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Vollständige Version anzeigen : Türkei - weitere Schritte hin zur Islamisierung



Bettmaen
04.06.2012, 10:35
In der Türkei ist ein neuer Streit über das Abtreibungsrecht entbrannt. Ministerpräsident Erdogan will die seit bald 30 Jahren geltende liberale Regelung kippen. Öffentlich bezeichnete er Schwangerschaftsabbrüche als Mord. Nun gehen die Frauen auf die Straße.


Doch nicht nur Feministinnen oder Frauenaktivistinnen protestieren, auch die Ärztekammer und der Gynäkologenverband wandten sich mit scharfen Protestnoten gegen das beabsichtigte Abtreibungsverbot. Mehr als 70.000 tote Frauen weltweit seien jedes Jahr in den Ländern zu beklagen, die Abtreibungen verbieten und Frauen damit in die Arme von Kurpfuschern treiben, rechneten die Gynäkologen der Regierung vor. Vor der Aufhebung des Verbotes 1983 seien auch in der Türkei jedes Jahr mehrere tausend Frauen durch einen unsachgemäßen Eingriff gestorben.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-will-liberales-abtreibungsrecht-verschaerfen-a-836738.html

Was will Erdogan machen, wenn die Frauen nach Bulgarien oder Georgien fahren, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen? Will er sie dann wegen Mordes anklagen, wenn Angehörige oder Nachbarn sie anzeigen?

Das geplante Abtreibungsverbot mag zunächst genauso wenig Mißtrauen auslösen wie das strenge Abtreibungsrecht in Irland oder Polen, aber im Gesamtzusammenhang betrachtet, ist ein weiterer Schritt zur Islamisierung der türkischen Staates und der Öffentlichkeit.

Auch wie mit den Demonstrantinnen umgesprungen wurde, zeigt, dass die Türkei meilenweit von einer Demokratie entfernt ist.

Zero
04.06.2012, 10:39
In der Abtreibungsfrage bin ich ausnahmsweise mit Erdogan einer Meinung.

Es ist schlicht und einfach Mord.

-jmw-
04.06.2012, 11:28
Öffentlich bezeichnete er Schwangerschaftsabbrüche als Mord.
:top:

Bettmaen
04.06.2012, 12:00
Der Moralapostel Erdogan mag Abtreibungen verbieten. Dann erfahren die Kurpfuscher in Anatolien und die Ärzte in den Nachbarstaaten halt einen Boom. Die Folge wird sein, dass auch viele Frauen sterben, wenn sie sich an Kurpfuscher wenden oder die Abtreibung in eigene Hand nehmen.

-jmw-
04.06.2012, 18:09
Der Moralapostel Erdogan mag Abtreibungen verbieten. Dann erfahren die Kurpfuscher in Anatolien und die Ärzte in den Nachbarstaaten halt einen Boom. Die Folge wird sein, dass auch viele Frauen sterben, wenn sie sich an Kurpfuscher wenden oder die Abtreibung in eigene Hand nehmen.
Du legalisierst ja auch nicht den Beruf des Profikillers, weil "Ungelernte" beim Töten ihrer Mitmenschen Kollateralschäden verursachen könnten, oder?

Bettmaen
04.06.2012, 19:41
Du legalisierst ja auch nicht den Beruf des Profikillers, weil "Ungelernte" beim Töten ihrer Mitmenschen Kollateralschäden verursachen könnten, oder?
Eine erstklassige Replik, der ich nicht viel entgegensetzen kann, außer dass die Tötung von unfertigem Leben, manche sprechen auch von Zellhaufen, nicht mit dem Mord an geborenen Menschen zu vergleichen ist.

Sehr diffizil.

-jmw-
04.06.2012, 19:56
Eine erstklassige Replik, der ich nicht viel entgegensetzen kann, außer dass die Tötung von unfertigem Leben, manche sprechen auch von Zellhaufen, nicht mit dem Mord an geborenen Menschen zu vergleichen.

