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Vollständige Version anzeigen : Was ist Anarchie?



Cinnamon
01.02.2011, 13:05
Anarchie ist eine Gesellschaftsform, die durch die Abwesenheit von Herrschaft oder staatlichen Institutionen und verbindlicher und durchsetzbarer Regeln in jeglicher Form gekennzeichnet ist. Ihre Befürworter sehen in ihr das größtmögliche Maß an Freiheit, ihre Gegner das totale Chaos. Gesellschaftstheorien wie der Minarchismus sind von der Anarchie abzugrenzen, da sie zwar minimale, aber dennoch vorhandene staatliche Autorität erfordern.

Vorteile der Anarchie wären natürlich das Recht zu tun was man will, die Abwesenheit von Steuern und Autorität oder schlichtweg das vollkommene Fehlen von Regeln. Nachteile wären vor allem die dadurch nicht erbaubare Infrastruktur und die Rechtlosigkeit, die mit dem Fehlen von Regeln einhergehen muss.

Man kann es kurz fassen: Anarchie ist es, wenn man ihre Befürworter ohne Konsequenzen zusammenschlagen, umbringen und vergewaltigen kann wie man will. Nach eigener Logik dürfte etwa eine vergewaltigte Anarchistin keine Anzeige erstatten, da das ja ein sichwenden an staatliche Institutionen wäre und damit gegen Grundsätze der Anarchie verstoßen würde.

frodo
01.02.2011, 14:48
Manchmal würde ich der Reglementierungswut der Gesetzgebung ganz gerne ein kleines bisschen Anarchie entgegensetzen.
Es verfestigt sich nämlich bei mir der Eindruck, dass vieles nur einer gezwungenen Anstrengung entspringt um die Verwaltung und deren Moloch nicht in Frage stellen zu können.

cajadeahorros
01.02.2011, 16:27
Anarchie im Sinne der echten, ernsthaften Anarchisten (Erich Mühsam, spanische CNT) ist eigentlich nichts anderes als der Endpunkt jeder Bemühung um eine "gerechten" Gesellschaft, also die freie Assoziazion freier und (rechtlich) gleicher Individuen.

Drei Problem:
* Ein Minimum von Aufgaben muß grundsätzlich gesamtgesellschaftlich gelöst werden, bspw. das Gesundheitswesen, es kann zum Beispiel keine anarchistische Seuchenbekämpfung geben.
* Anarchismus ohne Übergangsphase: Ein Großteil der Bürger ist nicht mehr freiheitsfähig und muß erst neu an Freiheit gewöhnt werden. Ein RTL-Glotzenhocker kann nicht "über Nacht" plötzlich gesamtgesellschaftliche Fragen in offener Diskussion und freier Abstimmung lösen, ohne Vorgabe durch Zeitung und Fernseher. Eine gewisse Grundbildung muß vorher vermittelt werden, bspw. daß Angriffskriege keine grundgesetzkonformen Friedensmissionen sind, auch wenn es in der FAZ steht.
* Anarchismus mit Übergangsphase: Fast genauso schwierig, da die Masse der RTL-Glotzenhocker die Führer der Übergangsphase auf harte Proben stellen wird und immer die Gefahr gegeben ist daß ein neuer Stalin und eine neue Bürokratenkaste diese Situation ausnutzt, nach dem Motto: Ihr wollt wieder Untertanen werden? Das könnt ihr haben.

GG146
01.02.2011, 16:49
Wie sollen den allen Individuen "rechtlich" gleichgestellt werden, wenn jeder machen kann, was er will? Derartige Freiräume würden aggressive Typen natürlich nutzen, sich über andere Menschen zu erheben.

Außerdem kann man nicht realistisch von "Recht" reden, wenn es niemanden gibt, der das Recht durchsetzt. Das geht nur mit politischer Macht = Herrschaftsstrukturen (idealerweise mit einer demokratisch legitimierten Herrschaft), also kann es keine Art von Anarchie geben, in der alle Menschen gleich sind.

Rowlf
01.02.2011, 16:54
Man kann es kurz fassen: Anarchie ist es, wenn man ihre Befürworter ohne Konsequenzen zusammenschlagen, umbringen und vergewaltigen kann wie man will. Nach eigener Logik dürfte etwa eine vergewaltigte Anarchistin keine Anzeige erstatten, da das ja ein sichwenden an staatliche Institutionen wäre und damit gegen Grundsätze der Anarchie verstoßen würde.

Es gibt keine Definition von Anarchismus, die dem entspricht, was du hier schreibst.

Was du meinst ist Anomie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie

Cinnamon
01.02.2011, 18:07
Es gibt keine Definition von Anarchismus, die dem entspricht, was du hier schreibst.

Was du meinst ist Anomie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie

GG146 hat doch erklärt, warum das nicht stimmt. Aber bleibe eben bei deinem Lügengebäude.

Suppenkasper
01.02.2011, 18:13
Es gibt keine Definition von Anarchismus, die dem entspricht, was du hier schreibst.

Was du meinst ist Anomie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie

Dann setze doch eine eigene, positiver konnotierte Definition dem entgegen! Negativabgrenzung bringt ja nix (ein Grundproblem z. B. auch der "Rechten" in Deutschland) , man muss schon positive Inhalte artikulieren und transportieren, um zu überzeugen.

Stechlin
01.02.2011, 18:21
... des Teufels. Der Mensch braucht Grenzen, Regeln, Ordnung und Orientierung.

EinDachs
01.02.2011, 18:31
GG146 hat doch erklärt, warum das nicht stimmt.

Nein, GG146 hat erklärt, wie ein System kollabiert, bei dem jeder "macht was er will"
Das ist nicht dasselbe wie die Abwesenheit von Herrschaft.


Aber bleibe eben bei deinem Lügengebäude.

Das ist kein Lügengebäude, das sind Definitionen.

Rowlf
01.02.2011, 18:34
GG146 hat doch erklärt, warum das nicht stimmt. Aber bleibe eben bei deinem Lügengebäude.

GG146 hat den Begriff der Anomie erklärt. Das ist alles. Warum daran jetzt ein Lügengebäude sein soll, ist mir schleierhaft.

Cinnamon
01.02.2011, 18:38
GG146 hat den Begriff der Anomie erklärt. Das ist alles. Warum daran jetzt ein Lügengebäude sein soll, ist mir schleierhaft.

Weil Recht immer Herrschaft voraussetzt. Es braucht jemanden, der Regeln durchsetzt. Ohne Durchsetzung von Regeln geht es einfach nicht.

-jmw-
01.02.2011, 20:39
"Anarchie" ist, was Mutti immer sagte: Benimm Dich! Und hau Deine Schwester nicht!

-jmw-
01.02.2011, 20:48
"Anarchie" ist 99 Prozent dessen, was wir tun.
Hand auf's Herz: Wer von uns hat schonmal auf seinem Weg durch die Stadt sich beim Anblick einer alten Frau gedacht, "Nee, die überfall ich lieber nicht, da drüben ist ja die Polizei."?

Der allergrösste Teil unseres Sozialverhaltens läuft jenseits der Befürchtung staatlicher Sanktion.

Die meisten Menschen sind die meiste Zeit über einigermassen nette Zeitgenossen.
Wider die ökonomische Vernunft und wider simple ethische Überlegungen für die Ausnahmefälle eine Monopolorganisation verantwortlich zu erklären, mag besser sein als manches andere, nicht aber der Weisheit letzter Schluss.

-jmw-
01.02.2011, 20:51
Weil Recht immer Herrschaft voraussetzt. Es braucht jemanden, der Regeln durchsetzt. Ohne Durchsetzung von Regeln geht es einfach nicht.
Aus "einer muss Regeln durchsetzen" folgt zumindest logisch nicht: "einer muss Regeln durchsetzen."

Affenpriester
02.02.2011, 01:49
Anarchie ist die Kapitulation der Vernunft....

GG146
02.02.2011, 02:44
Die meisten Menschen sind die meiste Zeit über einigermassen nette Zeitgenossen.
Wider die ökonomische Vernunft und wider simple ethische Überlegungen für die Ausnahmefälle eine Monopolorganisation verantwortlich zu erklären, mag besser sein als manches andere, nicht aber der Weisheit letzter Schluss.

Wie hoch ist denn der Anteil der nicht "netten Zeitgenossen"?

Lass` es 5 % sein, wenn die im Laufe ihres von jeder Staatsmacht unbedrängten anarchischen Lebens jeder 20 Menschen ermorden, kann die Evolution von vorne anfangen.

Soweit würde es natürlich nicht kommen, auf dem Weg dahin würden die friedlichsten Schafe zu Kriegern und das Ergebnis des totalen Vielfrontenkrieges wäre unvergleichlich mehr Staatsmacht als Grundlage der neuen Friedensordnung als zuvor, weil die Überlebenden nichts mehr hassen und verachten würden als "Anarchie".

schastar
02.02.2011, 03:59
Anarchie ist eine Gesellschaftsform, die durch die Abwesenheit von Herrschaft oder staatlichen Institutionen und verbindlicher und durchsetzbarer Regeln in jeglicher Form gekennzeichnet ist. Ihre Befürworter sehen in ihr das größtmögliche Maß an Freiheit, ihre Gegner das totale Chaos. Gesellschaftstheorien wie der Minarchismus sind von der Anarchie abzugrenzen, da sie zwar minimale, aber dennoch vorhandene staatliche Autorität erfordern.

Vorteile der Anarchie wären natürlich das Recht zu tun was man will, die Abwesenheit von Steuern und Autorität oder schlichtweg das vollkommene Fehlen von Regeln. Nachteile wären vor allem die dadurch nicht erbaubare Infrastruktur und die Rechtlosigkeit, die mit dem Fehlen von Regeln einhergehen muss.

Man kann es kurz fassen: Anarchie ist es, wenn man ihre Befürworter ohne Konsequenzen zusammenschlagen, umbringen und vergewaltigen kann wie man will. Nach eigener Logik dürfte etwa eine vergewaltigte Anarchistin keine Anzeige erstatten, da das ja ein sichwenden an staatliche Institutionen wäre und damit gegen Grundsätze der Anarchie verstoßen würde.


Hier wird Idee und Ergebnis beschrieben. Und so wäre es auch.

Mr.Smith
02.02.2011, 05:28
Für die Vollspacken, die hier am Bahnhof abhängen, ist Anarchie nur eine Ausrede sich täglich vollaufen zu lassen und sich das auch noch vom Staat finanzieren zu lassen.

schastar
02.02.2011, 06:11
Für die Vollspacken, die hier am Bahnhof abhängen, ist Anarchie nur eine Ausrede sich täglich vollaufen zu lassen und sich das auch noch vom Staat finanzieren zu lassen.


