PDA

Vollständige Version anzeigen : CDU und Rechtsstaatsprinzip



GG146
03.01.2011, 16:54
Deutschland hat wegen überlanger Gerichtsverfahren Probleme mit dem EuGHMR:


Abermals mahnt Europa Deutschland

Hilfe gegen lahme Gerichte

Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte macht seit langem Druck auf Deutschland – weil Prozesse zu lange dauern. Jetzt sollen Bürger sich endlich wehren können.

(...)

Jaegers Unmut ist verständlich. Immer wieder wird Deutschland in Straßburg wegen überlanger Gerichtsverfahren verurteilt. 2006 forderte der EGMR erstmals strukturelle Abhilfe von Deutschland. Geklagt hatte damals ein Mofa-Fahrer aus Stade, der nach einem Unfall 24 Jahre lang auf ein Urteil über die Höhe des Schadenersatzes warten musste.

Quelle: taz.de (http://taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/hilfe-gegen-lahme-gerichte/)

Und das hier will die CDU gegen die Klageflut vor Sozialgerichten unternehmen:


Nun will Eichelbaum die Hartz-IV-Klagewelle abwehren – mit 75 Euro Gebühr pro Klage in erster Instanz. Seine Begründung: „Es gibt viele offensichtlich unbegründete Klagen von ALG-II-Empfängern. Gebühren würden die Hemmschwelle senken, die Sozialgerichte mit der Einreichung erfolgloser Klagen zu überschwemmen.“

Quelle: berlinonline.de (http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/berlin/cdu-politiker_fordert_bei_hartz-iv-prozessen___75_euro__eintritt__zahlen_/325000.php)

So will die CDU das Menschenrechtsproblem mit den überlangen Verfahren lösen - arme Schweine sollen einfach per Eintrittsgeld von den Gerichten ferngehalten werden.

Eigentlich wäre allein diese CDU - Position Grund genug für die rot-rote Berliner Regierung, den Landesverfassungsschutz mit der Beobachtung dieser Wühlarbeit gegen das Sozial- und Rechtsstaatsprinzip zu beauftragen....

-jmw-
04.01.2011, 12:16
Es gibt viele offensichtlich unbegründete Klagen von ALG-II-Empfängern
Solange in sehr, sehr vielen Fällen die ARGEn tatsächlich schuldig gesprochen werden und also schlampig gearbeitet haben, wird man's in Kauf nehmen müssen, dass der ALG-2-Empfänger auch mal aus schlechtem/falschem Grunde klagt.

-jmw-
04.01.2011, 12:17
Zum Thema:

Mich interessiert, was man tun könnte, um die Prozesse zu verkürzen.

GG146
04.01.2011, 13:57
Zum Thema:

Mich interessiert, was man tun könnte, um die Prozesse zu verkürzen.

In Fällen wie dem 24-jährigen Schadensersatzprozess des Mofa - Fahrers, der vor dem EuGHMR gelandet ist, helfen wohl nur noch disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen die verantwortlichen Justizangehörigen.

Gesetzesmurks wie im Falle der AlG II - Bestimmungen, der zu einer Flut begründeter Klagen führt und die zuständigen Gerichte total überfordert, kann nur durch die Instandsetzung der fraglichen Gesetze ausgeräumt werden.

Grundsätzlich bin ich auch dafür, der Gefahr der Überforderung der Justiz durch Mißbrauchsgebühren zu begegnen, wenn das Hauptproblem in regelmäßigem Mißbrauch bestimmter Justizzweige durch Prozessparteien besteht. Das ist z. B. bei Kammern für Handels- und Bausachen so, da spielen die Beklagten in der Mehrzahl (!) der Fälle nur auf Zeit und tragen ansonsten nur juristischen Müll vor.

Bei dem CDU - Vorschlag der erstinstanzlichen Sozialgerichtsgebühren geht es aber ganz offensichtlich nicht um die Abwehr vieler unbegründeter Klagen, sondern um die Behinderung des Rechtsschutzes von Menschen, die tatsächlich in ihren Rechten verletzt sind. Und das ist für mich ein feindlicher Akt gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, nicht der erste made by CDU.

Gehirnnutzer
04.01.2011, 14:33
Tja, ich könnte dazu sagen, das 75 € Gerichtsgebühr für mich bedeutet hätten:

1. Meine Verbraucherinsolvenz wäre die Beitragsrückstände den Bach durch runtergegangen, da die ARGE die private Krankenversicherung nicht anerkannte.