Sehr diffizil.
Es mag durchaus eine derjenigen Fragen sein, die beantwortet werden kann nur mit einem Vergleich der jeweiligen Bewaffnungsstärke.

Bienenstich
04.06.2012, 20:28
In der Abtreibungsfrage bin ich ausnahmsweise mit Erdogan einer Meinung.

Es ist schlicht und einfach Mord.

Bist ein Mann, oder? Da ist das urteilen aus dem Elfenbeinturm schön einfach...

-jmw-
04.06.2012, 20:43
Bist ein Mann, oder? Da ist das urteilen aus dem Elfenbeinturm schön einfach...
Könnt man von der Frau auch sagen, die sich schliesslich nicht in ihrem eigenen Uterus befindet.

Bienenstich
04.06.2012, 20:46
Könnt man von der Frau auch sagen, die sich schliesslich nicht in ihrem eigenen Uterus befindet.

Geile Argumentation.:umkipp:

-jmw-
04.06.2012, 21:12
Geile Argumentation.:umkipp:
Man muss sich fragen: Ist die Entfernung des Betroffenseins von Mann und Frau bei einer Schwangerschaft gar geringer, als die Entfernung von Frau von Kind bei einer Abtreibung?

Bettmaen
04.06.2012, 21:27
Man muss sich fragen: Ist die Entfernung des Betroffenseins von Mann und Frau bei einer Schwangerschaft gar geringer, als die Entfernung von Frau von Kind bei einer Abtreibung?
In der Praxis denkt der Mann oder, um nicht zu verallgemeinern: denken viele Männer gar nicht an die Folgen eines Beischlafes. Wenn es dann so weit ist, steht sie mit dem Braten in der Röhre alleine da. Oftmals ist sie noch sehr jung. In Anatolien wird der Druck des Elternhauses und übrigen Verwandten noch stärker sein.

Natürlich kann man sagen: Ätsch! Hätteste Dir vorher überlegt! Nur hilft man den Betroffenen damit überhaupt nicht. Ein unerwünschtes Kind wird wohl kaum ein glückliches Leben führen. Man tut niemandem etwas Gutes.

-jmw-
04.06.2012, 21:41
In der Praxis denkt der Mann oder, um nicht zu verallgemeinern: denken viele Männer gar nicht an die Folgen eines Beischlafes. Wenn es dann so weit ist, steht sie mit dem Braten in der Röhre alleine da. Oftmals ist sie noch sehr jung. In Anatolien wird der Druck des Elternhauses und übrigen Verwandten noch stärker sein.
Geht mir am Pöscher vorbei, ob der Mann an die Folgen denkt.
Wird er zum Vater, trägt er Verantwortung.
Kommt er dieser nicht nach, wird er gezwungen.
Will er das nicht, soll er vorher die Büx anbehalten! :)
Gilt für Frauen genauso.


Natürlich kann man sagen: Ätsch! Hätteste Dir vorher überlegt! Nur hilft man den Betroffenen damit überhaupt nicht. Ein unerwünschtes Kind wird wohl kaum ein glückliches Leben führen. Man tut niemandem etwas Gutes.
Ich sehe es nicht als meine Aufgabe noch als die des Staates, den "Betroffenen" zu "helfen".
Sondern er soll einen Mord verhindern.
Wenn die Täter dadurch unglücklich werden, können sie sich ja später aufhängen oder von einer Brücke stürzen, das ist mir gleich, kann mich nicht um alles kümmern.
Hauptsache ist, das Kind lebt.
Der Rest ist nachrangig.

(Und bevor hier einer mit dem "Mein Körper gehört mir"-Scheiss ankommt: Solange weitgehende Rauschmittelprohibition gilt, ist das Argument für'n Arsch.)

