Stephan
05.08.2005, 15:31
Nicht nur die sog. Neue Rechte - eine Akzentverschiebung innerhalb des Rechtsextremismus - gibt sich seriös und bieder, auch gewaltbereite Neonazis scheinen das vertuschen und verschleiern ihrer menschenfeindlichen Propaganda als einen Weg entdeckt zu haben, ihre Verbrecherideologie besser an den Mann/die Frau bringen zu können:
Der Wolf im Schafspelz
Propagandaoffensive von Rechtsparteien im Internet
VON ANTON RENNER UND RALF HEUSSINGER
München - Rechtsextremisten als Neonazis zu brandmarken, galt bislang als ein Mittel, die Öffentlichkeit gegen den braunen Mob zu sensibilisieren. Neuerdings versuchen sich rechte Ideologen jedoch an einer Verschleierungstaktik, um sich gesellschaftsfähig zu machen. Der Verfassungsschutz warnt vor einer Propagandaoffensive, die rechtsextreme Parteien und so genannte Freie Kameradschaften derzeit im Internet starten.
Es gibt Bewegung im World Wide Web. Vormals laienhaft gestaltete Internetseiten und teilweise chaotische Diskussionsboards werden durch seriös und bieder wirkende, professionell gestaltete Web-Portale ersetzt. So wirbt etwa die rechtsextreme NPD auf ihren Internetseiten unter dem Motto "Gemeinsam schaffen wir es" mit ausdrucksstarken Bildern von glücklich und zufrieden wirkenden jungen Leuten, strahlenden Familien und Händen, die gemeinsam an einem Seil ziehen. Auch die politischen Aussagen sind so gewählt, dass sie an Stammtischen in Deutschland Zustimmung finden könnten.
Derzeit ist die Rechtspartei dabei, ihre Strukturen bis herunter zu den Kreisverbänden neu zu ordnen und der gesamten Parteiorganisation - dem Wolf im Schafspelz gleich - ein neues Gewand überzustreifen. "Sowohl NPD als auch rechte Kameradschaften agieren vorsichtiger", sagt Michael Feiler vom Landesamt für Verfassungsschutz. Diskussionsforen, in denen bisher ideologisch verblendete Nationalisten die Naziideologie verherrlichen konnten, wurden weitgehend aus dem Netz genommen. Ein Administrator überprüft die Beiträge auf illegale Inhalte. "Sie vermeiden strafbare Aussagen und es findet keine Hetze mehr statt", so der Verfassungsschützer.
Eine Verschleierungstaktik, hinter der aber die alten rassistischen Inhalte stecken. "Sich ein medial ansprechendes Gewand zu geben, das versuchen Extremisten der verschiedensten Seiten", erklärt Michael Ziegler vom Innenministerium. "Man kann nur immer wieder davor warnen." Verfassungsschützer Feiler sieht eine Gefahr vor allem für junge Menschen. "Man versucht sich bei Jugendlichen interessant zu machen, indem man etwa Musik zum Download anbietet." Tatsächlich läuft die Rekrutierung der Jugendlichen über die direkte Ansprache: ",Neonazis` in München wissen, dass Du sie kennen lernen und aktiv werden willst", heißt es suggestiv auf einer Internetseite.
Formal bieten die Rechtsextremen kaum Angriffsflächen mehr, die führenden Köpfe hinter der Propagandamaschinerie sind aber immer noch die gleichen, teils verurteilten Straftäter. Der in Ottobrunn (Kreis München) lebende Münchner Rechtsextremist und NPD-Aktivist Norman Bordin zum Beispiel. Er zählt nach Einschätzung des bayrischen Landeskriminalamts zu den "Schwergewichten in der bundesrepublikanischen Neonazi-Szene der militanten freien Kameradschaften". Bordin stammt aus dem Umfeld des inhaftierten Rechtsterroristen Martin Wiese. Außerdem ist er wegen Körperverletzung, Beleidigung und Volksverhetzung einschlägig vorbestraft. Unter anderem war er im Jahr 2001 am brutalen Überfall auf einen Münchner Griechen beteiligt und wurde zu 15 Monaten Haft verurteilt.
Neben seinen Parteiaktivitäten organisiert und führt der 31-Jährige nicht nur weitgehend den "Widerstand Süd", sondern ist auch Inhaber von Internet-Domains mit einschlägig rechtsradikalem Inhalt. Seit einigen Tagen nun sind Inhalte, bis auf wenige regionale Feinheiten, gleichgeschaltet mit den Inhalten der Seiten der "Neonazis in Hamburg" des "Widerstand Nord".
