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Vollständige Version anzeigen : Gedanken des Herrn Gauck - bemerkenswert



SAMURAI
20.02.2012, 12:34
Gauck-Gespräch von 2010 "Die Leute müssen aus der Hängematte aufstehen"

19.02.2012, 23:33



Interview: Oliver Das Gupta und Thorsten Denkler (politik-online@sueddeutsche.de)

(politik-online@sueddeutsche.de) Wie tickt Joachim Gauck? In einem langen Gespräch gab der mutmaßliche neue Bundespräsident vor anderthalb Jahren umfassend Einblick in seine Gedankenwelt. Aus aktuellem Anlass: zeitlose Ansichten des Fünf-Parteien-Kandidaten über Patriotismus und Kapitalismus, außerdem Thilo Sarrazin und die Medienmacht.

Wie denkt Joachim Gauck (http://www.sueddeutsche.de/thema/Joachim_Gauck) über Präsidentenkritik, wie über Medienmacht? Was hält er wirklich von Thilo Sarrazin und vom Kapitalismus? Beging der Westen bei der Wiedervereinigung Fehler, und darf man stolz auf Deutschland sein? Zeitlose Fragen - beantwortet von Gauck im Oktober 2010, in einem langen Gespräch mit Süddeutsche.de. Nun bekommen die Ansichten des designierten Bundespräsidenten neue Aktualität, auf Twitter wird das anderthalb Jahre alte Interview wieder empfohlen. Wir publizieren es aus aktuellem Anlass erneut: Einblicke in die Gedankenwelt des mutmaßlichen elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland - wie der Mann tickt, der das Land künftig vertritt.
http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1006242.1329733609%21/image/image.jpg_gen/derivatives/560x315/image.jpgs (http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1006242.1329733609%21/image/image.jpg_gen/derivatives/860x860/image.jpg)
Ssüddeutsche.de: Herr Gauck, welches Deutschland wünschen Sie Ihrem Urenkel, wenn er in 20 Jahren erwachsen sein wird?


Joachim Gauck: Ich setze große Hoffnungen auf die nachwachsende Generation - dass sie aus diesem phasenweise negativen Nationalismus, also unbedingt kein Deutscher sein zu wollen, etwas Besseres macht. Dass es ein Ja gibt zu dem Raum und dem Ort, an dem man lebt, zu dem man ja sagen kann, weil es dafür gute Gründe gibt. Ich frage mich, wie lange wir Deutschen unsere Kultur des Verdrusses noch pflegen wollen.


SZ: Was muss sich dazu ändern?


Gauck: Die Leute müssen aus der Hängematte der Glückserwartung durch Genuss und Wohlstand aufstehen. Sie dürfen nicht erwarten, dass andere für sie agieren. Eine Gesellschaft wird umso zukunftsfähiger, je aktiver sich die Bürger darstellen. Die Hoffnung, dass wir durch Konsum allein glücklich werden und die Bürgerexistenz vernachlässigen können, die trügt.


SZ: In Ostdeutschland ist nur noch ein geringer Teil der Bevölkerung gläubig. Viele haben die Kirche verlassen. Ist das eine Folge der Konsumfixierung?


Gauck: Wir erleben in allen Industriegesellschaften, dass die traditionellen Bindungskräfte von Religionen schwach werden - und dass eine klassische Wertorientierung, wie sie das aufgeklärte Bürgertrum vertritt, ausdünnt. Es ist aber nicht ganz verlorengegangen.


SZ: Es geht uns zu gut?


Gauck: Es ist die Folge eines Lebens, das nicht mehr jeden Tag von neuem errungen ist. Das ist in Krisenzeiten oder Diktaturzeiten anders. Da braucht man einen Kern. Wenn es uns rundum gutgeht, ist die Herausforderung nicht so stark, sich definieren zu müssen. Das Leben vollzieht sich. Es ist angenehm, oft auch locker, unterhaltsam. Man merkt nur an bestimmten Bruchstellen: Es fehlt irgendwas. Es gibt in Wohlstandsgesellschaften das Gefühl, es ist alles okay, nur ich fühl' mich nicht okay. Es gibt einen Hunger nach Sinn.


SZ: Sind wir zu materialistisch?


