PDA

Vollständige Version anzeigen : Sprache "Light"



sunbeam
08.06.2005, 10:26
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,359343,00.html

Wie man an den frz. Ghettos sehen kann, verkümmert die Fähigkeit zusehends, sich mittels eines großen und guten Wortschatzes auszudrücken.

Sogar in Deutschland kann man diese Entwicklung beobachten, ob in U-Bahnen, vor Schnellrestaurants oder in EInkaufscentren. Wo immer junge Menschen sich zusammen rotten, fällt einem deren rudimentäre Sprache auf.

Wir züchten uns also eine Generation heran die unfähig sein wird, Informationen zu verarbeiten bzw. weiter zu geben! Sehr schön!

MorganLeFay
08.06.2005, 11:33
SMS ist unser Untergang. Ich bin teilweise entsetzt, wie schwer es Jugendlichen faellt, sich auszudruecken.

Ausserdem wird immer weniger gelesen, so dass man sich gar keine ordentliche Ausdrucksweise antrainieren kann.

Wobei ich hier nicht alle ueber einen Kamm scheren moechte.

Schorsch Kamerun
08.06.2005, 12:22
Tja, das kommt davon, wenn man ein Bildungssystem auf Konkurrenz nicht auf Integration anlegt, und damit jene, die sozial sowieso schon benachteiligt sind entmutigt bzw. direkt dazu animiert, sich von der Gesellschaft und den darin geltenden Normen loszusagen. Dazu gehört eben auch die Sprache. Dann orientieren sie sich halt an einfachen Vorbildern, an einem einfachen, rauhen und unreflektierten "Slang". Das dumme ist halt nur, dass sie sich damit erst recht die Restchancen verbauen, doch noch ihren Platz in geregelten Bahnen zu finden, was wiederum zu einem Ohnmachtsgefühl führt, das jegliche Bemühungen vollends erstickt, gerade weil sich ganze Gruppen oder sogar Schichten herausbilden, die sich der Macht der Politik ergeben, denn um sich in das politische System einzubringen, um an seiner objektiven Lage etwas verändern zu können, bedarf es zu allererst dem Verständnis der Prozesse, was aber wiederum nur gelingt, wenn man dessen Sprache auch versteht. Ein Teufelskreis, und eines der grundlegenden Probleme, mit denen wir es in den nächsten Jahrzehnten zu tun bekommen...

sunbeam
08.06.2005, 12:39
Tja, das kommt davon, wenn man ein Bildungssystem auf Konkurrenz nicht auf Integration anlegt, und damit jene, die sozial sowieso schon benachteiligt sind entmutigt bzw. direkt dazu animiert, sich von der Gesellschaft und den darin geltenden Normen loszusagen. Dazu gehört eben auch die Sprache. Dann orientieren sie sich halt an einfachen Vorbildern, an einem einfachen, rauhen und unreflektierten "Slang". Das dumme ist halt nur, dass sie sich damit erst recht die Restchancen verbauen, doch noch ihren Platz in geregelten Bahnen zu finden, was wiederum zu einem Ohnmachtsgefühl führt, das jegliche Bemühungen vollends erstickt, gerade weil sich ganze Gruppen oder sogar Schichten herausbilden, die sich der Macht der Politik ergeben, denn um sich in das politische System einzubringen, um an seiner objektiven Lage etwas verändern zu können, bedarf es zu allererst dem Verständnis der Prozesse, was aber wiederum nur gelingt, wenn man dessen Sprache auch versteht. Ein Teufelskreis, und eines der grundlegenden Probleme, mit denen wir es in den nächsten Jahrzehnten zu tun bekommen...

Bildung ist keine Bringschuld des Staates! Wer seine Kinder in geistig verwahrlostem Niveau aufwachsen lässt, der soll sich später nicht beschweren wenn das Kind keine Chancen im Leben hat!

Heutzutage ist doch dem Subproletariat egal was seine Kinder im TV glotzen oder welche Neigungen fördernswert wären, hauptsache die Blagen verhalten sich still und machen keinen Ärger!

Wer als Gastarbeiter mit seinen Kindern nicht Deutsch spricht, ist selber schuld, es gibt genug Möglichkeiten integrative Sprachkurse zu besuchen. Wer nach 30 Jahren Aufenthalt hier noch immer lediglich rudimentär Deutsch kann, dem ist nicht mehr zu helfen und die Schuld auf den Staat zu schieben zu einfach!