Houseworker
04.06.2012, 21:47
Dann haben die Engelmacherinnen bald in der Türkei Hochkonjunktur!
Na toll! Es lebe der Fortschritt!

wobbels
05.06.2012, 00:26
@ -jmw-:

Nicht, daß ich Dir emotional nicht weitestgehend zustimmen würde aber bspw. hier:


[...]Wird er zum Vater, trägt er Verantwortung.[...]
Wieso trägt ein Mann für seinen Nachwuchs Verantwortung? Welche?
Du legst hier ein persönliches Meinungsbild als Grundlage allgemeinverbindlicher Normen vor

Ich sehe es nicht als meine Aufgabe noch als die des Staates, den "Betroffenen" zu "helfen".
Sondern er soll einen Mord verhindern.
Wenn die Täter dadurch unglücklich werden, können sie sich ja später aufhängen oder von einer Brücke stürzen, das ist mir gleich, kann mich nicht um alles kümmern.
Hauptsache ist, das Kind lebt.
Der Rest ist nachrangig.Spätestens hier aber legst Du doch der Gesellschaft wieder die Verantwortung für das Kind auf.
Oder darf der Säugling dann selbstbestimmt verhungern?

(Und bevor hier einer mit dem "Mein Körper gehört mir"-Scheiss ankommt: Solange weitgehende Rauschmittelprohibition gilt, ist das Argument für'n Arsch.)Nunja, die Argumentation geht ja wohl nach hinten los.

Unabhängig von sozialen und gesellschaftlichen Ursachen ist es auch in der Natur ein Faktum, daß viele erstgebärende Wildtiere ihren Nachwuchs töten.
In Zoos werden vielen Erstgebärenden deswegen die Würfe vorenthalten und später unter Anleitung anvertraut.

Das ist alles nicht nett, aber das ist die Natur sowieso nur bei romantisch Verklärten.

Ich persönlich stehe auf dem Standpunkjt: Was kommt, wird auch gewickelt. Aber:
Ein universelles Abtreibungsverbot ist genauso hilfreich wie eine allgemeine Prohibition.

Es bekämpft nicht mal Symptome.

-jmw-
05.06.2012, 12:43
@ -jmw-:

Nicht, daß ich Dir emotional nicht weitestgehend zustimmen würde aber bspw. hier:

[quote]Wieso trägt ein Mann für seinen Nachwuchs Verantwortung? Welche?
Du legst hier ein persönliches Meinungsbild als Grundlage allgemeinverbindlicher Normen vor
Ich bin geneigt, zu antworten mit der Gegenfrage: Warum nicht?
Dass er als Erzeuger und also Miturheber oder Mittäter Verantwortung trägt, scheint mir erstmal die naheliegende Lösung.
Wir könnten ebenso fragen: Wieso trägt die Mutter eine Verantwortung für den Nachwuchs?
Zur Zeugung gehören eben zwei, ein Mann und eine Frau, und was wäre angemessener, als den beiden dann auch die Aufgabe zuzuweisen, sich um das Ergebnis ihrer Handlung zu kümmern?
Wer sollte es auch sonst tun?
Die Nachbarn?
Der Papst?
Lieschen Müller?
Kinder müssen erzogen und versorgt werden, irgendwer muss das tun, passenderweise die, die verantwortlich zeichnen dafür, dass das Kind überhaupt da ist.
Also auch er Vater.

(Ausnahme: Besteht eine Abmachung, explizit oder implizit, dass er sich für den Fall einer Schwangerschaft als Ergebnis des Verkehrs nicht kümmern muss, muss er freilich auch nicht.
Gilt analog für die Mutter.)


Spätestens hier aber legst Du doch der Gesellschaft wieder die Verantwortung für das Kind auf.
Oder darf der Säugling dann selbstbestimmt verhungern?
Jain.
Ganz am Ende jeder Kette von Überlegungen muss sich immer irgendwer bewusst entscheiden, sich um den Säugling zu kümmern.
Auch eine staatliche Einrichtung kann dies ja nur, weil die Leute lieber für sie Steuern zahlen, bspw. ins Gefängnis zu gehen.
Würden morgen alle Deutschen auswandern, und dabei ein einziges Kind hier im Lande zurücklassen, täten diesem seine "Rechte" auf Unterstützung durch den Staat auch nicht helfen.

