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Vollständige Version anzeigen : Die neue EZB: Weniger Deutschland, mehr Politik



Jonny
04.01.2012, 00:53
Dies ist der Titel des neusten Artikels der "Deutschen Mittelstands Nachrichten"
Der große Gewinner des Umbaus an der Spitze der Europäischen Zentralbank ist Mario Draghi. Er verlagert die Animositäten zwischen Deutschland und Frankreich auf eine Ebene unter sich und folgt
dem Prinzip „Divide et impera“. Jörg Asmussen wird der Guido Westerwelle der EZB.

Die "Fett"gedruckte "Einleitung"

Der große Gewinner des Umbaus an der Spitze der Europäischen Zentralbank ist Mario Draghi. Er verlagert die Animositäten zwischen Deutschland und Frankreich auf eine Ebene unter sich und folgt dem Prinzip „Divide et impera“. Jörg Asmussen wird der Guido Westerwelle der EZB.


Der neue Chefvolkswirt der EZB, Peter Praet, ist ein angesehener Akademiker. Er hat einiges an theoretischen Arbeiten vorzuweisen. Als ehemaliger Chefvolkswirt der Fortis-Bank und als belgischer Notenbank-Chef kennt er beide Seiten der Bankenwelt. Seine im Rahmen der EZB publizierten Positionen weisen ihn als Risiko-Experten und als profunden Kenner der Problematik von Daten aus. In beiden Bereichen kann Praet der EZB in der Krise helfen. Vor allem die Übermittlung der richtigen Daten kann kriegsentscheidend sein – wie man spätestens seit den mit Hilfe von Goldman Sachs geschönten Daten vor dem griechischen Euro-Beitritt weiß (zuständig damals für Europa war Mario Draghi – mehr dazu hier).

Politisch ist Praet eher ein Diplomat. Er diente für kurze Zeit im Stab des belgischen Finanzministers. Bei einem Hearing des Europa-Parlaments ließ er die bohrenden Fragen eines irischen und eines britischen Abgeordneten nach der Grenze der Belastbarkeit von Volkswirtschaften bzw. einem möglichen Plan B der EZB im Falle des Scheiterns des Euro beredt unbeantwortet (siehe Video am Ende des Artikels).

Zu Griechenland sagte er vor einiger Zeit, dass die Folgen einer Staatspleite umstritten seien, er aber eher der Meinung anhänge, dass die Folgen für die Euro-Zone unangenehm wären. Insgesamt hinterlässt der Hobby-Gärtner einen soliden Eindruck.

Er ist jedoch sicher kein Mann des energischen Widerspruchs. Es ist zu erwarten, dass Praets Einschätzung der volkswirtschaftlichen Lage, die er künftig zu Beginn jeder Sitzung des EZB-Direktoriums geben wird, gründlich und ehrlich sein wird.

Bei der Frage jedoch, wie die Krise zu bekämpfen sei, dürfte er sich eher akademisch ausgewogen verhalten. Und da ist es interessant, welche Rolle Deutschland und Frankreich spielen werden. Die Franzosen hätten bekanntermaßen wenig Hemmungen, das Schuldenproblem über eine Inflation zu lösen. Diese Politik hat in Frankreich lange Tradition und wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Paris mehrfach praktiziert.

Der als Chefvolkswirt gegen den Deutschen Jörg Asmussen ins Rennen geschickte Franzose Benoît Coeuré wird künftig das Ressort Finanzmärkte betreuen. In diesem Bereich wird ein maßgebliches Wort über den Kauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt gesprochen. Es darf erwartet werden, dass Coeuré hier die Interessen von Nicolas Sarkozy vertreten wird. Bereits bei seinem Hearing vor dem Europäischen Parlament am 13. Dezember hatte Coeuré gesagt, dass die EZB mehr Staatsanleihen kaufen solle, wenn sich die Lage in einem der Staaten verschlechtere.

Asmussen dagegen wird als Außenminister der EZB zu einer Art Guido Westerwelle der Zentralbank. Denn ähnlich wie in der deutschen Bundesverfassung hat auch der EZB-Präsident eine Art Richtlinien-Kompetenz. Daher war es auch nur logisch, dass Asmussen seine Verhinderung in der Position des Chef-Volkswirts gelassen nahm – und sagte, dass er nun eben „gemeinsam mit dem Präsidenten“ die Außenpolitik und das Krisenmanagements betreuen werde. Asmussen hat in Berlin schon vielen Herren erfolgreich gedient – das spricht für seine Elastizität, die man als guter Beamter eben braucht. Asmussen wird freilich nicht allzu deutlich degradiert, sondern erhält mit dem Ressort Recht eine wichtige Stimme, auch in der Frage der Staatsanleihen.

Mario Draghi hat mit dem geschickten Schachzug die beiden großen Euro-Staaten gewissermaßen auf eine Ebene unter sich bugsiert: Er kann nun nach dem Prinzip „Divide et impera (teile und herrsche)“ verfahren. Damit dürfte in Europa die Goldman-Achse gestärkt werden. Schon nach dem Abtritt von Silvio Berlusconi war Beobachtern aufgefallen, wie erleichtert Angela Merkel und Nicolas Sarkozy gewesen waren, mit Mario Monti (auch Goldman – mehr hier) einen ausgewiesenen Finanzfachmann an ihrer Seite zu wissen. Weder Merkel noch Sarkozy sind Wirtschaftsfachleute. Die beiden Italiener Draghi und Monti dagegen wissen als Investmentbanker, wie man das Geld der anderen zum Arbeiten bringt.

Es ist zu erwarten, dass sowohl Peter Praet als auch Jörg Asmussen „dem Präsidenten“ sekundieren werden. Damit können zugleich zu heftige französische Avancen, vorgetragen von Coeuré, abgefedert werden.

Das letzte Wort wird also, deutlicher als noch zu Zeiten eines Jürgen Stark, der Präsident haben. Die EZB wird weniger deutsch, die politischen Auseinandersetzungen wird es jedoch weiter geben. Spätestens, wenn Italiens Staatsanleihen weiter unter Druck geraten oder Frankreich sein Triple A verliert. Dann wird der Druck auf die EZB wieder zunehmen. Hoffentlich kann sich bis dann Angela Merkel mit den wirklich wichtigen Themen beschäftigen. Die Causa Christian Wulff ist nämlich eine Marginalie in diesen Tagen. Die Machtverschiebung in der EZB hat für Deutschland eine unvergleichlich größere Bedeutung. Angela Merkel wäre gut beraten, sich mit voller Aufmerksamkeit um die Entwicklung in der EZB zu kümmern. Sonst hätte sie bald ihren eigenen Kredit bei den Wählern verspielt.
Ich finde diese Vorgehensweise falsch,weil man im Grunde wieder versucht über den Kopf der Deutschen zu entscheiden.

Ganz_unten
04.01.2012, 19:10
Das Problem war die fehlende fachliche Eignung von Asmussen. Das hat Mario Draghi, übrigens ein Top-Niveau Fachmann, deutlich erkannt. Und dann hat er entsprechend klug gehandelt.
Der Asmussen darf bei ihm noch eine Weile in die Lehre gehen, vielleicht wird aus Asmussen so doch noch ein fähiger Praktiker, gemäß der Methode "learning by doing".