Ich für meinen Teil kann nur befürworten das die nachwachsenden Generationen immer dümmer werden, denn dumme Menschen lassen sich einfacher regieren!

Schorsch Kamerun
08.06.2005, 13:05
Die Probleme sind mir schon klar, ich bestreite ja auch nicht, dass die Lebensbedingungen des "Subproletariats" daran Schuld haben oder dass viele Kinder in verwahrlosten Zuständen aufwachsen. Aber trotzdem hat der Staat (meiner Meinung nach) die Aufgabe, solche sozialen Ungleichheiten etwas auszugleichen, und es ist leider so, dass er sie momentan eher verfestigt und reproduziert. Und nicht nur das: er lässt es auch zu, dass ganze Gruppen von diesem Sog miterfasst werden, obwohl sie von den sozialen Voraussetzungen andere Möglichkeit hätten. Und da muss der Staat, aus ureigenem Interesse heraus dagegen wirken.

Was die integrativen Sprachkurse betrifft, so muss man auch hier differenzieren. Natürlich gibt es genügend Menschen, die darauf verzichten, aber es ist leider oft so, dass es trotz vorhandenem Interesse daran scheitert, dass die Kurse zu teuer sind, die Betroffenen zu schlecht informiert werden und leider oft viel zu wenig Kurse angeboten werden. Außerdem hätte man das Problem Sprachintegration gerade bei den Gastarbeiterfamilien schon viel früher thematisieren müssen.

Vielleicht lassen sich unwissende Massen tatsächlich leichter regieren (wobei ich nicht weiß, wozu das gut sein soll, außer in einem autokratischen System), aber leider lassen sie sich auch viel leichter manipulieren, und weil sie schlecht sozial integriert sind, produzieren sie letztlich Unmengen an Problemen für die Gesellschaft, da sind mir mündige Bürger doch viel lieber...

Leyla
08.06.2005, 13:24
Ich für meinen Teil kann nur befürworten das die nachwachsenden Generationen immer dümmer werden, denn dumme Menschen lassen sich einfacher regieren!In Deutschland vielleicht. In anderen Ländern geht eine hohe Analphabeten-Quote meistens mit politischer Instabilität einher...

sunbeam
08.06.2005, 13:31
In Deutschland vielleicht. In anderen Ländern geht eine hohe Analphabeten-Quote meistens mit politischer Instabilität einher...

Darum fordern seit Jahren einige Politiker den EInsatz der Bundeswehr auch im inneren verfassungstechnisch zu erlauben! In den kommenden 10-20 Jahren werden wir einige "spannende" Zeiten in diesem Land erleben!

Manfred_g
08.06.2005, 13:31
Tja, das kommt davon, wenn man ein Bildungssystem auf Konkurrenz nicht auf Integration anlegt, und damit jene, die sozial sowieso schon benachteiligt sind entmutigt bzw. direkt dazu animiert, sich von der Gesellschaft und den darin geltenden Normen loszusagen...

Mit dem Bildungssystem hat das sicher was zu tun, aber es ist mehr als das.
Es ist ein Wertesystem, das vielen jungen Leuten fehlt. Die Schule ist dabei nur eine Teilmenge.
Es fehlt die grundsaetzlichen Erkenntnis um den Zusammenhang, der zwischen Arbeit und Wohlstand besteht und es fehlt in hohem Masse die Faehigkeit, sich auch einmal zu ueberwinden und etwas "durchzuhalten".
Warum das so ist kann ich nicht so ohne weiteres sagen, aber dass da auch die frueheren Generationen eine Mitschuld tragen ist für mich sicher.

sunbeam
08.06.2005, 13:52
Ein Abflachen des Niveaus ist ganz klar zu beobachten. Leider. Ich wundere mich darüber nur, weil die Eltern der heute 5-15 jährigen doch in guten Zeiten aufwuchsen, meist selber eine gute Erziehung und Bildung genossen haben und nun ihre Sprösslinge mit ausgestrecktem Arm geistig verrohen lassen.

Ich weiß noch gut, mit 5 Jahren fing mein Vater an mit mir jeden Samstag in die Stadt-Bibliothek zu gehen und ich durfte mir zunächst Kind-gerechte Bilderbücher ausleihen. Mit den Jahren war dieses Ritual so eingebürgert das ich bis heute pro Woche mindestens ein Buch lese - dies gehört mittlerweile zu meinem Leben wie atmen!