2. Die Barmer hätte sich weiterhin geweigert, mich zu versichern und die debeka hätte nur noch Notfallversorgung bezahlt, da ich vom Regelsatz die Versicherungsbeiträge nicht zahlen hätte können.

3. Arbeitssuche hätte ich aufgeben können, denn durch den HartzIV-Status und dem durch die geplatzte Verbraucherinsolvenz wieder bestehenden Vermittlungshemmnis gehen meine Chancen auf einen Arbeitsplatz gegen Null.

GG146
04.01.2011, 18:16
Tja, ich könnte dazu sagen, das 75 € Gerichtsgebühr für mich bedeutet hätten:

1. Meine Verbraucherinsolvenz wäre die Beitragsrückstände den Bach durch runtergegangen, da die ARGE die private Krankenversicherung nicht anerkannte.

2. Die Barmer hätte sich weiterhin geweigert, mich zu versichern und die debeka hätte nur noch Notfallversorgung bezahlt, da ich vom Regelsatz die Versicherungsbeiträge nicht zahlen hätte können.

3. Arbeitssuche hätte ich aufgeben können, denn durch den HartzIV-Status und dem durch die geplatzte Verbraucherinsolvenz wieder bestehenden Vermittlungshemmnis gehen meine Chancen auf einen Arbeitsplatz gegen Null.

Ganz so dicke hätte es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht kommen können. Selbst wenn erstinstanzliche Gerichtsgebühren bei den Sozialgerichten eingeführt würden, müsste bei Klagen wie Deiner (= nicht mutwillig) Prozesskostenhilfe gewährt werden, ein totales Abschneiden des Rechtsweges würde gegen Art. 103 I GG (rechtliches Gehör) verstoßen. Gerichtsgebühren aller Art einschließlich Missbrauchsgebühren sind also höchtens geeignet, Prozeßhanseln abzuschrecken oder sonstige Mißbräuce zu verhindern.

Den Einleitungstext dieses threads habe ich übrigens auf dem GG-Aktiv - Forum auf einen älteren thread gepostet, der sich ganz allgemein mit Möglichkeiten der Meidung von Rechtsmissbräuchen befasst:

Grundgesetz Aktivierer > Rechtsmissbrauch als politisches Thema (http://35828.forendienst.de/show_messages.php?mid=4617927)

Hase
04.01.2011, 19:00
Ganz so dicke hätte es schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht kommen können. Selbst wenn erstinstanzliche Gerichtsgebühren bei den Sozialgerichten eingeführt würden, müsste bei Klagen wie Deiner (= nicht mutwillig) Prozesskostenhilfe gewährt werden, ein totales Abschneiden des Rechtsweges würde gegen Art. 103 I GG (rechtliches Gehör) verstoßen. Gerichtsgebühren aller Art einschließlich Missbrauchsgebühren sind also höchtens geeignet, Prozeßhanseln abzuschrecken oder sonstige Mißbräuce zu verhindern.

Den Einleitungstext dieses threads habe ich übrigens auf dem GG-Aktiv - Forum auf einen älteren thread gepostet, der sich ganz allgemein mit Möglichkeiten der Meidung von Rechtsmissbräuchen befasst:

Grundgesetz Aktivierer > Rechtsmissbrauch als politisches Thema (http://35828.forendienst.de/show_messages.php?mid=4617927)

Irgendwie muss man doch die Millionen Mehrausgaben durch die Einstellung von zusätzlichen Richtern, Arge-Mitarbeitern welche die Widersprüche bearbeiten und Rechtsanwälten die die H4 Empfänger vertreten, wieder reinholen. :]

Sagen wir mal so. Angesichts der vielen falschen Bescheide, würde es mich nicht wundern, wenn die ein oder anderen Damen und Herren bei der Arge einen Schwager haben, welcher Anwalt des Sozialrechts ist.

Aber schön, dass diejenigen die den Mist verursachen, nicht dafür gerade stehen müssen, sondern den Menschen die beschissen wurden, die Möglichkeit genommen werden soll, gegen die falschen Bescheide vorzugehen.

GG146
04.01.2011, 19:08
Aber schön, dass diejenigen die den Mist verursachen, nicht dafür gerade stehen müssen, sondern den Menschen die beschissen wurden, die Möglichkeit genommen werden soll, gegen die falschen Bescheide vorzugehen.

Es ist ja nicht naturgesetzlich unvermeidbar, das die Verursacher ungeschoren davonkommen. Auf dem gerade von mir verlinkten GG-Aktiv - thread stehen dazu einige konkrete programmatische Vorschläge.

