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Vollständige Version anzeigen : Deus lo vult: Die Magdeburger Hochzeit



Kimyager
05.11.2010, 18:16
Menschen können für etwas, was sich ohne ihr Zutun ereignet hat, nicht haftbar gemacht.

Trotzdem entbindet uns dies nicht von der Pflicht, uns damit auseinanderzusetzen, Lehren daraus zu ziehen und im Rahmen der persönlichen Möglichkeiten alles zu tun, damit sich so etwas nicht wiederholt.

Wenn das Stichwort "Verbrechen der RKK" fällt, denkt man in erster Linie an Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennung, Judenverfolgung etc..

Ich möchte mit diesem Beitrag auf eine deutsche Tragödie zu sprechen kommen, welche leider nicht die ihr zustehende Beachtung findet und einer Aufarbeitung harrt:

Die Magdeburger Hochzeit.

http://de.wikipedia.org/wiki/Magdeburger_Hochzeit

Ob sich die RKK jemals mit diesem düsteren Kapitel auseinandergesetzt hat?

Sauerländer
05.11.2010, 19:23
Ohne Zweifel war der 30jährige Krieg eine Katastrophe (relativ gesehen für Deutschland sogar verheerender als der Zweite Weltkrieg), und ebenso ist auch innerhalb dieser schlimmen Zeit die Magdeburger Hochzeit nochmal ein hervorstechendes Ereignis.
Das Gemetzel jedoch hatte seine Ursache nicht in religiösem Eifer, sondern schlichtweg an der Art, wie dieser Krieg geführt wurde. Man ließ damals Heere aufmarschieren von einer Größe, dass sie eine entwickelte Logistik erfordert hätten, wie sie noch nicht bestand. Entsprechend war die Versorgung schwierig. Auch die Entlohnung der Truppen war ein Problem, bestand häufig in dem, was die, die noch lebten, nach dem Sturm auf eine Stadt so mitnehmen konnten. Entsprechend das Prinzip "Der Krieg muss den Krieg ernähren". Der Unterhalt der Truppe selbst erfolgte bereits durch Gewalt. Entsprechend schlimm war es für die jeweilige Bevölkerung, wenn ein solcher Haufen bei ihr durchzog.
Damals haben genügend Landsknechte gefochten auf der Seite, gegen die sie ihrer religiösen Überzeugung nach hätten streiten müssen. Beiderseits. Das wäre wohl kaum denkbar gewesen, wenn die bestimmende Motivation religiöser Fanatismus gewesen wäre. In diesem Konflikt ging es (wie eigentlich immer) um politische Fragen, Religion diente nur als Anlass. Ansonsten hätten die schwerkatholischen Franzosen kaum die protestantischen Schweden unterstützt.
Magdeburg betreffend:
Wir stellen uns mal die Lage vor: Die Stadt wird belagert. Vermutlich nicht ohne Verluste seitens der Belagerer. Die Erstürmung einer Stadt ist gefährlich, geht gerne auch mal nach hinten los, und selbst wenn man verletzt davon kommt - wenn man an den damaligen Stand der Feldscherei denkt...
Die liegen sie nun also im Dreck, diese Landsknechte. Arme Gestalten. Die Stadt trotzt. Jeder Tag, den sie nicht fällt, ist für den Landsknecht einer ohne Lohn. Das in Kombination mit der Gefahr, die von den Verteidigern ausgeht, weckt nicht unbedingt Sympathie denen gegenüber.
Aber wenn die Stadt dann mal fällt - das ist dieser eine Moment, wann diese Sorte Mensch mal Macht hat. Natürlich wird alles zusammengerafft. Und jetzt ist der eine Moment, wo man auch mal was abfackeln kann. Eine Frau hatten die Meisten von denen wahrscheinlich auch schon ein Weilchen nicht mehr. Naheliegend, was das für die örtliche Weiblichkeit bedeutet. Und ganz allgemein: Den Frust für jeden Tag ohne Erfolg lässt man jetzt an der Bevölkerung ab.
Das ist bitter - aber in der Geschichte des Krieges nun wirklich alles andere als beispiellos.
Seine Offiziere (ja, tatsächlich Katholiken...) haben damals Tilly angefleht, er möge das Wüten beenden. Er hat das abgelehnt mit dem Verweis darauf, dass die Truppe das jetzt haben muss. Weil deren Freiheit, mit einer eroberten Stadt zu machen, was sie wollten, so ziemlich das einzige war, was sie bei der Stange hielt.
Im Krieg zeigt der Mensch Seiten, die man im Alltag meistens nicht zu sehen bekommt. Positive wie Negative. Hier mehr als Negative. Es gibt Umstände, die das begrenzen, und solche, die es fördern. Die damaligen Umstände, wozu wesentlich die Art der Kriegsführung gehört, haben es gefördert.
Was zeigt uns das?
Welche Abgründe im Menschen stecken und wie grundsätzlich falsch das optimistische Menschenbild ist, von dem heute so viele ausgehen.
Dass im Menschen eine Seite steckt, die schlimmer ist als jedes Tier.