Sowas geschieht aber nicht, und in einer halbwegs funktionierenden Gesellschaft, sowieso einer mit unserem Wohlstandsniveau, sind verhungernde Waisen odgl. dann eben doch eine Seltenheit.
Das würde sich m.E. auch nicht ändern, gäbe es tatsächlich keine Verpflichtung, sich um die Kinder anderer zu kümmern.

Zumal uns derartige rechtstheoretische Überlegungen derzeit ja eh nicht interessieren brauchen, denn es gibt ja einen Sozialstaat.


Nunja, die Argumentation geht ja wohl nach hinten los.
Inwiefern dies?
(Ich find sie nämlich geradezu genial. :D)


Unabhängig von sozialen und gesellschaftlichen Ursachen ist es auch in der Natur ein Faktum, daß viele erstgebärende Wildtiere ihren Nachwuchs töten.
In Zoos werden vielen Erstgebärenden deswegen die Würfe vorenthalten und später unter Anleitung anvertraut.

Das ist alles nicht nett, aber das ist die Natur sowieso nur bei romantisch Verklärten.

Ich persönlich stehe auf dem Standpunkjt: Was kommt, wird auch gewickelt. Aber:
Ein universelles Abtreibungsverbot ist genauso hilfreich wie eine allgemeine Prohibition.

Es bekämpft nicht mal Symptome.
Ich glaube tatsächlich, denn Leuten, die dadurch nicht gekillt werden, hülfe das sogar ungemein! :]

wobbels
05.06.2012, 13:59
Ich bin geneigt, zu antworten mit der Gegenfrage: Warum nicht?
Dass er als Erzeuger und also Miturheber oder Mittäter Verantwortung trägt, scheint mir erstmal die naheliegende Lösung.
Wir könnten ebenso fragen: Wieso trägt die Mutter eine Verantwortung für den Nachwuchs?
Zur Zeugung gehören eben zwei, ein Mann und eine Frau, und was wäre angemessener, als den beiden dann auch die Aufgabe zuzuweisen, sich um das Ergebnis ihrer Handlung zu kümmern?
Wer sollte es auch sonst tun?
Die Nachbarn?
Der Papst?
Lieschen Müller?
Kinder müssen erzogen und versorgt werden, irgendwer muss das tun, passenderweise die, die verantwortlich zeichnen dafür, dass das Kind überhaupt da ist.
Also auch er Vater.Wie gesagt, emotional bzw. aufgrund persönlicher Überzeugung bin ich da auf Deiner Seite.
Nur eine Begründung ist das immer noch nicht.
Denn die konsequente Rückfrage nach der Mutter ist in der Tat auch nicht beantwortet.

Jegliche Verpflichtung gegenüber den eigenen Kindern kann eigentlich nur gesellschaftlich oder aufgrund persönlicher Überzeugung begründet werden.
Persönliche Überzeugung ist schön und gut, aber gesellschaftliche Verpflichtungen sind dabei lediglich Gruppenzwang.

Auch wenn ich von der kollektiven Kindessorge nicht viel halte (vor allem nicht in unseren Gesellschaftssystemen), wäre sie doch ein genauso tragfähiges Konzept.

[...]Würden morgen alle Deutschen auswandern, und dabei ein einziges Kind hier im Lande zurücklassen, täten diesem seine "Rechte" auf Unterstützung durch den Staat auch nicht helfen.
Genau. Recht (Theorie) und Wirklichkeit (Praxis) sind nicht deckungsgleich.
[...]
Inwiefern dies?
(Ich find sie nämlich geradezu genial. :D)
Weil die Mißachtung des Verfügungsrechtes des eigenen Körpers im Einen Fall besser nicht als Begründung für eine weitere Mißachtung dieses Rechtes im anderen Fall herangezogen werden sollte?

Ich glaube tatsächlich, denn Leuten, die dadurch nicht gekillt werden, hülfe das sogar ungemein! :]
Inwieweit hilft es einem abgetriebenen Kind, daß die Abtreibung verboten war?

