Bodenplatte
08.08.2005, 13:47
In Auschwitz und die Allierten schreibt Martin Gilbert (1):
Die Namen und die geographische Lage der vier Vernichtungslager Chelmno, Treblinka, Sobibor und Belzec waren spätestens im Sommer 1942 in den alliierten Ländern bekannt. Dagegen blieb das Geheimnis der Gaskammern von Auschwitz-Birkenau von der ersten Maiwoche 1942 an, dem Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme, bis zur dritten Juniwoche 1944 gewahrt (...) Und selbst bei denjenigen, die sich ein, wie sie glaubten, zunehmend vollständigeres Bild davon Zusammensetzten, was mit den Juden geschah, machte der Name A uschwitz in diesen Jahren kaum von sich reden (...) Es gehörte der wohlbekannten und häufig zitierten Liste der Tötungsstätten nicht an.
Dies ist in mancherlei Hinsicht erstaunlich. Der Auschwitz-Lagerkomplex lag in einem Industriebezirk, der allein wegen seiner kriegswirtschaftlichen Bedeutung - unter anderem wurde dort an der Herstellung von Buna (synthetischem Gummi), einem zur Reifenproduktion dienenden und deshalb kriegswichtigen Produkt, experimentiert; ob es je zur Herstellung von Buna kam, darüber sind sich die Historiker nicht einig - zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Allierten auf sich ziehen musste. Wie Gilbert in seinem umfassenden Werk darlegt, kamen die Auschwitz-Häftlinge regelmässig mit freien, bezahlten Arbeitern in Berührung. Ferner wurden am laufenden Band Gefangene aus Auschwitz in andere Lager transportiert. Schliesslich gab es auch eine gar nicht unbeträchtliche Zahl von Freilassungen. Nach Walter Laqueur, dessen Studie Was niemand wissen wollte. Die Unterdrückung der Nachrichten über Hitlers ‹Endlösung›» sich ebenfalls mit der Passivität der Alliierten und der Weltöffentlichkeit gegenüber dem Völkermord an den Juden befasst, wurden im Jahre 1942 978 Häftlinge freigelassen, einige weitere Freilassungen erfolgten 1943, und 1944 kamen auf Intervention des deutschen Industriellen Oskar Schindler zahlreiche Jüdinnen frei (2). Unter diesen Umständen ist es höchst verwunderlich, dass das Geheimnis der Gaskammern von AuschWitz, wie Gilbert schreibt, gut 25 Monate lang gewahrt werden konnte.
Die ersten detaillierten Berichte über die Vergasungen in Auschwitz werden in der Literatur allgemein als «Auschwitz-Protokolle» bezeichnet. Ihre Grundlage bildeten die Informationen von entkommenen Häftlingen. Diese Berichte gelangten auf Umwegen an den War Refugee Board, ein von der Roosevelt-Regierung zur Unterstützung von Kriegsflüchtlingen gegründetes Amt, welches sie im November 1944 veröffentlichte. Dieser WRB-Bericht setzt sich aus drei Teilenzusammen:
1) Vrba-Wetzler-Bericht. Die beiden jungen slowakischen Juden Rudolf Vrba (ursprünglich Walter Rosenberg) und Alfred Wetzler entkamen am 7. April 1944 aus Auschwitz und flohen in die Slowakei. Oskar Krasnansky, Vertreter des Jewish Council in Pressburg, schrieb dort auf der Grundlage der Aussagen dieser beiden Flüchtlinge einen Bericht. Vrba und Wetzler beschrieben die Organisation des Lagers und stellten Schätzungen über die bis zum Zeitpunkt ihrer Flucht dort vergasten Juden (1,765 Millionen) an.
2) Mordowicz-Rosin-Bericht. Die beiden Juden Czeslaw Mordowicz und Arnost Rosin, denen die Flucht aus Auschwitz am 27. Mai 1944 gelungen war, erreichten die slowakische Grenze am 6. Juni und lieferten ebenfalls einen Bericht über Auschwitz, in welchem sie unter anderem den Beginn des Massenmordes an den ungarischen Juden schilderten.
3) Der Bericht des nichtjüdischen polnischen Majors Jerzy Tabeau, bei dem es sich um den einzigen Überlebenden einer Gruppe von 60 im März 1942 in Auschwitz eingelieferten Häftlinge handeln soll.
Die Aussagen von Vrba/Wetzler sowie Mordowicz/Rosin bilden den ersten, der Report des polnischen Majors den zweiten Teil des WRB-Berichts. In diesem wurden die Namen der Verfasser nicht genannt (wie es hiess, im Hinblick auf deren persönliche Sicherheit). Erst nach dem Krieg wurde die Identität von Vrba, Wetzler, Mordowicz und Rosin gelüftet, während jene des polnischen Majors bis in die 80er Jahre unbekannt blieb (3).
In höchstem Grad befremdlich mutet an, dass keiner der fünf Autoren vor dem Nürnberger Gericht als Zeuge angehört wurde - was für erstklassige Zeugen hat man sich da entgehen lassen!
Allerdings traten Vrba und Wetzler beim Frankfurter Auschwitz-Prozess als Zeugen auf. Vrba verfasste in den sechziger Jahren einen «Erlebnisbericht» mit dem Titel I Cannotforgive, auf den wir später zurückkommen werden. Er lebt heute als pensionierter Universitätslehrer in Kanada. Wetzler verfasste nach dem Krieg in der Tschechoslowakei, wo er als Beamter lebte, eine Schrift mit dem Titel Auschwitz, Grab von vier Millionen Menschen; er lebte 1981 in Pressburg (4). Mordowicz emigrierte 1966 nach Israel, wo er 1981 noch ansässig war (5). Rosin tra 1968 als Funktionär in den Dienst der jüdischen Gemeinde Düsseldorf (6).
Im folgenden verwenden wir statt des Ausdrucks «WRB-Bericht» die heute gebräuchlichere Bezeichnung «Auschwitz-Protokolle». Unter diesem Stichwort erwähnt die Enzyklopädie des Holocaust aus uns unbekannten Gründen nur die Berichte von Vrba/Wetzler und Mordowicz/Rosin, nicht aber jenen Tabeaus.
Ehe wir die für unsere Studie entscheidende Passage aus dem Vrba-WetzlerBericht zitieren, sei dieser knapp zusammengefasst:
Der Text beginnt mit der Erzählung des am 13. April 1942 in Auschwitz eingelieferten slowakischen Juden Alfred Wetzler. Ihm zufolge wies das Lager zu jenem Zeitpunkt 15'000 Häftlinge auf. Der Autor beschreibt die Prozedur nach der Einlieferung (Waschen, Entlausen, Tätowierung), nennt die verschiedenen Häftlingkategorien und schildert die Sicherheitsvorrichtungen.
