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Vollständige Version anzeigen : Schimpfwort des Jahres 2011



Gloorcy
19.01.2011, 12:32
Zugegeben, ein bißchen früh, keinesfalls aber für eine Prognose: Ich glaube, daß "Jurist" Schimpfwort des Jahres 2011 wird, wenn Juristen nicht sehr schnell aufwachen und begreifen, daß immer mehr Menschen rasch an qualifiziertes Wissen kommen und damit immer selbstbewußter und mächtiger werden.

Schneller begreifen die Menschen unserer Zeit, daß Juristen die Krise hätten abwenden können, als daß sie Verständnis aufbringen für die oft schwierige juristische Arbeit. Damit könnte sich viel Volkszorn gegen Juristen entladen, sobald das Volk erkennt, was sich Juristen alles geleistet haben. Juristen haben nämlich viel mehr Einfluß auf das Verhalten aller, als bekannt ist. Juristen bestimmen die Spielräume des Unrechts. Was sie mit Vergleichen und Fehlurteilen anrichten in unserer Gesellschaft, ist immens und belastet uns auf vielfältige Weise.

1. Überall, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden, findet man Juristen. Selbst in Vereinen lassen sie sich gerne in den Vorstand wählen. Kaum ein größeres Unternehmen ohne Juristen in den Führungsetagen.

2. Viele Politiker haben Jura studiert. Kein Gesetz entsteht ohne juristisches Fachwissen. Oft werden Rechtsausschüsse befragt oder gebildet.

3. Juristen haben umfassende Gewaltbefugnisse. Sie sind den Konfliktherden unserer Gesellschaft so nahe wie sonst niemand. Selbst in Intimitäten können sie eingreifen, z. B. wenn man kein Kondom benutzt ... Durch staatsanwaltliche Ermittlungen können sie Unternehmen ruinieren.

4. Juristen können sehr unangenehm werden mit dem Arm der Exekutive. Vernünftige Gründe brauchen sie dafür nicht. Konzerne müssen nicht selten Strafzahlungen in Millionenhöhe leisten. Obwohl sich Assange der Justiz gestellt hat und der Verdacht einer strafbaren Handlung schwammig ist, bleibt er wegen Fluchtgefahr in Haft.

5. Juristen sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die untereinander sogar verwerfliches kriminelles Verhalten decken! Damit sind sie schwer angreifbar. Selbst wer sich bestens auskennt, stößt auf gewaltige Widerstände. Daß man sie deshalb auch als Gruppe angreifen darf, ist wenig Trost.

6. Daß Juristen sich nicht mal von Journalisten kontrollieren lassen, weil die so wenig Ahnung haben von Recht, daß sie lieber ihre Kollegen mit Jurastudium bemühen, sodaß nur gelegentlich juristisches Versagen öffentlich wird und Juristen ganz offiziell unterschiedliche Meinungen haben dürfen, ist ein weiteres dickes Machtbausteinchen.

7. Nicht zuletzt ist das immense Vertrauen vieler rechtschaffener Büger, die sich im Großen und Ganzen korrekt verhalten und der Justiz vertrauen, ein gewaltiger Kritikpuffer. Auch mir hat man, als ich klein war erzählt, Richter würden böse Menschen ins Gefängnis stecken. Folglich müssen Juristen gut sein, zumal Anwälte ja für die Rechte aller kämpfen.

Ich finde, ein verdammt wichtiges Thema auf dem Weg zu einer gerechteren, friedlicheren Gesellschaft. Denn immer nur Politiker kritisieren und von ihnen Wunder verlangen, die sich nicht erfüllen können, weil Juristen Unrecht zu selten aus der Welt schaffen und sogar protegieren, bringt nichts bis auf das Gefühl, was getan zu haben.

Solange es menschelt, solange Gesetze sich nicht automatisch verwirklichen und das Volk sein "rechtes Auge" angstvoll zuklemmt, werden Politiker weiterhin zwischen Sesselzurechtrücken und Wahlkrämpfen überwiegend die Fehlentwicklungen aus dem Versagen der Justiz auf unsere Schultern kompensieren, während mächtige Scherenspreizer sich die Hände reiben und immer mehr Unrecht nachwächst.