Wäre Anarchie unsere Staatsform, würde es diese Gesindel am Bahnhof oder vor dem Kino nicht geben. ;)

Apollyon
02.02.2011, 07:44
:))
Anarchie ist eine Gesellschaft ohne Gesetze und Regelungen, das Faustrecht(wie in Bremen der Miri-Clan) wäre wohl eins der wenigen Rechte die man hätte :))

Die Grundversorgung würde in einer anarchistischen Gesellschaft nicht funktionieren.

Rowlf
02.02.2011, 11:58
Anarchie ist die Kapitulation der Vernunft....

Nein, Anarchie ist das konequente Vertrauen in dieselbe.

Rowlf
02.02.2011, 12:00
Selbst Anarchie im Sinne von Anomie (Fautrecht, Chaos usw) ist aus utilitaristischer Sicht nicht unbedingt schlechter als keine Anomie. Ich meine, wie viele Menschen sind durch staatliche Kriege getötet worden?

Sauerländer
02.02.2011, 12:01
"Anarchie" ist, was Mutti immer sagte: Benimm Dich! Und hau Deine Schwester nicht!
Und ein grinsender Bengel, der zurückfragt: "Sonst....?".
;)

Efna
02.02.2011, 12:04
Îhr wisst schon das Anarchismus und Anarchie zwei verschiedene Dinge sind.

Sauerländer
02.02.2011, 12:06
Selbst Anarchie im Sinne von Anomie (Fautrecht, Chaos usw) ist aus utilitaristischer Sicht nicht unbedingt schlechter als keine Anomie. Ich meine, wie viele Menschen sind durch staatliche Kriege getötet worden?
Richtig. Aus dem Chaos bilden sich aber zwangsweise neue Strukturen heraus, von Dauer wird es nie sein. Die Stärksten machen, was sie wollen. Um sie scharen sich weniger Starke, die sich durch diese Mischung aus Unterordnung und Bandenbildung Vorteile verschaffen. Dann stellen sich die ein, die sich dem jeweils unterwerfen, weil es ihnen weniger schlimm erscheint als die ständige Bedrohung (siehe etwa Schutzgelderpressung). Und diese Raub- und Kampfverbände werden dann bei und nach Absteckung ihrer Interessensphären mal mehr, mal weniger hart aneinanderrasseln.

Sauerländer
02.02.2011, 12:08
Îhr wisst schon das Anarchismus und Anarchie zwei verschiedene Dinge sind.
Sicher. Aber eine gewisse Beziehung besteht zwischen ihnen schon.

Sauerländer
02.02.2011, 12:09
Wäre Anarchie unsere Staatsform, würde es diese Gesindel am Bahnhof oder vor dem Kino nicht geben. ;)
Der eine Teil davon wäre schnell verhungert, der andere würde marodierende Banden bilden.

Sauerländer
02.02.2011, 12:10
Die meisten Menschen sind die meiste Zeit über einigermassen nette Zeitgenossen.
Himmler soll privat ein sehr fürsorglicher Mensch gewesen sein. ;) :D

Sauerländer
02.02.2011, 12:12
Aus "einer muss Regeln durchsetzen" folgt zumindest logisch nicht: "einer muss Regeln durchsetzen."
Das ist korrekt. Bei Durchsetzerpluralismus jedoch ist es nur ein sehr kurzer Schritt zum Pluralismus der Regeln selbst. Und von da wiederum ist es nur ein Schrittchen bis zu Willkür.

Sauerländer
02.02.2011, 12:14
Nein, GG146 hat erklärt, wie ein System kollabiert, bei dem jeder "macht was er will"
Das ist nicht dasselbe wie die Abwesenheit von Herrschaft.
Definitorisch nicht, das ist richtig.
Aber rein sozialpraktisch tendiert das eine dazu, sich aus dem anderen zu ergeben.

sisyphos
02.02.2011, 12:17
Anarchie im Sinne der echten, ernsthaften Anarchisten (Erich Mühsam, spanische CNT) ist eigentlich nichts anderes als der Endpunkt jeder Bemühung um eine "gerechten" Gesellschaft, also die freie Assoziazion freier und (rechtlich) gleicher Individuen.

Falsch. Anarchismus ist eine Bewegung, so wie jede Utopie.

Lassen wir den großen Charly Quarx endlich zu Wort kommen, eine Figur aus meinen anarchoästhetizistischen Theaterfragmenten...


Denn Anarchie ist für uns nicht ein bloßer Zustand der hergestellt werden soll; Anarchie ist für uns die wirkliche Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt. Charly Quarx

:))


Drei Problem:
* Ein Minimum von Aufgaben muß grundsätzlich gesamtgesellschaftlich gelöst werden, bspw. das Gesundheitswesen, es kann zum Beispiel keine anarchistische Seuchenbekämpfung geben.

Erkläre, was an Hierarchien und Autoritäten unanarchistisch ist! Solange sie veränderbar sind und keine ZENTRALE Gewalt inne haben, besteht da überhaupt KEIN Problem. Dazu der revolutionäre Katechismus von Bakunin!



* Anarchismus ohne Übergangsphase: Ein Großteil der Bürger ist nicht mehr freiheitsfähig und muß erst neu an Freiheit gewöhnt werden. Ein RTL-Glotzenhocker kann nicht "über Nacht" plötzlich gesamtgesellschaftliche Fragen in offener Diskussion und freier Abstimmung lösen, ohne Vorgabe durch Zeitung und Fernseher. Eine gewisse Grundbildung muß vorher vermittelt werden, bspw. daß Angriffskriege keine grundgesetzkonformen Friedensmissionen sind, auch wenn es in der FAZ steht.

Darum gibts ja die Revolution, die ebenso eine kulturelle und moralisch-ethische, konkreter bei der Anarchie: eine SOZIALKÜNSTLERISCHE Revolution miteinschließt. Anarchie ist nicht nur die Idee der sozial Gleichheit und Freiheit, sondern ebenso die Idee der sozialen Kunst, also allgemeinen Sinnlichkeit und Schönheit.


* Anarchismus mit Übergangsphase: Fast genauso schwierig, da die Masse der RTL-Glotzenhocker die Führer der Übergangsphase auf harte Proben stellen wird und immer die Gefahr gegeben ist daß ein neuer Stalin und eine neue Bürokratenkaste diese Situation ausnutzt, nach dem Motto: Ihr wollt wieder Untertanen werden? Das könnt ihr haben.

Revolutionen benötigen einen realen Willen. Entweder Menschen wollen eine andere Welt. Dann wird die Utopie konkret und fassbar. Oder sie verzichten darauf. In diesem Falle hat es aber keinen Sinn, wenn Generalsekretäre auf "die Deppen" einprügeln. Einfachste anarche Moral!

Rowlf
02.02.2011, 12:18
Wäre Anarchie unsere Staatsform, würde es diese Gesindel am Bahnhof oder vor dem Kino nicht geben. ;)

Ohje. :(

Sauerländer
02.02.2011, 12:20
Nein, Anarchie ist das konequente Vertrauen in dieselbe.
Bei gnadenlos optimistisch-normativer Aufladung des Vernunftbegriffs, wohlgemerkt.

sisyphos
02.02.2011, 12:20
Ohje. :(

Verzeih ihm. Er ist Bauer und er sucht eigentlich nur eine Frau. :D ;)

sisyphos
02.02.2011, 12:25
Bei gnadenlos optimistisch-normativer Aufladung des Vernunftbegriffs, wohlgemerkt.

Empfinde ich nicht so. Anarchie ist hochmoralisch, das bedeutet, sie benötigt eine kulturelle und moralische Revolution. Der einzige Optimismus ist der, dass man daran glauben können muss, dass der Mensch auch gut ist. Und das fängt bei der eigenen Selbstgewissheit an: bin ich gut, kann ich gut sein? JA! Welchen Sinn hätte sonst mein Leben als Mensch, wenn ich nur ein elendes, blutdürstendes Raubtier wäre?

Hinzukommt für Notfälle: Auch Anarchisten können Gewehre in die Hand nehmen :D

Sauerländer
02.02.2011, 12:55
Empfinde ich nicht so. Anarchie ist hochmoralisch, das bedeutet, sie benötigt eine kulturelle und moralische Revolution.
Eine hübsche Umformulierung des "Neuen Menschen". Den es nie gab und auch nie geben wird. Man muss mit dem arbeiten, was da ist.

Der einzige Optimismus ist der, dass man daran glauben können muss, dass der Mensch auch gut ist. Und das fängt bei der eigenen Selbstgewissheit an: bin ich gut, kann ich gut sein? JA!
"Bin ich gut?" und "kann ich gut sein?" sind zwei sehr verschiedene Fragen.
Davon abgesehen ist dem immer auch entgegenzustellen: "Kann ich böse sein?".
Das Potential zum Guten wohnt dem Menschen immer inne. Aber die Geschichte zeigt, dass es ihn nicht beherrscht, dass es immer eher die Hoffnung ist, an die man sich klammert, dass es Inseln bildet in einem ansonsten eher recht finsteren Ozean, dass es in Form einzelner Lichter in einer sehr, sehr dunklen Nacht erscheint. Es gibt das Gute im Menschen, gar keine Frage. Aber die Fundierung der Anarchie auf dieses Gute setzt voraus, dass es den Menschen in einem Ausmaß beherrscht, wie es das noch nie getan hat und wie es nach meinem Dafürhalten auch zweifelhaft ist, ob es das jemals tun wird.

Welchen Sinn hätte sonst mein Leben als Mensch, wenn ich nur ein elendes, blutdürstendes Raubtier wäre?
Erstens: Dadurch, dass der Mensch auch mit dem Bösen in sich rechnen muss, ist er ja nicht NUR das, nicht ausschließlich darauf reduziert. Das ist eines dieser anrührende Momente der christlichen Botschaft: Der Mensch ist Sünder (und das ist ja letztlich nur Feststellung einer Offensichtlichkeit), aber damit ist nicht bereits der Stab über die gesamte Schöpfung gebrochen.
Zweitens: Wenn der Mensch NUR das wäre, ein Raubtier, würde die -vielleicht verzweifelte- Frage nach dem Sinn nichts daran ändern, dass er es ist.
Drittens: Was ist der Lebensinhalt eines Raubtiers? Beute und Paarung. Hier dann nur eben auf etwas höherer Ebene. Dazu mal wieder dies (http://www.youtube.com/watch?v=GIOL6XJ23cs) ab 3:10.

Hinzukommt für Notfälle: Auch Anarchisten können Gewehre in die Hand nehmen :D
Die Fernkampf- , vor allem die moderne Schusswaffe ist der Freund des Anarchisten, insofern sie eine erheblich egalitarisierende Wirkung hat. Man könnte sagen: Erst durch sie wird Anarchie überhaupt denkbar. Allerdings: Auch Gewehre und Munition müssen hergestellt werden. Auch dazu bedarf es Strukturen. Auch das begünstigt in gewissem Ausmaße die Archisten.