Am 30. Juni 1942 traf der zweite der beiden slowakischen Juden, also Vrba, mit einem Transport von Majdanek in Auschwitz ein. Von diesem Zeitpunkt an verschmelzen die beiden Berichte zu einem. Einen beträchtlichen Teil davon nimmt die Aufzählung der in Auschwitz eingetroffenen Transporte ein, wobei jeweils deren Stärke sowie die den registrierten Häftlingen zugeteilten Nummern erwähnt werden. Von den Juden wurden dem Rapport zufolge die allermeisten nicht registriert, sondern gleich nach ihrer Ankunft ermordet. Die nach Mitteilung der Autoren zwischen April 1942 und April 1944 vergasten l765'000 Juden werden nach Herkunftsländern unterteilt.
Der hervorragende spanische Forscher Enrique Aynat hat den Vrba-Wetzler-Bericht ebenso wie die anderen Protokolle von Auschwitz einer sehr detaillierten kritischen Analyse unterzogen (7). Dabei hat er eine grosse Zahl von Widersprüchen zum herkömmlichen exterministischen Geschichtsbild aufgedeckt, hier die wichtigsten davon:
a) Der im Vrba-Wetzler-Bericht figurierende Lagerplan von Birkenau enthält grobe Fehler. Ihrer Zeichnung nach sind die nördliche und die südliche Seite des - quadratisch angelegten - Lagers Birkenau doppelt so lang wie die westliche und die Östliche, während in Tat und Wahrheit die nördliche und die südliche Seite kürzer sind als die beiden anderen (8). Auffallend ist ferner, dass das unweit der Zentralsauna gelegene riesige Materialdepot, im Häftlingsjargon «Kanada» genannt, auf der Zeichnung fehlt.
b) Die von den beiden Verfassern angegebenen Transportlisten widersprechen denen des Kalendariums flagrant. Um nur ein Beispiel zu nennen: Laut dem Bericht trafen am 13. April 1942, also dem Tag der Einlieferung Wetzlers, 1000 männliche Deportierte aus Sered ein. Von diesen sei ein Teil abgesondert, die restlichen 643 seien ins Lager gebracht worden. Ein paar Tage später seien die zunächst von den anderen Gefangenen getrennten Häftlinge ebenfalls im Lager eingetroffen. Dem Kalendarium zufolge gelangte am 13. April 1942 ein aus 1077 Personen bestehender Konvoi aus der Tschechoslowakei nach Auschwitz. Von diesen seien 634 männliche Juden und 443 Jüdinnen gewesen. Von einer zunächst erfolgten Aufteilung des Konvois weiss das Kalendarium nichts (9).
c) Die Zahl von 1'765'000 allein zwischen April 1942 und April 1944 in Birkenau Ermordeten ist, vergleicht man sie mit den in der Standardliteratur genannten Opferzahlen, masslos übertrieben (10), zumal das Morden seinen Höhepunkt erst zwischen Mai und Juli 1944 mit der Vergasung Hunderttausender von ungarischen Juden erreicht haben soll.
d) Vrba/Wetzler sprechen von 50'000 vergasten litauischen Juden, während der Standardliteratur nach überhaupt keine Juden aus Litauen zur Vergasung nach Auschwitz geschickt wurden; der Holocaust habe sich dort in Gestalt von Massenerschiessungen abgespielt (11). Ferner gibt der Bericht die Zahl der vergasten französischen Juden mit 150'000 an. Laut dem französisch-jüdischen Spezialisten Serge Klarsfeld wurden während der deutschen Besetzung Frankreichs 75'721 Juden deportiert (12 ). Klarsfeld behauptet nicht, alle diese Verschleppten seien, vergast worden. Die Zahlen hinsichtlich der anderen Länder widersprechen der
Standardliteratur teilweise ebenfalls, wenn auch weniger krass.
e) Vrba/Wetzler zufolge war Rudolf Höss Kommandant des Auschwitz-Komplexes; Leiter von Birkenau soll Schwarzhuber gewesen sein. In Wirklichkeit war Höss bereits im November 1943 als Auschwitz-Kommandant von Arthur Liebehenschel abgelöst worden (13). Kommandant von Birkenau war im Frühling 1944 Fritz Hartjenstein (14).
Diese groben Widersprüche zum offiziellen Auschwitz-Bild sowie eine Reihe weiterer Unrichtigkeiten - beispielsweise behaupten die Verfasser, eingefangene Ausbrecher seien sofort vor den versammelten Häftlingen aufgehängt worden, während solche in Wirklichkeit mit Bunkerhaft bestraft wurden (15) - mindern die Glaubwürdigkeit der Aussagen über Massenvergasungen von vorneherein ganz erheblich. Hier nun die uns für unsere Studien entscheidenden Passagen. Der Text ist von ausserordentlicher historischer Bedeutung, da hier Auschwitz zum ersten Mal als Ausrottungslager, als Todesfabrik geschrieben wird. Laut der Einleitung zum WRB-Report enthält der Bericht nur von den Autoren persönlich Erlebtes und keine Erzählungen aus zweiter Hand (16).
Ende Februar 1943 wurde das neu gebaute moderne Krematorium und Vergasungsanstalt in Birkenau eröffnet. Die Vergasungen und Verbrennungen der Leichen wurden im Birkenwald aufgelassen und fortab wurden diese Prozeduren in den 4 neuen, zu diesem Zwecke gebauten Krematorien durchgeführt. Die grosse Grube wurde aufgeschüttet, das Terrain planiert, die Asche wurde schon auch vorher als Dünger in der Lagerlandwirtschaft Harmense verwendet, sodass man heute kaum eine Spur des fürchterlichen Massenmordens, das hier stattgefunden hat, entdecken kann.
