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Vollständige Version anzeigen : Kapitalismus oder was?



konfutse
17.01.2011, 13:50
Rainer Brüderle sagte gestern bei Anne Will, wir hätten keinen Kapitalismus.

Lafontaine: Dann habe ich Herrn Brüderle gehört [...] es gäbe hier keinen Kapitalismus.
Brüderle: Ja, ich betrachte das nicht als Kapitalismus.

Was ist das dann?

elas
17.01.2011, 13:59
Rainer Brüderle sagte gestern bei Anne Will, wir hätten keinen Kapitalismus.

Lafontaine: Dann habe ich Herrn Brüderle gehört [...] es gäbe hier keinen Kapitalismus.
Brüderle: Ja, ich betrachte das nicht als Kapitalismus.

Was ist das dann?

Soziale Muselmisswirtschaft!:D

-jmw-
17.01.2011, 14:42
War eine Steilvorlage für den Herrn Lafontaine zum Begriff des Kommunismus.
Leider ungenutzt.

Zu Herrn Bundesminister Brüderles Meinung:
Er nannte ja im Zusammenhang mit "Kapitalismus" den Manchesterkapitalismus/-liberalismus, der in seinen Augen wohl eine Art staatsfreier Kapitalismus ohne Regulierungen und wohlfahrtliche Eingriffe war.
Historisch zwar falsch, doch es dies dies ja das Bild, dass viele haben.

Efna
17.01.2011, 14:43
War eine Steilvorlage für den Herrn Lafontaine zum Begriff des Kommunismus.
Leider ungenutzt.

Zu Herrn Bundesminister Brüderles Meinung:
Er nannte ja im Zusammenhang mit "Kapitalismus" den Manchesterkapitalismus/-liberalismus, der in seinen Augen wohl eine Art staatsfreier Kapitalismus ohne Regulierungen und wohlfahrtliche Eingriffe war.
Historisch zwar falsch, doch es dies dies ja das Bild, dass viele haben.

Wir brauchen weder einen Kapitalismus noch einen Staat, beides sind Autoritäre Strukturen die überwunden werden müssen.

Kenshin-Himura
17.01.2011, 14:47
Rainer Brüderle sagte gestern bei Anne Will, wir hätten keinen Kapitalismus.

Lafontaine: Dann habe ich Herrn Brüderle gehört [...] es gäbe hier keinen Kapitalismus.
Brüderle: Ja, ich betrachte das nicht als Kapitalismus.

Was ist das dann?

Sozialistische Planwirtschaft, was sonst? Das Bedauerliche ist ja, daß Brüderle wahrscheinlich noch nichtmal sagen würde, daß wir Kapitalismus einführen müssen.

konfutse
17.01.2011, 14:55
Ich habe mich mal bei der FDP umgesehen und keine eindeutige Positionierung gefunden, was die meinen was wir heute haben. Die reden zwar von Sozialer Marktwirtschaft, aber die ist ja auch nur eine Spielart des Kapitalismus und von dem sozialen wollen die ja weg. Die wollen einen starken Staat, aber gleichzeitig einen armen mit weniger Steuereinnahmen. Mir scheint, da werden nebulöse Begrifflichkeiten rumgeworfen um von den wahren Zielen abzulenken.

Was haben wir denn nun, wenn nicht Kapitalismus? Kann nartürlich sein, dass Brüderle meint, wir hätten Sozialismus, aber da müsste jetzt die CDU auf die Barrikaden gehen.

-jmw-
17.01.2011, 14:58
Wir brauchen weder einen Kapitalismus noch einen Staat, beides sind Autoritäre Strukturen die überwunden werden müssen.
Kommt Zeit, kommt Rat.

Ajax
17.01.2011, 15:24
Wir brauchen weder einen Kapitalismus noch einen Staat, beides sind Autoritäre Strukturen die überwunden werden müssen.

Warum müssen sie überwunden werden? Und was soll an die Stelle dieser autoritären Strukturen treten?

zoon politikon
17.01.2011, 15:27
Warum müssen sie überwunden werden? Und was soll an die Stelle dieser autoritären Strukturen treten?

