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Vollständige Version anzeigen : Kalligrafie - Die Kunst des Schönschreibens



sisyphos
01.01.2011, 16:42
Wer beherrscht das Schönschreiben? Ich bemerke immer öfter, dass heutzutage sehr wenige Menschen ordentlich, schön schreiben könnnen ... und denke, dass das unteranderem auch mit der entästhetisierung der Sprache und des alltäglichen Lebens selbst zusammenhängt. Schönschreiben erzieht zugleich das kognitive Denken zum ästhetischen, wirkt dadurch moralisch und erhaben; Sprache ist nicht mehr nur Mittel zum Zweck, wie ein Klostopfer, sondern Klanginstrument.

LOL
01.01.2011, 16:55
Wer beherrscht das Schönschreiben? Ich bemerke immer öfter, dass heutzutage sehr wenige Menschen ordentlich, schön schreiben könnnen ... und denke, dass das unteranderem auch mit der entästhetisierung der Sprache und des alltäglichen Lebens selbst zusammenhängt. Schönschreiben erzieht zugleich das kognitive Denken zum ästhetischen, wirkt dadurch moralisch und erhaben; Sprache ist nicht mehr nur Mittel zum Zweck, wie ein Klostopfer, sondern Klanginstrument.Du interpretierst in Schönschrift eine Menge hinein, aber meinetwegen: Ich habe sie gelernt und schreibe auch so.

sisyphos
01.01.2011, 16:58
Du interpretierst in Schönschrift eine Menge hinein, aber meinetwegen: Ich habe sie gelernt und schreibe auch so.

Wenn Sprache nur Mittel zum Zweck ist, dann kommt auch häufig Gülle bei deren Anwendung heraus. Sprache ist eben nicht nur irgendein Mittel, sondern das Kulturgut schlechthin.

LOL
01.01.2011, 17:01
Wenn Sprache nur Mittel zum Zweck ist, dann kommt auch häufig Gülle bei deren Anwendung heraus. Sprache ist eben nicht nur irgendein Mittel, sondern das Kulturgut schlechthin.
Was denn nun? Ging es hier ums Schriftbild oder um Sprache?

Die Alten Hellenen schrieben zB. in recht unschön aneinandergereihter Schrift die allerschönsten Gedankengänge nieder...


http://www.fleig-fleig.de/mediapool/61/618782/resources/16515853.jpg

Leila
06.01.2011, 04:37
Lieber Sisyphos!

Handgeschriebenes bzw. von Hand Geschriebenes hat heutzutage Seltenheitswert, jedenfalls in den Kreisen, in denen ich verkehre. Während meiner Lebtig schrieb ich wohl mehrere Tausend Briefe mit schwarzer Tinte auf wertvolles weißes Papier.

Nach und nach werde ich Dir Bilder meiner verschiedenen Handschriften zeigen, damit von mir ein graphologisches Gutachten erstellt werden kann. Mir merkwürdig erscheinende Dinge notiere ich mit einiger Sorgfalt in mein Ringbuch, da mein Vertrauen in die Elektronik nicht das einer Blinden ist.

Dich fröhlich grüßend

Leila :]

Leila
06.01.2011, 05:31
Immer dann, wenn mir etwas einfällt, das mich wichtig dünkt, schreibe ich es auf, schnell in Sudelschrift.

Das unten gezeigte Bild ist ein Zeugnis der Problematik, zu deren Entwirrung ich nicht wenig beitrug. Du kannst aus ihm herauslesen, was es bedeutet, wenn jemand den Versuch unternimmt, den Dreisatz zu vereinfachen, um ihn jedem, der nicht Kopfrechnen kann, als Mittel zu seinen Zwecken zur Verfügung zu stellen. – Hier sollte aber nur vom Schriftbild die Rede sein. Daher nichts mehr zur Komplexität des Dreisatzes.

Leila
06.01.2011, 16:16
Türschild aus meiner Studienzeit, gedichtet im Zorn und geschrieben mit Verachtung, um lästige Besucher abzuschrecken:

jak_22
06.01.2011, 16:25
Türschild aus meiner Studienzeit, gedichtet im Zorn und geschrieben mit Verachtung, um lästige Besucher abzuschrecken:

Deine Schrift ist echt der Wahnsinn. Meine kann ich an guten Tagen gerade mal selbst lesen.