(Es folgt eine Skizze der Krematorien und Gaskammern I. und II. von Birkenau.) Zurzeit sind in Birkenau 4 Krematorien in Betrieb. Zwei grössere I. und II. und zwei kleinere III. und IV. Die Krematorien der Type I. und II. bestehen aus drei Teilen. A) der Ofenraum. B) die grosse Halle, C) die Vergasungskammer Aus der Mitte des Ofenraums ragt ein riesiger Kamin in die Höhe. Ringsum sind 9 Öfen mit je 4 Öffnungen. Eine jede Öffnung fasst 3 normale Leichen auf einmal, welche innerhalb 11/2 Stunden vollkommen verbrennen. Dies entspricht einer täglichen Kapazität von etwa 2000 Leichen. Daneben ist die grosse Vorbereitungshalle, die so ausgestattet ist, als ob man in einer Halle einer Badeanstalt wäre. Sie fasst 2000 Personen und soll sich angeblich noch darunter eine ebenso grosse Wartehalle befinden. Von hier geht eine Tür und einige Treppen führen hinunter in die etwas tiefer gelegene schmale und sehr lange Vergasungskammer. Die Wände dieser Kammer sind durch blinde Tuschanlagen [sic] maskiert, sodass es einen riesigen Waschraum vortäuscht. Am flachen Dach sind 3 durch Klappen von aussen hermetisch verschliessbare Fenster. Von der Gaskammer führt durch die Halle ein Gleispaar zum Ofenraum. Die Vergasung wird nun so vorgenommen, dass die Unglücklichen in die Halle B gebracht werden, wo ihnen gesagt wird, dass sie in das Bad geführt werden. Dort müssen sie sich auskleiden und um sie in der Meinung, wonach sie tatsächlich zum Baden geführt werden, zu bekräftigen, erhält ein jeder von zwei in weissen Mänteln gekleideten Männern ein Handtuch und ein Stückchen Seift. Hierauf werden sie in die Gaskammer C gedrängt. 2000 Personen füllen diese Kammer derart, dass ein jeder nur aufrecht stehen kann. Um diese Mengen in die Kammer einpferchen zu können, werden Öfters Schüsse abgegeben, um die sich bereits in der Kammer Befindlichen dazu zu veranlassen, dass sie sich zusammendrängen. Wenn schon alles in der Kammer ist, wird die schwere Tür geschlossen. Eine kleine Zeit wird dann zugewartet, vermutlich darum, damit die Temperatur in der Kammer auf eine gewisse Höhe steigen soll, dann steigen SS-Männer mit Gasmasken auf das Dach, Öffnen die Fensterklappen und schütten aus Blechdosen ein Präparat in Staubform in die Kammer. Die Dosen tragen die Aufschrift «Cyclon» zur Schädlingsbekämpfung und werden in einer Hamburger Fabrik erzeugt. Es ist anzunehmen, dass es sich um ein Cyanpräparat handelt, welches sich bei einer Temperatur vergast. Nach 3 Minuten ist in der Kammer alles tot. Es ist bisher noch niemand angetroffen worden, der bei Öffnung der Kammer ein Lebenszeichen gegeben hätte, was bei dem primitiven Verfahren im Birkenwalde keine Seltenheit war. Die Kammer wird dann geöffnet, gelüftet und das Sonderkommando führt die Leichen auf flachen Feldbahnwagen zum Ofenraum, wo die Verbrennung stattfindet. Die beiden anderen Krematorien III. und IV. sind im grossen ganzen auf ähnlicher Grundlage errichtet. Ihre Kapazität ist aber nur halb so gross. Die Gesamtkapazität der 4 Krematorien in Birkenau ist somit 6000 Vergasungen und Kremationen täglich.
Zur Vergasung gelangen grundsätzlich nur Juden, Arier nur in seltenen Ausnahmefällen. Diese werden gewöhnlich durch Erschiessen «sonderbehandelt». Vor der Inbetriebnahme der Krematorien geschah dies im Birkenwalde, wo die Leichen nachher in der Grube verbrannt wurden, später in der grossen Halle des Krematoriums, welche zu diesem Zwecke eine besondere Einrichtung hatte.
Zu der Einweihung des ersten Krematoriums Anfang März 1943, welche durch die Vergasung und Verbrennung von 8000 Krakauer Juden begangen wurde, kamen prominente Gäste aus Berlin, hohe Offiziere und Zivils. Sie waren mit der Leistung sehr zufrieden und haben fleissig das Guckloch, welches an die Türe zur Gaskammer angebracht ist, benützt. Sie sprachen sich sehr lobend über das neu errichtete Werk aus (...)
Anlässlich meiner ersten Nachtschicht hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit gehabt, zuzusehen, wie die nach Auschwitz angekommenen Transporte behandelt wurden. Es kam ein Transport mit polnischen Juden. Sie hatten in den Waggons kein Wasser und als sie ankamen, hatten sie etwa 100 Tote. Die Waggontüren wurden geöffnet und wir mussten die von der Reise und den Entbehrungen völlig erschöpften Juden mit einem grossen Geschrei aus den Waggons treiben. Sie wurden auch durch häufige Stockhiebe der SS-Mannschaften zum raschen Aussteigen veranlasst. Sie wurden dann in Fünferreihen gestellt. Die Waggons von den Toten, Halbtoten und von Paketen zu räumen war unsere Arbeit. Die Toten wurden auf eine Sammelstelle auf einen Haufen geworfen. Alles, was nicht auf eigenen Füssen gehen konnte, galt als tot. Die Pakete wurden auf einen Haufen gelegt und die Waggons mussten gründlich gereinigt werden. Es durfte vom Transporte keine Spur zurückbleiben. Eine Kommission der politischen Abteilung hat dann etwa 10% Männer und 5% Frauen ausgewählt, die abgeführt und durch die bekannte Prozedur den Lagern zugeteilt wurden. Die Restlichen wurden auf Lastautos verladen und nach dem Birkenwalde geschickt, wo sie vergast wurden. Die Toten und die sich unter ihnen befindlichen Halbtoten wurden ebenfalls auf Autos verladen. Diese wurden im Birkenwald direkt verbrannt. Häufig wurden kleine Kinder auf die Autos der Toten geschleudert. Die Pakete wurden durch Lastautos in die Magazine gebracht und dann auf die bereits bestehende Weise sortiert.
Anmerkungen zur Zeugenaussage
1) Martin Gilbert, Auschwitz und die Alliierten, Verlag C.H. Beck, München, 1982,S.398.
2) Walter Laquer, Was niemand wissen wollte. Die Unterdrückung der Nachrichten über Hitlers ‹Endlösung›, Ullstein Verlag, 1982, S.210/211.
3) Erich Kulka schreibt in Kampf der jüdischen Häftlinge gegen die Endlösung in Auschwitz «Zeitgeschichte», Band 13, 1986, S. 381-396), Jerzy Tabeau habe ursprünglich Jerzy Wesolowsi geheissen. Noch 1979 schrieb John S. Conway, ein «Holocaustforscher», in den «Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte» (Band 27, Nr. 2, S. 269), die Identität des polnischen Majors sei nicht bekannt. - Wir entnehmen diese Informationen Arthur Butz' Vortrag Some Thoughts on Pressac's opus, gehalten im Oktober 1992 an der 11. Konferenz des Institute for Historical Review, abgedruckt in IHR, Mai/Juni 1993.
4) Gilbert, S. 455/456.
5) ibidem, S.450.
6) ibidem, S. 453.
7) Enrique Aynat, Los «Protocolos de Auschwitz»: ¿ Una fuente histórica?, Verlag Garcia Hispan, Alicante 1990.
8) Dies, obgleich sie sich zwei Jahre in Auschwitz aufhielten!
9) Kalendarium, S. 197.
10) Zur Zahl der Auschwitz-Opfer vgl. das im 3. Teil dieses Buchs Gesagte.
11) Folgt man der Enzyklopädie des Holocaust (S. 873), so wurden 1943 einige hundert litauische Juden nach Auschwitz gebracht, dort aber nicht vergast, sondern nach Warschau befördert, wo sie die Ruinen des Ghettos zu beseitigen hatten. Rund 5000 litauische Juden seien «in Vernichtungslagern» (also sicher nicht alle in Auschwitz) umgekommen. Das Kalendarium erwähnt nirgends in Auschwitz vergaste litauische Juden.
12 ) Serge Klarsfeld, Vichy-Auschwitz. Le rôle de Vichy dans la solution finale de la question juive en France, Band 2, Librairie Arthème Fayard, 1985, S. 394.
13) Enzyklopädie des Holocaust, S. 866.
14) Danuta Czech, Konzentrationslager Auschwitz - Précis d'histoire, in Auschwitz. Camp hitlérien d'extermination, Interpress, Warschau, S. 39.