Gauck: Ehrlich: Ja, das denke ich. Es liegt nicht nur an unserer Zeit - dass die Menschen schnellen Genuss wollen, um sich glücklich zu stellen, gehört zur dunklen Seite der menschlichen Existenz. Erich Fromm hat nach dem Kriege das Buch Furcht vor der Freiheit geschrieben. Er rät zu einem anderen Weg, zu einem Leben in Bezogenheit, in Solidarität, um einen abgegriffenen Ausdruck zu benutzen. Dabei sieht Fromm den Menschen nicht als Singulum, sondern als Zoon politicon.

SZ: Nach Aristoteles ist der Mensch dazu gemacht, in Gemeinschaft zu leben.


Gauck: Das zu begreifen, ist eine enorme Chance, glücklicher zu werden.


SZ: Wie bringen Sie das den Menschen bei, die Hartz IV empfangen und ihre Kinder nicht jeden Tag zur Schule bringen, weil sie keinen Sinn darin sehen?


Gauck: Erst einmal sage ich ihnen, dass es keine Tugend ist, wenn man dort sitzt, den ganzen Tag Zeit hat und den Gören kein Mittag macht. Das darf man auch kritisieren.


SZ: Das ist nicht der Punkt: Die Frage ist doch, wie man an diese Leute rankommt.


Gauck: Das kann Politik selten leisten. Das müssen Kumpels tun oder Leute, die in deren Nähe arbeiten. Neulich erzählte mir mein Fahrer von seinem Cousin, der mit den gesamten Sozialleistungen ungefähr 30 Euro weniger als er hat. Mein Fahrer muss aber fast immer um fünf Uhr aufstehen. Er sei der Dumme in der Familie, aber er sagte mir auch: "Ich kann das nicht, ich kann nicht so dasitzen." Da habe ich gesagt, dass er denen erzählen soll, wie gut er sich mit Arbeit fühlt. Wir sehen ja auch in den Kreisen der Hartz-IV-Empfänger Leute, die politisch aktiv sind und auf eine Demonstration gehen. In diesem Moment verändert sich schon ihr Leben. Sie zeigen Haltung. Das ist sehr viel wichtiger, als dafür zu sorgen, dass die Alimentierung immer rundum sicher ist.
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Sie lesen jetzt "Die Leute müssen aus der Hängematte aufstehen"
"Die Politik fürchtet, dass die Bevölkerung die Wahrheit nicht erträgt" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-2)
"Das Land mag kapitalistisch sein, aber es ist lernfähig" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-3)
"Die Leute durchschauen Medienmacht weniger als politische Macht" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-4)
"An der Sarrazin-Debatte krepiert das Land nicht" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-5)
"Ob die Medien gemein sind zum Präsidenten? Immer mal wieder, ja" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-6)
"Worauf die Neonazis stolz sind, hasse ich" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-7)
"Noch mal kandidieren? Eher unwahrscheinlich" (http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292-8)

Kein Wunder dass Merkel Gauck nicht mag. :2faces:

cajadeahorros
20.02.2012, 12:43
Erstaunlich wie es die Pfaffen immer wieder schaffen, Religion und Aufklärung in ein Interview zu packen.

ursula
20.02.2012, 12:45
es gibt männer, die wissend sind, nachdenken, selber schreiben... man nehme sich die zeit für dieses interview.... und noch einmal die neue Losung des Jahres:

Joachim Gauck: Ich setze große Hoffnungen auf die nachwachsende Generation - dass sie aus diesem phasenweise negativen Nationalismus, also unbedingt kein Deutscher sein zu wollen, etwas Besseres macht. Dass es ein Ja gibt zu dem Raum und dem Ort, an dem man lebt, zu dem man ja sagen kann, weil es dafür gute Gründe gibt. Ich frage mich, wie lange wir Deutschen unsere Kultur des Verdrusses noch pflegen wollen.

ursula
20.02.2012, 12:46
Erstaunlich wie es die Pfaffen immer wieder schaffen, Religion und Aufklärung in ein Interview zu packen.

und es gibt schreiberlinge, die mit den begriffen hinter dem komma gar nichts anfangen können.

SAMURAI
21.02.2012, 07:37
und es gibt schreiberlinge, die mit den begriffen hinter dem komma gar nichts anfangen können.