Das Ausleihen kostet nichts, Eltern haben so die Chance frühzeitig den Kindern eine Welt zu erschließen, die der kindlichen Neugier Rechnung trägt und so den Nachwuchs auf ein Niveau hievt, auf dem es dann nicht mehr so leicht abrutschen kann!

Leyla
08.06.2005, 14:04
@ sunbeam

Du hattest eben gerade noch das Glück, ohne Handy, Gameboy und ähnlichen Schnickschnack aufzuwachsen. Heutige Eltern haben es einfach schwerer, wenn die Kids jeden Tag nerven:"Aber die anderen in meiner Klasse haben es doch auch; und ich bin doch für die der letzte Arsch wenn ich es nicht habe".

Da könntest Du wohl auch kaum widerstehen, wenn dein Kind sonst unter einem Außernseiterdasein leidet.

sunbeam
08.06.2005, 14:13
@ sunbeam

Du hattest eben noch das Glück, ohne Handy, Gameboy und ähnlichen Schnickschnack aufzuwachsen. Heutige Eltern haben es einfach schwerer, wenn die Kids jeden Tag nerven:"Aber die anderen in meiner Klasse haben es doch auch; und ich bin doch für die der letzte Arsch wenn ich es nicht habe".

Da könntest Du wohl auch kaum widerstehen, wenn dein Kind sonst unter einem Außernseiterdasein leidet.

Da kann ich meinen Kindern, sollte ich mal Vater werden, schon jetzt die Hölle auf Erden versprechen - ich kann schon heute sagen dass sie "in ihrem Freundeskreis als Out und Langweilig" gelten werden! Bei mir herrscht Zucht und Ordnung, und wenn man die Kleinen früh genug konditioniert dürften auch die begehrlichkeiten nicht so groß sein!

MorganLeFay
08.06.2005, 15:37
Da kann ich meinen Kindern, sollte ich mal Vater werden, schon jetzt die Hölle auf Erden versprechen - ich kann schon heute sagen dass sie "in ihrem Freundeskreis als Out und Langweilig" gelten werden! Bei mir herrscht Zucht und Ordnung, und wenn man die Kleinen früh genug konditioniert dürften auch die begehrlichkeiten nicht so groß sein!
Ich glaube, das stelltst Du Dir zu einfach vor.

Ich hab schon manchmal ziemlich unter Ausgrenzung gelitten, weil meine Eltern nicht bereit waren, sich der "Mode" zu unterwerfen.

Aber ich denke, dass es einen Zwischenweg geben muss. Kein Kind wird automatisch doof, wenn es eine Spielekonsole hat. Ich stell mir das mehr unter dem Aspekt der genauen Regelungen vor.

Ich durfte frueher ganz bestimmte Sendungen im Fernsehen gucken, in aller Regel nicht laenger als etwa eine halbe Stunde am Tag. Den Rest der Zeit musste ich was anderes machen.

Wie Manfred_g sagte, es geht auch um das unterliegende Wertesystem.

Kein Kind wird vom Daddeln doof - wenn es im Rahmen bleibt.

Man muss ja auch Schokolade nicht verbieten, nur weil man Angst hat, das Kind koennte uebergewichtig werden. Es kommt immer auf das richtige Mass an.

Hossbach
08.06.2005, 19:55
Ich denke auch, dass Kinder durchaus Gameboy etc besitzen dürfen, nur sollten die Eltern sie auch so erziehen, dass sie damit richtig umgehen können.
Ich selbst kann mich ja noch zu der verwahrlosenden Generation zählen, habe aber selber, zumindest meines Erachtens nach, auch noch keine Erscheinungen einer allzugroßen geistigen Verkümmerung, obwohl ich dem Durchschnitt an technischen Utensilien in nichts nachstehe. Doch häufig kümmern sich die Eltern einfach nicht genug um ihre Kinder und vernachlässigen ihre Erziehung.

Das geht auch bei der Sprache so, wenn die Eltern sich nur in Halbsprache mit ihren Kindern unterhalten, kann man von denen nichts besseres erwarten. Von daher finde ich sunbeams Einstellung shcon ein wenig extrem. Bücher sind super, klar, aber deswegen können Kinder auch noch anderes machen.

sunbeam
08.06.2005, 20:43
Man sollte einen einen gesunden Mix ermöglichen, wichtig ist aber dass die Eltern von Anfang an den gesunden Wissensdurst nicht ersticken und das Kind zur "Beruhigung" schon mit 3 Jahren vor den TV setzt um Ruhe zu haben.