Wahrscheinlich Efnas Neuheidentum. :rolleyes:

konfutse
17.01.2011, 15:30
Warum müssen sie überwunden werden? Und was soll an die Stelle dieser autoritären Strukturen treten?
Das ist eine Entwicklung, die ich nicht wollte. Ich will hier keinen Wettbewerb der Systeme, sondern die Vorstellungen unserer Führung kennenlernen. Was haben wir für ein Gesellschafts- und Wirtschaftssystem und wo wollen die hin? Deren Äußerungen dazu sind mir zu nebulös und widersprüchlich.

martin54
17.01.2011, 15:31
Rainer Brüderle sagte gestern bei Anne Will, wir hätten keinen Kapitalismus.

Lafontaine: Dann habe ich Herrn Brüderle gehört [...] es gäbe hier keinen Kapitalismus.
Brüderle: Ja, ich betrachte das nicht als Kapitalismus.

Was ist das dann?

Er ist der Meinung, wir hätten noch die Soziale Marktwirtschaft Ehrhard-/Müller-Armackscher Prägung. Selbige würden sich im Grabe herumdrehen.

konfutse
17.01.2011, 15:34
Soziale Marktwirtschaft ist aber auch nur ein Kapitalismus mit sozialem Anspruch. Eine andere ernstzunehmende Definition zeige man mir.

Ajax
17.01.2011, 16:04
Das ist eine Entwicklung, die ich nicht wollte. Ich will hier keinen Wettbewerb der Systeme, sondern die Vorstellungen unserer Führung kennenlernen. Was haben wir für ein Gesellschafts- und Wirtschaftssystem und wo wollen die hin? Deren Äußerungen dazu sind mir zu nebulös und widersprüchlich.

Das wissen die wahrscheinlich selbst nicht. Der Karren wär längst im Dreck, hätten wir nicht einen exportstarken und Arbeitsplätze schaffenden Mittelstand. Er ist die Melkkuh, die ausgenommen wird, um den Sozialstaat zu finanzieren. Man schröpft seiner Lebensgrundlage alles bis auf den letzten Tropfen ab. Bricht der Mittelstand weg, ist es aus mit Deutschland. Die BRD-Führung arbeitet fleißig daran, dass es auch genau so kommen wird.

Ajax
17.01.2011, 16:07
Soziale Marktwirtschaft ist aber auch nur ein Kapitalismus mit sozialem Anspruch. Eine andere ernstzunehmende Definition zeige man mir.

Soziale Marktwirtschaft funktioniert vor allem nur national. Einer Konkurrenz mit Billiglohnländern hält er nicht stand. Das Wohlstandsniveau muss zwangsläufig nach unten fallen, wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen.

borisbaran
17.01.2011, 16:27
Rainer Brüderle sagte gestern bei Anne Will, wir hätten keinen Kapitalismus.

Lafontaine: Dann habe ich Herrn Brüderle gehört [...] es gäbe hier keinen Kapitalismus.
Brüderle: Ja, ich betrachte das nicht als Kapitalismus.

Was ist das dann?
Er ist ein Idiot, dass ist "dann".

The Dude
17.01.2011, 16:36
Wir brauchen weder einen Kapitalismus noch einen Staat, beides sind Autoritäre Strukturen die überwunden werden müssen.

Au ja, Warlords wie in Afghanistan bald auch in Thüringen. Efna, da gehst du sofort unter.

Sorry: Anarchisten sind Idioten.

Weil wir nicht wie früher in Stammesgesellschaften leben, ist der Staat unabdingbar.

Den Kapitalismus braucht man nicht unbedingt. Nur solange er effizienter als die Alternativen ist, ist er de facto überlegen.

-jmw-
17.01.2011, 16:40
Das Kriegsherrentum afghanischer oder somalischer Art hat hier in Mitteleuropa garkeine kulturelle Grundlage und scheidet insofern als Ergebnis von "Anarchie" aus.

The Dude
17.01.2011, 17:10
Das Kriegsherrentum afghanischer oder somalischer Art hat hier in Mitteleuropa garkeine kulturelle Grundlage und scheidet insofern als Ergebnis von "Anarchie" aus.

Das Ergebnis von Anarchie wäre auch hier: Das Recht des Stärkeren. Mafia. Ist jetzt schon schlimm genug.

Der einzige Unterschied wäre, daß die hier SUV mit Vollausstattung statt Toyota Pickup fahren würden.

-jmw-
17.01.2011, 17:21
Das Ergebnis von Anarchie wäre auch hier: Das Recht des Stärkeren. Mafia. Ist jetzt schon schlimm genug.