Tötungsdelikte sind allgemein schon lange verboten - das Verbot hilft den Opfern allerdings wenig.
Daß sich aufgrund des Verbotes (oder der Strafbemessung) die Fallzahlen signifikant verringern, müßte erst dargelegt werden.

Vergleiche unterschiedlicher Gesellschaftsformen legen jedoch den Schluß nahe, daß gesellschaftliche Rahmenbedingungen wesentlich mehr auf die Fallzahlen wirken, als Verbote.

JensVandeBeek
05.06.2012, 14:01
http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-will-liberales-abtreibungsrecht-verschaerfen-a-836738.html

Was will Erdogan machen, wenn die Frauen nach Bulgarien oder Georgien fahren, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen? Will er sie dann wegen Mordes anklagen, wenn Angehörige oder Nachbarn sie anzeigen?

Das geplante Abtreibungsverbot mag zunächst genauso wenig Mißtrauen auslösen wie das strenge Abtreibungsrecht in Irland oder Polen, aber im Gesamtzusammenhang betrachtet, ist ein weiterer Schritt zur Islamisierung der türkischen Staates und der Öffentlichkeit.

Auch wie mit den Demonstrantinnen umgesprungen wurde, zeigt, dass die Türkei meilenweit von einer Demokratie entfernt ist.

Was hat Abtreibung das mit "Islamisierung" zu tun?

JensVandeBeek
05.06.2012, 14:05
Ob Ratzinger den Erdogan bereits gratuliert hat ?

Nachbar
05.06.2012, 14:34
Nachbar6245

Was hat Abtreibung das mit "Islamisierung" zu tun?

Ich hypothete daß das Verbot der Abtreibung des noch nicht geborenen Lebens als Rückständig und Zurückgeblieben betrachtet wird.

Es könnte jedoch auch umgekehrt sein.

Bettmaen
05.06.2012, 14:45
Was hat Abtreibung das mit "Islamisierung" zu tun?
Hatte ich schon auf der ersten Seite dieses Stranges beantwortet.


[...]


Das geplante Abtreibungsverbot mag zunächst genauso wenig Mißtrauen auslösen wie das strenge Abtreibungsrecht in Irland oder Polen, aber im Gesamtzusammenhang betrachtet, ist es ein weiterer Schritt zur Islamisierung der türkischen Staates und der Öffentlichkeit.

Auch wie mit den Demonstrantinnen umgesprungen wurde, zeigt, dass die Türkei meilenweit von einer Demokratie entfernt ist.

JensVandeBeek
05.06.2012, 14:46
Hatte ich schon auf der ersten Seite dieses Stranges beantwortet.

Hab wohl übersehen, Danke !

Bettmaen
05.06.2012, 14:48
Hab wohl übersehen, Danke !
Macht nichts, keine Ursache.

-jmw-
05.06.2012, 17:10
Was hat Abtreibung das mit "Islamisierung" zu tun?
Ihr Ende ist einer der Vorteile einer Islamisierung? :)

Gryphus
05.06.2012, 17:14
In dieser Frage bin ich moralisch mit Erdogan, aus einer egoistischen Perspektive heraus wären weniger Türken aber gut für die Umwelt. :D

Ich bin trotzdem dafür.

-jmw-
05.06.2012, 17:26
Wie gesagt, emotional bzw. aufgrund persönlicher Überzeugung bin ich da auf Deiner Seite.
Nur eine Begründung ist das immer noch nicht.
Denn die konsequente Rückfrage nach der Mutter ist in der Tat auch nicht beantwortet.

Jegliche Verpflichtung gegenüber den eigenen Kindern kann eigentlich nur gesellschaftlich oder aufgrund persönlicher Überzeugung begründet werden.
Persönliche Überzeugung ist schön und gut, aber gesellschaftliche Verpflichtungen sind dabei lediglich Gruppenzwang.