Aber solange die Wähler in Deutschland kein Machtwort sprechen, werden die Gewählten in diesen Angelegenheiten bestimmt nichts ändern.

Hase
04.01.2011, 19:47
Es ist ja nicht naturgesetzlich unvermeidbar, das die Verursacher ungeschoren davonkommen. Auf dem gerade von mir verlinkten GG-Aktiv - thread stehen dazu einige konkrete programmatische Vorschläge.

Aber solange die Wähler in Deutschland kein Machtwort sprechen, werden die Gewählten in diesen Angelegenheiten bestimmt nichts ändern.

Die Aussage find ich toll "Sozialgerichte müßten in angemessener Zeit entscheiden, darauf hätten Bürger ein Anrecht, begründet Eichelberg seinen Vorstoß mit vordgeblicher Sorge um das Recht der Brandenburger." http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=4869&title=Hartz+IV%3A+%22Abschreckungsgeb%FChr%22+f%FC r+Sozialgerichte+st%F6%DFt+auf+Ablehnung&storyid=1001294130362

Nachtrag: In dem Link selbst wird aus dem Eichelbaum ein Berg. Nicht mein Fehler! ;)


Interessant das die Rechte auf schnelle Bearbeitung bei Gericht, dadurch gewahrt werden sollen, dass den Menschen die Möglichkeit vor Gericht zu gehen genommen werden.

Ist sicher eine enorme Zeitersparniss bei Gericht einen Fall zu verhandeln der gar nicht vor Gericht liegt. Vorallem sind die Fahrtkosten für das nicht erscheinen müssen, sehr günstig!

:)):)):)) Sorry wenn ich lache. Aber da gibt es einige mehr die ausserhalb der Sozialgerichte Unmengen von Prozesskostenbeihilfen gewährt bekommen und dass weil sich schlichtweg kriminell sind.

GG146
04.01.2011, 20:14
Interessant das die Rechte auf schnelle Bearbeitung bei Gericht, dadurch gewahrt werden sollen, dass den Menschen die Möglichkeit vor Gericht zu gehen genommen werden.

Wie gesagt, das geht schon aus Gründen höchstrangigen Verfassungsrechts nicht, der ganze Artikel 103 GG (u. a. "rechtliches Gehör") ist rechtssystematisch mit dem Art. 20 III GG (Rechtsstaatsprinzip) untrennbar verbunden und damit nach Art. 79 III GG unabänderliches ("Ewigkeitsgarantie") Verfassungsrecht.

Wenn also die Gerichtsgebühr in der 1. Instanz Sozialgericht eingeführt werden sollte, würde die große Mehrzahl der Kläger Prozesskostenhilfe bekommen, ihnen den Rechtsschutz völlig abzuschneiden, ist unmöglich.

Bei dem immer mal wieder in den Medien auftauchenden Vorschlag der CDU geht es also nur darum, dass in den Hinterköpfen der Menschen die Botschaft hängenbleiben soll, dass Sozialleistungsempfänger ständig unberechtigt klagen - was eine perfide Lüge ist, eine typische CDU - Lüge.

Hase
05.01.2011, 01:09
Wie gesagt, das geht schon aus Gründen höchstrangigen Verfassungsrechts nicht, der ganze Artikel 103 GG (u. a. "rechtliches Gehör") ist rechtssystematisch vom Art. 20 III GG (Rechtsstaatsprinzip) untrennbar verbunden und damit nach Art. 79 III GG unabänderliches ("Ewigkeitsgarantie") Verfassungsrecht.

Wenn also die Gerichtsgebühr in der 1. Instanz Sozialgericht eingeführt werden sollte, würde die große Mehrzahl der Kläger Prozesskostenhilfe bekommen, ihnen den Rechtsschutz völlig abzuschneiden, ist unmöglich.

Bei dem immer mal wieder in den Medien auftauchenden Vorschlag der CDU geht es also nur darum, dass in den Hinterköpfen der Menschen die Botschaft hängenbleiben soll, dass Sozialleistungsempfänger ständig unberechtigt klagen - was eine perfide Lüge ist, eine typische CDU - Lüge.

Eine CDU Lüge? Wie wenn die mal die Wahrheit sagen würden :D

Was das GG angeht muss ich sagen, dass dies schon seit Jahren regelrecht von der Politik untergraben wird.

Ich versteh aber schon was du meinst.
Das Feinbild H4 Empfänger aufbauen, die uns abzocken, Kohle der Kinder versaufen und verqualmen, und dann noch "so undankbar wie dieses Pack ist" klagen weil sie den Hals nicht voll genug bekommen.