GG146
02.02.2011, 14:13
Richtig. Aus dem Chaos bilden sich aber zwangsweise neue Strukturen heraus, von Dauer wird es nie sein. Die Stärksten machen, was sie wollen. Um sie scharen sich weniger Starke, die sich durch diese Mischung aus Unterordnung und Bandenbildung Vorteile verschaffen. Dann stellen sich die ein, die sich dem jeweils unterwerfen, weil es ihnen weniger schlimm erscheint als die ständige Bedrohung (siehe etwa Schutzgelderpressung). Und diese Raub- und Kampfverbände werden dann bei und nach Absteckung ihrer Interessensphären mal mehr, mal weniger hart aneinanderrasseln.

Die Gründe für die sichere Herausbildung neuer Machtstrukturen sind sogar noch zwingender als von Dir aufgezählt. Sie sind geradezu biologisch determiniert, Menschen haben einfach ein zu hohes Abstraktionsvermögen, als dass die Sieger in den Kämpfen, die das anarchistische Chaos unvermeidlich mit sich bringen würde, auch nur theoretisch unterlassen könnten, ihre durch ihre Siegerposition erlangten sozialen Gestaltungsmöglichkeiten zur Errichtung einer neuen Ordnung zu nutzen, ihrer eigenen politischen Herrschaftsstruktur. Die Alternative wäre ja, den Dschungel Dschungel sein zu lassen und auf den nächsten Herausforderer zu warten, der sich stark genug fühlt, die Siegerposition für sich selbst zu beanspruchen.

Die Alphatiere von Löwenrudeln haben im Verhältnis zu ihrer gattungsspezifischen Lebensdauer wegen der bissigen Konkurrenz die kürzeste "Amtszeit" von allen im Sozialverband lebenden Säugetieren. Menschen können durch ihre kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten mittels einer selbstgeschaffenen Ordnung diese Risiken kontrollieren und tun das selbstverständlich auch.

Wenn man es ganz genau nimmt, dann gibt es Anarchie überhaupt nicht, noch nicht einmal in einem total chaotischen Anfangs- oder Zwischenstadium. Der Sieger der dann akuten Kämpfe und mit ihm sein politischer Gestaltungswille existiert ja schon vor seinem Sieg, er steht nur noch nicht fest.

AnastasiaNatalja
02.02.2011, 15:14
Eine wunderschöne Idee :inlove:

-jmw-
02.02.2011, 15:16
Anarchie ist die Kapitulation der Vernunft....
Im Gegensatz zu "Menschen sind böse, also lasst uns einigen von ihnen alle Waffen geben!", was eine Idee ist, die im Lexikon als Ersatz für eine Definition von "Rationalismus" stehen könnte? :rolleyes:

-jmw-
02.02.2011, 15:24
Wie hoch ist denn der Anteil der nicht "netten Zeitgenossen"?

Lass` es 5 % sein, wenn die im Laufe ihres von jeder Staatsmacht unbedrängten anarchischen Lebens jeder 20 Menschen ermorden, kann die Evolution von vorne anfangen.

Soweit würde es natürlich nicht kommen, auf dem Weg dahin würden die friedlichsten Schafe zu Kriegern und das Ergebnis des totalen Vielfrontenkrieges wäre unvergleichlich mehr Staatsmacht als Grundlage der neuen Friedensordnung als zuvor, weil die Überlebenden nichts mehr hassen und verachten würden als "Anarchie".
Es sind in der Tat um bei 5 Prozent, soweit ich das bisher mitbekommen habe.
Jedenfalls hierzulande.
Ausserdem Europas gebe ich keine Garantie ab für irgendeine Zahl.

Warum diese 5 Prozent unbehelligt Leute ermorden könnten, verstehe ich allerdings nicht.
Sollte da nicht jemand die Polizei rufen oder so? ?(
Bzw. warum sollte er es nicht tun?
Dafür ist sie schliesslich da!
Es sei denn natürlich...

... Du bist der Ansicht, dass es in einer Anarchie einer "Anarchp-Polizei" gibt, die mit Waffengewalt dafür sorgt, dass wir uns alle möglichst regellos verhalten und die auch verhindert, dass wir uns kooperativ des Sicherheitsproblems annehmen.

Solltest Du das meinen, kann ich Dir versichern: Niemand fordert das, niemand will das - und es wär ja auch höchst bescheuert, sowas zu fordern oder zu wollen.

-jmw-
02.02.2011, 15:28
Für die Vollspacken, die hier am Bahnhof abhängen, ist Anarchie nur eine Ausrede sich täglich vollaufen zu lassen und sich das auch noch vom Staat finanzieren zu lassen.
Murray Bookchin nannte das einen "life style"-Anarchismus und hatte dabei insbesondere politisch gelangweilte Studienratssöhnchen und Bankdirektorentöchter im Auge, die bei ATTAC Steine schmeissen und die "Bullen" nicht mögen, weil die ihnen ihre Drogen wegnimmt.
Das sind im Grunde bloss linksdemokratisch-linksliberale Idioten.

-jmw-
02.02.2011, 15:29
Wäre Anarchie unsere Staatsform, würde es diese Gesindel am Bahnhof oder vor dem Kino nicht geben. ;)
Warum auch sollte der Kinoeigentümer oder Bahnhofseigentümer solche Leute rumhängen lassen auf seinem Eigentum?

-jmw-
02.02.2011, 15:32
:))
Anarchie ist eine Gesellschaft ohne Gesetze und Regelungen
Ich übersetze: "Anarchie" ist eine Gesellschaftsform, die keiner der Vordenker des Anarchismus haben wollte.

Hmm...
Irgendwo hakt's da jetzt...

elas
02.02.2011, 15:33
Was wir derzeit in den Staßen Cairos erleben ist Anarchie.

guckst du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=3xWiBCIxjIk

-jmw-
02.02.2011, 15:39
Und ein grinsender Bengel, der zurückfragt: "Sonst....?".
;)
Gibt's links und rechts eine hinter die Ohren?

-jmw-
02.02.2011, 15:41
Richtig. Aus dem Chaos
Das müsste man dazu erstmal haben!
Voraussetzen können wir's nicht.
Und selbst wenn, dann wär's eher eines im revolutionären denn im anomischen Sinne.

Anders formuliert: Rothbard ist nicht Plissken.

-jmw-
02.02.2011, 15:42
Himmler soll privat ein sehr fürsorglicher Mensch gewesen sein. ;) :D
Der Irrsinn nicht jedes Massmörders ist soziopathischer Natur.
Oder so.
(Bin kein Psychologe.)

GG146
02.02.2011, 15:45
... Du bist der Ansicht, dass es in einer Anarchie einer "Anarchp-Polizei" gibt, die mit Waffengewalt dafür sorgt, dass wir uns alle möglichst regellos verhalten und die auch verhindert, dass wir uns kooperativ des Sicherheitsproblems annehmen.

Kooperativ = sytematische Sicherung des Gemeinwesens gegen die Willkür der 5 % = demokratische Ordnungsmacht = Staat.

Nix mit Anarchie.

-jmw-
02.02.2011, 15:45
Das ist korrekt. Bei Durchsetzerpluralismus jedoch ist es nur ein sehr kurzer Schritt zum Pluralismus der Regeln selbst. Und von da wiederum ist es nur ein Schrittchen bis zu Willkür.
Satz 1 - ja.
Satz 2 - ja, bitte!
Satz 3 - jain. Insofern, als dass viele Regeln willkürlich sein würden, schon, ja. Also wie heute GEZ oder Rentenbeiträge.
Nicht aber im Sinne von Mord und Totschlag, denn da es nicht das abstrakte Monopol "Staat" ist, der Leute davon abhält, sondern die Wahrscheinlichkeit konkreter und realer Sanktion, würden sie auch durch einen polypolistischen Sicherheitsbetrieb abgeschreckt.

Vorausgesetzt freilich, dieser funktionierte.
Und diese Voraussetzung treffe ich selbstverständlich - sonst wär ja weitgehend sinnlos, was ich hier daherrede. :))

-jmw-
02.02.2011, 15:48
Was wir derzeit in den Staßen Cairos erleben ist Anarchie.

guckst du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=3xWiBCIxjIk
Haut allein schon deshalb nicht hin, weil die, die da auf die Strasse gehen, nicht nur eine neue Regierung fordern, sondern sogar eine neue Regierung fordern.

-jmw-
02.02.2011, 15:50
Kooperativ = sytematische Sicherung des Gemeinwesens gegen die Willkür der 5 % = demokratische Ordnungsmacht = Staat.

Nix mit Anarchie.
M.E. machst Du einen ungerechtfertigten Sprung vor/nach dem zwoten Gleichheitszeichen.

Denn aus "systematisch" und "Sicherung" folgt weder "Macht" statt "Mächte" noch folgt - und da genügt der Hinweis auf Diktaturen, Monarchien usw. - "demokratisch".

GG146
02.02.2011, 16:11
M.E. machst Du einen ungerechtfertigten Sprung vor/nach dem zwoten Gleichheitszeichen.

Denn aus "systematisch" und "Sicherung" folgt weder "Macht" statt "Mächte" noch folgt - und da genügt der Hinweis auf Diktaturen, Monarchien usw. - "demokratisch".

Der Sprung rechtfertigt sich daraus, dass es hier um eine Art von Macht geht, die ein (pseudo-) anarchistisches Gemeinwesen gegen Gewalt und Willkür sichern soll. Das impliziert m. M. n. demokratische Strukturen des Sicherheitssystems (später von Dir auch "polypolistischer Sicherheitsbetrieb" genannt.

Aber dabei handelt es sich eben bereits um eine demokratische Staatsmacht, der Begriff "Anarchie" geht bezogen auf jedes funktionierende Modell fehl.

Und - wie oben geschrieben - geht er sogar bezogen auf das Chaos fehl, weil der zukünftige Sieger während der Kämpfe schon existiert und schon eine Vorstellung von seinen späteren Gestaltungen in Richtung einer neuen Ordnung hat, es steht nur noch nicht fest, wer das ist.