Was Gauck geschrieben hat ist mutig und unglaublich gut. Seine Worte werden in die Geschichte eingehen.

harlekina
21.02.2012, 07:54
Nicht nur Merkel mag Gauck nicht, auch die Linken, Teile der Grünen, die Piraten, die NPD...die suchen alle eigene Kandidaten.

Strandwanderer
21.02.2012, 08:31
Was Gauck geschrieben hat ist mutig und unglaublich gut. Seine Worte werden in die Geschichte eingehen.



Hast du es zur Abwechslung nicht mal 'n bißchen kleiner?

cajadeahorros
21.02.2012, 08:47
Nicht nur Merkel mag Gauck nicht, auch die Linken, Teile der Grünen, die Piraten, die NPD...die suchen alle eigene Kandidaten.

Von den in den Zeitungen angebotenen Kandidaten macht Gauck persönlich jetzt nicht den schlechtesten Eindruck (auch wenn neben dem völlig konturlosen Bürokraten Wullf selbst Schäuble ein "Gewinn" gewesen wäre - wenn ich mir die "Verbrechen" Wulffs so ansehe, war er ja selbst beim Bescheißen erbärmlich dürftig talentiert).

Trotzdem geht sein Gewäsch natürlich gar nicht, "Bürgerrechtler", die erst einmal Verzicht und Demut predigen, heiliger Bimbam!
Außerdem: "Bürgerrechtler" der DDR, die nicht wenigstens einige Wochen mal im Gefängnis saßen sind mir so suspekt wie "Kommunisten", deren Bücher von der FAZ gelobt werden. Oder Straßenschläger mit Freibrief.

SAMURAI
21.02.2012, 09:25
Hast du es zur Abwechslung nicht mal 'n bißchen kleiner?

Was willst DU eigentlich - stalken ?

SAMURAI
21.02.2012, 09:26
Von den in den Zeitungen angebotenen Kandidaten macht Gauck persönlich jetzt nicht den schlechtesten Eindruck (auch wenn neben dem völlig konturlosen Bürokraten Wullf selbst Schäuble ein "Gewinn" gewesen wäre - wenn ich mir die "Verbrechen" Wulffs so ansehe, war er ja selbst beim Bescheißen erbärmlich dürftig talentiert).

Trotzdem geht sein Gewäsch natürlich gar nicht, "Bürgerrechtler", die erst einmal Verzicht und Demut predigen, heiliger Bimbam!
Außerdem: "Bürgerrechtler" der DDR, die nicht wenigstens einige Wochen mal im Gefängnis saßen sind mir so suspekt wie "Kommunisten", deren Bücher von der FAZ gelobt werden. Oder Straßenschläger mit Freibrief.

Es ist fast schon ein Verbrechen, dass Gauck sich zu Deutschland bekennt.

FranzKonz
21.02.2012, 09:28
Nicht nur Merkel mag Gauck nicht, auch die Linken, Teile der Grünen, die Piraten, die NPD...die suchen alle eigene Kandidaten.

Was sehr für ihn spricht. ;)

Ich hätte gern einen Präsidenten, der ein paar Ecken und Kanten hat.

harlekina
21.02.2012, 11:15
Was sehr für ihn spricht. ;)

Ich hätte gern einen Präsidenten, der ein paar Ecken und Kanten hat.

Auch seine Lebensgefährtin wirkt auf mich sympathischer als die Wulffs Betti.

Houseworker
21.02.2012, 11:21
Erstaunlich wie es die Pfaffen immer wieder schaffen, Religion und Aufklärung in ein Interview zu packen.

Lies einfach das Interview und denke darüber nach. Leg Deine Abneigung für Pfaffen beiseite und urteile vorurteilsfrei! Bist Du dazu imstande?

cajadeahorros
21.02.2012, 11:24
Lies einfach das Interview und denke darüber nach. Leg Deine Abneigung für Pfaffen beiseite und urteile vorurteilsfrei! Bist Du dazu imstande?

Religion und Aufklärung schließen sich trotzdem aus, auch wenn es noch so oft in der Zeitung steht ("christliche Wurzeln der Aufklärung", sowas glaubt ja auch nur, wer weder eine Seite eines Aufklärers noch die liebe Reaktion der Kirche auf die Aufklärung zur Kenntnis genommen hat).