Bei allem Bemühen um Hochglanzbilder und gesellschaftsfähige Internetauftritte, manchmal rutschen die rechten Propagandisten aber in alte, krude Formeln: "Weg mit dem asozialen System!," heißt es auf einer Internetseite schlicht.
mm
Quelle: Münchener Merkur, 05.08.2005, http://www.marktplatz-oberbayern.de/regionen/bayern/art1590,300453.html?fCMS=a47b2c37645430dd434d95ff4 35e448fMfG
Stephan
Der Wolf im Schafspelz
Propagandaoffensive von Rechtsparteien im Internet
VON ANTON RENNER UND RALF HEUSSINGER
München - Rechtsextremisten als Neonazis zu brandmarken, galt bislang als ein Mittel, die Öffentlichkeit gegen den braunen Mob zu sensibilisieren. Neuerdings versuchen sich rechte Ideologen jedoch an einer Verschleierungstaktik, um sich gesellschaftsfähig zu machen. Der Verfassungsschutz warnt vor einer Propagandaoffensive, die rechtsextreme Parteien und so genannte Freie Kameradschaften derzeit im Internet starten.
Es gibt Bewegung im World Wide Web. Vormals laienhaft gestaltete Internetseiten und teilweise chaotische Diskussionsboards werden durch seriös und bieder wirkende, professionell gestaltete Web-Portale ersetzt. So wirbt etwa die rechtsextreme NPD auf ihren Internetseiten unter dem Motto "Gemeinsam schaffen wir es" mit ausdrucksstarken Bildern von glücklich und zufrieden wirkenden jungen Leuten, strahlenden Familien und Händen, die gemeinsam an einem Seil ziehen. Auch die politischen Aussagen sind so gewählt, dass sie an Stammtischen in Deutschland Zustimmung finden könnten.
Derzeit ist die Rechtspartei dabei, ihre Strukturen bis herunter zu den Kreisverbänden neu zu ordnen und der gesamten Parteiorganisation - dem Wolf im Schafspelz gleich - ein neues Gewand überzustreifen. "Sowohl NPD als auch rechte Kameradschaften agieren vorsichtiger", sagt Michael Feiler vom Landesamt für Verfassungsschutz. Diskussionsforen, in denen bisher ideologisch verblendete Nationalisten die Naziideologie verherrlichen konnten, wurden weitgehend aus dem Netz genommen. Ein Administrator überprüft die Beiträge auf illegale Inhalte. "Sie vermeiden strafbare Aussagen und es findet keine Hetze mehr statt", so der Verfassungsschützer.
Eine Verschleierungstaktik, hinter der aber die alten rassistischen Inhalte stecken. "Sich ein medial ansprechendes Gewand zu geben, das versuchen Extremisten der verschiedensten Seiten", erklärt Michael Ziegler vom Innenministerium. "Man kann nur immer wieder davor warnen." Verfassungsschützer Feiler sieht eine Gefahr vor allem für junge Menschen. "Man versucht sich bei Jugendlichen interessant zu machen, indem man etwa Musik zum Download anbietet." Tatsächlich läuft die Rekrutierung der Jugendlichen über die direkte Ansprache: ",Neonazis` in München wissen, dass Du sie kennen lernen und aktiv werden willst", heißt es suggestiv auf einer Internetseite.
Formal bieten die Rechtsextremen kaum Angriffsflächen mehr, die führenden Köpfe hinter der Propagandamaschinerie sind aber immer noch die gleichen, teils verurteilten Straftäter. Der in Ottobrunn (Kreis München) lebende Münchner Rechtsextremist und NPD-Aktivist Norman Bordin zum Beispiel. Er zählt nach Einschätzung des bayrischen Landeskriminalamts zu den "Schwergewichten in der bundesrepublikanischen Neonazi-Szene der militanten freien Kameradschaften". Bordin stammt aus dem Umfeld des inhaftierten Rechtsterroristen Martin Wiese. Außerdem ist er wegen Körperverletzung, Beleidigung und Volksverhetzung einschlägig vorbestraft. Unter anderem war er im Jahr 2001 am brutalen Überfall auf einen Münchner Griechen beteiligt und wurde zu 15 Monaten Haft verurteilt.
Neben seinen Parteiaktivitäten organisiert und führt der 31-Jährige nicht nur weitgehend den "Widerstand Süd", sondern ist auch Inhaber von Internet-Domains mit einschlägig rechtsradikalem Inhalt. Seit einigen Tagen nun sind Inhalte, bis auf wenige regionale Feinheiten, gleichgeschaltet mit den Inhalten der Seiten der "Neonazis in Hamburg" des "Widerstand Nord".
Bei allem Bemühen um Hochglanzbilder und gesellschaftsfähige Internetauftritte, manchmal rutschen die rechten Propagandisten aber in alte, krude Formeln: "Weg mit dem asozialen System!," heißt es auf einer Internetseite schlicht.
mm
Quelle: Münchener Merkur, 05.08.2005, http://www.marktplatz-oberbayern.de/regionen/bayern/art1590,300453.html?fCMS=a47b2c37645430dd434d95ff4 35e448fMfG
Stephan