Staber
02.02.2011, 16:26
Anarchismus ist die Vorstellung, dass jeder Mensch frei sein sollte, sich mit anderen unter Nutzung desjeinigen sozioökonomischen Systems, dass am besten zu seinem Charakter und seinen Vorstellungen vom Leben passt, zusammenzutun; dies geschieht in Abwesenheit einer erzwungenen Herrschaftsstruktur.
Das politische System der BRD und des weltweiten Kapitalismus befindet sich in der Krise oder sollen wir sagen im Niedergang. Es hat seine Integrationskraft verloren. Immer weniger Menschen trauen den herrschenden Eliten zu, daß sie die anstehenden Probleme lösen können.
Dies wäre eigentlich eine gute Gelegenheit für Menschen, die die herrschende Ordnung ablehnen, die gesellschaftlichen Strukturen in ihrem Sinne zu verändern.
Aber da ich ja zu den Systemlingen( Zitat User Nitup)gehöre, glaube ich , die BRD wird innerhalb der nächsten Jahre die Staatsform nicht wechseln , das ist utopischer Irrsinn... kommt dem Geblödel von SAV und Linksruck & Co. sehr nahe. Naja, über Sozialismus und Kommunismus will ich mich hier nicht auslassen.


staber

-jmw-
02.02.2011, 16:30
Mir erschliesst sich da keine Implikation.

Bei "Sicherheit" denke ich u.a. an Polizei und Gerichte.
Hingegen muss ich mir weder "Volkssouveränität" dazu denken noch "territoriales Monopol".
Wo aber ist dann die Demokratie?

GG146
02.02.2011, 16:33
Mir erschliesst sich da keine Implikation.

Bei "Sicherheit" denke ich u.a. an Polizei und Gerichte.
Hingegen muss ich mir weder "Volkssouveränität" dazu denken noch "territoriales Monopol".
Was aber ist dann die Demokratie?

Das Ergebnis des Versuches, eine "anarchistische Ordnung" herzustellen. Wenn diesen Versuch nicht gerade ausgesprochene Vollidioten unternehmen, die direkt von der totalen Freiheit in die gegenteilige Situation taumeln, landen sie automatisch in einer Demokratie.

-jmw-
02.02.2011, 16:42
Anarchismus ist die Vorstellung, dass jeder Mensch frei sein sollte, sich mit anderen unter Nutzung desjeinigen sozioökonomischen Systems, dass am besten zu seinem Charakter und seinen Vorstellungen vom Leben passt, zusammenzutun; dies geschieht in Abwesenheit einer erzwungenen Herrschaftsstruktur.
So Mark Gillespie und damit hatte er natürlich völlig recht!

-jmw-
02.02.2011, 16:49
Das Ergebnis des Versuches, eine "anarchistische Ordnung" herzustellen. Wenn diesen Versuch nicht gerade ausgesprochene Vollidioten unternehmen, die direkt von der totalen Freiheit in die gegenteilige Situation taumeln, landen sie automatisch in einer Demokratie.
Warum sollte man, wenn man erstmal zur der Ansicht gelangt ist, der Staat sei zu verzivilrechtlichen und nachdem man das dann auch noch geschafft hat, diesen wieder einführen? ?(
Worin liegt der behauptete Automatismus?

GG146
02.02.2011, 17:00
Warum sollte man, wenn man erstmal zur der Ansicht gelangt ist, der Staat sei zu verzivilrechtlichen und nachdem man das dann auch noch geschafft hat, diesen wieder einführen? ?(
Worin liegt der behauptete Automatismus?

Komische Frage, ich habe Anarchie bzw. "Entzivilrechtlichung" nie befürwortet. Ich habe vielmehr die These vertreten, dass der Versuch der Einführung der Anarchie - dessen Durchführung durch Nichtidioten vorausgesetzt - automatisch in der den falschen Vorstellungen von einer anarchischen Ordnung nächstliegenden demokratischen Rechtsordnung enden würde. Dieser Automatismus bestünde natürlich nicht, wenn ich die Kompetenz der Unternehmer des Versuches nicht vorausetze. Idioten könnten auch vom Regen in die Traufe kommen, von der Pseudoanarchie in die Diktatur.

Wenn bereits der Ausgangspunkt des Versuchs der Einführung der Anarchie eine demokratische Rechtsordnung war, haben sich die Experementierer eben im Kreis bewegt.

-jmw-
02.02.2011, 17:13
Nicht Du befürwortetest sie, sondern diejenigen, die sie umsetzen - sonst täten sie es ja nicht.
Fragt sich dann aber, wenn sie sie doch wollen, warum sie dann trotzdem (wieder) "Demokratie" machen sollten.

Oder reden wir grad einfach aneinander vorbei?

GG146
02.02.2011, 17:21
Ich habe geschrieben, dass niemand die Anarchie umsetzen kann, der landet je nach Blödheitsgrad in einer demokratischen oder undemokratischen Ordnung. Eine demokratische Ordnung entspräche dem organisierten ("polypolistischen") Sicherheitssystem, eine undemokratische dem sicheren Ergebnis des freien Laufes der Dschungelgesetze. In letzterem Fall würde ein Sieger der Kämpfe seine zunächst temporäre Gestaltungsmacht (bis ein Stärkerer nachwächst) nutzen, um seine eigene dauerhafte Ordnung (der potentielle Stärkere wird der Ordnungsmacht des aktuellen Sieges unterworfen) zu schaffen.

-jmw-
02.02.2011, 17:43
Zwei Punkte dazu:

1. "Polypol" ist das Gegenteil von "Monopol";
eine Demokratie kann in diesem Sinne nur schlecht polypolistisch sein.
Bei der Polizei und den Gerichten mag es noch angehen, jedoch bei Militär und Legislative wird es einigermassen unmöglich.

(In der Tat gibt es den Begriff des "Polypolismus" auch in anderen Zusammenhängen: Demokratie, Naziregime usw. Von mir gemeint ist aber derjenige der Politische Ökonomie, das Gegenteil des legalen Monopol.)

2. Welche Kämpfe meinst Du hier?

schastar
02.02.2011, 17:58
Empfinde ich nicht so. Anarchie ist hochmoralisch, das bedeutet, sie benötigt eine kulturelle und moralische Revolution. Der einzige Optimismus ist der, dass man daran glauben können muss, dass der Mensch auch gut ist. Und das fängt bei der eigenen Selbstgewissheit an: bin ich gut, kann ich gut sein? JA! Welchen Sinn hätte sonst mein Leben als Mensch, wenn ich nur ein elendes, blutdürstendes Raubtier wäre?

Hinzukommt für Notfälle: Auch Anarchisten können Gewehre in die Hand nehmen :D


Empfinde ich nicht so. Anarchie ist hochmoralisch, das bedeutet, sie benötigt eine kulturelle und moralische Revolution. ......

Diese Revolution wird es nie geben, daran zu glauben wäre Dummheit.


....... Der einzige Optimismus ist der, dass man daran glauben können muss, dass der Mensch auch gut ist. Und das fängt bei der eigenen Selbstgewissheit an: bin ich gut, kann ich gut sein? JA! Welchen Sinn hätte sonst mein Leben als Mensch......

Denn Sinn musst du schon für dich selber definieren, einen allgemeingültigen gibt es nicht.


......, wenn ich nur ein elendes, blutdürstendes Raubtier wäre? ......

Niemand ist NUR ein elendes, blutdürstendes Raubtier. Und selbst wenn, müsste auch dieser den Sinn des Lebens für sich selber definieren.


.......

Hinzukommt für Notfälle: Auch Anarchisten können Gewehre in die Hand nehmen :D

Daran besteht kein Zweifel, Möchtegernanarchisten nehmen ja jetzt schon Steine und Flaschen in die Hand.
Die Frage ist nur, was ist wenn es die anderen auch tun? :]

Anarchie hat als Staatsform keine Zukunft und wird es auch nie haben solange es wenigstens halbwegs ein friedliches Zusammenleben geben soll.

-jmw-
02.02.2011, 18:09
Diese Revolution wird es nie geben, daran zu glauben wäre Dummheit.
Hängt davon ab, wie weit man geht in Sachen Kultur und Moral.
Beide sind heute sicher anders als vor 1000 Jahren und im Feudalismus.
Was spricht dagegen, dass sie sich wieder ändern - in irgendeine Richtung?
Und was, wenn es geschehen kann, spricht gegen die besondere hier diskutierte Richtung?

Suppenkasper
02.02.2011, 18:26
Tatsächlich wäre eine funktionierende Anarchie nur nach einem Ereignis denkbar, das ich ganz moderat und bescheiden formuliert als eine spirituelle Revolution der menschlichen Spezies bezeichnen würde. Verbunden wahrscheinlich mit einer ganz konkreten militärischen Revolution, die einen gewissen Anteil der Weltbevölkerung auszulöschen hätte, ja gar nicht umhin käme dies zu tun, da es mit Sicherheit mächtige Elemente geben würde, welche einer solchen Revolution unter allen Umständen, auch mit Waffengewalt, entgegen wirken würden (auch spirituelle Revolutionen gab es in der Geschichte nie ohne Konterrevolution). Ob man dies im Gesamtpaket für wünschenswert hält, bleibt jedermanns Gewissensentscheidung.

Ich persönlich habe mit dem Grundgedanken der Hierarchie gar kein Problem, halte ihn sogar für sehr wichtig und funktionierende und plausibel begründete Hierarchien für erstrebenswert, für eine lebenswerte Gesellschaft sind sie wahrscheinlich sogar unabdingbar (auch wenn ich da diskussionbereit bin).

Die Frage wie genau diese Hierarchien im Idealfall beschaffen sein und auf welches Prinzip sie sich gründen sollten, und wie flach oder steil sie ausfallen müssten, ist eine andere. Da habe ich sehr klare und stringente Vorstellungen.

GG146
02.02.2011, 18:46
2. Welche Kämpfe meinst Du hier?

Das habe ich nun mehrfach auf diesem thread hier ausgeführt, ich meine die biologisch / naturgesetzlich unvermeidbaren Kämpfe. Menschen sind im Sozialverband lebende Säugetiere, da wird immer die Position des Alphatiers ausgekämpft, wenn nicht ein gemeinschaftlicher Wille vernunftbegabter Menschen einen anderen Weg zur Schaffung einer Ordnung ermöglicht (= Demokratie).

schastar
02.02.2011, 18:57
Hängt davon ab, wie weit man geht in Sachen Kultur und Moral.
Beide sind heute sicher anders als vor 1000 Jahren und im Feudalismus.
Was spricht dagegen, dass sie sich wieder ändern - in irgendeine Richtung?
Und was, wenn es geschehen kann, spricht gegen die besondere hier diskutierte Richtung?


Hängt davon ab, wie weit man geht in Sachen Kultur und Moral.
Beide sind heute sicher anders als vor 1000 Jahren und im Feudalismus.
Was spricht dagegen, dass sie sich wieder ändern - in irgendeine Richtung? ......

In irgend eine Richtung wird sie sich sicher verändern.


.......
Und was, wenn es geschehen kann, spricht gegen die besondere hier diskutierte Richtung?