Entweder man ist aufgeklärt oder man glaubt an oder predigt über Himmelsgeister. Gauck glaubt - zumindest auf dem Papier - an Himmelsgeister, d.h. er glaubt - zumindest auf dem Papier - daß es "im Himmel" etwas gäbe, was "über" dem Menschen steht. Damit hat er an einer leitenden Position einer DEMOkratie nichts verloren, soll er sich eine schöne THEOkratie suchen. Hier geht es, ausnahmsweise, wirklich ums Prinzip, nicht darum, ob er ein schlauer oder netter Mensch ist.

Houseworker
21.02.2012, 11:30
Religion und Aufklärung schließen sich trotzdem aus, auch wenn es noch so oft in der Zeitung steht ("christliche Wurzeln der Aufklärung", sowas glaubt ja auch nur, wer weder eine Seite eines Aufklärers noch die liebe Reaktion der Kirche auf die Aufklärung zur Kenntnis genommen hat).

Entweder man ist aufgeklärt oder man glaubt an oder predigt über Himmelsgeister. Gauck glaubt - zumindest auf dem Papier - an Himmelsgeister, d.h. er glaubt - zumindest auf dem Papier - daß es "im Himmel" etwas gäbe, was "über" dem Menschen steht. Damit hat er an einer leitenden Position einer DEMOkratie nichts verloren, soll er sich eine schöne THEOkratie suchen. Hier geht es, ausnahmsweise, wirklich ums Prinzip, nicht darum, ob er ein schlauer oder netter Mensch ist.

Jeder darf das glauben, was er möchte. Auch Dir wird nichts vorgeschrieben. Insofern sei einfach tolerant!

Deutschmann
21.02.2012, 11:38
Auweia ... wetten dass jetzt schon welche dabei sind nach dreckiger Wäsche zu suchen?

Arthas
21.02.2012, 11:56
Es ist fast schon ein Verbrechen, dass Gauck sich zu Deutschland bekennt.

Der bekennt sich eben nicht zu Deutschland, sondern zum BRD-Patriotismus:


SZ: Sie wünschen sich mehr Begeisterung für das Land, auch mehr Patriotismus. Warum tun sich die Deutschen 20 Jahre nach der Wiedervereinigung und 65 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft damit noch so schwer?

Gauck: Ich leite den Verein Gegen das Vergessen - für Demokratie. Er wurde gegründet von Menschen, die nicht zuschauen wollten, wie rechte Chaoten wieder auf den Straßen herumlärmen, ohne dass Bürger dagegen etwas sagen. Sie finden hier Leute, die nie vergessen wollen, was Deutsche getan haben und wie wir Leid über uns und über andere gebracht haben. Wir wissen auch, was schuld war. Aber Schuld ist eine personale Dimension. Sie unschuldigen Generationen anzuhängen, ist ein törichtes pädagogisches und politisches Unterfangen. Viele aus der Achtundsechziger-Bewegung - und ich habe mich dazu phasenweise gerechnet - haben das gemacht. Wir haben gedacht, wir sind politisch nur korrekt, wenn wir auch Schuld empfinden.

SZ: Sie haben stellvertretend gebüßt für Ihre Elterngeneration.

Gauck: Richtig. So etwas kommt vor und hat auch seinen Sinn. Aber das Ganze muss in einer vernünftigen Lebensform münden und nicht in einer neurotischen Beschwörung des Unvermögens. Also Katharsis statt neurotisch fixierter Bußfertigkeit. Wirkliche Trauer ist etwas anderes als eine vorgetragene Trauergesinnung. Schuld ist etwas anderes als ausgelebte Schuldgefühle. In der Post-68er-Zeit hat sich das Land vertieft mit den Lasten der Vergangenheit auseinandergesetzt. Das war wichtig. Wir konnten uns danach als Nation besser vertrauen, als wir uns nicht mehr selbst belogen haben.

SZ: Sind Sie gerne Deutscher?

