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Vollständige Version anzeigen : freiheit



hartmut
08.07.2005, 15:11
hat die freiheit seit dem kaiserreich in deutschland zu- oder abgenommen?
in den weltkriegen verloren die menschen an freiheiten-auch in den diktaturen.
die weimarer zeit leuchtet als eine kreative zeit, also war sie auch frei, meine ich.
doch währte deren freiheiten nur kurz.
in den besatzungszeiten entwickelten die westmächte schon die freiheiten von weimar wieder- doch unterdrückten sie deren gegner, so taten es auch die demokratischen parteien. wie stark waren denn die gegner?
in der sbz galt die forderung nach freiheit als hochverrat und wurde als solcher bestraft, glaube ich.
was, diskutanten, ist heute diesbezüglich?
was gilt, bezüglich der freiheit?
gelten die maßstäbe der frühen sbz: alles muß demokratisch aussehen, aber wir, die kommunisten ergo die russen, müssen die kontrolle haben?
diesbezüglich wurden ja seit 1945 einige kontrolltechniken entwickelt, mit den sich ein solcher ansatz heute fruchtbar, furchtbar gestalten läßt.
wie verhalten sich dazu die weimarer freiheiten?
wie frei sind wir?
müssen wir uns für einen weg entscheiden und dann dementsprechend leben,
also frei?
werden wir durch die eigene entscheidung frei?
trotz posttotalitärer zumutungen, rechtsradikaler gewalt, fremdenfeindlicher ausbrüche, stagnierender wirtschaft, alternder mitmenschen, verlorener leitbilder des kalten krieges?
wenn man also in freiheit leben wollte, müßte man einfach frei leben-
und die risiken tragen, so wie menschen stets noch ihre selbstverantwortung trugen.

Luzifers Freund
22.06.2006, 13:17
Ich habe mal einen alten Strang aus der Versenkung geholt und versuche ihn mal zu recyclen.

Was ist Feiheit?

Ganz gewiss ist es immer eine andere wenn der Begriff fällt. Was dem Einen die Feiheit ist kann dem Anderen seine Unterdrückung sein.

Bei Wikipedia steht dazu einiges Interessantes. Aber dennoch ist Freiheit eines der Dinge, die man für sich in Anspruch nimmt oder dahin strebt. Man kann Freiheit fordern, verteidigen oder verlieren. Freiheit ist also in erster Linie etwas persönliches. Selbst bei der kollektiven Freiheit geht es immer zuerst um die eigene.

Freiheit ist also immer etwas persönlich erfahrbares und man kann nie wissen was für den Anderen Freiheit bedeutet.
Darum meine Frage:
Was ist für euch Freiheit?

Freedy
22.06.2006, 13:23
Im folgenden ein paar Definitionsversuche:

Ein Mensch ist unfrei, wenn er nicht über sein Leben (seine Zukunft), seine Handlungen (seine Gegenwart) und die Resultate seiner Handlungen (seine Vergangenheit) verfügen kann. Freiheit bedeutet daher - in den Worten von John Locke - individuelles Verfügen über life, liberty, and estate: Leben, Handlungsfreiheit, und Eigentum, das durch Produktion oder freiwillige Zustimmung erworben wurde. Freiheit bedeutet nicht, tun und lassen zu können was man will. Die Freiheit wird letzlich von einem Faktor begrenzt und zwar der Freiheit anderer Menschen.

* Hayekscher Freiheitsbegriff: "Freiheit als Unabhängigkeit von Willkür anderer"

Das Problem liegt in der Bestimmung des Merkmals der fehlenden freiwilligen Zustimmung; wenn man Freiheit als Abwesenheit eines nicht freiwillig geduldeten Eingriffs in eine fremde Privatsphäre bestimmt, gelangt man zu einer unbrauchbaren zirkulären Definition - ein Begriff kann nicht durch sich selbst definiert werden.

* Spencer-Rothbardscher Freiheitsbegriff: "Ein Mensch ist frei, wenn er nicht angegriffen ist"

Mit dem gleichen Problem sieht sich auch der Spencersche (von Rothbard übernommene) Freiheitsbegriff konfrontiert. Demzufolge bin ich solange frei, wie ich den Eingriffen in meine Freiheit frei zustimme (denn stimme ich Eingriffen in meine Freiheit zu, kann von Zwang ja keine Rede sein).