Vor 1000 Jahren betrug die Weltbevölkerung gut 300 Millionen, heute 7 Mrd.. Und diese werden niemals unter einem Hut friedlich zusammenleben. Das ginge nicht mal in Deutschland weil fleißige Menschen nun mal nicht laufend für Schmarotzer zahlen wollen, und diese Schmarotzer gleitzeitig aber Neid gegen die Fleißigen hegen würden.

EinDachs
02.02.2011, 19:02
Definitorisch nicht, das ist richtig.
Aber rein sozialpraktisch tendiert das eine dazu, sich aus dem anderen zu ergeben.

Nicht wirklich.
Segmentäre Gesellschaften (vulgo "Stammesgesellschaften") kennen in den wenigsten Fällen soetwas wie Herrschaft. Meist kennen die aber recht strenge Regeln, die dann zur Verbannung aus der Gruppe führen.

-jmw-
02.02.2011, 19:17
Das habe ich nun mehrfach auf diesem thread hier ausgeführt, ich meine die biologisch / naturgesetzlich unvermeidbaren Kämpfe. Menschen sind im Sozialverband lebende Säugetiere, da wird immer die Position des Alphatiers ausgekämpft, wenn nicht ein gemeinschaftlicher Wille vernunftbegabter Menschen einen anderen Weg zur Schaffung einer Ordnung ermöglicht (= Demokratie).
Entweder hältst Du "Demokratie" da für die einzige Möglichkeit - oder Du wendest hier einen Demokratiebegriff an, der anders ist als meiner.

Denn "gemeinschaftlicher Wille vernunftbegabter Menschen zur Schaffung einer Ordnung" ist unabdingbar für ein halbwegs zivilisiertes Gemeinwesen und wird selbstverständlich auch vom Anarchismus mitgedacht in seinen Modellen.

Nur bestreiten wir, dass dieser Wille seinen Ausdruck finden muss in einer Monopolisierung der (anarchokapitalistisch gesprochen) Dienstleistungstätigkeit "Regierung";
sondern er wird - wie heute auch schon - sich wesentlich wiederfinden in gemeinsamen Rechtsvorstellung, also in einem Katalog von Ge- und Verboten.

"Staat" ist ein bestimmtes gesellschaftliches Handeln von Personen, das wir ersetzen wollen durch ein anderes soziales Verhaltensmuster.

Don
02.02.2011, 19:17
Anarchie im Sinne der echten, ernsthaften Anarchisten (Erich Mühsam, spanische CNT) ist eigentlich nichts anderes als der Endpunkt jeder Bemühung um eine "gerechten" Gesellschaft, also die freie Assoziazion freier und (rechtlich) gleicher Individuen.

Drei Problem:
* Ein Minimum von Aufgaben muß grundsätzlich gesamtgesellschaftlich gelöst werden, bspw. das Gesundheitswesen, es kann zum Beispiel keine anarchistische Seuchenbekämpfung geben.

Doch. Die effektivste. Durch die Seuche selbst.



* Anarchismus ohne Übergangsphase: Ein Großteil der Bürger ist nicht mehr freiheitsfähig und muß erst neu an Freiheit gewöhnt werden. Ein RTL-Glotzenhocker kann nicht "über Nacht" plötzlich gesamtgesellschaftliche Fragen in offener Diskussion und freier Abstimmung lösen, ohne Vorgabe durch Zeitung und Fernseher. Eine gewisse Grundbildung muß vorher vermittelt werden, bspw. daß Angriffskriege keine grundgesetzkonformen Friedensmissionen sind, auch wenn es in der FAZ steht.

Anarchisten lösen gesamtgesellschaftliche Aufgaben? In Diskussion und Abstimung? Klar. Und wer macht dann die Arbeit?

Es muß gar nicht in der FAZ stehen. Sie merken es dann schon wenn andere einen Angriffkrieg gegen die Anarchisten führen.
Gut, Krieg wäre das vielleicht nicht grade. Tontaubenschießen?



* Anarchismus mit Übergangsphase: Fast genauso schwierig, da die Masse der RTL-Glotzenhocker die Führer der Übergangsphase auf harte Proben stellen wird und immer die Gefahr gegeben ist daß ein neuer Stalin und eine neue Bürokratenkaste diese Situation ausnutzt, nach dem Motto: Ihr wollt wieder Untertanen werden? Das könnt ihr haben.

Führer im Übergang in den Anarchismus? :lol:

Supi.

-jmw-
02.02.2011, 19:20
Vor 1000 Jahren betrug die Weltbevölkerung gut 300 Millionen, heute 7 Mrd.. Und diese werden niemals unter einem Hut friedlich zusammenleben. Das ginge nicht mal in Deutschland weil fleißige Menschen nun mal nicht laufend für Schmarotzer zahlen wollen, und diese Schmarotzer gleitzeitig aber Neid gegen die Fleißigen hegen würden.
Dass alle Menschen friedlich zusammenleben, ist nicht zu erwarten, das ist richtig.
Das ficht uns aber nicht an, denn...


Anarchism does not exclude prisons, officials, military, or other symbols of force. It merely demands that non-invasive men shall not be made the victims of such force. Anarchism is not the reign of love, but the reign of justice. It does not signify the abolition of force-symbols but the application of force to real invaders.
-- Benjamin Tucker

Wir sind ja keine Hippies. :)

Don
02.02.2011, 19:21
"Staat" ist ein bestimmtes gesellschaftliches Handeln von Personen, das wir ersetzen wollen durch ein anderes soziales Verhaltensmuster.

Am besten ersetzt ihr auch gleich die Menschen. Präziser ausgedrückt, es bleibt euch nichts anderes übrig.

Allerdings, das versuchten bereits potentere Zeitgenossen. Vorübergehend.
Bis sie ersetzt wurden.

-jmw-
02.02.2011, 19:23
Führer im Übergang in den Anarchismus?
Anarchie ohne "Führer", also anerkannte gesellschaftliche und politische Autoritäten, ist m.E. kaum denkbar.

-jmw-
02.02.2011, 19:30
Am besten ersetzt ihr auch gleich die Menschen. Präziser ausgedrückt, es bleibt euch nichts anderes übrig.

Allerdings, das versuchten bereits potentere Zeitgenossen. Vorübergehend.
Bis sie ersetzt wurden.
"Der Mensch" wurde nicht "ersetzt" nach dem Ende von Feudalismus, Merkantilismus, Absolutismus, Monarchismus.
Warum in Zukunft?
Der Mensch ist, wie er ist, da kann man nix ersetzen.
Man kann es versuchen, klar, aber das funktioniert nicht und endet in Wahn und Mord.

Wüsste auch nicht, warum man einen "Neuen Menschen" bräuchte, nur weil keine Autobahnen mehr von Berlin aus geplant werden, die Mehrwertsteuer gesenkt wird auf 0 oder mehrere Polizeien stehen in den Gelben Seiten...

GG146
02.02.2011, 20:03
Entweder hältst Du "Demokratie" da für die einzige Möglichkeit - oder Du wendest hier einen Demokratiebegriff an, der anders ist als meiner.

Denn "gemeinschaftlicher Wille vernunftbegabter Menschen zur Schaffung einer Ordnung" ist unabdingbar für ein halbwegs zivilisiertes Gemeinwesen und wird selbstverständlich auch vom Anarchismus mitgedacht in seinen Modellen.

Nur bestreiten wir, dass dieser Wille seinen Ausdruck finden muss in einer Monopolisierung der (anarchokapitalistisch gesprochen) Dienstleistungstätigkeit "Regierung";
sondern er wird - wie heute auch schon - sich wesentlich wiederfinden in gemeinsamen Rechtsvorstellung, also in einem Katalog von Ge- und Verboten.

"Staat" ist ein bestimmtes gesellschaftliches Handeln von Personen, das wir ersetzen wollen durch ein anderes soziales Verhaltensmuster.

1. Du könntest mir einen Gefallen tun und das Zitat in dem hier von mir zitierten Beitrag editieren, ich wollte "Säugetiere" schreiben und nicht "Rudeltiere", das war ein Versehen und überdies eine blöde Tautologie.

2. Wir reden tatsächlich aneinander vorbei, mit der Unterscheidung von Demokratie im Sinne einer Organisationsform gemeinschaftlicher politischer Willensbildung und Diktatur als Ergebnis des Auskämpfens von Hierarchien meine ich Quellen staatlicher Macht und nicht die staatlichen Machtorgane im engeren Sinne.

Von mir aus könnte es in jeder Stadt 3 Polizeistationen geben, deren staatliche oder beliehene Mitwirkende ausschließlich oder zusätzlich zu einem staatlichen Grundgehalt aus Polizeigebühren bezahlt werden. Wer zur größten Zufriedenheit der Kundschaft für Ruhe und Ordnung sorgt, wird am häufigsten angerufen und macht am meisten Kohle....

Überhaupt ergibt die ganze Begriffsfuchserei bei dem Thema hier nur dann Sinn, wenn man sich des Pudels Kern nähert und nach einer möglichst prägnanten kurzen Definition sucht, was überhaupt als politisches Ideal angestrebt wird.

Ich würde als angestrebtes Ziel die Abwesenheit von jedweder Willkür oder auch individueller menschlicher Macht über andere Menschen definieren.

Dahin gibt es m. M. n. nur einen gangbaren Weg, den einer republikanischen Verfassung, die gesetzliche Mindestbedingungen über jede Art von menschlichem Willen erhebt, auch über den demokratischer Mehrheiten.

Bräunie
02.02.2011, 20:11
... des Teufels. Der Mensch braucht Grenzen, Regeln, Ordnung und Orientierung.

Das ist falsch! Du solltest Dich einmal mehr mit der Anarchie auseinandersetzen. Als Literaturtip empfehle ich "Anarchismus- eine Einführung" von Degen/ Knobloch aus dem Schmetterling- Verlag. Du bekommst es u. a. in dem Buchladen am Mehringdamm!

Dort steht u. a. etwas zur falschen Identifizierung der Anarchie mit dem Chaos und die ständige Wiederholung der These, ohne Herrschaft gäbe es keine Ordnung, so der ehemalige Hamburger Justizsenator Prof. Ulrich Klug; das aber, so Klug weiter, „sind uralte Methoden, mit denen die Herrschenden den Beherrschten die unumstößliche Notwendigkeit ihrer Herrschaft suggerieren.“

Und wie steht es denn um die "Ordnung" in der bürgerlichen Gesellschaft. Lassen wir hier besagtes Buch wieder zu Wort kommen: Die Ordnung, so Tolstoi, die die Regierungen garantieren, sei eine Scheinordnung; denn sie habe weder Raub, Mord, noch alle anderen Laster aus der Welt geschafft. Stattdessen würden die Regierungen den Raub (von Besitz und Land z. B.) und den Mord (z. B. durch Kriege und die Todesstrafe) legitimieren.