Sheldon
06.01.2011, 19:07
Ich mußte mein Ausbildungsbuch jeden Tag in Schönschrift handschriftlich niederschreiben. Wenn die Schrift nicht schön genug geschrieben wurde gabs Mecker vom Meister. Seit diesen 3,5 Jahren hör ich immer wieder, das ich eine sehr schöne Handschrift hab :))

Pillefiz
06.01.2011, 19:10
sooooooooooooooo eine schöne Schrift wie Leila hab ich nicht, obwohl ich das auch gelernt habe. Was man wenig benutzt, verkümmert. Eigentlich schade, ich denke, ich werde mich mal wieder dran machen und ein bisschen üben

König
06.01.2011, 21:32
Schönet Thema, schöner Beitrach - wie nich anders zu erwarten bei dem Strangersteller.
Auf den Grundschulzeugnissen hatte ich regelmäßig die Note 1 in Handschrift zu stehen. Sah gut aus.
Spätestens als die Pubertät einsetzte, begann meine zur Gewohnheit gewordene Null-Bock-Lebenshaltung. Da hatte ich dann auch nul Bock, mir Mühe beim Schreiben zu geben; da wurde alles Nötige schnell hingekrakelt. Auf dem Scheißgymnasium sollte man rasches Schreiben lernen; der Lehrer diktierte dafür extraschnell. Von wegen Kalligraphie; nix mit schöner Bildung... um für die Wirtschaft flott zu werden, muß man produktiv als Produzent schreiben können, d. h. schnell, denn Zeit ist bekanntlich Geld, und von der haben wir ja viel zu wenig - nicht wahr?
Also: Bamm, babamm!, Übung macht den Meister, und - schwuppdiwupp! - bin ich heute der einzige gottverdammte Idiot, der meine Sauklaue lesen kann.

Ach ja, für ne kurze Zeit meines Lebens riß ich mich zusammen und entwickelte ne eigene Schönschrift. Da war ich krankhaft verliebt. Liebesbriefe schreibt man nicht produktiv und schnell dahin. Na ja, legte sich aber bald wieder. Jetzt bin ich wieder ein produktiver Schnellkritzler.

http://www.graphologies.de/start.php
Zum Abschluß ein lustiger Test, der Euch mithilfe Eurer Handschrift erkennen läßt, wer Ihr seid...

"Die Deutung [von Königs] Handschrift brachte folgendes Ergebnis:

König ist eher bescheiden und zurückhaltend.
Es reicht ihm, wenn er nicht im Mittelpunkt steht.

König gibt sich sehr beherrscht bzw. diszipliniert
und besitzt einen ausgeprägten Ordnungssinn.

König ist ein Gewohnheitsmensch.
Er ist mit einer praktischen Intelligenz ausgestattet,
die ihm erlaubt, rationell zu arbeiten,
und zwar im Privat- wie auch im Berufsleben.
Für ihn ist verbindliches Auftreten und Arbeiten selbstverständlich.

Er ist sinnlich, warmherzig, gemütlich und phantasievoll.
Im Großen und Ganzen wirkt er gelassen bis uninteressiert,
wenn er aber von einer Sache überzeugt ist, überrascht er
seine Umwelt durch sein überschwängliches und begeisterungsfähiges Auftreten.

König legt Wert auf eine Grunddistanz zu seinen Mitmenschen.
Auch gute Kollegen müssen nicht alles wissen.

König ist insofern bescheiden und wenig aufdringlich,
als dass er es nicht nötig hat, die Umwelt bei jeder Gelegenheit
auf die eigenen Stärken aufmerksam zu machen."


Könnte hinhauen. Nur das mit der "praktischen Intelligenz" und dem "rationellen Arbeiten" will mir nicht in den Kopf. Ansonsten fehlte noch der Hinweis, daß ich ausgesprochen klug und hübsch bin.

marc
06.01.2011, 21:50
M ist selbstbewusst und bereit,
seine Stärken auch anderen zu zeigen.
Er ist locker und großzügig.

M gibt sich sehr beherrscht bzw. diszipliniert
und besitzt einen ausgeprägten Ordnungssinn.

M ist ein Gewohnheitsmensch.
Er ist mit einer praktischen Intelligenz ausgestattet,
die ihm erlaubt, rationell zu arbeiten,
und zwar im Privat- wie auch im Berufsleben.
Für ihn ist verbindliches Auftreten und Arbeiten selbstverständlich.

Er ist sinnlich, warmherzig, gemütlich und phantasievoll.
Im Großen und Ganzen wirkt er gelassen bis uninteressiert,
wenn er aber von einer Sache überzeugt ist, überrascht er
seine Umwelt durch sein überschwängliches und begeisterungsfähiges Auftreten.

M ist ein sehr gefühlsbestimmter Mensch.
Oft werden Entscheidungen gefühlsmäßig gefällt, obwohl bei
rein rationeller Überlegung eine andere Entscheidung die richtige wäre.

M ist anderen Menschen gegenüber immer offen und aufgeschlossen.
Der Umgang mit Menschen macht ihm Spaß,
der ideale Arbeitsplatz ist da, wo er mit anderen Menschen zu tun hat.

Er ist künstlerisch-handwerklich begabt - oder zumindest interessiert.

"Probleme kenne ich nicht, nur Aufgaben."
Das ist das Motto, mit dem er durchs Leben geht.
Hindernisse werden leicht überwunden, wenn sie denn wahrgenommen werden.