Hossbach
08.06.2005, 21:24
Natürlich, da stimme ich dir vollkommen zu.

karl martell
08.06.2005, 21:50
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,359343,00.html

Wie man an den frz. Ghettos sehen kann, verkümmert die Fähigkeit zusehends, sich mittels eines großen und guten Wortschatzes auszudrücken.

Sogar in Deutschland kann man diese Entwicklung beobachten, ob in U-Bahnen, vor Schnellrestaurants oder in EInkaufscentren. Wo immer junge Menschen sich zusammen rotten, fällt einem deren rudimentäre Sprache auf.

Wir züchten uns also eine Generation heran die unfähig sein wird, Informationen zu verarbeiten bzw. weiter zu geben! Sehr schön!

Das gehört ins Konzept.

Mit der Durchrassung unserer Ethnie, geht auch deren kulturelle Identität verloren.

Zukünftige Generationen in West- und Mittel-Europa werden Kreolsprachen sprechen.

Von diesem Völkerbrei wird aber auch nichts schöpferisches mehr ausgehen, Europa wird in der Versenkung verschwinden wie die einstigen Hochkulturen der Antike.

----

basti
08.06.2005, 22:50
70.000 junge Leute gehen jährlich von Frankreichs Schulen ab, ohne lesen und schreiben gelernt zu haben.

oho, ein schweres erbe, welches da auf frankreich zukommt ...

Rikimer
08.06.2005, 22:57
Man sollte einen einen gesunden Mix ermöglichen, wichtig ist aber dass die Eltern von Anfang an den gesunden Wissensdurst nicht ersticken und das Kind zur "Beruhigung" schon mit 3 Jahren vor den TV setzt um Ruhe zu haben.Pah. Laß dich von deinem Vorhaben die Kinder richtig zu erziehen nicht abbringen. Ich hatte eingeschränkten Fernsehkonsum, keine Spielekonsolen, dafür Bibliothekausweise und Mitgliedschaften in Kampfsportvereinen von meinen Eltern bekommen. Und außerdem noch das Glück gehabt in meiner frühesten Kindheit von meinen Großeltern stets mitgenommen zu werden bei Spaziergängen in die Natur. Wo ich selbst laufen mußte und nicht getragen wurde. Gottlob, hat sich das Heute in der Form ausgezahlt das mein Durst- und Erschöpfungsgefühl eingeschränkt ist und ich früh zu starker körperlicher Belastung in der Lage gewesen bin. So daß ich heute ohne Probleme 40 - 60 km (Strecke) am Tag gemütlich in den Bergen hinter mich bringen kann. Die meisten Leute wissen ja gar nicht zu was sie eigentlich in der Lage wären und das nur weil sie nie gefordert worden sind.

Falsche Rücksichtsnahme für das Kind zahlt sich nie aus. Es muß gefordert und noch mals gefordert werden, bis es erschöpft ist. Vor allem in den ersten Lebensjahren in dem es alles aufsaugt und speichert wie eine perfekte Maschine. Wieso sollten gerade die Kindheitsjahre, die für das spätere Leben so wichtig sind, durch Unterbelastungen geprägt sein?

Der geringe Wortschatz vieler Kinder heute, nicht nur der Unterschicht, ist doch geradezu das Produkt der Nachsicht, der Bequemlichkeit, des Nichtforderns der Kinder!

MfG

Rikimer

Rikimer
08.06.2005, 22:58
oho, ein schweres erbe, welches da auf frankreich zukommt ...würde mich wundern wenn es bei uns hier besser steht.

MfG

Rikimer

basti
08.06.2005, 22:59
würde mich wundern wenn es bei uns hier besser steht.

MfG

Rikimer

die alte und ausgebrannte lehrergeneration wird demnächst ersetzt. das gibt hoffnung.

Rikimer
08.06.2005, 23:07
die alte und ausgebrannte lehrergeneration wird demnächst ersetzt. das gibt hoffnung.Die Leerer (ohne h) sind meines Erachtens nur ein Teil des Problems. Das andere die Unterforderung der Kinder von Kindheit an bis zur Einschulung. Und hier liegt die Verantwortung ganz klar bei den Eltern, denen größtenteils Versagen vorgeworfen werden muß.