Naja der Mensch geht nunmal immer von sich selbst aus ;)

GG146
05.01.2011, 01:28
Ich versteh aber schon was du meinst.
Das Feinbild H4 Empfänger aufbauen, die uns abzocken, Kohle der Kinder versaufen und verqualmen, und dann noch "so undankbar wie dieses Pack ist" klagen weil sie den Hals nicht voll genug bekommen.

Naja der Mensch geht nunmal imnmer von sich selbst aus ;)

Wenn sie mal nur von sich auf Andere schließen würden, dann würden sie ja selbst glauben, was sie über die Sozialleistungsempfänger behaupten und wenigstens nicht absichtlich verleumden.

Tatsächlich geht es aber um Diffamierung / Verleumdung. Sozialleistungsempfänger sollen so weitgehend stigmatisiert werden, dass möglichst viele Menschen lieber auf Sozialhilfeniveau Vollzeit arbeiten, als zu den Stigmatisierten zu gehören. So steigert man die Profite der Mitseilschafter in der Wirtschaft, "Beratervertrag" - Auftraggeber und zukünftiger Arbeitgeber nach der Politikerkarriere auf die heute von Kapitalbesitzern erwartete 20 % - Marke oder darüber - bei ständig sinkenden Realeinkommen aus Arbeit - und hält sie dort stabil.

Das ist alles und das kann auch jeder sehen. Trotzdem wählen zig Millionen Arbeitnehmer immer noch ihren sozialen Abstieg in Gestalt von schwarz - gelb, bis jetzt jedenfalls.

Hase
05.01.2011, 01:59
Wenn sie mal nur von sich auf Andere schließen würden, dann würden sie ja selbst glauben, was sie über die Sozialleistungsempfänger behaupten und wenigstens nicht absichtlich verleumden.

Tatsächlich geht es aber um Diffamierung / Verleumdung. Sozialleistungsempfänger sollen so weitgehend stigmatisiert werden, dass möglichst viele Menschen lieber auf Sozialhilfeniveau Vollzeit arbeiten, als zu den Stigmatisierten zu gehören. So steigert man die Profite der Mitseilschafter in der Wirtschaft, "Beratervertrag" - Auftraggeber und zukünftiger Arbeitgeber nach der Politikerkarriere auf die heute von Kapitalbesitzern erwartete 20 % - Marke oder darüber - bei ständig sinkenden Realeinkommen aus Arbeit - und hält sie dort stabil.

Das ist alles und das kann auch jeder sehen. Trotzdem wählen zig Millionen Arbeitnehmer immer noch ihren sozialen Abstieg in Gestalt von schwarz - grün, bis jetzt jedenfalls.

Stimmt leider alles.
Und dann kommt noch die beabsichte Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf dazu, durch schaffen von Betreuungsplätze von unter dreijährigen. Nicht weil das Sinnvoll ist, die Frauen den gleichen Lohn bekommen, oder dies dem Kindswohl entspricht, sondern damit auch Frauen mit ganz kleinen Kindern zum arbeiten geschickt werden können wenn sie auf Hilfe angewiesen sein sollten.

"Eigenverantwortung und aus Billigkeitsgründen, sind im Fall vom BGB- Unterhaltsrecht, mittlerweile sehr oft angewendete Begriffe.

Wenn man sich fragen sollte, falls man es überhaupt weiß, weshalb es in Deutschland ca 118.000 Abtreibungen jährlich gibt wovon nur 2% durch medizinische Indikation oder wegen einer Vergewaltigung erfolgte, muss man sich schon fragen woher die Frauen den solche Angst haben, wo es in unserem Sozialsystem doch keine Not für Mutter und Kind gibt. Immerhin stehen Mütter ja unter einem besonderen Schutz des Staates laut GG. :)

Oh, hatte vergessen das viele kein Kind wollen, da sie vom Partner zur Abtreibung genötigt werden, oder nicht zur der Kategorie der diffamierten gehören wollen. Von daher ist es hier wie bei dem Vorschlag mit den 75 Euro Gebühren um die Klagewelle der H4 Empfänger einzudämmen.

Das wäre als bei H4- Ich nötige dich unter dem angedrohten finaziellen Nachteil, damit du nicht klagst und nach GG dein rechtliches Gehör erst gar nicht wahrnimmst.

Bei einer schwangeren- Ich nötige dich unter dem angedrohten finaziellen Nachteil, damit du dein Kind abtreibst und nach GG dann nicht mehr unter den besonderen Schutz von Müttern fällst, da du ja keine geworden bist.

Es ist beides Widerlich! Beides ein ökonomische Machtspiel.