Gauck: Ich bin ein Nachkriegskind und empfand damals eine große Fremdheit gegenüber der eigenen Nation. Ich wollte kein Deutscher sein. Ich fand das so schmutzig. Aber es wurden danach Kinder geboren, die heute erwachsen sind. Sie sind aufgewachsen in einem Land, das im Westteil 60 Jahre Freiheit, Bürgerrechte, Menschenrechte, Herrschaft des Rechtes und aggressionsfreie Außenpolitik erlebt hat. Alle diese Güter sind nicht geträumt. Sie sind real. Und der andere Teil Deutschlands hat sich die Freiheit vor 20 Jahren selbst erstritten und den schönsten Satz der deutschen Politikgeschichte gelebt: "Wir sind das Volk." Und dann spielen wir manchmal ganz gut Fußball und exportieren Druckmaschinen in die ganze Welt. Wann hatte die Nation eigentlich einmal so eine Phase? Warum, zum Kuckuck, wollen wir dazu nicht ja sagen?

SZ: Die Rechtsextremen kapern Begriffe wie Heimat, Nation oder den Stolz, ein Deutscher zu sein. Macht es das nicht unmöglich, die Begriffe demokratisch positiv zu besetzen?

Gauck: Wenn die das sagen, dann wird mir schlecht. Als das anfing, dass die Rechten mit diesen Begriffen hantierten, da habe ich vor Wut gezittert. Worauf die stolz sind, das hasse ich. Ich bin aber stolz auf das, was die hassen. Diesen Stolz müssen wir ihnen entgegensetzen.

SZ: Ist Stolz in Verbindung mit Nation überhaupt der richtige Begriff?

Gauck: Wollen wir dieses normale Gefühl den Bekloppten überlassen? Na, ich hoffe doch nicht! Stolz ist ein Gefühl, das schnell hinüberkippen kann in Arroganz, da muss man aufpassen. Wenn aber der Handwerker sein Produkt fehlerfrei hergestellt hat, wenn der Musiker am Ende eines Konzertes alle begeistert hat, dann empfindet er Stolz. Stolz ist ein natürliches Gefühl. Wir dürfen uns mögen, für das, was wir können. Auch dieses Land. Aber wir brauchen dafür die jüngere Generation. Meine Generation kann das nicht, weil wir sofort in den Verdacht geraten, Kryptofaschisten zu sein.


SZ: Machen es uns die türkischstämmigen Deutschen vor, die bei der Fußball-WM Deutschlandfahnen schwenken?

Gauck: Viele meiner intellektuellen Gesprächspartner, die mit einem ähnlichen negativen Nationalgefühl aufgewachsen sind wie ich, waren entsetzt. Sie haben das als einen nationalistischen Rausch empfunden. Aber es waren am Ende nur Patrioten.

SZ: Oder einfach nur türkischstämmige Jugendliche mit Deutschlandfahnen.

Gauck: Ja. Johannes Rau hat gesagt, wir können Patrioten sein, denn ein Patriot liebt sein Vaterland. Der Nationalist aber, der hasst die Vaterländer der anderen. Der rechte Nationalismus braucht die Feindschaft zu den anderen Ländern. Wir, die wir unser Vaterland mögen, brauchen das nicht.

SZ: Kann ein so verstandener Patriotismus auch in der Integrationsfrage weiterhelfen?

Gauck: Ja, sicher. Aber dazu brauchen wir deutsche Bürger, die selber eine positive Beziehung zu diesem Land haben. Wenn wir gerne in diesem Land leben, dann können wir auch einladend sein. Ich sehe das aber noch nicht. Als ich in den Vereinigten Staaten war, bin ich auf Einwanderer getroffen, die innerhalb kürzester Frist begeistert waren von den USA, dieser so harten Gesellschaft. Sie sind stolz, Bürger dieses Landes zu sein. Dieses Bewusstsein hat sich tradiert in der US-amerikanischen Gesellschaft. Es gibt eine stärkere natürliche Bereitschaft, den Fremden als Teil der eigenen Umgebung zu akzeptieren. Da haben wir Nachholbedarf. Selbst in Europa gibt es Länder, die eine höhere Aufnahmebereitschaft haben als wir. Und das tut ihnen gut.

SZ: Ersetzt Aufnahmebereitschaft die Anforderung an die Einwanderer, sich anzupassen?