* Bouillonscher Lösungsversuch:

Hardy Bouillon kommt in seiner Habilitationsschrift "Freiheit, Liberalismus und Wohlfahrtsstaat" zu dem Schluss: "Eine Person genießt individuelle Freiheit, solange sie – in eine Doppelwahlsituation gestellt – eine negative Metawahl treffen darf, ohne dabei künstliche Folgekosten Dritter, die sich auf ihren privaten Handlungsspielraum auswirkten, erwarten zu müssen." Veranschaulichen lässt sich das am besten anhand eines Wahl-Beispieles, durch das die notwendige Unterscheidung zwischen Meta- und Objektwahl deutlich wird. Die Metawahl besteht hier in den Möglichkeiten "Teilnahme" oder "Nichtteilnahme" an den Wahlen, die Objektwahl beinhaltet die Entscheidung für eine konkrete Partei. Da in Belgien Wahlpflicht herrscht, ist die Metawahl bei sonstigem Zwang verpflichtend, in Österreich hingegen in Ermangelung einer Wahlpflicht kostenlos. Die Kosten, die dem Wähler in Belgien bei Ignorieren der Metawahl(pflicht) drohen, sind die "Option" (das, was er sont mit dem Geld - bei Annahme einer Geldstrafe - hätte machen können). Ein Mensch ist daher nach Bouillon frei, solange er ein Angebot kostenlos ablehnen kann. Er rekonstruiert somit Zwang "als Sonderform eines eine Doppelwahlsituation initiierenden Angebotes in Gestalt der künstlichen Kosten, die im Falle einer negativen Metawahl entstehen".

Quelle (http://de.liberty.li/arguments/?id=30)

Luzifers Freund
22.06.2006, 13:34
Ein interessanter Geedanke. Ein Mensch ist daher nach Bouillon frei, solange er ein Angebot kostenlos ablehnen kann. Das sagt schon viel. Kostenlos ist hier vermutlich so gemeint, dass es weniger um Geld geht sondern um "Kosten" die enstehen wenn mir etwas genommen wird oder ich etwas dafür weggeben muss. Das können ideelle aber auch konkrete erfassbare wie Einschränkung der Bewegungsfreiheit sein- sprich: Knast.

Freedy
22.06.2006, 13:39
Ein interessanter Geedanke. Ein Mensch ist daher nach Bouillon frei, solange er ein Angebot kostenlos ablehnen kann. Das sagt schon viel. Kostenlos ist hier vermutlich so gemeint, dass es weniger um Geld geht sondern um "Kosten" die enstehen wenn mir etwas genommen wird oder ich etwas dafür weggeben muss. Das können ideelle aber auch konkrete erfassbare wie Einschränkung der Bewegungsfreiheit sein- sprich: Knast.
Ja, Geld ist ja nur die Einheit, in der wir Kosten bewerten und vergleichen können, wenn wir das für zweckmäßig erachten.

Ein Brot zu backen, kostet uns Mehl, das dann für andere Zwecke (etwa Nudeln) nicht mehr zur Verfügung steht. Um das zu erkennen, muss man über Geld nicht nachdenken.

Luzifers Freund
22.06.2006, 13:43
Wären wir freier wenn es kein Geld gäbe? Oder ist das sekundär?

Freedy
22.06.2006, 13:49
Wären wir freier wenn es kein Geld gäbe? Oder ist das sekundär?
Eher im Gegenteil.
Es wäre doch recht schwierig, Waren und Dienstleistungen zu tauschen, ohne ein Tauschmittel.

Manch einer hat Geld schon als "geronnene Freiheit" bezeichnet, weil es (im besten Fall) universelles Tauschmittel ist.

Bei absoluter Freiheit (ein Leben ohne andere Menschen) ist Geld freilich nutzlos.

Luzifers Freund
22.06.2006, 14:52
Eher im Gegenteil.
Es wäre doch recht schwierig, Waren und Dienstleistungen zu tauschen, ohne ein Tauschmittel.

Manch einer hat Geld schon als "geronnene Freiheit" bezeichnet, weil es (im besten Fall) universelles Tauschmittel ist.

Bei absoluter Freiheit (ein Leben ohne andere Menschen) ist Geld freilich nutzlos.
Absolute Freiheit ist demnach nur ohne Menschen zu erlangen? Das wäre aber ein ärmliches Leben.

Freedy
22.06.2006, 15:02
Absolute Freiheit ist demnach nur ohne Menschen zu erlangen? Das wäre aber ein ärmliches Leben.
Sicher.
Solange aber Menschen miteinander leben, geht ihre Freiheit eben immer nur so weit, wie sie den anderen Menschen keinen Schaden zufügen.

Zum strikten Liberalismus ein Aufsatz.

Maistre
22.06.2006, 16:33
Freedy hat ein Zitat gefunden, der Mann heißt Bouillon. Mehr sage ich nicht.