15) Bei der Besichtigung des Strafbunkers erläutern die Führer im Museum auf dem Gelände des ehem. KZ Auschwitz den Besuchern, hier seien erwischte Flüchtlinge eingesperrt worden. Demnach wurden diese also nicht «sofort aufgehängt».
16) Vom 1. Auschwitz-Protokoll oder Vrba-Wetzler-Bericht existieren, wie Enrique Aynat darlegt, insgesamt sechs Versionen: a) Ein in deutscher Sprache verfasster, 28seitiger Text mit der Kennziffer M 20/153, der im Archiv von Yad Vashem, Israel, aufbewahrt wird. b) Ein gleichfalls auf deutsch abgefasstes 34seitiges Dokument mit dem Titel Tatsachenbericht über Auschwitz und Birkenau, das sich in der Franklin Delano Roosevelt Library von New York befindet (Collection WRB, Box no 61, Mise. Docs. and Reports-Poland, 5117144, General Correspondence of R. McClelland, War Refugee Board file). c) Ein unter der Kennziffer 1920-HP 1095 in den Archiven des schwedischen Aussenministeriums aufbewahrtes Dokument, ebenfalls auf deutsch verfasst und 24 Seiten lang. d) Ein 30seitiger französischer Text mit dem Titel Rapports sur les camps de «travail» de Birkenau et d'Auschwitz, unter Kennziffer R-1716 beim spanischen Aussenministerium in Madrid archiviert. e) Eine 52seitige, den Titel The Extermination camps of Auschwitz (Oswiecim) and Birkenau in Upper Silesia tragende Urkunde, die sich wie das Dokument b) in der Franklin Delano Roosevelt Library zu New York befindet (Collection War Refugee Board, Box no 6, German Extermination camps, 1. Original Reports from McClelland, 10-12-44). Dieser Text wurde am 12. Oktober 1944 von Rosswell McClelland, einem Angestellten der US-Botschaft in Bern, nach Washington gesandt. f) Ein 48seitiger Text mit dem Titel Testimony of two escapees from Auschwitz-Birkenau Extermination camps at Oswiecim, Poland, der unter der Kennziffer OSS XL 883 in den National Archives and Records Administration, Abteilung Office of Strategie Services, in Washington aufbewahrt wird. Der zitierte Text entstammt dem Dokument a); wir zitieren nach Enrique Aynat. Zu ergänzen wäre, dass das Dokument laut Version f) ursprünglich in ungarischer Sprache abgefasst worden ist, wohingegen Rudolf Vrba beim ersten Zündelprozess in Toronto, Kanada, angab, er habe seinen Bericht auf slowakisch abgegeben (In the disctrict court of Ontario. Between her Majesty the Queen and Ernst Zündel. Before: The honorable judge H. R. Locke und a Jury, Toronto, Akten der Verhandlung vom 23. Januar 1985, S. 1519).
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass ein kurzer Auszug aus dem Vrba-Wetzler-Bericht, nämlich die Statistik der, den beiden Autoren zufolge in Birkenau vergasten Juden, als Dokument L-022 beim Nürnberger Prozess vorgelegt worden ist. Dass der Rest der Auschwitz-Protokolle in Nürnberg keine Beachtung fand, ist ebenso unbegreiflich wie die Tatsache, dass man darauf verzichtet hat, seine Verfasser als Zeugen vorzuladen.
Kritik
Die zunächst zitierte Passage schildert Vergasungen in den Krematorien, zweite solche «im Birkenwald».
1) Vrba/Wetzler zufolge wurde das erste Birkenauer Krematorium Ende Februar 1943 eröffnet. Das Kalendarium datiert die Inbetriebnahme des K 11 auf den 5. März 1943 (1), Hilberg setzt sie gleichfalls im März an (2). Da es sich nur um eine Differenz von einigen Tagen handelt, wiegt dieser Widerspruch nicht schwer.
2) Die Verfasser berichten, K 1 und K 11 hätten jeweils 9 Öfen mit je 4 Öffnungen aufgewiesen. In der gesamten Holocaust-Literatur ist einhellig von 5 Ofen mit je 3 Öffnungen die Rede (3).
3) In einer Öffnung drei Leichen gleichzeitig zu verbrennen, ist auch in einem modernen Krematorium nicht möglich, da die Einäscherung nur unvollkommen gelingen würde. Die Verbrennung von zwei Leichen zugleich ist dann möglich, wenn es sich um kleine Kinder handelt (4).
4) Dem Bericht zufolge führte von der Gaskammer zum Ofenraum ein Gleispaar. In Tat und Wahrheit gab es vom Leichenkeller, also der «Gaskammer», keinen anderen Weg zum Ofenraum als einen Aufzug (5).
5) Die «Gaskammer» (Leichenkeller 1) mass 210 m² (6). Auf dieser Fläche 2000 Personen unterzubringen dürfte in der Praxis auch dann nicht möglich sein, wenn sich darunter zahlreiche Kinder befinden.
6) Zyklon B ist kein «Präparat in Staubform»; es wird in Form von Kügelchen oder Scheibchen geliefert (7).
7) Der angegebene Zeitraum zwischen dem Einwerfen des Zyklons und dem Exitus sämtlicher Opfer - 3 Minuten - ist absolut unglaubwürdig (8).
8) Die beiden Autoren schreiben, K IV und K V seien «auf ganz ähnlicher Grundlage errichtet» worden wie K 11 und K 111. In Wirklichkeit waren diese beiden Krematorien ganz anders strukturiert (9).
9) Zur Einweihung des ersten Krematoriums Anfang März (nun also nicht mehr Ende Februar) sollen 8000 Krakauer Juden in Gegenwart prominenter Gäste aus Berlin vergast worden sein. Das Kalendarium weiss nichts von einem solchen Anlass zu berichten.
10) Bei dem kurzen Abschnitt über die Vergasungen im Birkenwald fehlen auffallenderweise jegliche Hinweise auf die Hinrichtungsstätten.
Anmerkungen zur Kritik
1) Kalendarium, S. 430.
2) Hilberg, S. 946.
3) ibidem.
4) Mündliche Auskunft des Basler Krematoriumstechnikers an den Verfasser, 10. Februar 1993.
5) Vgl. Illustration 7.
6) Pressac, S, 286.
7) Über Eigenschaften und Verwendung des Insektenvertilgungsmittels Zyklon B siehe z. B. die Rudolf-Expertise, Puntigam/Breymesser/Bernfus, Blausäuregaskammern zur Fleckfieberabwehr, Sonderveröffentlichung des Reichsarbeitsblattes, 1943, oder Richtlinien für die Anwendung von Blausäure (Zyklon) zur Ungeziefervertilgung, Gesundheitsanstalt des Protektorats Böhmen und Mähren, 1942, beim Nürnberger Prozess als Dokument NI-9912 vorgelegt.
8) Um sämtliche Opfer binnen drei Minuten zu töten, würde es aberwitzig grosser Zyklon-Mengen bedürfen. Vergleiche dazu das im ersten Teil des 3. Kapitels Gesagte.