MfG

Rikimer

basti
08.06.2005, 23:13
da stellt sich mir die frage, wie es denn zu derart versagenden eltern kommt. wie werden die so?
trotzdem sind die lehrer bzw. die bildungseinrichtungen für ein ausreichende bildung zuständig. ich frage mich, wie 70.000 analphabeten jedes jahr den schulabschluss in frankreich schaffen. werden die einfach durchgeschoben, damit sie nicht in den schulen rumgammeln oder wie?

Skorpion968
09.06.2005, 10:40
da stellt sich mir die frage, wie es denn zu derart versagenden eltern kommt. wie werden die so?

Die Gründe sind sicherlich vielschichtig, doch mit der von "Rikimer" proklamierten Unterforderung der Kinder hat es nichts zu tun. Das ist allerhöchstens eine weitere Folgewirkung, aber keine Ursache.

Vielmehr liegt es daran, dass durch die sozialen Einschnitte (Arbeitslosigkeit, Hartz etc.) und die Existenznot vieler Familien die Eltern kaum noch emotionale Ressourcen haben, um sich mit ausreichender Fürsorge um ihre Kinder zu kümmern. Die eigene Angst und die eigene negative Zukunftsvorausschau nehmen viel zu viel Raum ein. Kinder bekommen Emotionen und Einstellungen ihrer Eltern hautnah mit und übernehmen die negativen Aspekte (Selbstunsicherheit, Resignation). Wie soll ein Kind positive Wertvorstellungen entwickeln oder in der Schule seine volle Leistungsfähigkeit entfalten, wenn das Umfeld durch Angst und emotionale Verwahrlosung bestimmt ist? Die sinkenden Kapazitäten in den Schulen (Lehrermangel, Unterrichtsausfall) tun da ihr Übriges.

Schafft man bessere und gerechtere soziale Verhältnisse für die sozial-benachteiligten Teile der Bevölkerung, so schafft man bessere Entwicklungsbedingungen für die Kinder und verbessert damit zwangsläufig deren Bildungsniveau und deren Werteorientierung. Diese Zusammenhänge wirken ebenso in der umgekehrten Richtung.

basti
09.06.2005, 20:45
ob man die existenznöte der menschen für eine erklärung der abfallenden schulleistungen verwenden kann, ist zweifelhaft. die miesen PISA-ergebnisse gab es schon vor hartzIV.
man kann den spies auch herumdrehen und sagen, gerade _weil_ mutter und vater um ihre existenz kämpfen verlangen diese von ihren kindern gute note und möglichst hohe schulabschlüsse, um eben dem kind eine bessere zukunft mit mehr chancen zu ermöglichen. das kind selbst könnte sogar noch den drive entwickeln, um aus dem ganzen mist rauszukommen.
den erklärungsansatz bei emotionen zu suchen ist problemtisch.
schon eher helfen, wie von dir angesprochen, die sozialen ressourcen der familie selbst und das umfeld bzw. die menschen in der umgebungen oder anders gesagt, die nachbarschaft. nun hat man das problem, daß man aus einem verarmten bezirk keinen vorzeigebezirk machen kann. selbst wenn, die menschen darin bleiben so wie sie sind, nur weil sie plötzlich keine angst mehr um die existenz haben müssen, kümmern diese sich um bessere noten bei ihren kindern?
aus bildungsuninteressierten menschen kann man nicht über nacht bildungsinteressierte menschen machen oder ihnen wenigstens eine affinität zur bildung vermitteln.

Skorpion968
09.06.2005, 22:35
ob man die existenznöte der menschen für eine erklärung der abfallenden schulleistungen verwenden kann, ist zweifelhaft. die miesen PISA-ergebnisse gab es schon vor hartzIV.
man kann den spies auch herumdrehen und sagen, gerade _weil_ mutter und vater um ihre existenz kämpfen verlangen diese von ihren kindern gute note und möglichst hohe schulabschlüsse, um eben dem kind eine bessere zukunft mit mehr chancen zu ermöglichen. das kind selbst könnte sogar noch den drive entwickeln, um aus dem ganzen mist rauszukommen.

Dazu ist zweierlei zu sagen:

1. Haben auch die Existenznöte nicht erst mit HartzIV begonnen. Deshalb habe ich bewusst "Hartz" und nicht "HartzIV" geschrieben. HartzIV ist lediglich der vorläufige negative Höhepunkt einer Entwicklung, die sich bereits seit 5 bis 10 Jahren vollzieht.