Weil die Angst vor dem Kompetenzmonopol der Juristen völlig unbegründet ist, alldieweil man es mit einem bißchen Basiswissen überschauen kann, und jeder Juristen mit wenigen "Kopfgriffen" Bestleistungen abverlangen kann (> "Schlüsselrechte"!), könnte unsere Gesellschaft wirklich mal ihr "rechtes Auge" öffnen und genauer hinschauen, was Juristen so treiben.

Der Umgang mit Anwälten, Gutachtern und Richtern ist im Grunde ein Kinderspiel, wenn man die verwundbarste Stelle der Juristen kennt: Ipsative Rechtsauslegung! (Ipsation = Selbstbefriedigung) Die läßt sich schnell erkennen. Denn Juristen haben unsere Gesetze teleologisch anzuwenden. Teleologik = Zweckorientierung! Nachdem wir eine der besten Rechtsordnungen der Welt haben, ist doch verwunderlich, warum das Krisenmonster immer fetter und gefräßiger wurde.

Ich bin davon überzeugt, daß so viele fähige Menschen in der Lage sind, sich friedlich im Wohlstand zu organisieren, wenn jeder mehr darauf achtet, daß sich mächtige Plagegeister nicht zu viel leisten. Denn wenn viele genau dort ein bißchen was tun, wo Unrecht entsteht, geschieht mehr als mit dem Warten darauf, daß Mächtige von oben herunter Gerechtigkeit verteilen.

frodo
19.01.2011, 20:28
Hast du ein Problem mit den Rechtsverdrehern?

Gloorcy
19.01.2011, 21:16
Deutschland hat ein Problem mit Rechtsverdrehern, und zwar ein so großes, daß sich kaum jemand traut, das zu erkennen.

meckerle
19.01.2011, 21:34
Mit dem Schimpfwort des Jahres 2011 bist du etwas früh dran, meinst du nicht?

Stadtknecht
19.01.2011, 22:04
Zumal man heute wegen jedem Pipifax zum Anwalt rennt anstatt normal miteinander zu reden.

Gloorcy
20.01.2011, 14:24
meckerle, ist ja nur eine Prognose, die vielleicht dafür sorgt, daß "Lamentierer" oder was anderes Schimpfwort des Jahres 2011 wird.

Gloorcy
20.01.2011, 14:27
Stadtknecht, eben! Und daß so viele zum Anwalt rennen, hat einen Grund: Justizversagen auf breiter Front! Die meisten erfahren nämlich viel zu spät, daß die Justiz den Falschen hilft, wenn überhaupt. Anwälte sind nach meinen umfangreichen Erfahrungen und sehr vielen Recherchen nichts weiter als Streitvergrößerer, die in jedem Fall viel Geld verdienen, wenn sie möglichst wenig tun.

Gloorcy
20.01.2011, 14:36
Vernunftwesen haben wie alle anderen Kreaturen das Bedürfnis, rasch an möglichst viele Wohlgefühle zu kommen. Weil es Aufwand (Mühe, Unwohlgefühle) macht, die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen, und weil wir unsere Leistungen wichtiger werten als die anderer, kommt es automatisch zu Schieflagen, die sich über weitere Partnerschaften zu belastendem Unrecht aufschaukeln können.

Dagegen hilft nur eine gewaltbefugte Macht, die für Gerechtigkeit sorgt und uns damit zwingt, achtsamer mit anderen umzugehen.
Versagt diese Macht, bekommen wir das, was wir haben und durchschnittlich betrachtet auf hohem Niveau beklagen.

Durchschnitte sind aber gefährlich, denn es stehen sich immer mehr verdammt arme Schweine verdammt reichen Leuten gegenüber, deren Fähigkeiten und Leistungen sich nicht so unterscheiden, daß diese Diskrepanz mit negativen Auswirkungen für beide Seiten akzeptabel wäre.