9) Vgl. Illustration 7.
Die Namen und die geographische Lage der vier Vernichtungslager Chelmno, Treblinka, Sobibor und Belzec waren spätestens im Sommer 1942 in den alliierten Ländern bekannt. Dagegen blieb das Geheimnis der Gaskammern von Auschwitz-Birkenau von der ersten Maiwoche 1942 an, dem Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme, bis zur dritten Juniwoche 1944 gewahrt (...) Und selbst bei denjenigen, die sich ein, wie sie glaubten, zunehmend vollständigeres Bild davon Zusammensetzten, was mit den Juden geschah, machte der Name A uschwitz in diesen Jahren kaum von sich reden (...) Es gehörte der wohlbekannten und häufig zitierten Liste der Tötungsstätten nicht an.
Dies ist in mancherlei Hinsicht erstaunlich. Der Auschwitz-Lagerkomplex lag in einem Industriebezirk, der allein wegen seiner kriegswirtschaftlichen Bedeutung - unter anderem wurde dort an der Herstellung von Buna (synthetischem Gummi), einem zur Reifenproduktion dienenden und deshalb kriegswichtigen Produkt, experimentiert; ob es je zur Herstellung von Buna kam, darüber sind sich die Historiker nicht einig - zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Allierten auf sich ziehen musste. Wie Gilbert in seinem umfassenden Werk darlegt, kamen die Auschwitz-Häftlinge regelmässig mit freien, bezahlten Arbeitern in Berührung. Ferner wurden am laufenden Band Gefangene aus Auschwitz in andere Lager transportiert. Schliesslich gab es auch eine gar nicht unbeträchtliche Zahl von Freilassungen. Nach Walter Laqueur, dessen Studie Was niemand wissen wollte. Die Unterdrückung der Nachrichten über Hitlers ‹Endlösung›» sich ebenfalls mit der Passivität der Alliierten und der Weltöffentlichkeit gegenüber dem Völkermord an den Juden befasst, wurden im Jahre 1942 978 Häftlinge freigelassen, einige weitere Freilassungen erfolgten 1943, und 1944 kamen auf Intervention des deutschen Industriellen Oskar Schindler zahlreiche Jüdinnen frei (2). Unter diesen Umständen ist es höchst verwunderlich, dass das Geheimnis der Gaskammern von AuschWitz, wie Gilbert schreibt, gut 25 Monate lang gewahrt werden konnte.
Die ersten detaillierten Berichte über die Vergasungen in Auschwitz werden in der Literatur allgemein als «Auschwitz-Protokolle» bezeichnet. Ihre Grundlage bildeten die Informationen von entkommenen Häftlingen. Diese Berichte gelangten auf Umwegen an den War Refugee Board, ein von der Roosevelt-Regierung zur Unterstützung von Kriegsflüchtlingen gegründetes Amt, welches sie im November 1944 veröffentlichte. Dieser WRB-Bericht setzt sich aus drei Teilenzusammen:
1) Vrba-Wetzler-Bericht. Die beiden jungen slowakischen Juden Rudolf Vrba (ursprünglich Walter Rosenberg) und Alfred Wetzler entkamen am 7. April 1944 aus Auschwitz und flohen in die Slowakei. Oskar Krasnansky, Vertreter des Jewish Council in Pressburg, schrieb dort auf der Grundlage der Aussagen dieser beiden Flüchtlinge einen Bericht. Vrba und Wetzler beschrieben die Organisation des Lagers und stellten Schätzungen über die bis zum Zeitpunkt ihrer Flucht dort vergasten Juden (1,765 Millionen) an.
2) Mordowicz-Rosin-Bericht. Die beiden Juden Czeslaw Mordowicz und Arnost Rosin, denen die Flucht aus Auschwitz am 27. Mai 1944 gelungen war, erreichten die slowakische Grenze am 6. Juni und lieferten ebenfalls einen Bericht über Auschwitz, in welchem sie unter anderem den Beginn des Massenmordes an den ungarischen Juden schilderten.
3) Der Bericht des nichtjüdischen polnischen Majors Jerzy Tabeau, bei dem es sich um den einzigen Überlebenden einer Gruppe von 60 im März 1942 in Auschwitz eingelieferten Häftlinge handeln soll.
Die Aussagen von Vrba/Wetzler sowie Mordowicz/Rosin bilden den ersten, der Report des polnischen Majors den zweiten Teil des WRB-Berichts. In diesem wurden die Namen der Verfasser nicht genannt (wie es hiess, im Hinblick auf deren persönliche Sicherheit). Erst nach dem Krieg wurde die Identität von Vrba, Wetzler, Mordowicz und Rosin gelüftet, während jene des polnischen Majors bis in die 80er Jahre unbekannt blieb (3).
In höchstem Grad befremdlich mutet an, dass keiner der fünf Autoren vor dem Nürnberger Gericht als Zeuge angehört wurde - was für erstklassige Zeugen hat man sich da entgehen lassen!
Allerdings traten Vrba und Wetzler beim Frankfurter Auschwitz-Prozess als Zeugen auf. Vrba verfasste in den sechziger Jahren einen «Erlebnisbericht» mit dem Titel I Cannotforgive, auf den wir später zurückkommen werden. Er lebt heute als pensionierter Universitätslehrer in Kanada. Wetzler verfasste nach dem Krieg in der Tschechoslowakei, wo er als Beamter lebte, eine Schrift mit dem Titel Auschwitz, Grab von vier Millionen Menschen; er lebte 1981 in Pressburg (4). Mordowicz emigrierte 1966 nach Israel, wo er 1981 noch ansässig war (5). Rosin tra 1968 als Funktionär in den Dienst der jüdischen Gemeinde Düsseldorf (6).
Im folgenden verwenden wir statt des Ausdrucks «WRB-Bericht» die heute gebräuchlichere Bezeichnung «Auschwitz-Protokolle». Unter diesem Stichwort erwähnt die Enzyklopädie des Holocaust aus uns unbekannten Gründen nur die Berichte von Vrba/Wetzler und Mordowicz/Rosin, nicht aber jenen Tabeaus.
Ehe wir die für unsere Studie entscheidende Passage aus dem Vrba-WetzlerBericht zitieren, sei dieser knapp zusammengefasst:
Der Text beginnt mit der Erzählung des am 13. April 1942 in Auschwitz eingelieferten slowakischen Juden Alfred Wetzler. Ihm zufolge wies das Lager zu jenem Zeitpunkt 15'000 Häftlinge auf. Der Autor beschreibt die Prozedur nach der Einlieferung (Waschen, Entlausen, Tätowierung), nennt die verschiedenen Häftlingkategorien und schildert die Sicherheitsvorrichtungen.
Am 30. Juni 1942 traf der zweite der beiden slowakischen Juden, also Vrba, mit einem Transport von Majdanek in Auschwitz ein. Von diesem Zeitpunkt an verschmelzen die beiden Berichte zu einem. Einen beträchtlichen Teil davon nimmt die Aufzählung der in Auschwitz eingetroffenen Transporte ein, wobei jeweils deren Stärke sowie die den registrierten Häftlingen zugeteilten Nummern erwähnt werden. Von den Juden wurden dem Rapport zufolge die allermeisten nicht registriert, sondern gleich nach ihrer Ankunft ermordet. Die nach Mitteilung der Autoren zwischen April 1942 und April 1944 vergasten l765'000 Juden werden nach Herkunftsländern unterteilt.