2. Die PISA-Studien sind äußerst zweifelhaft. Ich habe mich intensiv mit diesen Studien beschäftigt. Sie halten wissenschaftlich vorgegebenen Richtlinien nicht stand. Es handelt sich hier vielmehr um eine Massenerhebung, die aber wissenschaftlich absolut unsauber durchgeführt wurde. Da ging Quantität über Qualität. Z.B. werden in den PISA-Studien diverse Störfaktoren nicht kontrolliert, sondern unzählige Interaktionseffekte werden in den Ergebnissen mitverbacken. Diese Studien sind als demografisches Erhebungsinstrument noch eingeschränkt brauchbar. Aber die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, sind wissenschaftlich nicht haltbar. Ich würde nicht soweit gehen, zu behaupten, dass Deutschland in der europäischen Spitzengruppe der Bildung ist. Aber man kann davon ausgehen, dass wir im europäischen Vergleich durchaus nicht so schlecht dastehen, wie es die zweifelhaften Ergebnisse von PISA ausdrücken.


den erklärungsansatz bei emotionen zu suchen ist problemtisch.

Keineswegs. Es ist doch nachvollziehbar: wenn die Kinder unmittelbar mitbekommen, dass ihre Eltern mit dem Gesicht im Dreck liegen, dann haben sie kaum die Möglichkeit ein ausreichendes Selbstvertrauen zu entwickeln, um ihr Leistungspotenzial auch auszuschöpfen. Hinzu kommt, dass Kinder aus ärmeren Verhältnissen entweder gleich in Schulen und Klassen unter ihresgleichen "ghettoisiert" werden. In diesem Fall haben sie kaum Möglichkeiten sich an selbstsicheren Kindern zu orientieren. Die negativen Aspekte verstärken sich gegenseitig. Oder aber Kinder aus ärmeren Familien werden in "gemischten" Klassen an den sozialen Rand gedrängt. Sie haben nicht den gleichen Status wie Kinder aus wohlhabenderen Familien und werden allerspätestens dann in der Klassengemeinschaft in die Aussenseiter-Rolle rutschen, wenn ihre Eltern die Selbstbeteiligung für Klassenfahrten nicht bezahlen können.


schon eher helfen, wie von dir angesprochen, die sozialen ressourcen der familie selbst und das umfeld bzw. die menschen in der umgebungen oder anders gesagt, die nachbarschaft. nun hat man das problem, daß man aus einem verarmten bezirk keinen vorzeigebezirk machen kann. selbst wenn, die menschen darin bleiben so wie sie sind, nur weil sie plötzlich keine angst mehr um die existenz haben müssen, kümmern diese sich um bessere noten bei ihren kindern?
aus bildungsuninteressierten menschen kann man nicht über nacht bildungsinteressierte menschen machen oder ihnen wenigstens eine affinität zur bildung vermitteln.

Kinder sind nicht per se bildungsinteressiert oder bildungsuninteressiert. Das hängt maßgeblich von der entsprechenden Förderung und dem sozialen Umfeld ab. Auch hat sich das allgemeine Intelligenzniveau nicht verringert. Menschen werden auch nicht über Nacht plötzlich dumm oder bildungsuninteressiert. So etwas wäre weder biologisch, noch psychologisch noch soziografisch zu begründen. Es besteht sowohl in ärmeren als auch in reichen Bevölkerungsschichten eine große Varianz bezüglich der intellektuellen Begabung und Leistungsfähigkeit von Kindern. Nur haben die Leistungsfähigen in den ärmeren Schichten keine ausreichend förderlichen Entwicklungsbedingungen, aus o.g. Gründen. Eltern, die aufgrund von Existenzangst etc. zwangsläufig sehr mit sich selbst und ihren eigenen Nöten beschäftigt sind, haben definitv viel schlechtere Möglichkeiten sich um die Förderung ihrer Kinder zu kümmern.