Du bist hier wahrscheinlich ein bisschen noch Lenin verhaftet, der einst von sich gab: „Der Anarchismus ist ein Produkt der Verzweiflung. Die Mentalität des aus dem Geleise geworfenen Intellektuellen oder des Lumpenproletariers, aber nicht des Proletariers.“ Und 1905 verkündete er: „Die Weltanschauung der Anarchisten ist eine umgestülpte bürgerliche Weltanschauung. Ihre Individualistischen Theorien und ihr individualistische Ideal sind gerade das Gegenteil von Sozialismus.“

Über den Staat schreibt der rennomierte Anarchist Oppenheimer: Der Staat „ist seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger.“

-jmw-
02.02.2011, 20:43
1.
Erledigt.


2.
Da haste aber einen wenig verbreiteten Demokratiebegriff. :)


Ich würde als angestrebtes Ziel die Abwesenheit von jedweder Willkür oder auch individueller menschlicher Macht über andere Menschen definieren.

Dahin gibt es m. M. n. nur einen gangbaren Weg, den einer republikanischen Verfassung, die gesetzliche Mindestbedingungen über jede Art von menschlichem Willen erhebt, auch über den demokratischer Mehrheiten.
Hmm...
Nun, von der Grundidee ist der liberale Verfassungsstaat nix anderes als das, was wir wollen.
Wir bestreiten lediglich den grundsätzlichen ökonomischen Nutzen und die ethische Vorzugswürdigkeit der Monopolisierung gewisser Tätigkeiten, d.h. der Sanktion auch solcher Personen, die eigentlich nichts anderes tun als andere, dennoch aber kriminalisiert werden dafür.

Eine "geordnete Anarchie" (de Jasay) oder eine "polyzentrische Verfassungsordnung" ist nix weiter als ein liberaler Verfassungsstaat minus die hohen Wettbewerbseintrittshürden hinsichtlich Exekutive, Legislative, Judikative.

Ob das funktionieren kann, darüber kann man sich natürlich (und offensichtlich) streiten.
Fasst man "Staat" als sozial wirkmächtige Idee auf, liegt die Überlegung nahe, ob diese nicht durch andere - und eben auch bessere - ersetzbar sei.

GG146
02.02.2011, 20:49
Erledigt.

Da steht immer noch "Rudeltiere" und nicht "Säugetiere":

http://www.politikforen.net/showpost.php?p=4390477&postcount=68


Da haste aber einen wenig verbreiteten Demokratiebegriff. :)

Ich habe nicht Politikwissenschaften studiert und weiß nicht, welche Definitionen wie verbreitet sind. "Volksherrschaft" als Quelle staatlicher Macht (siehe Art. 20 Abs. 2 GG, "alle Staatsgewalt geht vom Volke aus") zu definieren scheint mir aber eine sehr naheliegende zu sein. Die direkte Volksherrschaft wie in der Schweiz ist ja in der Geschichte der Demokratie eher die Ausnahme als die Regel.

-jmw-
02.02.2011, 21:04
Da steht immer noch "Rudeltiere" und nicht "Säugetiere":

http://www.politikforen.net/showpost.php?p=4390477&postcount=68
'tschuldige.
Hab's während des Schreibens meines Beitrages schon wieder vergessen gehabt. :D


Ich habe nicht Politikwissenschaften studiert und weiß nicht, welche Definitionen wie verbreitet sind. "Volksherrschaft" als Quelle staatlicher Macht (siehe Art. 20 Abs. 2 GG, "alle Staatsgewalt geht vom Volke aus") zu definieren scheint mir aber eine sehr naheliegende zu sein. Die direkte Volksherrschaft wie in der Schweiz ist ja in der Geschichte der Demokratie eher die Ausnahme als die Regel.
Es gibt zig Definitionen.
Die brauchen uns aber eigentlich auch nicht interessieren.
Reicht völlig, wenn man ungefähr weiss, wovon der andere spricht.
Und zur Not kann man ja nachfragen. :)
Wenn ich hier alles definieren müsste...
Was eine Arbeit!

frodo
02.02.2011, 22:54
Man neigt dazu Definitionen zu verlangen, obwohl man genau weiß was gemeint ist. Es ist eben angenehm jemanden in die Enge zu treiben. Darum ist es wichtig zu verstehen, zuzulassen und zu respektieren.

GG146
02.02.2011, 23:00
Man neigt dazu Definitionen zu verlangen, obwohl man genau weiß was gemeint ist. Es ist eben angenehm jemanden in die Enge zu treiben. Darum ist es wichtig zu verstehen, zuzulassen und zu respektieren.

Auf diesem thread hat bislang niemand einen anderen Teilnehmer in die Enge getrieben, außer Dir mit 3 Zeilen Dich selbst, Herr der Ringe.

sisyphos
03.02.2011, 10:58
Der Irrsinn nicht jedes Massmörders ist soziopathischer Natur.
Oder so.
(Bin kein Psychologe.)

Ganz im Gegenteil. Hitler und Stalin WUSSTEN was sie tun. Wie sonst hält man sich so lange an der totalen Macht? :)

sisyphos
03.02.2011, 11:02
Ich habe geschrieben, dass niemand die Anarchie umsetzen kann, der landet je nach Blödheitsgrad in einer demokratischen oder undemokratischen Ordnung. Eine demokratische Ordnung entspräche dem organisierten ("polypolistischen") Sicherheitssystem, eine undemokratische dem sicheren Ergebnis des freien Laufes der Dschungelgesetze.

"Anarchie ist Freiheit und Ordnung ohne Gewalt" - Kant

Gibts denn im Dschungel Freiheit und Ordnung ohne Gewalt?

sisyphos
03.02.2011, 11:24
Zwei Punkte dazu:

1. "Polypol" ist das Gegenteil von "Monopol";
eine Demokratie kann in diesem Sinne nur schlecht polypolistisch sein.
Bei der Polizei und den Gerichten mag es noch angehen, jedoch bei Militär und Legislative wird es einigermassen unmöglich.

Daher bedarf es der kommunalen Rätenetzwerke, die einen föderalen Vertrag abfassen, wonach sich jede Kommune der Verteidigung der anderen Kommunen zu verpflichten hat, falls eine Kommune zentralistische Anwandlungen bekommen sollte.

Gryphus
03.02.2011, 11:41
Was ist Anarchie?

Eine andere Form der Verdammung des Menschen in die Existenz eines Tieres. Eine nicht minder materialistische und vor allen Dingen willkürliche Ordnung als der Kapitalismus.

sisyphos
03.02.2011, 11:53
Eine andere Form der Verdammung des Menschen in die Existenz eines Tieres. Eine nicht minder materialistische und vor allen Dingen willkürliche Ordnung als der Kapitalismus.

Ein paar Fragen:

Kennen Tiere den Begriff Freiheit ( und ich meine nicht das Wort, sondern den Begriff )?

Kennen Tiere den Begriff Ordnung?

Kennen Tiere den Begriff Staat?

Kennen Tiere den Begriff Herrschaftskritik?

Kennen Tiere den Begriff der sozialen Gleichheit?

Kennen Tiere den Begriff der allgemeinen Individualität?

Wissen Tiere was Selbstverwaltung ( kollektiv ) und Selbstentfaltung ( individuell ) ist?

Ich schätze nicht! :)

Natürlich ist der Anarchismus materialistisch. Jede MENSCHLICHE Ordnung ist materialistisch. Denn der Mensch IST materialistisch. Unterdrückt er das korrumpieren ALLE idealistischen Ordnungen. Das bedeutet aber keinesfalls Entspiritualisierung. Buber und Landauer waren religiöse Anarchisten.

Ebenso sisyphos.

sisyphos
03.02.2011, 11:57
Eine andere Form der Verdammung des Menschen in die Existenz eines Tieres. Eine nicht minder materialistische und vor allen Dingen willkürliche Ordnung als der Kapitalismus.

Selbstverwaltung und Selbstentfaltung kann per Definitionem nicht willkürlich sein, ebenso wenig, wie sie vorherbestimmt ist, Freiheit unterliegt eben keiner vollendeten Definition, Freiheit, das ist jeden Tag aufs Neue eine Chance zu leben.

sisyphos
03.02.2011, 11:59
"In der Hölle herrscht die Demokratie, im Himmel das Kaisertum." - Heiliger Johannes von Kronstadt

Hier wieder der typische Fehler des puren Idealismus.

Wir sind eben nicht im Himmel! Sondern auf Erden ... und da herrscht der Mensch.

Gryphus
03.02.2011, 12:04
Selbstverwaltung und Selbstentfaltung kann per Definitionem nicht willkürlich sein, ebenso wenig, wie sie vorherbestimmt ist, Freiheit unterliegt eben keiner vollendeten Definition, Freiheit, das ist jeden Tag aufs Neue eine Chance zu leben.

Sie sind sogar die Spitze der Willkür, denn wenn das "Selbst" Grundlage und Antrieb allen Handelns ist, wird jede Handlung ausschließlich aus Partikularinteressen entspringen und weder Maß noch Orientierung kennen. Der Begriff von Heiligkeit und Würde verschwindet, Selbstwertempfinden wird vom Egoismus getilgt, Gott weicht dem Mammon. Die Tyrannei der Vielen hat nur einen anderen Ursprung als die Tyrannei des Einen oder der Wenigen, der Charakter der Willkür und Tyrannei verbindet aber beide.

sisyphos
03.02.2011, 12:10
Sie sind sogar die Spitze der Willkür, denn wenn das "Selbst" Grundlage und Antrieb allen Handelns ist, wird jede Handlung ausschließlich aus Partikularinteressen entspringen und weder Maß noch Orientierung kennen.

Diese Folgerung ist willkürlich. Vorallem ist es menschenfeindlich dem Menschen sein Selbst abzusprechen. Das hat er wohl ganz offensichtlich.

Eben typisch Ideologe, Monsieur Gryphus.


Der Begriff von Heiligkeit und Würde verschwindet, Selbstwertempfinden wird vom Egoismus getilgt, Gott weicht dem Mammon.


Die Würde des Menschen ist seine Freiheit. Sowohl jene des Körpers, als auch jene des Geistes.


Die Tyrannei der Vielen hat nur einen anderen Ursprung als die Tyrannei des Einen oder der Wenigen, der Charakter der Willkür und Tyrannei verbindet aber beide.

Tyrannei der Vielen ... das hat nichts mit Anarchismus zu tun.

Gryphus
03.02.2011, 12:15
(...)


Kennen Tiere den Begriff Freiheit ( und ich meine nicht das Wort, sondern den Begriff )?

[...]

Tiere kennen nichts anderes als den Selbsterhaltungsinstinkt, sie verfügen weder über Willen noch über Vernunft - eben das macht sie auch zu Tieren.