"Eine Person genießt individuelle Freiheit, solange sie – in eine Doppelwahlsituation gestellt – eine negative Metawahl treffen darf, ohne dabei künstliche Folgekosten Dritter, die sich auf ihren privaten Handlungsspielraum auswirkten, erwarten zu müssen."

Sehe ich ganz genau so. Aber darf er auch eine positive Miniwahl treffen?
Eine heiße Frage für Bouillon.

Luzifers Freund
22.06.2006, 22:45
Freedy hat ein Zitat gefunden, der Mann heißt Bouillon. Mehr sage ich nicht.

"Eine Person genießt individuelle Freiheit, solange sie – in eine Doppelwahlsituation gestellt – eine negative Metawahl treffen darf, ohne dabei künstliche Folgekosten Dritter, die sich auf ihren privaten Handlungsspielraum auswirkten, erwarten zu müssen."

Sehe ich ganz genau so. Aber darf er auch eine positive Miniwahl treffen?
Eine heiße Frage für Bouillon.

Warum denn nicht. Das ist ja Freiheit: Sowohl das eine als auch das andere wählen zu können "ohne dabei künstzliche Folgekosten ..." etc pp.

Temudschin
23.06.2006, 23:24
Ist die Wahl, als Allgemeines, nicht eher ein ungemeines Konstrukt? -
Sprich demzufolge nun auch nicht mehr Freiheit!
Zwar kann man sich Probleme mittels Kategorien, unterschiedliche Wahlmöglichkeiten erleichtern, aber dabei auch einiges unterschlagen und somit logischerweise Unfreiheit schaffen. Um bei der Wahl zu bleiben heißt dass also, wenn eine-welche Partei/Option dieses nach sich zieht, aber nicht jenes; wogegen eine-solche Partei/Option jenes nach sich zieht, aber nicht dieses; wohingegen die Wirklichkeit sich gewiss wesentlich reicher gestalten wird. Möchte Mancher nun aber jenes und dieses oder beides jenes und dieses nicht, hat er sich zwischen einer Option zu entscheiden, oder wie in Deutschland sich Nihilistisch an diesem Konstrukt zu betätigen, wird er in jeden Fall gezwungen ein Übel zu akzeptieren oder seine Wahl zu verschenken, da Nihilisten sich nicht politisch in Beispielsweise der Sitzverteilung niederschlagen; könnten doch jeweilige Sitze gezwungenermaßen leer bleiben. Da in der Wirklichkeit 'Ja' & 'Nein' für Jenes & Dieses in keinster Weise ausreicht und Jenes & Dieses sich eher als wine Gerade mit unendlichen Ausprägungspunkten gestaltet, besteht dahingegen schon eine nichtauflös- und -unterschlagbare Unfreiheit.

Sprache ist die Wurzel aller Unfreiheit. Denn hat der Mensch dort mit der Kategorisierung - welche zweifelsohne Unfreiheit schafft besonders zu sehen in den Diktaturen, ungemein der Deutschen - begonnen. Anschaulich an den konkreten Verben und allgemeinen Taten zu erkennen, beispielsweise: denken, gutes/böses-tun. Jenes zeigte auch die Weltgeschichte in der chinesischen Kultur, deren Sprache verb-orientiert ist, eine ausgeprägte Unfreiheit in dem geschichtlichen Verlauf.

Wie schaut es eigentlich mit dem christlichen Paradies aus? Existiert dort absolute Freiheit? Oder ist dies eine falsche Verheißung. - Eher weniger, denn das Paradies ist ein Ort ohne Leid und Zerstörung, folgerichtig auch ohne Schöpfung, denn jene ist abgeschlossen. Sprich das Paradies ist eher die absolute Unfreiheit und der Sillstand aller Entwicklung.
Freiheit ist Leid und auch Fundament für Schöpfung.

Aber absolute Freiheit scheint es nicht zu geben, oder muss man sich fragen in welchen Umständen man von Freiheit sprechen könnte. In ähnlicher Art und Weise hatte Rousseau ausgeführt, das in einer Gesellschaft die Freiheit nur soweit gehen dürfte, dass sie die Freiheit eines Anderen nicht einschränken dürfte. Heißt also, es gibt eher kleine Freiheiten und daran kann man es nur messen, wie - nicht wieviel - frei man ist, und der metaphysische Begriff der Freiheit existiert - wie alle anderen großen metaphysischen Begriffe, wie zum Beispiel das Gute und Böse als Päarchen - gar nicht; ist er doch selber - wie oben ausgeführt - eine unfrei-machende Kategorie.