M ist insofern bescheiden und wenig aufdringlich,
als dass er es nicht nötig hat, die Umwelt bei jeder Gelegenheit
auf die eigenen Stärken aufmerksam zu machen.

Naja.

Pythia
07.01.2011, 18:04
... Ach ja, für ne kurze Zeit meines Lebens riß ich mich zusammen und entwickelte ne eigene Schönschrift. Da war ich krankhaft verliebt. Liebesbriefe schreibt man nicht produktiv und schnell dahin. Na ja, legte sich aber bald wieder. Jetzt bin ich wieder ein produktiver Schnellkritzler ...Schade, aber ich teile Dein Leid. Bei mir fing Schönschreibe-Bedürfnis auch mit Liebesbriefen an und setzte sich mit Verliebtheit in die eigene Schrift fort. Das half mir dann im Studium flott eine Architektenschrift zur perfektionieren, was ein wesentlicher Beitrag zu meinen Erfolgen wurde.
http://www.24-carat.de/Forum/L-635.GIF
Schöne Schrift hilft, da ästhetische und harmonische Ordnung anziehend wirkt, obwohl Werbung und Propaganda uns damit schon lange trügen.
http://www.24-carat.de/Forum/L-635.GIF
Nun arbeite ich leider seit über 30 Jahren vorwiegend mit CAD. So sind Schönschrift- und Zeichen-Kunst verwelkt. Pinsel und Stift sind wie Gitarre, Rennwagen oder Tennisschläger: "Gewußt-Wie" reicht nicht. Nur dauernde Übung und Praxis erhält Spitzenform.
http://www.24-carat.de/Forum/L-635.GIF
Aber IT täuscht nun Spitzenform vor: Sowas (klick hier!) (http://www.24-carat.mobi/MPP/File/Ven-pol.jpg) produzieren mittelmäßige Zeichner ohne Studium am PC nun deutlich flotter als ich Sowas (klick hier!) (http://www.24-carat.mobi/MPP/File/Ven-d.jpg) 1974 mühevoll am Zeichenbrett.
http://www.24-carat.de/Forum/L-635.GIF
http://d1.stern.de//bilder/computer-technik/2005/26/handschrift250_maxpane_180_120.jpg "Meine Handschrift am PC" optimiert Handschrift mit Schönheitskorrektur. Ich war auch mal versucht einige meiner Handschriften zu digitalisieren, tat es aber nicht, da sie nur von Leuten geschätzt würden, die wissen, daß ich tatsächlich so schreibe.
http://www.24-carat.de/Forum/L-635.GIF
Schöne Handschriften reißen heutzutage Keinen mehr vom Hocker, da Jeder tausende schöne Handschriften kaufen oder selbst basteln kann.

Leila
08.01.2011, 12:40
[…] Nun arbeite ich leider seit über 30 Jahren vorwiegend mit CAD. So sind Schönschrift- und Zeichen-Kunst verwelkt. Pinsel und Stift sind wie Gitarre, Rennwagen oder Tennisschläger: „Gewußt-Wie“ reicht nicht. Nur dauernde Übung und Praxis erhält Spitzenform. […]

Aus ähnlichen Gründen ließ ich das Klavierspielen bleiben. – Es ist aber immer gut, sich in den Künsten zu versuchen, um wenigstens eine Ahnung von ihnen zu erlangen und die Werke der Meister würdigen zu können.

Meinem Mann zuliebe erlernte ich die VSM-Schrift, da ihm das Schreiben mit Schablonen verleidet war. Sie ist eine von etwa zwanzig verschiedenen Schriften, die ich einst von Hand leidlich schön schreiben konnte.

Hier noch ein Beispiel meiner Schönschrift, die ich zum Schreiben von Briefen und Aufsätzen verwende:

Leila
08.01.2011, 20:03
Lieber Sisyphos!

Jetzt, nachdem ich gesehen habe, daß meine Bildchen mehr als hundert Mal heruntergeladen wurden, lösche ich sie wieder, damit die Zeugnisse meiner Stümperhaftigkeit nicht länger und weiter verbreitet werden. Auch wenn ich zum Schönschreiben und zur Schönschrift noch etliches zu sagen und zu schreiben hätte, schweige ich doch lieber – nicht aber, ohne Dir den Grund meines Verstummens zu nennen: ich ertrage es nicht mehr länger, wegen allem, das ich in diesem Forum schreibe, persönlich beleidigt zu werden. Den Talenten und Kenntnissen der talentierten und kenntnisreichen Horde, die hier unterwegs ist, um mir fortwährend meine Talente und Kenntnisse abzusprechen, habe ich nur meine Stümperhaftigkeit und Unwissenheit entgegenzusetzen.

Dankbar setzte ich Deine lobenden Zeilen ans Ende dieses Beitrages:


sehr schön. ginge es nach mir wäre kalligraphie pflichtfach in der schule. ebenso so etwas wie "theorie des schönen".

Dich herzlich grüßend

Leila