Auch wenn ich von der kollektiven Kindessorge nicht viel halte (vor allem nicht in unseren Gesellschaftssystemen), wäre sie doch ein genauso tragfähiges Konzept.
Ich stimme Dir insoweit zu, als dass es die Gesellschaft ist, die Tradition oder, wo's hier ja um Rechte und Pflichten geht, gewissermassen das Gewohnheitsrecht ist, welches den Eltern oder anderen Personen das Kind zuweist.
In unserem Kulturkreis ist es eben üblich, zunächst den biologischen Eltern die - für das Kind ja notwendige - Erziehungspflicht zuzuweisen.
Man könnte das auch anders handhaben;
und viele Kulturen tun das ja auch, da kommt das Kind dann ins Frauenhaus, bis es 6, 8, 10 ist und zu den Männern zieht.
Falsch oder richtig ist das nicht, sondern eine nichtmoralische Frage der Üblichkeit.

Allerdings bleibe ich dabei, dass im Rahmen unserer Kultur der Vater eine Verpflichtung hat, eben genau aus dem Grunde, als dass nach unserem, Verständnis erstmal die Eltern zuständig sind für ein Kind.
Dass das nur die Mutter betreffen sollte, sehe ich nicht.
Die Begründung, den Vater hinzuzuziehen, ist also erstmal die mangelnde Sinnhaftigkeit der anderen Alternativen.


Genau. Recht (Theorie) und Wirklichkeit (Praxis) sind nicht deckungsgleich.
Stimmt.


Weil die Mißachtung des Verfügungsrechtes des eigenen Körpers im Einen Fall besser nicht als Begründung für eine weitere Mißachtung dieses Rechtes im anderen Fall herangezogen werden sollte?
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich es halten soll in dieser Frage.
Ich finde nämlich die mögliche Antwort, dass jemand, der mein Verfügungsrecht auf meinen Körper einschränkt, damit sein Verfügungsrecht über seinen Körper in gleicher Weise mindert, garnichtmal weit hergeholt.
Allgemeiner: Man hat diejenigen Rechte, die man anderen zugesteht.
Aber, wie gesagt, sicher bin ich mir da noch nicht.


Inwieweit hilft es einem abgetriebenen Kind, daß die Abtreibung verboten war?

Tötungsdelikte sind allgemein schon lange verboten - das Verbot hilft den Opfern allerdings wenig.
Daß sich aufgrund des Verbotes (oder der Strafbemessung) die Fallzahlen signifikant verringern, müßte erst dargelegt werden.

Vergleiche unterschiedlicher Gesellschaftsformen legen jedoch den Schluß nahe, daß gesellschaftliche Rahmenbedingungen wesentlich mehr auf die Fallzahlen wirken, als Verbote.
Zumindest würde eine Erschwerung der Abtreibung bei Erleichterung alternativer Möglichkeiten, das Kind (nach der Gerburt!) loszuwerden, helfen.

So weit zu gehen wie ich, und den Infantizid einfach als Mord zu verfolgen und mit der Todesstrafe zu beantworten, muss man ja nicht gehen. :))

Bienenstich
05.06.2012, 19:54
Man muss sich fragen: Ist die Entfernung des Betroffenseins von Mann und Frau bei einer Schwangerschaft gar geringer, als die Entfernung von Frau von Kind bei einer Abtreibung?

Mir fehlt die Betroffenheitsbefähigung eines nicht denkfähigen Fötus. Und die Empatie für die Wesen, die die Kinder austragen.

-jmw-
05.06.2012, 20:24
Mir fehlt die Betroffenheitsbefähigung eines nicht denkfähigen Fötus.
Verstehe ich nicht.
Inwiefern betrifft der Vorgang den Fötus denn nicht, nur weil der nicht denken kann? ?(


Und die Empatie für die Wesen, die die Kinder austragen.
Mein möglicherweise vorhandenes Mitgefühl für etwaige Notlagen werdender Mütter hat allerdings wenig bis garnix zu tun mit der Frage danach, ob's okay ist, Leute zu zerschreddern odgl. mehr.

wobbels
05.06.2012, 20:40
Vollzitat
So ganz anarchistisch bist Du ja gar nicht. Zumindest versteh ich etwas anderes darunter.