Natürlich ist der Anarchismus materialistisch. Jede MENSCHLICHE Ordnung ist materialistisch. Denn der Mensch IST materialistisch.

Nur seelenlose Menschen die des Teufels sind. Materielle Bedürfnisse hat jeder Mensch und auf Erden gibt es alle Mittel diese zu befriedigen, aber nur ein humaner Auswuchs der seine Menschlichkeit längst verloren hat erkennt keinen Sinn im Leben und kennt keinen Wert für sein Leben, der höher bemessen wird als den physischen Zustand des lebens um des Lebens Willen.

Gryphus
03.02.2011, 12:27
(...)


Diese Folgerung ist willkürlich.

Für diese Behauptung sehe ich keinen Anlass.


Vorallem ist es menschenfeindlich dem Menschen sein Selbst abzusprechen. Das hat er wohl ganz offensichtlich.

Er hat es nicht, er ist es. Und stellt er sich dadurch, dass er sich als Zentrum des Handelns ansieht, auf eine Stufe mit Gott ohne über seine Macht und Ultimativität zu verfügen, resultiert sein Handeln in Willkür und Tyrannei, welche über keine Legitimation verfügen und ausschließlich aus Egoismus gespeist werden, welcher alles andere unter sich untergräbt und eine menschliche Monströsität gebärt.


Die Würde des Menschen ist seine Freiheit. Sowohl jene des Körpers, als auch jene des Geistes.

Die hat jeder Mensch von Geburt an, manche verwerfen aber Würde und Freiheit um zum Sklaven der Instinkte zu werden.


Tyrannei der Vielen ... das hat nichts mit Anarchismus zu tun.

Vielleicht mehr als du meinst.

sisyphos
03.02.2011, 12:37
Er hat es nicht, er ist es. Und stellt er sich dadurch, dass er sich als Zentrum des Handelns ansieht, auf eine Stufe mit Gott ohne über seine Macht und Ultimativität zu verfügen, [...]


Wo tun das Anarchisten denn? Natürlich ist der Mensch das Zentrum seines eigenen Handelns. Der Rest deines Beitrags ist unleserliches Vokabelgemurkse.

sisyphos
03.02.2011, 12:39
Die hat jeder Mensch von Geburt an, manche verwerfen aber Würde und Freiheit um zum Sklaven der Instinkte zu werden.


Würde und Freiheit in gesellschaftlicher Form sind eben keine gebürtigen Geschenke, sondern gesellschaftliche, soziale und kulturelle Ergebnisse der Selbstbestimmung des Menschen. Das erhebt ihn sodann über die Instinkte und macht ihn zum Kulturproduzenten.

sisyphos
03.02.2011, 12:44
Nur seelenlose Menschen die des Teufels sind.

Weil der Mensch materialistisch denkt, ist er nicht böse. Die Befriedigung seiner Bedürfnisse macht ihn gerade gut, denn dann muss er anderen keinen Schaden mehr zufügen, um ein freies und sich selbst entfaltendes Leben führen zu können.

Außerdem ist der Teufel im 21. Jhd. kein Argument mehr. :)

-jmw-
03.02.2011, 15:58
Ganz im Gegenteil. Hitler und Stalin WUSSTEN was sie tun. Wie sonst hält man sich so lange an der totalen Macht? :)
Sehe keinen Widerspruch zu meinem Beitrag.

-jmw-
03.02.2011, 15:59
Daher bedarf es der kommunalen Rätenetzwerke, die einen föderalen Vertrag abfassen, wonach sich jede Kommune der Verteidigung der anderen Kommunen zu verpflichten hat, falls eine Kommune zentralistische Anwandlungen bekommen sollte.
Mag eine von mehreren Möglichkeiten sein, ja.

Gryphus
03.02.2011, 15:59
(...)


Wo tun das Anarchisten denn?

Sofern du einer bist, dürfte folgender Satz deine Frage beantworten:


Natürlich ist der Mensch das Zentrum seines eigenen Handelns.

:D


Der Rest deines Beitrags ist unleserliches Vokabelgemurkse.

Das sagen sie alle. :))

Gryphus
03.02.2011, 16:04
Würde und Freiheit in gesellschaftlicher Form sind eben keine gebürtigen Geschenke, sondern gesellschaftliche, soziale und kulturelle Ergebnisse der Selbstbestimmung des Menschen. Das erhebt ihn sodann über die Instinkte und macht ihn zum Kulturproduzenten.

Ich bitte um eine Erläuterung weshalb gesellschaftliche Schrankenlosigkeit dem Menschen Würde und Freiheit verleihen soll und was ihn dazu verleiten soll seine "gesellschaftliche Freiheit" dazu zu nutzen "Kulturproduzent" zu sein und nicht was anderes zu tun, sagen wir Produzent von diversen Käsekulturen zu werden zum Beispiel. :D

Gryphus
03.02.2011, 16:06
Weil der Mensch materialistisch denkt, ist er nicht böse. Die Befriedigung seiner Bedürfnisse macht ihn gerade gut, denn dann muss er anderen keinen Schaden mehr zufügen, um ein freies und sich selbst entfaltendes Leben führen zu können.

Was verstehst du unter gut und böse?


Außerdem ist der Teufel im 21. Jhd. kein Argument mehr. :)

Daran siehst du doch, dass etwas ganz gewaltig falsch läuft. ;)

-jmw-
03.02.2011, 16:16
manche verwerfen aber Würde und Freiheit um zum Sklaven der Instinkte zu werden.
Stellt sich die Frage, ob ich mich subito zu Boden werfen soll, nur weil wer behauptet, er sei ein Heiliger;
und was ich mache, wenn zwei Heilige auftauchen, die einer "A" und der andere "nicht A" sagen.

Gryphus
03.02.2011, 16:26
Stellt sich die Frage, ob ich mich subito zu Boden werfen soll, nur weil wer behauptet, er sei ein Heiliger;
und was ich mache, wenn zwei Heilige auftauchen, die einer "A" und der andere "nicht A" sagen.

Das musst du selbst abwägen. Wer über einen standfesten und souveränen Charakter verfügt weiß selbst wem er folgen will und aus welchem Grund, ebenso wie er besseren Wissens auch einfach nur seinem Gewissen folgen kann um selbst die Rolle des Heiligen einzunehmen - oder wie es in irgend einem Gedicht heißt "wenn ihr euch selbst nicht adelt, verstumpft euer Schwert" (oder so ähnlich).

GG146
03.02.2011, 16:34
"Anarchie ist Freiheit und Ordnung ohne Gewalt" - Kant

Gibts denn im Dschungel Freiheit und Ordnung ohne Gewalt?

Natürlich nicht, im Dschungel gibt es genau genommen überhaupt keine Freiheit. Da herrscht eine Gesetzessammlung mit 1000 Überlebensregeln und der Überschrift "Friss oder stirb". Auf die Verletzung jeder einzelnen dieser Regeln steht die sofortige Todesstrafe ohne Gerichtsverhandlung. Sowas ist keine Freiheit im politischen Sinn, wirkliche Freiheit muss man durch politische Gestaltungen herstellen und dann ständig verteidigen.

twoxego
03.02.2011, 16:58
anarchist, der ( 6 )



scheidecker sah nicht nur degeneriert aus, er war es auch. er hatte von seiner frühesten jugend an ein ausschweifendes leben geführt.




anarchist, der (5 )

»den kenne ich«, sagte er. »das ist ein grimmiger anarchist, den sie im prager tagblatt als kuriosität aushalten.«

»sie nehmen die tschechischen anarchisten nicht ernst?«
kafka lächelte verlegen.

»das ist sehr schwer. diese leute, die sich selbst anarchisten nennen, sind so lieb und freundlich, daß man ihnen jedes wort glauben muß. gleichzeitig aber kann man ihnen - eben wegen dieser ihrer eigenschaften - nicht glauben, daß sie wirklich solche weltzerstörer sein könnten, wie sie behaupten.«

»sie kennen sie also persönlich?«
»ein wenig. es sind sehr liebe, lustige menschen.«

lexicon der anarchie

-jmw-
03.02.2011, 17:18
Das musst du selbst abwägen. Wer über einen standfesten und souveränen Charakter verfügt weiß selbst wem er folgen will und aus welchem Grund, ebenso wie er besseren Wissens auch einfach nur seinem Gewissen folgen kann um selbst die Rolle des Heiligen einzunehmen - oder wie es in irgend einem Gedicht heißt "wenn ihr euch selbst nicht adelt, verstumpft euer Schwert" (oder so ähnlich).
Womit wir m.E. 100 Prozent beim Fadenthema sind.
Denn u.a. darum geht es ja: Selber entscheiden, ob und wem man folgt.

Gryphus
03.02.2011, 17:24
Womit wir m.E. 100 Prozent beim Fadenthema sind.
Denn u.a. darum geht es ja: Selber entscheiden, ob und wem man folgt.

Kann man immer und überall, man muss nur mit den Konsequenzen leben können.

Efna
03.02.2011, 17:55
Murray Bookchin nannte das einen "life style"-Anarchismus und hatte dabei insbesondere politisch gelangweilte Studienratssöhnchen und Bankdirektorentöchter im Auge, die bei ATTAC Steine schmeissen und die "Bullen" nicht mögen, weil die ihnen ihre Drogen wegnimmt.
Das sind im Grunde bloss linksdemokratisch-linksliberale Idioten.

Das mag auf ei8nige zutreffen, aber ehrlich gesagt halte ich den Anarchokapitalismus auch nur für eine Pseudoanarchie...

Efna
03.02.2011, 17:56
Murray Bookchin nannte das einen "life style"-Anarchismus und hatte dabei insbesondere politisch gelangweilte Studienratssöhnchen und Bankdirektorentöchter im Auge, die bei ATTAC Steine schmeissen und die "Bullen" nicht mögen, weil die ihnen ihre Drogen wegnimmt.
Das sind im Grunde bloss linksdemokratisch-linksliberale Idioten.

Das mag auf ei8nige zutreffen, aber ehrlich gesagt halte ich den Anarchokapitalismus auch nur für eine Pseudoanarchismus...

-jmw-
03.02.2011, 18:05
Kann man immer und überall, man muss nur mit den Konsequenzen leben können.
Stimmt.
Und die, die einem Konsequenzen auferlegen, müssen auch Konsequenzen erwarten.
Usw. usw.
Normal!

"Anarchie" bezeichnet dann einfach eine gesellschaftliche Situation, in der manche Konsequenzen wahrscheinlicher sind als andere.

-jmw-
03.02.2011, 18:06
Das mag auf ei8nige zutreffen, aber ehrlich gesagt halte ich den Anarchokapitalismus auch nur für eine Pseudoanarchie...
"Freie Assoziation" erzwingt die Möglichkeit von Eigentum, Märkten, Geld.