sunbeam
10.06.2005, 08:40
Pah. Laß dich von deinem Vorhaben die Kinder richtig zu erziehen nicht abbringen. Ich hatte eingeschränkten Fernsehkonsum, keine Spielekonsolen, dafür Bibliothekausweise und Mitgliedschaften in Kampfsportvereinen von meinen Eltern bekommen. Und außerdem noch das Glück gehabt in meiner frühesten Kindheit von meinen Großeltern stets mitgenommen zu werden bei Spaziergängen in die Natur. Wo ich selbst laufen mußte und nicht getragen wurde. Gottlob, hat sich das Heute in der Form ausgezahlt das mein Durst- und Erschöpfungsgefühl eingeschränkt ist und ich früh zu starker körperlicher Belastung in der Lage gewesen bin. So daß ich heute ohne Probleme 40 - 60 km (Strecke) am Tag gemütlich in den Bergen hinter mich bringen kann. Die meisten Leute wissen ja gar nicht zu was sie eigentlich in der Lage wären und das nur weil sie nie gefordert worden sind.

Falsche Rücksichtsnahme für das Kind zahlt sich nie aus. Es muß gefordert und noch mals gefordert werden, bis es erschöpft ist. Vor allem in den ersten Lebensjahren in dem es alles aufsaugt und speichert wie eine perfekte Maschine. Wieso sollten gerade die Kindheitsjahre, die für das spätere Leben so wichtig sind, durch Unterbelastungen geprägt sein?

Der geringe Wortschatz vieler Kinder heute, nicht nur der Unterschicht, ist doch geradezu das Produkt der Nachsicht, der Bequemlichkeit, des Nichtforderns der Kinder!

MfG

Rikimer

Uneingeschränkte Zustimmung!!!

Leyla
10.06.2005, 09:04
Und außerdem noch das Glück gehabt in meiner frühesten Kindheit von meinen Großeltern stets mitgenommen zu werden bei Spaziergängen in die Natur.Das ist auch für mich ein wichtiger Aspekt - Kindern die Natur zu zeigen. Zumindest sollten sie schon im Vorschulalter mitbekommen, dass die Milch ursprünglich nicht aus dem Tetra-Pack und das Wasser ursprünglich nicht aus der Wand kommt. Außerdem ist Bewegung draußen in der Natur einfach reizvoller als auf dem Asphalt oder in einer schlecht gelüfteten Turnhalle.


Falsche Rücksichtsnahme für das Kind zahlt sich nie aus. Es muß gefordert und noch mals gefordert werden, bis es erschöpft ist.Na ja, man kann´s auch übertreiben: im Alter von sieben Jahren fand ich es von meinen Eltern ziemlich daneben, dass sie mich so oft auf Bergwanderungen geschleift haben. Für mich waren die Strecken schließlich im Verhältnis zur Körpergröße viel länger als für einen Erwachsenen - ich musste ja fast doppelt soviele Schritte machen. Das hat dazu geführt, dass ich erst mit 25 wieder freiwillig auf einen Berg (falls man einen 1500er so nennen darf) gestiegen bin.

obwohlschon
10.06.2005, 09:21
Ich glaube, das stelltst Du Dir zu einfach vor.

Ich hab schon manchmal ziemlich unter Ausgrenzung gelitten, weil meine Eltern nicht bereit waren, sich der "Mode" zu unterwerfen.Man darf Kinder natürlich nicht weltfremd erziehen und muß sich ein bißchen auch an der Umwelt und dem Üblichen orientieren. Aber man sollte nicht alles Modische mitmachen, sondern die Kinder zu einem gesundem Selbstbewußtsein erziehen, das sie auf die angepaßten Modischen herabblicken läßt. Wer etwas auf sich hält, läuft nicht mit der Masse, sondern hebt sich ab von der Masse. Man muß einfach eine Balance finden zwischen notwendigem mit der Zeit Gehen und distinguiertem Abseitsstehen.


Aber ich denke, dass es einen Zwischenweg geben muss. Kein Kind wird automatisch doof, wenn es eine Spielekonsole hat. Ich stell mir das mehr unter dem Aspekt der genauen Regelungen vor.

Ich durfte frueher ganz bestimmte Sendungen im Fernsehen gucken, in aller Regel nicht laenger als etwa eine halbe Stunde am Tag. Den Rest der Zeit musste ich was anderes machen.

Wie Manfred_g sagte, es geht auch um das unterliegende Wertesystem.

Kein Kind wird vom Daddeln doof - wenn es im Rahmen bleibt.

Man muss ja auch Schokolade nicht verbieten, nur weil man Angst hat, das Kind koennte uebergewichtig werden. Es kommt immer auf das richtige Mass an.Jo.