Der hervorragende spanische Forscher Enrique Aynat hat den Vrba-Wetzler-Bericht ebenso wie die anderen Protokolle von Auschwitz einer sehr detaillierten kritischen Analyse unterzogen (7). Dabei hat er eine grosse Zahl von Widersprüchen zum herkömmlichen exterministischen Geschichtsbild aufgedeckt, hier die wichtigsten davon:
a) Der im Vrba-Wetzler-Bericht figurierende Lagerplan von Birkenau enthält grobe Fehler. Ihrer Zeichnung nach sind die nördliche und die südliche Seite des - quadratisch angelegten - Lagers Birkenau doppelt so lang wie die westliche und die Östliche, während in Tat und Wahrheit die nördliche und die südliche Seite kürzer sind als die beiden anderen (8). Auffallend ist ferner, dass das unweit der Zentralsauna gelegene riesige Materialdepot, im Häftlingsjargon «Kanada» genannt, auf der Zeichnung fehlt.
b) Die von den beiden Verfassern angegebenen Transportlisten widersprechen denen des Kalendariums flagrant. Um nur ein Beispiel zu nennen: Laut dem Bericht trafen am 13. April 1942, also dem Tag der Einlieferung Wetzlers, 1000 männliche Deportierte aus Sered ein. Von diesen sei ein Teil abgesondert, die restlichen 643 seien ins Lager gebracht worden. Ein paar Tage später seien die zunächst von den anderen Gefangenen getrennten Häftlinge ebenfalls im Lager eingetroffen. Dem Kalendarium zufolge gelangte am 13. April 1942 ein aus 1077 Personen bestehender Konvoi aus der Tschechoslowakei nach Auschwitz. Von diesen seien 634 männliche Juden und 443 Jüdinnen gewesen. Von einer zunächst erfolgten Aufteilung des Konvois weiss das Kalendarium nichts (9).
c) Die Zahl von 1'765'000 allein zwischen April 1942 und April 1944 in Birkenau Ermordeten ist, vergleicht man sie mit den in der Standardliteratur genannten Opferzahlen, masslos übertrieben (10), zumal das Morden seinen Höhepunkt erst zwischen Mai und Juli 1944 mit der Vergasung Hunderttausender von ungarischen Juden erreicht haben soll.
d) Vrba/Wetzler sprechen von 50'000 vergasten litauischen Juden, während der Standardliteratur nach überhaupt keine Juden aus Litauen zur Vergasung nach Auschwitz geschickt wurden; der Holocaust habe sich dort in Gestalt von Massenerschiessungen abgespielt (11). Ferner gibt der Bericht die Zahl der vergasten französischen Juden mit 150'000 an. Laut dem französisch-jüdischen Spezialisten Serge Klarsfeld wurden während der deutschen Besetzung Frankreichs 75'721 Juden deportiert (12 ). Klarsfeld behauptet nicht, alle diese Verschleppten seien, vergast worden. Die Zahlen hinsichtlich der anderen Länder widersprechen der
Standardliteratur teilweise ebenfalls, wenn auch weniger krass.
e) Vrba/Wetzler zufolge war Rudolf Höss Kommandant des Auschwitz-Komplexes; Leiter von Birkenau soll Schwarzhuber gewesen sein. In Wirklichkeit war Höss bereits im November 1943 als Auschwitz-Kommandant von Arthur Liebehenschel abgelöst worden (13). Kommandant von Birkenau war im Frühling 1944 Fritz Hartjenstein (14).
Diese groben Widersprüche zum offiziellen Auschwitz-Bild sowie eine Reihe weiterer Unrichtigkeiten - beispielsweise behaupten die Verfasser, eingefangene Ausbrecher seien sofort vor den versammelten Häftlingen aufgehängt worden, während solche in Wirklichkeit mit Bunkerhaft bestraft wurden (15) - mindern die Glaubwürdigkeit der Aussagen über Massenvergasungen von vorneherein ganz erheblich. Hier nun die uns für unsere Studien entscheidenden Passagen. Der Text ist von ausserordentlicher historischer Bedeutung, da hier Auschwitz zum ersten Mal als Ausrottungslager, als Todesfabrik geschrieben wird. Laut der Einleitung zum WRB-Report enthält der Bericht nur von den Autoren persönlich Erlebtes und keine Erzählungen aus zweiter Hand (16).
Ende Februar 1943 wurde das neu gebaute moderne Krematorium und Vergasungsanstalt in Birkenau eröffnet. Die Vergasungen und Verbrennungen der Leichen wurden im Birkenwald aufgelassen und fortab wurden diese Prozeduren in den 4 neuen, zu diesem Zwecke gebauten Krematorien durchgeführt. Die grosse Grube wurde aufgeschüttet, das Terrain planiert, die Asche wurde schon auch vorher als Dünger in der Lagerlandwirtschaft Harmense verwendet, sodass man heute kaum eine Spur des fürchterlichen Massenmordens, das hier stattgefunden hat, entdecken kann.