Der einzige Unterschied wäre, daß die hier SUV mit Vollausstattung statt Toyota Pickup fahren würden.
Was bringt Dich zu dieser Ansicht?
Verhieltest Du Dich denn so?
Und wenn nicht Du, warum glaubst Du's von Deinen Nachbarn?

-jmw-
17.01.2011, 17:21
Zum Kapitalismus:

Kapitalistische Marktwirtschaften können durch Privateigentum an Produktionsmitteln, Produktion für den Markt, möglichst viel Wettbewerb und Preisbildung auf Güter- und Faktormärkten nach Angebot und Nachfrage definiert werden.

-- Erich Weede

konfutse
17.01.2011, 17:27
Zum Kapitalismus:

Kapitalistische Marktwirtschaften können durch Privateigentum an Produktionsmitteln, Produktion für den Markt, möglichst viel Wettbewerb und Preisbildung auf Güter- und Faktormärkten nach Angebot und Nachfrage definiert werden.

-- Erich Weede
Das scheint lt. Brüderle hier nicht der Fall zu sein. Wobei ich "Produktion für den Markt" auch anzweifel, wenn ich u. a. an meine Versuche beim Winterschuhkauf denke.

Menetekel
17.01.2011, 17:36
Für mich sind das Brüderle`s Traumwelten!
Er träumt ja auch von einer Vollbeschäftigung im Land.
Ihm gegenüber plaziert, war ein weiterer Träumer, welcher uns den Kommunismus verklickern wollte.
Mit solchen Träumen fangen sie dann die Träumer im Land, damit sie diese dann mit derartgen Träumen vergaukeln können für weitere Träume. ;)

konfutse
17.01.2011, 17:38
Für mich sind das Brüderle`s Traumwelten!
Er träumt ja auch von einer Vollbeschäftigung im Land.
Ihm gegenüber plaziert, war ein weiterer Träumer, welcher uns den Kommunismus verklickern wollte.
Mit solchen Träumen fangen sie dann die Träumer im Land, damit sie diese dann mit derartgen Träumen vergaukeln können für weitere Träume. ;)
Was meinst du ist die Realität und wo geht's hin bzw. soll's hingehen?

-jmw-
17.01.2011, 17:44
Das scheint lt. Brüderle hier nicht der Fall zu sein.
Dem Herrn Bundesminister steht es frei, eine andere Definition zu verwenden.
Welche, das tät mich dann allerdings schon interessieren.


Wobei ich "Produktion für den Markt" auch anzweifel, wenn ich u. a. an meine Versuche beim Winterschuhkauf denke.
Hmm?
Joa, kann ich nix zu sagen.
Ich trag im Winter meist eben die Turnschuhe, die ich auch den Rest des Jahres trage. :)

Don
17.01.2011, 17:55
Das Kriegsherrentum afghanischer oder somalischer Art hat hier in Mitteleuropa garkeine kulturelle Grundlage und scheidet insofern als Ergebnis von "Anarchie" aus.

Mein ehemaliger fast Nachbar Götz von Berlichingen war da sicher anderer Ansicht.

Zudem:
Mein Heimatdorf ist etwas über 750 Jahre alt. Bis vor ca. 400 Jahren führten sie Krieg gegen das Nachbardorf. Etwas über 1 Kilometer entfernt.

Wir hatten eine Burg, die ein kleines Landschloß mit Graben. Einen der Wehrtunnel fand ich selbst als Teenager zufällig unter einem Acker meines Großvaters.

Keine kulturelle Grundlage? Lachhaft.

The Dude
17.01.2011, 18:21
Was bringt Dich zu dieser Ansicht?
Verhieltest Du Dich denn so?
Und wenn nicht Du, warum glaubst Du's von Deinen Nachbarn?

Wenn es kein staatliches Gewaltmonopol gibt, muss man nicht lange warten, bis sich Leute organisieren und entschließen, das Vakuum - lokal und regional - in ihrem Interesse auszufüllen.

The Dude
17.01.2011, 18:27
Zum Kapitalismus:

Kapitalistische Marktwirtschaften können durch Privateigentum an Produktionsmitteln, Produktion für den Markt, möglichst viel Wettbewerb und Preisbildung auf Güter- und Faktormärkten nach Angebot und Nachfrage definiert werden.