Aus meiner Sicht hat sich in den letzten Jahren der erfreuliche Ansatz entwickelt, Rechte und Pflichten von Vater und Mutter aus den Überlegungen zu streichen und als alleinige Grundlage aller Überlegungen die Rechte des Kindes anzusetzen.
Insofern ist natürlich auch das Recht auf Leben (aus meiner Sicht) zu gewährleisten.
Allerdings ist im Umkehrschluß eine Pflicht zur Austragung schwer zu begründen. Außerdem stellt sich die Frage, wie weit das gehen soll. Wird Verletzung der Aufsichtspflicht im Falle eines Unfalls zur Straftat? Liebende Eltern sind doch schon gestraft genug, die anderen kann man gar nicht so bestrafen, wie sie es verdienten.

Zwei Punkte etwas detailierter:


[...]
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich es halten soll in dieser Frage.
Ich finde nämlich die mögliche Antwort, dass jemand, der mein Verfügungsrecht auf meinen Körper einschränkt, damit sein Verfügungsrecht über seinen Körper in gleicher Weise mindert, garnichtmal weit hergeholt.
Allgemeiner: Man hat diejenigen Rechte, die man anderen zugesteht.
Aber, wie gesagt, sicher bin ich mir da noch nicht.
[...]
Kling ein wenig nach: Wie Du mir, so ich Dir.
Aber es ist ja der Gesetzgeber, der das Verfügungsrecht einschränkt - und der hat keinen physischen Körper.
Ob man diesem das Einschränkungsrecht zubilligt, steht auf einem anderen Blatt, aber das Aufwägen hier geht am Thema vorbei.
Außerdem bin ich mir nicht so sicher, ob die "mein Bauch gehört mir"-Fraktion tatsächlich mehrheitlich für die Einschränkung des Rechtes auf die Verfügbarkeit des eigenen Körpers bezüglich des anderen Themas ist.

Zum Verbot:

Zumindest würde eine Erschwerung der Abtreibung bei Erleichterung alternativer Möglichkeiten, das Kind (nach der Gerburt!) loszuwerden, helfen.

So weit zu gehen wie ich, und den Infantizid einfach als Mord zu verfolgen und mit der Todesstrafe zu beantworten, muss man ja nicht gehen. :))
Ich bin dafür, die Austragung und das Leben mit dem Kind zu erleichtern. Todesstrafen lehne ich prinzipiell ab.
Ein Verbot bewirkt aus meiner Sicht direkt die Schaffung eines illegalen Marktes, der - mit allen Konsequenzen - das gesellschaftliche Leben zusätzlich belastet (vor allem bei solch finalen Strafandrohungen, wie Du sie forderst).
Exzessives Sport treiben zu bewerten, wäre unter diesen Umständen auch schwierig.

Ich sehe schlicht keine Vorteile eines Verbotes.

Bienenstich
05.06.2012, 21:19
Verstehe ich nicht.
Inwiefern betrifft der Vorgang den Fötus denn nicht, nur weil der nicht denken kann? ?(


Mein möglicherweise vorhandenes Mitgefühl für etwaige Notlagen werdender Mütter hat allerdings wenig bis garnix zu tun mit der Frage danach, ob's okay ist, Leute zu zerschreddern odgl. mehr.

Betroffenheit setzt Denken voraus.
Due erwähntes "Betroffenheit" und nicht "Mitgefühl". Bring nix durcheinander, nur damit es in Deine Argumentation paßt.

-jmw-
05.06.2012, 21:50
Betroffenheit setzt Denken voraus.
Reden wir aneinander vorbei?
Bspw. der Hummer im Topf denkt zwar nicht, ist ja aber wohl einer, den der Vorgang des Kochens betrifft, oder?


Due erwähntes "Betroffenheit" und nicht "Mitgefühl". Bring nix durcheinander, nur damit es in Deine Argumentation paßt.
Die Empathie stammt von Dir, nicht von mir.