Gryphus
03.02.2011, 18:10
Stimmt.
Und die, die einem Konsequenzen auferlegen, müssen auch Konsequenzen erwarten.
Usw. usw.
Normal!

"Anarchie" bezeichnet dann einfach eine gesellschaftliche Situation, in der manche Konsequenzen wahrscheinlicher sind als andere.

Richtig, und die Vorteile darin sehe ich gegenüber anderen Gesellschaftsformen nicht - zumindest kann ich mir bessere vorstellen.

-jmw-
03.02.2011, 18:14
Richtig, und die Vorteile darin sehe ich gegenüber anderen Gesellschaftsformen nicht - zumindest kann ich mir bessere vorstellen.
Das kann ich auch.
Nur halte ich sie für wenig realistisch.

Gryphus
03.02.2011, 18:21
Das kann ich auch.
Nur halte ich sie für wenig realistisch.

Ich hingegen schon. :D

-jmw-
03.02.2011, 18:46
Ernsthaft?
"Niemand kann über andere gerecht herrschen und ihnen ein Gesetz geben, der nicht die Fähigkeit hat, zuallererst über sich selbst zu herrschen und sich selbst ein Gesetz zu geben", schrieb Evola.
Solche Leute findet man aber nur in Ausnahmefällen in grösserem Maße in der direkten Nachbarschaft.
Und da das so ist, fallen mir bloss allerlei Variationen des Themas ein: "Von idiotischen Arschlöchern beherrscht werden."
Da ich aber selber schon eins bin, hab ich das nicht nötig und kann also drauf verzichten.

Efna
03.02.2011, 19:15
"Freie Assoziation" erzwingt die Möglichkeit von Eigentum, Märkten, Geld.

nei das sehe ich nicht so, es schafft nur weitere Herrschaft von Menschen über Menschen. Die meisten Kapitalisten sehen nur den Staat als Machtfaktor. In einen anarchistischen Kapitalismus wird an stelle eines staates die Unternehmer und Konzerne treten die durch Macht und Einfluss die Gesellschaft lenken. Von daher kann ein Anarchismus nur Antietatistisch und Antikapitalistisch sein.

-jmw-
03.02.2011, 20:17
nei das sehe ich nicht so, es schafft nur weitere Herrschaft von Menschen über Menschen. Die meisten Kapitalisten sehen nur den Staat als Machtfaktor. In einen anarchistischen Kapitalismus wird an stelle eines staates die Unternehmer und Konzerne treten die durch Macht und Einfluss die Gesellschaft lenken. Von daher kann ein Anarchismus nur Antietatistisch und Antikapitalistisch sein.
Etwaige Befürchtungen, was wohl theoretisch und vielleicht passieren kann, helfen uns da nicht.
Theoretisch kann auch irgendein Irrer einen Virenwaffe basteln und damit die Menschheit ausrotten.
Das spricht aber nicht gegen Laboratorien oder die Auwsbildung von Mikrobiologen. :)

Die Frage ist: Wie der Anarchismus wirksam "Eigentum", "Markt" und "Geld" abschaffen kann, ohne sich selber damit abzuschaffen.

Antwort: Kann er nicht. Eine Eigentumsordnung braucht er wie jede andere Gesellschaft auch;
die Möglichkeit des Austausches folgt aus dem Eigentum;
die Möglichkeits des Austauschmittels folgt aus dem Austausch.

Efna
03.02.2011, 20:27
Etwaige Befürchtungen, was wohl theoretisch und vielleicht passieren kann, helfen uns da nicht.
Theoretisch kann auch irgendein Irrer einen Virenwaffe basteln und damit die Menschheit ausrotten.
Das spricht aber nicht gegen Laboratorien oder die Auwsbildung von Mikrobiologen. :)

Die Frage ist: Wie der Anarchismus wirksam "Eigentum", "Markt" und "Geld" abschaffen kann, ohne sich selber damit abzuschaffen.

Antwort: Kann er nicht. Eine Eigentumsordnung braucht er wie jede andere Gesellschaft auch;
die Möglichkeit des Austausches folgt aus dem Eigentum;
die Möglichkeits des Austauschmittels folgt aus dem Austausch.

Es geht nicht um das Private Eigentum eines Menschen sondern um die Wirtschaft und das geht nicht mit einer freien Marktwirtschaft und Lohnarbeit, sondern der grossteil der Produktion sollte in den Händen von Basisdemokratischen Gemeinden liegen, sprich beim Volk.

-jmw-
03.02.2011, 22:24
Es geht nicht um das Private Eigentum eines Menschen sondern um die Wirtschaft und das geht nicht mit einer freien Marktwirtschaft und Lohnarbeit, sondern der grossteil der Produktion sollte in den Händen von Basisdemokratischen Gemeinden liegen, sprich beim Volk.
Auch das Sondereigentum einer Kommune ist Privateigentum, dann halt das einer Gruppe, also Genossenschaftseigentum.
Wenn so eine Gemeinde Produkte mit anderen Gemeinden oder Personen tauscht gegen "Geld", ist das ganz allein deren Sache!

Ajax
03.02.2011, 23:28
Es geht nicht um das Private Eigentum eines Menschen sondern um die Wirtschaft und das geht nicht mit einer freien Marktwirtschaft und Lohnarbeit, sondern der grossteil der Produktion sollte in den Händen von Basisdemokratischen Gemeinden liegen, sprich beim Volk.

Dann entscheiden also basisdemokratische Gemeinden nach Abstimmung was in welchem Umfang produziert wird, oder wie soll man das verstehen?

Bettmaen
08.02.2011, 10:53
Selbst Anarchie im Sinne von Anomie (Fautrecht, Chaos usw) ist aus utilitaristischer Sicht nicht unbedingt schlechter als keine Anomie. Ich meine, wie viele Menschen sind durch staatliche Kriege getötet worden?
Das ist vielleicht das beste Argument für die Anarchie, ja sogar für die Anomie. Dank dezentraler und staatsferner Strukturen bleibt der Schaden, den die Menschen verursachen, in engen Grenzen.

Mit der Größe (und Macht) der Staaten nimmt auch die Größe des Verbrechens zu.

Wenn es eine Nummer kleiner (oder größer) als Anarchie sein darf, dann die Kleinstaaterei. Kleine und kleinste Staaten sind überschaubar und bieten ihren Bürgern theoretisch eine direktere Teilhabe an der Macht.

Dass Kleinstaaten keine Garantie für Demoktratie darstellen, wissen wir aus der Geschichte. Aber in kleinen Staaten entfaltet sich eher große Kultur. Es ist darum kein Zufall, dass Deutschlands kulturelle Blüte in die Zeit der Kleinstaaterei fiel.
Ähnliches gilt für Griechenland und Italien.

Zurück zur Anarchie! Diese wird meist von linken und ultraliberalen Menschen vertreten. Sie ist aber auch für Rechte nicht ungeeignet, denn in anarchischen Gemeinwesen können die Bewohner bestimmen, mit wem sie zusammenleben wollen. Eine zentral gesteuerte Verteilung von Asylbewerbern wäre also undenkbar. (habe nichts gegen Asylbewerer). Die Asylbewerber könnten aber 50 km weiter Schutz erhalten.

-jmw-
08.02.2011, 16:19
Anarchien bieten sog. "Rechten" durchaus einiges:

Überschaubare, lebensnahe Gemeinschaften;
freiwillig anerkannte und also echte und starke Autoritäten;
die Möglichkeit, tatsächlich nur soviel mit Linken, Schwulen, Muslimen oder Menschen mit zusammengewachsenen Augenbrauen (;)) zu tun zu haben, wie man möchte;
und insgesamt innerkommunale Kontrolle von Wirtschaft, Politik, Kultur, Bildung, Religion usw. usw. nach eigener Facon.

Einzige Bedingung freilich: Das auch für andere gelten zu lassen.
Und daran scheitern dann auch die allermeisten. :]

Der Wehrwolf
08.02.2011, 17:34
Anarchien bieten sog. "Rechten" durchaus einiges:

Überschaubare, lebensnahe Gemeinschaften;
freiwillig anerkannte und also echte und starke Autoritäten;
die Möglichkeit, tatsächlich nur soviel mit Linken, Schwulen, Muslimen oder Menschen mit zusammengewachsenen Augenbrauen (;)) zu tun zu haben, wie man möchte;
und insgesamt innerkommunale Kontrolle von Wirtschaft, Politik, Kultur, Bildung, Religion usw. usw. nach eigener Facon.

Einzige Bedingung freilich: Das auch für andere gelten zu lassen.
Und daran scheitern dann auch die allermeisten. :]

Nicht zuletzt diejenigen, die stets hervorheben, wie tolerant sie doch sind.

Ich vertrete die Ansicht, dass es "normal" ist bzw. auf jeden Menschen zutrifft, gewisse Eigenschaften und Eigenarten seiner Mitmenschen als sehr befremdlich zu empfinden und sie daher allenfalls eingeschränkt zu tolerien, auch wenn einem durch sie kein Nachteil widerfährt.

-jmw-
08.02.2011, 17:49
dass es "normal" ist bzw. auf jeden Menschen zutrifft, gewisse Eigenschaften und Eigenarten seiner Mitmenschen als sehr befremdlich zu empfinden und sie daher allenfalls eingeschränkt zu tolerien, auch wenn einem durch sie kein Nachteil widerfährt.
D'accord.

-jmw-
09.02.2011, 18:20
"Anarchie" steht zum heutigen Staatsdenken wie das heutige Staatsdenken zur Herrschaftstheorie des Feudalismus und zum Gottesgnadentum.

Meint: 's funktioniert auch, irgendwie, doch anders.



Nachtrag: Soll jetzt keinen ethisch-moralischen Fortschritt andeuten o.ä., sondern nur die Andersartigkeit bei gleichzeitiger Ähnlichkeit.

Bettmaen
09.02.2011, 20:04
Richtig, wobei Vater Staat heute seine Söhne noch eher verheizt und als Manövriermasse behandelt als die Feudalstaaten.

In "demokratischen" Staaten ist das Volk ebenso wenig der Souverän wie in Staaten, die nach dem Führerprinzip oder Absolutismus regiert werden. Die Hintermänner geben die Richtung vor und die Volksvertreter verkaufen die Maßnahmen dem Volk als alternativlos.

-jmw-
09.02.2011, 20:54
http://www.dibb.de/portraits/platon.jpg Roderick Long: Platonic Anarchism

I’ve come up with a new argument for anarchism. It goes like this:

1. If anybody should rule, philosophers should.
2. But philosophers should not rule.
3. Therefore, nobody should rule.

Any philosopher who denies (1) is excessively timid; any philosopher who denies (2) is excessively bold.
Hence moderation demands assent to the conclusion.


:))