-- Erich Weede

Fehlt zur Definition nur ganz prominent der Staat, der das Privateigentum, (soweit möglich und gewollt auch den Wettbewerb), und den gesetzmäßigen Ablauf der Vertragsbeziehungen - mithin den Kapitalismus selbst - garantiert.

-jmw-
17.01.2011, 18:41
Mein ehemaliger fast Nachbar Götz von Berlichingen war da sicher anderer Ansicht.

Zudem:
Mein Heimatdorf ist etwas über 750 Jahre alt. Bis vor ca. 400 Jahren führten sie Krieg gegen das Nachbardorf. Etwas über 1 Kilometer entfernt.

Wir hatten eine Burg, die ein kleines Landschloß mit Graben. Einen der Wehrtunnel fand ich selbst als Teenager zufällig unter einem Acker meines Großvaters.

Keine kulturelle Grundlage? Lachhaft.
Vor 400 Jahren war vor 400 Jahren.
's gibt ja heute auch keine demokratische Diskussion über das Für und Wider von Hexenverbrennungen.
Mentalitäten ändern sich, Ansichten ändern sich, Gewohnheiten ändern sich.
Politische Ideen ändern sich.
Verfassungsordnungen ändern sich.
Alles schon passiert!

-jmw-
17.01.2011, 18:55
Wenn es kein staatliches Gewaltmonopol gibt, muss man nicht lange warten, bis sich Leute organisieren und entschließen, das Vakuum - lokal und regional - in ihrem Interesse auszufüllen.
Jain.
"Nicht lange warten" ist insofern falsch, als dass es eine Pause, eine Lücke, eben ein Vakuum voraussetzt.
Dieses ist aber nur dann gegeben, wenn es zu einer Katastrophe irgendeiner Art kommt: Naturkatastrophe, Krieg, Bürgerkrieg o.ä., in der die Regierung und in der der Verwaltungsapparat ausgeschaltet wird und dann ersetzt werden muss.

Geht man aus von einer Veränderung der Verbreitung gewisser politischer Ideen, die sich dann entweder scheibchenweise durchsetzen oder aber, wo das nicht gelingt, anwachsen bis zum dem Punkte, an dem sie die sie einhegende Ordnung aufbrechen und sich an ihre Stelle setzen, so gibt es kein Warten, sondern einen gleitenden Übergang oder einen schnellen, mehr oder weniger starke Bruch zwischen dem Alten und dem Neuen.

Dass sich in diesem Neuen die Leute organisieren und bereits organisiert haben, ist sicher richtig;
auch, dass sie es in ihrem Interesse tun werden.
Nicht richtig ist dabei, dass dies chaotisch sein müsse nur wegen des Fehlens des sog. Gewaltmonopols, ist dieses doch nichts weiter als eine allgemeine und interindividuelle Anerkennung, dass einige Menschen staatlich handeln dürfen, meint: In ihrer Eigenschaft als "Staat" bestimmte Dinge tun dürfen, die andere als "Private" nicht tun dürfen.
Man mag da an Polizeiarbeit denken oder an Besteuerung.
Es ist dies aber nur eine sozial wirkmächtige Idee, die den Staat faktisch existent macht;
ohne sie existiert er nicht, jenseits der Menschen existiert er nicht.
In diesem Sinne sind tatsächlich wir alle der Staat.

Ideen aber wandeln sich, weichen neuen - guten wie schlechten.
In der geordneten Anarchie (de Jasay) ist die Idee des Staates als Gewaltmonopol ersetzt durch die Idee des regelhaften Gewaltpolypols.
Diese besagt nicht, dass jeder dann machen dürfe, was er wolle und andere dies geschehen lassen müssten.
Sie besagt lediglich, dass die Setzung und Durchsetzung von Regeln anders verlaufen solle, als sie es derzeit tut.

-jmw-
17.01.2011, 18:57
Fehlt zur Definition nur ganz prominent der Staat, der das Privateigentum, (soweit möglich und gewollt auch den Wettbewerb), und den gesetzmäßigen Ablauf der Vertragsbeziehungen - mithin den Kapitalismus selbst - garantiert.
Der Staat gehört zu einer Definition des Realexistierenden Kapitalismus sicher dazu.

Nett dazu K. Carson: "Kapitalismus: System der staatlichen Wirtschaftsregulierung zugunsten von Kapitalisten."