Gauck: Auch Einwanderer müssen ihren Beitrag leisten. Das ist eine Zumutung, die wir bestimmten Milieus etwa aus den ländlichen Gegenden im Osten der Türkei abverlangen müssen. Aber wir dürfen die Menschen nicht ruhigstellen durch Versorgung. Das perpetuiert Abhängigkeit. Demokratie ist auf Mitwirkung angelegt. Im Gegensatz zur linken Propaganda muss klar sein, das wir den Menschen nichts Böses tun, wenn wir ihre Mitwirkung stimulieren und fordern. Darum bin ich für aktivierende Sozialpolitik. Man kann auch mit bester Absicht etwas Ungutes tun. Wenn ein Vater oder eine Mutter ihre Liebe allein dadurch ausdrücken, dass sie ihren Kindern alles erlauben und alles geben, ziehen sie den Nachwuchs zu Egoisten heran.

SZ: Was machen Sie in fünf Jahren, Herr Gauck?

Gauck: Ich werde dann 75 Jahre alt sein und hoffentlich nicht mehr so ein anstrengendes Programm haben wie jetzt.

SZ: Sie werden also nicht noch mal antreten, um Bundespräsident zu werden?

Gauck: Das ist eher unwahrscheinlich. Ich sehe mich mehr als Bürger, der mitredet.

SZ: Wir sind gespannt und danken Ihnen für das Gespräch.

Insgesamt der übliche BRD-Tenor, nur etwas hübscher verpackt. Das ist nichts Revolutionäres sondern klar kalkuliert. Die Blockparteien wissen im Grunde ja genau, wie das Volk denkt und was es will. Nach Türken-Wulff will man mit Gauck mal wieder etwas Dampf aus dem Kessel lassen, eher er explodiert. (Was ja auch der eigendliche Grund für Wulffs Absetzung war.) Ändern wird sich dadurch nichts. So gesehen ist ein Gauck sogar wesentlich schlimmer als ein Wulff.

Strandwanderer
21.02.2012, 12:02
Vollzitat

Wenn du ausschließen willst, daß jemand auf deine hohltönenden Beiträge antwortet, mußt du schon dein eigenes Blog aufmachen.

Da kannst du dann ungestört vor dich hinschwatzen.

Strandwanderer
21.02.2012, 12:07
Der bekennt sich eben nicht zu Deutschland, sondern zum BRD-Patriotismus:

Insgesamt der übliche BRD-Tenor, nur etwas hübscher verpackt. Das ist nichts Revolutionäres sondern klar kalkuliert. Die Blockparteien wissen im Grunde ja genau, wie das Volk denkt und was es will. Nach Türken-Wulff will man mit Gauck mal wieder etwas Dampf aus dem Kessel lassen, eher er explodiert. (Was ja auch der eigendliche Grund für Wulffs Absetzung war.) Ändern wird sich dadurch nichts. So gesehen ist ein Gauck sogar wesentlich schlimmer als ein Wulff.


Zutreffend analysiert!

elas
21.02.2012, 12:10
Der bekennt sich eben nicht zu Deutschland, sondern zum BRD-Patriotismus:





Insgesamt der übliche BRD-Tenor, nur etwas hübscher verpackt. Das ist nichts Revolutionäres sondern klar kalkuliert. Die Blockparteien wissen im Grunde ja genau, wie das Volk denkt und was es will. Nach Türken-Wulff will man mit Gauck mal wieder etwas Dampf aus dem Kessel lassen, eher er explodiert. (Was ja auch der eigendliche Grund für Wulffs Absetzung war.) Ändern wird sich dadurch nichts. So gesehen ist ein Gauck sogar wesentlich schlimmer als ein Wulff.

Gesetz den Fall die NPD bekäme die Mehrheit bei den Wahlen.
Würde da irgend etwas besser?
Ich kann es mir schwer vorstellen.
Das richtige zu wollen und es richtig zu tun ist eben ein gewaltiger Unterschied.

Insofern finde ich Gauck mit seiner abgeklärten und ausgewogenen Form eines deutschen Nationalstolzes einen würdigen Vertreter an der Spitze.

