Sicherheitspolitik zu fokussieren und für die deutsche Öffentlichkeit wie unsere Partner nachvollziehbarer zu machen. Dieser Ansatz ließe sich bei Bedarf zu einer ressortübergreifenden föderalen Sicherheitsstrategie weiterentwickeln.
b. Die Stärkung der sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit kann nur durch einen teilweisen Verzicht der Mitgliedstaaten auf ihre nationale Souveränität gelingen. Eine wirkungsvolle GSVP wird die militärischen Fähigkeiten der einzelnen Staaten in so starkem Maße zusammengelegt und unter geteilte Führung gestellt haben, dass es nicht möglich sein wird, nationale Vorbehalte als Einzelmeinung durchzusetzen. Deutsche Soldaten könnten damit in einen EU-Einsatz gehen, den die deutsche Regierung und der Deutsche Bundestag allein aus eigener Initiative nicht beschlossen hätten. Im Gegenzug für diesen Souveränitätsverzicht erhielte Deutschland – wie alle EU-Mitgliedstaaten – aber mehr außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit und ein wirkungsvolleres und bezahlbares Instrumentarium.
Empfehlung: Deutschland sollte sich als Anlehnungspartner für Staaten mit einer vergleichbaren sicherheitspolitischen Kultur anbieten. Es sollte mit diesen kooperationswilligen Partnern konkret zu einem Pooling und Sharing bereit sein, z.B. in den Bereichen gemeinsame Luftverteidigung, gemeinsamer Küstenschutz, gemeinsame Ausbildungseinrichtungen, Führungsstrukturen (z.B. Hauptquartier Ulm) und einheitliches Führungs- und Informationssystem. Dies sollte im Rahmen der GSVP in Weiterentwicklung der deutsch-schwedischen Gent-Initiative zum Pooling und Sharing geschehen, die ein wichtiger Zwischenschritt ist, aber nicht ausreichen wird, um ein geordnetes Verfahren zur Rollenspezialisierung und Kooperation zu garantieren. Zudem sollte die deutsch-französische Kooperation für die Schaffung gemeinsamer Fähigkeiten weiter vertieft werden und für interessierte Partner offen sein.
(…)
c. Dieser Souveränitätsverzicht betrifft gerade den Bundestag mit seiner im europäischen Vergleich starken Mitspracherolle und sollte sich in einer Reform des Parlamentsvorbehalts bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr niederschlagen. Der Bundestag muss weiterhin das letzte Wort in Form eines Rückrufvorbehalts bei solchen Entscheidungen behalten. Es wäre jedoch ein deutliches Zeichen der Vertrauensbildung gegenüber unseren Partnern, das deutsche Entscheidungssystem zu flexibilisieren.
Empfehlung: Der Präsident des Deutschen Bundestages sowie die Führungen der Bundestagsfraktionen müssen einen Beratungsprozess zu dieser möglichen Flexibilisierung beginnen. Zu denken wäre an einen im Rahmen der jährlichen Debatte sicherheitspolitischer Richtlinien (s. 4a.) jeweils zu fassenden Parlamentsbeschluss für die Bereitstellung deutscher Soldaten und Fähigkeiten in integrierten Streitkräften, deren Einsatz dann einem einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates (oder des NATO-Rates) unterläge. So obläge der Exekutive das „Einsatzrecht“ und dem Bundestag als der Legislative das „Rückholrecht“.

Da sind sie, die Reizworte: Teilweiser Verzicht auf nationale Souveränität und Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Was zwar gerade bei hoch-integrierten Verbänden wie AWACS und, wenn es denn mal kommt, dem Alliance Ground Surveillance System ebenso sinnvoll wäre wie, operationell betrachtet, bei den EU-Battlegroups – wenn Deutschland schon in NATO oder EU grundsätzlich dem Einsatz dieser assets zustimmt, ist schwer zu vermitteln, warum die nationalen deutschen Anteile daran blockiert werden…

In der Theorie scheint die Union da mit der großen Oppositionspartei SPD weitgehend in die gleiche Richtung zu marschieren. Hatte doch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel im März in einer Grundsatzrede betont:

Wir Sozialdemokraten sind dazu bereit, zusammen mit den anderen demokratischen Parteien des deutschen Bundestages ein starkes Signal an unsere europäischen Partner auszusenden:
„Deutschland ist bereit, auch unter Änderung seines Grundgesetzes, für die Realisierung einer handlungsfähigen gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und damit verbunden des Fernziels einer Europäischen Armee einzutreten.“
(…)
Wenn wir uns im Jahr 2050 in einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wiederfinden wollen, müssen wir bereit sein, unsere sicherheits- und verteidigungspolitischen Ziele abzustimmen. Auch wenn es schwer fällt, müssen wir bereit sein, wie schon zuvor in anderen Politikbereichen, auch im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich Schritt für Schritt Souveränität abzugeben.

In der Praxis allerdings scheinen beide große Parteien noch weit voneinander entfernt – die Reaktion des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Gernot Erler heute auf das Papier der beiden CDU-Politiker:

Der Vorschlag der CDU-Aussenpolitiker Schockenhoff und Kiesewetter, das Parlamentsbeteiligungsgesetz zu einem”Einsatzrecht” der Bundesregierung und zu einem “Rückholrecht” des Bundestages umzuwandeln, ist ein Angriff auf elementare Rechte des Deutschen Bundestages.
Zur Erinnerung: Bereits 1994 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass grundsaetzlich jeder bewaffnete Einsatz der Bundeswehr im Ausland der Zustimmung des Bundestages bedarf. Bestätigt wurde dieses Urteil durch eine Entscheidung von 2008, als das oberste deutsche Gericht befand, dass der Parlamentsvorbehalt immer dann gelte, “wenn nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang in den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffneten Auseinandersetzungen konkret zu erwarten ist”.
(…) Das Parlamentsbeteiligungsgesetz zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität aus und regelt die unterschiedlichen Formen der Mitwirkung bereits heute. So ist eine konstitutive Beteiligung des Bundestages beim Einsatz deutscher Soldaten, die in internationalen Stäben ausserhalb des Einsatzgebietes ihren Dienst leisten, nach geltender Rechtslage nicht erforderlich.
(…)
Die Argumentation der Union erfolgt nach einem altbekannten Muster: Es wird ein Popanz aufgebaut, um dann im Gegenzug elementare Parlamentsrechte zu schleifen. Das werden wir nicht hinnehmen, sondern alles daran setzen, dass auch in Zukunft der Einsatz deutscher Soldaten im Ausland demokratisch und parlamentarisch legitimiert sein muss.

Nach einer parteiübergreifenden Einigung klingt das nicht.

Das Papier zum Herunterladen: http://augengeradeaus.net/wp-content/uploads/2012/06/GSVP-Papier-Schockenhoff-Kiesewetter.pdf

Der oben genannte Roderich Kiesewetter hat sich zu Beginn damit bekannt gemacht national gesinnte Mitglieder im VdrBw (dessen Präsident er ist) in einer wilden Hexenjagd aus dem Verband zu werfen. Weiterhin schrieb er in dem Blog Augen geradeaus folgendes Kommentar:


@sun tzu: Ihre sicherheitspolitische Analyse ist nicht schlecht. Sie leidet aber unter Ihrer Perzeption von Abgeordneten. Meine Informationsbörse sind Marktplatzgespraeche in sämtlichen Orten meines Wahlkreises, BuergerInnengespraeche. Als Abgeordneter bin ich so was von frei wie in kaum einem anderen Beruf, lesen Sie mal Artikel 38 GG. Deswegen verstehe ich Ihren Beitrag als subtile Polemik und ermuntere Sie, Ihr Bild zu revidieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Abgeordneter/Ihre Abgeordnete sich so verhält. Übrigens war ich als Kommandeur ein Fan freien Denkens, meine Traditionslinien beinhalten u.a. Scharnhorst, von Stein, Gneisenau und Niklas Luhmann, offensichtlich weit von Ihrer Erfahrungswelt entfernt. Hierarchien habe ich immer als Herausforderung und nie als Gegebenes betrachtet. Deshalb war ich auch so frei, meinen bisherigen Beruf aufzugeben. Gruß RK

Grund für dieses Kommentar war die Skepsis des Nutzer Sun Tzu am Papier des Kiesewetter. Wie die Wortwahl schon zeigt wurde dieser Nutzer durch den Kiesewetter aufs äusserste arrogant und herablassend behandelt. Ebenso zeigt das Wort BuergerInnengespraeche wessen Geistes Kind dieser Kiesewetter ist.