Skorpion968
17.01.2011, 19:02
Zum Kapitalismus:

Kapitalistische Marktwirtschaften können durch Privateigentum an Produktionsmitteln, Produktion für den Markt, möglichst viel Wettbewerb und Preisbildung auf Güter- und Faktormärkten nach Angebot und Nachfrage definiert werden.

-- Erich Weede

Kapitalismus ist ein in jahrhundertelangem Arbeitskampf mühsam gefesseltes Monster, das Menschen frisst und Gold scheißt. Was wir in den letzten Jahrzehnten miterlebt haben, ist, wie die Leute, auf die das Gold geschissen wird, die Ketten des Monsters gesprengt haben, damit es wieder mehr Menschen frisst und noch mehr Gold scheißt. Man kann nur hoffen, dass diese Leute irgendwann von den herabfallenden Goldklumpen erschlagen werden.

-- Marc Uwe Kling

Skorpion968
17.01.2011, 19:03
Nett dazu K. Carson: "Kapitalismus: System der staatlichen Wirtschaftsregulierung zugunsten von Kapitalisten."

Der ist auch nicht schlecht. :D

Skorpion968
17.01.2011, 19:08
Ideen aber wandeln sich, weichen neuen - guten wie schlechten.
In der geordneten Anarchie (de Jasay) ist die Idee des Staates als Gewaltmonopol ersetzt durch die Idee des regelhaften Gewaltpolypols.
Diese besagt nicht, dass jeder dann machen dürfe, was er wolle und andere dies geschehen lassen müssten.
Sie besagt lediglich, dass die Setzung und Durchsetzung von Regeln anders verlaufen solle, als sie es derzeit tut.

Anarchie wäre ein Experiment, das ich mir durchaus mal ansehen würde.
Ich würde aber darauf bestehen, dass es einen Notausgang gibt.

-jmw-
17.01.2011, 19:17
Kapitalismus ist ein in jahrhundertelangem Arbeitskampf mühsam gefesseltes Monster, das Menschen frisst und Gold scheißt. Was wir in den letzten Jahrzehnten miterlebt haben, ist, wie die Leute, auf die das Gold geschissen wird, die Ketten des Monsters gesprengt haben, damit es wieder mehr Menschen frisst und noch mehr Gold scheißt. Man kann nur hoffen, dass diese Leute irgendwann von den herabfallenden Goldklumpen erschlagen werden.

-- Marc Uwe Kling
Ist dann eher eine politische denn eine soziologische Definition. ;)

-jmw-
17.01.2011, 19:23
Anarchie wäre ein Experiment, das ich mir durchaus mal ansehen würde.
Ich würde aber darauf bestehen, dass es einen Notausgang gibt.
Ob es einen Notausgang gäbe und welchen, hinge ab vom Wo und Wann.

Für den (Achtung, Wortspiel!) Fall der Bundesrepublik wäre m.E. zu erwarten erst eine langsame, aber stetige Neuausrichtung der politischen Lager im Zuge der Ausbreitung libertärer Ideen im weiteren Sinne;
nachfolgend eine Dezentralisierung der Staatstätigkeit;
und dann irgendwann hie und da der Versuch einer vollständigen Kommunalisierung oder Syndikalisierung oder Privatisierung der allgemeinen Staatstätigkeit auf lokaler Ebene in dem Sinne, dass der Staat zwar weiter existiert, aber faktisch nix mehr zu tun hat vor Ort, also einfach sich auflöst in einem ganz praktisch-alltäglichen Sinne, in seiner Staatseigenschaft abstirbt, um bei den Marxisten zu borgen.

Zwischendrin kann, je nach Wollen und Können der Mehrheit, die Entwicklung auch verharren oder andere Wege einschlagen.
Das kann man nicht wissen.

-jmw-
17.01.2011, 19:24
Der ist auch nicht schlecht. :D
Carson ist insgesamt nicht schlecht imho.

The Dude
17.01.2011, 19:46
Jain.
"Nicht lange warten" ist insofern falsch, als dass es eine Pause, eine Lücke, eben ein Vakuum voraussetzt.
Dieses ist aber nur dann gegeben, wenn es zu einer Katastrophe irgendeiner Art kommt: Naturkatastrophe, Krieg, Bürgerkrieg o.ä., in der die Regierung und in der der Verwaltungsapparat ausgeschaltet wird und dann ersetzt werden muss.