Strandwanderer
21.02.2012, 12:23
Gauck: Ich bin ein Nachkriegskind und empfand damals eine große Fremdheit gegenüber der eigenen Nation. Ich wollte kein Deutscher sein. Ich fand das so schmutzig.

Seltsam: Ich bin auch ein "Nachkriegskind" und habe mich stets als Deutscher und nie "schmutzig" gefühlt.
Der Herr Gauck ist anscheinend mit einer schweren Neurose aufgewachsen.


Und dann spielen wir manchmal ganz gut Fußball und exportieren Druckmaschinen in die ganze Welt. Wann hatte die Nation eigentlich einmal so eine Phase?

http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-gespraech-von-die-leute-muessen-aus-der-haengematte-aufstehen-1.1288292

Ein absolut lächerlicher Versuch, den Begriff der Deutschen Nation auf die BRD-Fußballauswahl und auf den Export zu reduzieren.

Klopperhorst
21.02.2012, 12:33
Seltsam: Ich bin auch ein "Nachkriegskind" und habe mich stets als Deutscher und nie "schmutzig" gefühlt.
Der Herr Gauck ist anscheinend mit einer schweren Neurose aufgewachsen.
...

Wie ich schon schrieb, ist er kein Mann von Format.

Gauck ist in der Schwingung des Zeitgeistes befangen, eine unfreie Politamöbe im Arsch des Systems.

---

cajadeahorros
21.02.2012, 12:35
Ich habe mich mal durch seine Erinnerungen geblättert, große Gedanken. Er jammert, daß er in einem großen Mietshaus einmal im Monat Hausordnung machen mußte und verbucht das indirekt dem SED-Staat als Repression. Das Erledigen der Hausordnung war für Gauck die "Grenze der Anpassungsbereitschaft."

Kirche im Widerstand. Der Pfarrer verrichtet Gottes Werk, putzen soll der Gläubige.

(Winter im Sommer, Frühling im Herbst, S. 122)

Arthas
21.02.2012, 13:11
Gesetz den Fall die NPD bekäme die Mehrheit bei den Wahlen.
Würde da irgend etwas besser?
Ich kann es mir schwer vorstellen.
Das richtige zu wollen und es richtig zu tun ist eben ein gewaltiger Unterschied.

Insofern finde ich Gauck mit seiner abgeklärten und ausgewogenen Form eines deutschen Nationalstolzes einen würdigen Vertreter an der Spitze.

Das meinte ich als ich schrieb, Gauck ist schlimmer als Wulff. Gauck vertritt genau die selbe Linie wie Wulff, er verkauft sie nur besser ans Volk. Und genau das ist ja eben das Schlimme an der Sache. Die Macher und Träger dieser Politik dürfen nicht würdevoll erscheinen. Desto dümmer und unseriöser die Systemmarionetten wirken, desto eher wird das Volk gegen diese Politik rebellieren. Das haben mittlerweile auch die Blockparteien verstanden, den Türken-Clown Wulff kurzerhand abgesäbelt und eben durch einen "würdigen Vertreter" ihrer Mistpolitik ersetzt. Das Schlimmste was passieren kann, ist mit einem "abgeklärten Stolz" in den Untergang zu marschieren.

harlekina
21.02.2012, 13:17
Ich habe mich mal durch seine Erinnerungen geblättert, große Gedanken. Er jammert, daß er in einem großen Mietshaus einmal im Monat Hausordnung machen mußte und verbucht das indirekt dem SED-Staat als Repression. Das Erledigen der Hausordnung war für Gauck die "Grenze der Anpassungsbereitschaft."

Kirche im Widerstand. Der Pfarrer verrichtet Gottes Werk, putzen soll der Gläubige.

(Winter im Sommer, Frühling im Herbst, S. 122)

Ich glaube, Du hast keine Ahnung, wie die Einhaltung der Kehrwoche überwacht wird. Das weiß jeder, der schon mal eine Baugenossenschaftswohnung bewohnt hat. Ein Zerberus ist ein Dreck dagegen.

cajadeahorros
21.02.2012, 13:23
Ich glaube, Du hast keine Ahnung, wie die Einhaltung der Kehrwoche überwacht wird. Das weiß jeder, der schon mal eine Baugenossenschaftswohnung bewohnt hat. Ein Zerberus ist ein Dreck dagegen.