Zur Person Roderich Kiesewetter:


Roderich Kiesewetter (* 11. September 1963 in Pfullendorf) ist ein deutscher Politiker (CDU) und ausgebildeter Generalstabsoffizier (Oberst a.D.). Bei der Bundestagswahl 2009 wurde er im Wahlkreis Aalen – Heidenheim als Direktkandidat in den Deutschen Bundestag gewählt.


Nach dem Abitur 1982 am Hariolf-Gymnasium in Ellwangen an der Jagst absolvierte Kiesewetter die Offizierausbildung der Bundeswehr in der Artillerietruppe und studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität der Bundeswehr München und der University of Texas in Austin (Texas) mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann (1986). Von 1995 bis 1997 erhielt er seine Generalstabsausbildung und nahm danach Leitungs- und Stabsaufgaben unter anderem beim Europäischen Rat in Brüssel, beim NATO-Hauptquartier in Brüssel und Mons sowie beim Bundesministerium der Verteidigung in Bonn war. Daneben war er als Bataillonskommandeur tätig.

Im Oktober 2006 wurde er zum Oberst befördert und war Büroleiter von Rainer Schuwirth und anschließend von Karl-Heinz Lather im NATO-Hauptquartier Europa (SHAPE) in Mons. Im April 2009 wurde er in das Kommando operative Führung Eingreifkräfte nach Ulm versetzt.

Seit der konstituierenden Sitzung des 17. Deutschen Bundestages am 27. Oktober 2009 ist er Oberst a.D.

Roderich Kiesewetter ist seit 1991 verheiratet und Vater eines Sohnes und einer Tochter.[1] Seit Juli 2009 wohnt er in Aalen.


Kiesewetter ist unter anderem Mitglied in der Deutsch-Britischen Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP e. V.), in der Europa-Union Deutschland, im Lions-Club sowie im Verband der Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereine Unitas. Im Deutschen Bundestag ist er Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag.

Seit dem 11. November 2011 ist er Präsident des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, in dem er bereits seit 2010 Stellvertreter des Präsidenten Gerd Höfer war.

http://www.ostalbkreis.de/sixcms/media.php/18/kiesewetter-roderich.jpg

Bulldog
08.06.2012, 18:57
Wer für diese Bunte Republik Kanakistan als Polizist oder Soldat seine Birne hinhält, ist ein armes Schwein.

Sterntaler
08.06.2012, 19:16
Wer für diese Bunte Republik Kanakistan als Polizist oder Soldat seine Birne hinhält, ist ein armes Schwein.

:top:

mick31
08.06.2012, 19:35
Wie vor 250 Jahren als deutsche Provinzfürsten ihre Söldner in alle Welt verkauft haben??
So tief ist Deutschland schon gesunken.
Dabei hat man übersehen das die Bundeswehr vor 25 Jahren mit der heutigen "Armee" den Boden aufwischen würde.

Xarrion
08.06.2012, 19:40
Wie vor 250 Jahren als deutsche Provinzfürsten ihre Söldner in alle Welt verkauft haben??
So tief ist Deutschland schon gesunken.
Dabei hat man übersehen das die Bundeswehr vor 25 Jahren mit der heutigen "Armee" den Boden aufwischen würde.

Du hast leider vollkommen recht.
Die heutige Bundeswehr hat mit einer Armee nichts mehr zu tun.
Die Bw ist nur noch ein gendergerechter Kindergarten ohne jeglichen Kampfwert.