Geht man aus von einer Veränderung der Verbreitung gewisser politischer Ideen, die sich dann entweder scheibchenweise durchsetzen oder aber, wo das nicht gelingt, anwachsen bis zum dem Punkte, an dem sie die sie einhegende Ordnung aufbrechen und sich an ihre Stelle setzen, so gibt es kein Warten, sondern einen gleitenden Übergang oder einen schnellen, mehr oder weniger starke Bruch zwischen dem Alten und dem Neuen.

Dass sich in diesem Neuen die Leute organisieren und bereits organisiert haben, ist sicher richtig;
auch, dass sie es in ihrem Interesse tun werden.
Nicht richtig ist dabei, dass dies chaotisch sein müsse nur wegen des Fehlens des sog. Gewaltmonopols, ist dieses doch nichts weiter als eine allgemeine und interindividuelle Anerkennung, dass einige Menschen staatlich handeln dürfen, meint: In ihrer Eigenschaft als "Staat" bestimmte Dinge tun dürfen, die andere als "Private" nicht tun dürfen.
Man mag da an Polizeiarbeit denken oder an Besteuerung.
Es ist dies aber nur eine sozial wirkmächtige Idee, die den Staat faktisch existent macht;
ohne sie existiert er nicht, jenseits der Menschen existiert er nicht.
In diesem Sinne sind tatsächlich wir alle der Staat.

Ideen aber wandeln sich, weichen neuen - guten wie schlechten.
In der geordneten Anarchie (de Jasay) ist die Idee des Staates als Gewaltmonopol ersetzt durch die Idee des regelhaften Gewaltpolypols.
Diese besagt nicht, dass jeder dann machen dürfe, was er wolle und andere dies geschehen lassen müssten.
Sie besagt lediglich, dass die Setzung und Durchsetzung von Regeln anders verlaufen solle, als sie es derzeit tut.

Theoretisch oder unter Laborbedingungen mag die geordnete Anarchie und das regelhafte Gewaltpolypol machbar sein.

Realistisch ist das nicht, hat es vor den Staaten nicht gegeben, frewillig auch nicht, und da wo Staaten zusammengebrochen sind, wurde das auch nie probiert.

Skorpion968
17.01.2011, 20:08
Theoretisch oder unter Laborbedingungen mag die geordnete Anarchie und das regelhafte Gewaltpolypol machbar sein.

Realistisch ist das nicht, hat es vor den Staaten nicht gegeben, frewillig auch nicht, und da wo Staaten zusammengebrochen sind, wurde das auch nie probiert.

Es wäre wirklich ein Experiment mit ungewissem Ausgang.
Es besteht tatsächlich die große Gefahr, dass sich dann die besonders skrupellosen Exemplare der Spezies Mensch alles unter den Nagel reißen und sich die Gewalthoheit verschaffen, um ihre Interessen durchzupeitschen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht besteht diese Gefahr. Es kommt zu ungezügelten Oligopolbildungen, Preisabsprachen, Konzentrationen der Marktmacht auf wenige Player, Ausbeutung, Druck, Zwang, etc...
Also all das, was es heute schon überall dort gibt, wo Staaten besonders schwach sind.

Ich würde es mir wirklich mal anschauen und auf einen Versuch ankommen lassen. Aber sobald das eintritt, das ich befürchte, wäre ich wieder draußen.

-jmw-
17.01.2011, 20:14
Theoretisch oder unter Laborbedingungen mag die geordnete Anarchie und das regelhafte Gewaltpolypol machbar sein.

Realistisch ist das nicht, hat es vor den Staaten nicht gegeben, frewillig auch nicht, und da wo Staaten zusammengebrochen sind, wurde das auch nie probiert.
In dem Sinne, in dem wir es heute meinen, gab es sowas früher nicht, das ist richtig.
Aber das trifft auf viele politische Formationen zu, nehmen wir da nur mal die Demokratie: Formen demokratischen Entscheidens gab es schon immer, Demokratie im heutigen Sinne ist neu.
Oder auf den Staat: Regierungen gibt es schon recht lange, Staaten als das, was wir darunter verstehen, erst ein paar Jahrhunderte.

Gewaltpolypolismus nun ist ein recht alter Hut in diversen Ausprägungen weltweit von Südseeinsulanern über segmentäre Gesellschaften in Afrika bis zum mittelalterlichen Island und dem (garnicht so) "Wilden Westen".

