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Vollständige Version anzeigen : Verhaltensgenetik steckt in einer großen Krise



Durkheim
13.11.2010, 14:44
Immer mehr Pseudowissenschaftler und auch Populisten, auch Politiker versuchen anhand Genen den Menschen zu erklären: Intelligenz bis Verhalten (Kriminalität, Depressionen, Fleiss etc.)

Was früher mangels Gentechnik auf Basis von Hautfarbe, Schädel- und Nasenmessungen erfolgte, wird nun von auf unwissenschaftlicher Basis (Populisten, Politiker oder Ideologen) beim Thema Gene versucht.

Allerding nimmt kaum einer wahr, dass es Unfug ist von den Genen auf menschliches Verhalten zu schliessen. Es ist nicht mal möglich anhand den Haplotypen die ethnische Herkunft zu bestimmen. Weil Gene schlichtweg Spiegelbild der Umweltbedingungen sind und nicht Abbild von Herkünften, Kultur oder Verhaltensweisen.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,728173,00.html

Interview mit Gen-Pionier

"Verhaltensgenetik steckt in einer großen Krise"

Verrät die DNA, ob ein Mensch gewalttätig veranlagt ist? Wissenschaftler melden immer öfter spektakuläre Erkenntnisse über Gene. Doch die meisten sind wissenschaftlicher Unfug, sagt Jon Beckwith, einer der Gründerväter der modernen Gentechnik.

SPIEGEL ONLINE: Regelmäßig melden Forscher die Entdeckung immer neuer Gene, die angeblich erklären, warum Menschen depressiv, gewalttätig oder etwa unkonzentriert sind. Was ist davon zu halten?

Jon Beckwith: Diese Studien können Sie getrost vergessen, weil sich wieder und wieder gezeigt hat: Vereinzelte Ergebnisse lassen sich nicht replizieren. Die Verhaltensgenetik des Menschen steckt da in einer großen Krise.

SPIEGEL ONLINE: Aber viele der Studien stehen in angesehenen Fachzeitschriften. Das Magazin "Science" etwa hat sogar geschrieben, man könnte gewalttätige Menschen dereinst an ihren Genen erkennen.

Beckwith: Da ging es um das Gen "MAOA", das für den Stoffwechsel des Botenstoffs Serotonin im Gehirn eine Rolle spielt. Menschen, die in der Kindheit missbraucht wurden und zudem eine auffällige MAOA-Variante trugen, hatten einer Studie zufolge ein erhöhtes Risiko, antisoziales Verhalten zu zeigen. Aber inzwischen gibt es zehn Studien, die versucht haben, die Ergebnisse zu bestätigen. Die meisten konnten den Original-Befund nicht replizieren.

SPIEGEL ONLINE: Die Wissenschaft korrigiert sich selbst. Was ist daran auszusetzen?

Beckwith: Das Problem ist, dass die Öffentlichkeit das Dementi zumeist gar nicht mitbekommt. Voreilige Behauptungen von Verhaltensgenetikern werden in vielen Fällen sogar Teil der Popkultur und tauchen in Schulbüchern auf. Kaum dass wir es merken, wird die öffentliche Meinung von falschen, längst überholten Ideen beeinflusst. Im Fall des MAOA-Gens ging die Diskussion so weit, dass Richter Genetiker fragten, ob die Genetik uns jetzt verrate, dass viele Kriminelle gar keinen freien Willen haben. Von einer Studie, die nur eine Familie untersuchte, wurden mögliche Einflüsse auf Gerichtsurteile abgeleitet - eine erstaunliche Karriere!

SPIEGEL ONLINE: Was folgt daraus?

Beckwith: Die Sprache der DNA ist zu einer sehr verbreiteten Sprache geworden, der Begriff DNA taucht in der Werbung auf, in TV-Shows. Die Vorstellung, die Gene bestimmten alles vor, der genetische Determinismus breitet sich leider allerorten aus. ...
Aber meine Bedenken haben dazu geführt, dass ich mir am meisten Sorgen mache über den genetischen Determinismus.

SPIEGEL ONLINE: Was tun Sie dagegen?

Beckwith: Am wichtigsten ist mir, Genetikern klar zu machen, dass ihre Arbeit soziale Aspekte mit sich bringt. Sie sollten sie diesen sozialen Fragen stellen und andere Forscher kritisieren, wenn es sein muss. Unsinnige Wissenschaft zu enttarnen, ist eine ehrenwerte Aufgabe.
Es gab in Europa eine sehr lange Traditionen, Menschen anhand Äusserlichkeiten zu kategorisieren und zu bestimmen. Darauf basierend wurden positive und negative Charaktermerkmale willkürlich bestimmt nach dem Schema, der "Weisse" Mensch stehe über allen anderen. Damals hielt man Sozialdarwinismus und Wissenschaft auf Basis von Menschenkategorisierung für völlig normal und wissenschaftlich. Auf Basis dieser "Aufklärung" entwickelte sich schliesslich der Rassismus, nach dem Menschen nach wertem und unwertem Leben aussortiert wurden.

Das ging so weiter bis die Genforschung entwickelt wurde und die alten Weltbilder schliesslich widerlegt und zerrütettet wurden, dass es keine verschiedenen Menschenrassen gibt. Gesellschaftlich und für das Selbstbild vieler war das ein gesellschaftlicher Schock. Man könnte auch von einem Kulturschock sprechen.

Nun wird wiederum entsprechend dieser alten Tradition in den Genen nach Unterschieden gesucht. Wobei die selben Motivationen dahinterstecken wie damals als man Schädel- und Nasenmessungen durchgeführt hat, nämlich als man menschliche Verhaltensweisen aufgrund Äusseren rückschliessen wollte (Kriminalität, Sucht, Boshaftigkeit, Intelligenz etc.), vermeintliche Ethnien und Völker kategorisierte, dabei Wertigkeiten bestimmte.

Man kann im übrigen feststellen, dass auch bei vielen Journalisten beim Thema Genforschung und Interpretationen dazu schlichtweg gravierende Bildungslücken vorliegen. Und das ist ein schlichtes Bildungsproblem und nicht etwa immer ein ideologisches.

Weiter_Himmel
13.11.2010, 14:46
In der Tat wird versucht das Thema Genetik für sich zu vereinahmen.Dieser missbrauch darf aber nicht darüber hinwegtäuschen das bei manchen Krankheiten wie ebend Depressionen oder aber auch Schitzophrenie die Gene eine Rolle zu spielen scheinen.

Das ist auch kein populismus sondern recht gut dokumentiert.Man muss acht geben das nicht das Gegenteil einer Vereinahmung gemacht wird.Denn dies führt zu dem Leugnen von tatsachen und unwissenschaftlichkeit.

-jmw-
13.11.2010, 17:52
Jede Wissenschaft hat ihre "Hypes" zwischen Phasen der Normalität.

Apart
13.11.2010, 18:56
Daß Orientalen eine andere Veranlagung haben als Mitteleuroäer kann jeder normale, unvoreingenommene Mensch mit ein wenig Beobachtungsgabe erkennen.

Schädelvermessung oder Humangenetik bräuchte man nicht mal dazu.

Tantalit
13.11.2010, 19:07
Eugenik ist ein ganz heißes Thema bei den Bilderbergern wie Bill Gates und Rockefeller. Wie soll man sonst die Überbevölkerung in den Griff bekommen? Was glaubt ihr wofür die ganzen Impfungen gut sind und gentechnisch veränderten Lebensmittel und der damit einhergehenden neuen unerklärbaren Erkrankungen?