(Es folgt eine Skizze der Krematorien und Gaskammern I. und II. von Birkenau.) Zurzeit sind in Birkenau 4 Krematorien in Betrieb. Zwei grössere I. und II. und zwei kleinere III. und IV. Die Krematorien der Type I. und II. bestehen aus drei Teilen. A) der Ofenraum. B) die grosse Halle, C) die Vergasungskammer Aus der Mitte des Ofenraums ragt ein riesiger Kamin in die Höhe. Ringsum sind 9 Öfen mit je 4 Öffnungen. Eine jede Öffnung fasst 3 normale Leichen auf einmal, welche innerhalb 11/2 Stunden vollkommen verbrennen. Dies entspricht einer täglichen Kapazität von etwa 2000 Leichen. Daneben ist die grosse Vorbereitungshalle, die so ausgestattet ist, als ob man in einer Halle einer Badeanstalt wäre. Sie fasst 2000 Personen und soll sich angeblich noch darunter eine ebenso grosse Wartehalle befinden. Von hier geht eine Tür und einige Treppen führen hinunter in die etwas tiefer gelegene schmale und sehr lange Vergasungskammer. Die Wände dieser Kammer sind durch blinde Tuschanlagen [sic] maskiert, sodass es einen riesigen Waschraum vortäuscht. Am flachen Dach sind 3 durch Klappen von aussen hermetisch verschliessbare Fenster. Von der Gaskammer führt durch die Halle ein Gleispaar zum Ofenraum. Die Vergasung wird nun so vorgenommen, dass die Unglücklichen in die Halle B gebracht werden, wo ihnen gesagt wird, dass sie in das Bad geführt werden. Dort müssen sie sich auskleiden und um sie in der Meinung, wonach sie tatsächlich zum Baden geführt werden, zu bekräftigen, erhält ein jeder von zwei in weissen Mänteln gekleideten Männern ein Handtuch und ein Stückchen Seift. Hierauf werden sie in die Gaskammer C gedrängt. 2000 Personen füllen diese Kammer derart, dass ein jeder nur aufrecht stehen kann. Um diese Mengen in die Kammer einpferchen zu können, werden Öfters Schüsse abgegeben, um die sich bereits in der Kammer Befindlichen dazu zu veranlassen, dass sie sich zusammendrängen. Wenn schon alles in der Kammer ist, wird die schwere Tür geschlossen. Eine kleine Zeit wird dann zugewartet, vermutlich darum, damit die Temperatur in der Kammer auf eine gewisse Höhe steigen soll, dann steigen SS-Männer mit Gasmasken auf das Dach, Öffnen die Fensterklappen und schütten aus Blechdosen ein Präparat in Staubform in die Kammer. Die Dosen tragen die Aufschrift «Cyclon» zur Schädlingsbekämpfung und werden in einer Hamburger Fabrik erzeugt. Es ist anzunehmen, dass es sich um ein Cyanpräparat handelt, welches sich bei einer Temperatur vergast. Nach 3 Minuten ist in der Kammer alles tot. Es ist bisher noch niemand angetroffen worden, der bei Öffnung der Kammer ein Lebenszeichen gegeben hätte, was bei dem primitiven Verfahren im Birkenwalde keine Seltenheit war. Die Kammer wird dann geöffnet, gelüftet und das Sonderkommando führt die Leichen auf flachen Feldbahnwagen zum Ofenraum, wo die Verbrennung stattfindet. Die beiden anderen Krematorien III. und IV. sind im grossen ganzen auf ähnlicher Grundlage errichtet. Ihre Kapazität ist aber nur halb so gross. Die Gesamtkapazität der 4 Krematorien in Birkenau ist somit 6000 Vergasungen und Kremationen täglich.
Zur Vergasung gelangen grundsätzlich nur Juden, Arier nur in seltenen Ausnahmefällen. Diese werden gewöhnlich durch Erschiessen «sonderbehandelt». Vor der Inbetriebnahme der Krematorien geschah dies im Birkenwalde, wo die Leichen nachher in der Grube verbrannt wurden, später in der grossen Halle des Krematoriums, welche zu diesem Zwecke eine besondere Einrichtung hatte.
Zu der Einweihung des ersten Krematoriums Anfang März 1943, welche durch die Vergasung und Verbrennung von 8000 Krakauer Juden begangen wurde, kamen prominente Gäste aus Berlin, hohe Offiziere und Zivils. Sie waren mit der Leistung sehr zufrieden und haben fleissig das Guckloch, welches an die Türe zur Gaskammer angebracht ist, benützt. Sie sprachen sich sehr lobend über das neu errichtete Werk aus (...)
Anlässlich meiner ersten Nachtschicht hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit gehabt, zuzusehen, wie die nach Auschwitz angekommenen Transporte behandelt wurden. Es kam ein Transport mit polnischen Juden. Sie hatten in den Waggons kein Wasser und als sie ankamen, hatten sie etwa 100 Tote. Die Waggontüren wurden geöffnet und wir mussten die von der Reise und den Entbehrungen völlig erschöpften Juden mit einem grossen Geschrei aus den Waggons treiben. Sie wurden auch durch häufige Stockhiebe der SS-Mannschaften zum raschen Aussteigen veranlasst. Sie wurden dann in Fünferreihen gestellt. Die Waggons von den Toten, Halbtoten und von Paketen zu räumen war unsere Arbeit. Die Toten wurden auf eine Sammelstelle auf einen Haufen geworfen. Alles, was nicht auf eigenen Füssen gehen konnte, galt als tot. Die Pakete wurden auf einen Haufen gelegt und die Waggons mussten gründlich gereinigt werden. Es durfte vom Transporte keine Spur zurückbleiben. Eine Kommission der politischen Abteilung hat dann etwa 10% Männer und 5% Frauen ausgewählt, die abgeführt und durch die bekannte Prozedur den Lagern zugeteilt wurden. Die Restlichen wurden auf Lastautos verladen und nach dem Birkenwalde geschickt, wo sie vergast wurden. Die Toten und die sich unter ihnen befindlichen Halbtoten wurden ebenfalls auf Autos verladen. Diese wurden im Birkenwald direkt verbrannt. Häufig wurden kleine Kinder auf die Autos der Toten geschleudert. Die Pakete wurden durch Lastautos in die Magazine gebracht und dann auf die bereits bestehende Weise sortiert.
Anmerkungen zur Zeugenaussage
1) Martin Gilbert, Auschwitz und die Alliierten, Verlag C.H. Beck, München, 1982,S.398.
2) Walter Laquer, Was niemand wissen wollte. Die Unterdrückung der Nachrichten über Hitlers ‹Endlösung›, Ullstein Verlag, 1982, S.210/211.
3) Erich Kulka schreibt in Kampf der jüdischen Häftlinge gegen die Endlösung in Auschwitz «Zeitgeschichte», Band 13, 1986, S. 381-396), Jerzy Tabeau habe ursprünglich Jerzy Wesolowsi geheissen. Noch 1979 schrieb John S. Conway, ein «Holocaustforscher», in den «Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte» (Band 27, Nr. 2, S. 269), die Identität des polnischen Majors sei nicht bekannt. - Wir entnehmen diese Informationen Arthur Butz' Vortrag Some Thoughts on Pressac's opus, gehalten im Oktober 1992 an der 11. Konferenz des Institute for Historical Review, abgedruckt in IHR, Mai/Juni 1993.
4) Gilbert, S. 455/456.
5) ibidem, S.450.
6) ibidem, S. 453.
7) Enrique Aynat, Los «Protocolos de Auschwitz»: ¿ Una fuente histórica?, Verlag Garcia Hispan, Alicante 1990.
8) Dies, obgleich sie sich zwei Jahre in Auschwitz aufhielten!
9) Kalendarium, S. 197.
10) Zur Zahl der Auschwitz-Opfer vgl. das im 3. Teil dieses Buchs Gesagte.
11) Folgt man der Enzyklopädie des Holocaust (S. 873), so wurden 1943 einige hundert litauische Juden nach Auschwitz gebracht, dort aber nicht vergast, sondern nach Warschau befördert, wo sie die Ruinen des Ghettos zu beseitigen hatten. Rund 5000 litauische Juden seien «in Vernichtungslagern» (also sicher nicht alle in Auschwitz) umgekommen. Das Kalendarium erwähnt nirgends in Auschwitz vergaste litauische Juden.
12 ) Serge Klarsfeld, Vichy-Auschwitz. Le rôle de Vichy dans la solution finale de la question juive en France, Band 2, Librairie Arthème Fayard, 1985, S. 394.
13) Enzyklopädie des Holocaust, S. 866.
14) Danuta Czech, Konzentrationslager Auschwitz - Précis d'histoire, in Auschwitz. Camp hitlérien d'extermination, Interpress, Warschau, S. 39.