-jmw-
17.01.2011, 20:18
Es wäre wirklich ein Experiment mit ungewissem Ausgang.
Es besteht tatsächlich die große Gefahr, dass sich dann die besonders skrupellosen Exemplare der Spezies Mensch alles unter den Nagel reißen und sich die Gewalthoheit verschaffen, um ihre Interessen durchzupeitschen.
Das wichtige Wort hier ist "alles" und die Standardfrage dazu, die ich dann natürlich auch stelle, die, ob es nicht für diese Bösmenschen durchaus einfacher wird, die Macht zu ergreifen, wenn man einen Staat hat, diese Macht also schon gebündelt rumliegt und nur von dem aufgesammelt werden muss, der clever genug ist.

Skorpion968
17.01.2011, 20:32
Das wichtige Wort hier ist "alles" und die Standardfrage dazu, die ich dann natürlich auch stelle, die, ob es nicht für diese Bösmenschen durchaus einfacher wird, die Macht zu ergreifen, wenn man einen Staat hat, diese Macht also schon gebündelt rumliegt und nur von dem aufgesammelt werden muss, der clever genug ist.

Das hängt entscheidend davon ab, wie der Staat organisiert ist.
In einer korrupten Parteiendiktatur zum Beispiel, also einem bewusst geschwächten Staat, tritt genau das ein, was du sagst. Wie wir in der BRD anschaulich beobachten können.
Aber es gibt mehr als eine Möglichkeit, einen Staat zu organisieren. Es gibt sogar recht viele Möglichkeiten. Wenn die Macht aus der Basis heraus kommt, also tatsächlich vom Volk, wird es für die skrupellosen Schweine viel schwieriger. Dazu braucht man zum Beispiel mehr direkte Demokratie, Abschaffung der Parteien, kleinere Einheiten, Dezentralisierung, schwere Strafen auf Korruption, usw...

Skorpion968
17.01.2011, 20:58
@jmw
Man könnte es auch so sagen: Schwierig wird es immer dann, wenn in einem Staat einzelne Menschen zu viel Macht bekommen, sei es wirtschaftliche Macht oder politische Macht. Genau das muss man durch eine entsprechende Organisation des Staates unterbinden.

-jmw-
17.01.2011, 21:19
Dazu braucht man zum Beispiel mehr direkte Demokratie, Abschaffung der Parteien, kleinere Einheiten, Dezentralisierung, schwere Strafen auf Korruption, usw...
Nu, da würd ich vorschlagen, wir nehmen Dich einfach mit und Du steigst aus, wenn Du meinst, da zu sein, wo Du hinwillst, wie? :))


(Mehr dann morgen.)

Skorpion968
17.01.2011, 21:27
Nu, da würd ich vorschlagen, wir nehmen Dich einfach mit und Du steigst aus, wenn Du meinst, da zu sein, wo Du hinwillst, wie? :))


(Mehr dann morgen.)

Jo. :D

Es können nicht nur verschiedene Wege zum gleichen Ziel führen,
sondern auch der gleiche Weg zu verschiedenen Zielen.

Falk
18.01.2011, 08:14
Es besteht tatsächlich die große Gefahr, dass sich dann die besonders skrupellosen Exemplare der Spezies Mensch alles unter den Nagel reißen und sich die Gewalthoheit verschaffen, um ihre Interessen durchzupeitschen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht besteht diese Gefahr. Es kommt zu ungezügelten Oligopolbildungen, Preisabsprachen, Konzentrationen der Marktmacht auf wenige Player, Ausbeutung, Druck, Zwang, etc...

Kommt mir alles sehr bekannt vor. Mit anderen Worten: Viel schlimmer kann's nicht mehr werden. :D

Skorpion968
18.01.2011, 15:39
Kommt mir alles sehr bekannt vor. Mit anderen Worten: Viel schlimmer kann's nicht mehr werden. :D

Ja, wir sind auf diesem Weg in die Hölle schon ein Stück gegangen.
Unser Staat hat zwar theoretisch noch die Möglichkeiten, regulierend einzugreifen. Er wird aber bewusst schwach gehalten.
Letzte Tage war doch schon wieder irgendwas, mit dem Kartellamt und den Energiekonzernen, wo das Kartellamt trotz akribischer Suche letztlich so überhaupt keine Unregelmäßigkeiten bei den Preiserhöhungen feststellen mochte ... äh ... konnte. :))