Freiheit scheint zweifelsohne ein Widerspruch - die sich selber wieder zerstört, sobald sie sich geschaffen hat - zu sein, oder oder und die nicht überall gleich verteilt sein kann, wie die geschichte gezeigt hat.

Mit freundlichen Grüßen,
Temudschin.

GnomInc
24.06.2006, 10:27
Sprache ist die Wurzel aller Unfreiheit. Denn hat der Mensch dort mit der Kategorisierung - welche zweifelsohne Unfreiheit schafft besonders zu sehen in den Diktaturen, ungemein der Deutschen - begonnen. Anschaulich an den konkreten Verben und allgemeinen Taten zu erkennen, beispielsweise: denken, gutes/böses-tun. Jenes zeigte auch die Weltgeschichte in der chinesischen Kultur, deren Sprache verb-orientiert ist, eine ausgeprägte Unfreiheit in dem geschichtlichen Verlauf.
.


Bullshit.....

Sprache determiniert den Menschen als selbstbewusstes Subjekt.

Du kannst ja gerne sprachlos mit einer Schimpansenhorde im Busch deine
Freiheit von Sprache ausleben.
Du darfst auch unfrei nicht wählen , falls ein Leopard mal einen Imbiss sucht.
Und glaub mir , Milliarden Chinesen sind nicht deiner Meinung.

Temudschin
24.06.2006, 14:26
Und glaub mir , Milliarden Chinesen sind nicht deiner Meinung. Tut mir Leid, aber mit dem Glauben habe ich es nicht so. Und doch - Zweifelsohne habe ich etwas pauschalisiert, aber hatte bis jetzt die chinesische Geschichte ein ungewöhnliches Talent für diktatorische Strukturen. Zweifelsohne ist das erste chinesische Reich der Mitte wahrlich als unfrei zu bezeichnen, wurde es doch mit starker Hand zusammengeschmiedet, vereinheitlicht. Gewiss will ich nicht meine, dass alle Menschen unfrei sind in China und es auch sein wollen, aber ist doch interessant und richtig zu erkennen, dass Tendenzen dahingehend nicht zu leugnen sind. Selbst jetzt gibt es immer noch eine zentralistische Verwaltung und staatliche Zensur, Propaganda, Führerkult, wie in keinem anderen großen Staat mit "freier Marktwirtschaft".
Des Weitere ist größtenteils die chinesische Denkweise seit der Antike von dem Aufgeben des Individuums für die Gesellschaft geprägt, für Staat und Familie; was zwar nicht immer als schlecht zu bezeichnen ist, aber auch nie als frei.

Natürlich kann dies alles nicht nur auf China beschränkt werden. Auch Japan hatte insofern eine interessante und relativ unfreie Geschichte bis nach dem zweiten Weltkrieg, ab dem dann alles anders lief.


Sprache determiniert den Menschen als selbstbewusstes Subjekt.
Tiere sind sich auch ihrem Subjekt bewusst, dafür bedarf es nicht der Sprache. Und habe sie unleugbar auch eine Sprache.
Sprach kategorisiert; der Mensch hat bestimmt, was wie genannt wird; der Mensch hat bestimmt, was wieder wie zu nennen ist und als so zu verstehen. - Sprache ist Determination, Bezeichnung; von daher das erste diktatorischste Mittel der Menschheit. Legt er nämlich damit auch die Freiheit & Unfreiheit und die Unterschiede & nichtexistente Gleichheit zwischen den verschiedenen Objekten fest.
Des Weiteren, 'determiniert' bedeutet 'bestimmen', und seit wann ist 'bestimmen' frei?
Auch ist interessant: Dass Sprache es scheinbar erst bestimmen müsste, also ist es der Mensch erst nach einem Diktat, das Frei-Sein; nachdem er sich als frei und alles andere als unfrei deklariert hat. - Diese Struktur & Handlungsweise müsste uns allen eigentlich bekannt sein. Eher scheint es so, dass wir mit der Sprache aus einer Unfreiheit in eine Andere gelaufen sind. - Nicht so das Wahre an Freiheit würde ich meinen. Denn was erst verordnet werden muss, ist es nicht; logischerweise, denn sonst müsste es ja nicht verordnet werden. - Eine ähnliche Aporie wie man mit Krieg Frieden schaffen kann.

Meist Du also, dass Freiheit verordnet werden muss, oder dass Freiheit das Monopol Einiger-Weniger ist? - Ergo scheinbar 'Freiheit-selektiv'?

Mit freundlichen Grüßen,
Temudschin.