15) Bei der Besichtigung des Strafbunkers erläutern die Führer im Museum auf dem Gelände des ehem. KZ Auschwitz den Besuchern, hier seien erwischte Flüchtlinge eingesperrt worden. Demnach wurden diese also nicht «sofort aufgehängt».
16) Vom 1. Auschwitz-Protokoll oder Vrba-Wetzler-Bericht existieren, wie Enrique Aynat darlegt, insgesamt sechs Versionen: a) Ein in deutscher Sprache verfasster, 28seitiger Text mit der Kennziffer M 20/153, der im Archiv von Yad Vashem, Israel, aufbewahrt wird. b) Ein gleichfalls auf deutsch abgefasstes 34seitiges Dokument mit dem Titel Tatsachenbericht über Auschwitz und Birkenau, das sich in der Franklin Delano Roosevelt Library von New York befindet (Collection WRB, Box no 61, Mise. Docs. and Reports-Poland, 5117144, General Correspondence of R. McClelland, War Refugee Board file). c) Ein unter der Kennziffer 1920-HP 1095 in den Archiven des schwedischen Aussenministeriums aufbewahrtes Dokument, ebenfalls auf deutsch verfasst und 24 Seiten lang. d) Ein 30seitiger französischer Text mit dem Titel Rapports sur les camps de «travail» de Birkenau et d'Auschwitz, unter Kennziffer R-1716 beim spanischen Aussenministerium in Madrid archiviert. e) Eine 52seitige, den Titel The Extermination camps of Auschwitz (Oswiecim) and Birkenau in Upper Silesia tragende Urkunde, die sich wie das Dokument b) in der Franklin Delano Roosevelt Library zu New York befindet (Collection War Refugee Board, Box no 6, German Extermination camps, 1. Original Reports from McClelland, 10-12-44). Dieser Text wurde am 12. Oktober 1944 von Rosswell McClelland, einem Angestellten der US-Botschaft in Bern, nach Washington gesandt. f) Ein 48seitiger Text mit dem Titel Testimony of two escapees from Auschwitz-Birkenau Extermination camps at Oswiecim, Poland, der unter der Kennziffer OSS XL 883 in den National Archives and Records Administration, Abteilung Office of Strategie Services, in Washington aufbewahrt wird. Der zitierte Text entstammt dem Dokument a); wir zitieren nach Enrique Aynat. Zu ergänzen wäre, dass das Dokument laut Version f) ursprünglich in ungarischer Sprache abgefasst worden ist, wohingegen Rudolf Vrba beim ersten Zündelprozess in Toronto, Kanada, angab, er habe seinen Bericht auf slowakisch abgegeben (In the disctrict court of Ontario. Between her Majesty the Queen and Ernst Zündel. Before: The honorable judge H. R. Locke und a Jury, Toronto, Akten der Verhandlung vom 23. Januar 1985, S. 1519).
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass ein kurzer Auszug aus dem Vrba-Wetzler-Bericht, nämlich die Statistik der, den beiden Autoren zufolge in Birkenau vergasten Juden, als Dokument L-022 beim Nürnberger Prozess vorgelegt worden ist. Dass der Rest der Auschwitz-Protokolle in Nürnberg keine Beachtung fand, ist ebenso unbegreiflich wie die Tatsache, dass man darauf verzichtet hat, seine Verfasser als Zeugen vorzuladen.
Kritik
Die zunächst zitierte Passage schildert Vergasungen in den Krematorien, zweite solche «im Birkenwald».
1) Vrba/Wetzler zufolge wurde das erste Birkenauer Krematorium Ende Februar 1943 eröffnet. Das Kalendarium datiert die Inbetriebnahme des K 11 auf den 5. März 1943 (1), Hilberg setzt sie gleichfalls im März an (2). Da es sich nur um eine Differenz von einigen Tagen handelt, wiegt dieser Widerspruch nicht schwer.
2) Die Verfasser berichten, K 1 und K 11 hätten jeweils 9 Öfen mit je 4 Öffnungen aufgewiesen. In der gesamten Holocaust-Literatur ist einhellig von 5 Ofen mit je 3 Öffnungen die Rede (3).
3) In einer Öffnung drei Leichen gleichzeitig zu verbrennen, ist auch in einem modernen Krematorium nicht möglich, da die Einäscherung nur unvollkommen gelingen würde. Die Verbrennung von zwei Leichen zugleich ist dann möglich, wenn es sich um kleine Kinder handelt (4).
4) Dem Bericht zufolge führte von der Gaskammer zum Ofenraum ein Gleispaar. In Tat und Wahrheit gab es vom Leichenkeller, also der «Gaskammer», keinen anderen Weg zum Ofenraum als einen Aufzug (5).
5) Die «Gaskammer» (Leichenkeller 1) mass 210 m² (6). Auf dieser Fläche 2000 Personen unterzubringen dürfte in der Praxis auch dann nicht möglich sein, wenn sich darunter zahlreiche Kinder befinden.
6) Zyklon B ist kein «Präparat in Staubform»; es wird in Form von Kügelchen oder Scheibchen geliefert (7).
7) Der angegebene Zeitraum zwischen dem Einwerfen des Zyklons und dem Exitus sämtlicher Opfer - 3 Minuten - ist absolut unglaubwürdig (8).
8) Die beiden Autoren schreiben, K IV und K V seien «auf ganz ähnlicher Grundlage errichtet» worden wie K 11 und K 111. In Wirklichkeit waren diese beiden Krematorien ganz anders strukturiert (9).
9) Zur Einweihung des ersten Krematoriums Anfang März (nun also nicht mehr Ende Februar) sollen 8000 Krakauer Juden in Gegenwart prominenter Gäste aus Berlin vergast worden sein. Das Kalendarium weiss nichts von einem solchen Anlass zu berichten.
10) Bei dem kurzen Abschnitt über die Vergasungen im Birkenwald fehlen auffallenderweise jegliche Hinweise auf die Hinrichtungsstätten.
Anmerkungen zur Kritik
1) Kalendarium, S. 430.
2) Hilberg, S. 946.
3) ibidem.
4) Mündliche Auskunft des Basler Krematoriumstechnikers an den Verfasser, 10. Februar 1993.
5) Vgl. Illustration 7.
6) Pressac, S, 286.
7) Über Eigenschaften und Verwendung des Insektenvertilgungsmittels Zyklon B siehe z. B. die Rudolf-Expertise, Puntigam/Breymesser/Bernfus, Blausäuregaskammern zur Fleckfieberabwehr, Sonderveröffentlichung des Reichsarbeitsblattes, 1943, oder Richtlinien für die Anwendung von Blausäure (Zyklon) zur Ungeziefervertilgung, Gesundheitsanstalt des Protektorats Böhmen und Mähren, 1942, beim Nürnberger Prozess als Dokument NI-9912 vorgelegt.
8) Um sämtliche Opfer binnen drei Minuten zu töten, würde es aberwitzig grosser Zyklon-Mengen bedürfen. Vergleiche dazu das im ersten Teil des 3. Kapitels Gesagte.
9) Vgl. Illustration 7.