Aber sie wird für alle anderen auch überwacht und alle vier Woche mal die Treppe zu putzen dürfte auch für Gottes Werkzeug zumutbar sein. Aber scheinbar hat er das Genossenschaftswesen nicht verstanden (daß eben alle wenig arbeiten müssen, dafür gibt es aber auch keine Extrawürste).

Im Zweifelsfall drückt man eben einer beschäftigungslosen älteren Dame mit Spaß am Putzen ein paar Mark in die Hand. Und wenn man sich schon darüber aufregen will, dann nicht in hochgelahrten politischen Erinnerungen. Aber er hat wohl verzweifelt versucht, irgendwelche SED-Repressionen zu finden, er beschwert sich ja auch bitterlich darüber, daß sein Sohn einmal eine Deutschlandfahne von einem West-Parka abtrennen mußte (wir freuen uns schon, was der Priester in Sachen "Kampf gegen Rechts" und verfassungsfeindliche Symbole zusagen haben wird).

harlekina
21.02.2012, 13:36
Aber sie wird für alle anderen auch überwacht und alle vier Woche mal die Treppe zu putzen dürfte auch für Gottes Werkzeug zumutbar sein. Aber scheinbar hat er das Genossenschaftswesen nicht verstanden (daß eben alle wenig arbeiten müssen, dafür gibt es aber auch keine Extrawürste).

Im Zweifelsfall drückt man eben einer beschäftigungslosen älteren Dame mit Spaß am Putzen ein paar Mark in die Hand. Und wenn man sich schon darüber aufregen will, dann nicht in hochgelahrten politischen Erinnerungen. Aber er hat wohl verzweifelt versucht, irgendwelche SED-Repressionen zu finden, er beschwert sich ja auch bitterlich darüber, daß sein Sohn einmal eine Deutschlandfahne von einem West-Parka abtrennen mußte (wir freuen uns schon, was der Priester in Sachen "Kampf gegen Rechts" und verfassungsfeindliche Symbole zusagen haben wird).

Die Überwachung der Hausordnung hat etwas von Blockwartarbeit. Es gibt genug Unterbeschäftigte, die mit Argusaugen darauf warten, dass du ein paar Staubflusen auf der Treppe übersiehst. Gerade die beschäftigungslose alte Dame ist die, die am meisten drüber keift, wenn etwas ihrer Meinung nach nicht ordentlich gemacht wird. Glaube mir, ich habe das jahrelang mitgemacht.

mabac
21.02.2012, 15:03
[...]

Trotzdem geht sein Gewäsch natürlich gar nicht, "Bürgerrechtler", die erst einmal Verzicht und Demut predigen, heiliger Bimbam!
Außerdem: "Bürgerrechtler" der DDR, die nicht wenigstens einige Wochen mal im Gefängnis saßen sind mir so suspekt wie "Kommunisten", deren Bücher von der FAZ gelobt werden. Oder Straßenschläger mit Freibrief.

Gauck, Merkel & Co. sind auf den Zug aufgesprungen, als keine Gefahr mehr bestand.

Schade, dass von den tatsächlichen Bürgerrechtlern kaum noch einer im Rampenlicht steht.

Dexter
22.02.2012, 17:28
Das meinte ich als ich schrieb, Gauck ist schlimmer als Wulff. Gauck vertritt genau die selbe Linie wie Wulff, er verkauft sie nur besser ans Volk. Und genau das ist ja eben das Schlimme an der Sache. Die Macher und Träger dieser Politik dürfen nicht würdevoll erscheinen. Desto dümmer und unseriöser die Systemmarionetten wirken, desto eher wird das Volk gegen diese Politik rebellieren. Das haben mittlerweile auch die Blockparteien verstanden, den Türken-Clown Wulff kurzerhand abgesäbelt und eben durch einen "würdigen Vertreter" ihrer Mistpolitik ersetzt. Das Schlimmste was passieren kann, ist mit einem "abgeklärten Stolz" in den Untergang zu marschieren.

Was wäre dann ein würdiger Kandidat? Wie stellst du dir so eine Rebellion vor und welcher Schritt davon ist eine Gilde in World of Warcraft zu gründen?