Gryphus
05.11.2010, 19:30
Ich würde dem widersprechen, dass Gott das wollte.

Efna
05.11.2010, 19:39
Naja eigentlich hatte der Kaiser mindestens(wenn nicht sogar mehr) Schuld daran. Wobei die Kirche natürlich die Eng mit den Kaiser ebenso Schuld ist. Den die Magdeburger Hochzeit wurde in Rom definitiv gefeiert. Aber es gab da auch ein Erlass des Kaisers der bei der Rückeroberung protestantischer Gebiete die rekatholisierung anordnete. Der Konflikt hätte beinahe friedlich anden können, Wallenstein(der kein besonderer Freund dieses Erlasses war) führte Verhandlungen mit Magdeburg, man einigte sich darauf die kaiserliche Oberhoheit anzerkennen und den kaiserlichen Heere die Tore zu öffnen, im Gegenzug erhalten die Protestanten das Recht ihre Konfession frei auszuüben, was ein Bruch des Erlasses von seitens Wallenstein war und seines Kommandos enthoben wurde. Den da wollte man am kaiserlichen Hof hatte in dem Prinzip verpflichtungen mit der katholischen Kirche gemacht die man nicht rückgängig machen wollte. An seiner Stelle trat Tilly ein glühender Anhänger dieses erlasses und allgemein des katholizismus. Der die Belagerung der Stadt unter Blut und Tränen fortsetzte und genauso Kompromisslos, nicht zuletzt auch deswegewn weil Gustav Adolf sich anschickte Magdeburg zu Hilfe zu kommen. Naja und im Endeffekt schaffte es Tilly die Stadt einzunehmen und dann brach die Soldateska aus. Es wurde geplündert, gemordet, Kinder und Frauen vergewaltigt und getötet, so ziemlich alles nieder gebrannt etc. es muss schon heftig gewesen sein man bedenkt das dieses Massaker im dreissigjährig Krieg heraus stach, in einen Krieg in denen Greultaten fast jeden Tag passierten. Magdeburg war dafür Kulturhauptstadt Deutschland, danach war sie es nie wieder.

BRDDR_geschaedigter
05.11.2010, 19:47
Man wollte die Protestanten mit allen Mitteln zurück nach Rom holen. Mit allen MItteln.

Krabat
05.11.2010, 19:48
Die Magdeburger wollten Schweden als Besatzungsmacht in Deutschland.

Das Reich mußte handeln.

BRDDR_geschaedigter
05.11.2010, 19:50
Die Magdeburger wollten Schweden als Besatzungsmacht in Deutschland.

Das Reich mußte handeln.

Eben nicht, der 30 jährige Krieg war die Antwort auf das Konzil von Trient.

Krabat
05.11.2010, 19:50
Man wollte die Protestanten mit allen Mitteln zurück nach Rom holen. Mit allen MItteln.

Was hast Du gegen Rom? Du trägst das katholische irische Keltenkreuz und solltest daher auch katholisch handeln.

BRDDR_geschaedigter
05.11.2010, 19:52
Was hast Du gegen Rom? Du trägst das katholische irische Keltenkreuz und solltest daher auch katholisch handeln.

Es ist nur ein Symbol und hat keine Bedeutung. Unchristlich ist es wenn man Symbolen irgendwelche Kräfte zuweist, so wie die Romanisten (Katholiken) es tun.

Efna
05.11.2010, 19:53
Man wollte die Protestanten mit allen Mitteln zurück nach Rom holen. Mit allen MItteln.

Zumindestens die katholische Kirche hatte diese Absicht, beim Kaiser ging es auch um die widerherstellung der Oberherrschaft des Kaiser über das Reich. Er wollte den Seperatismus seiner Fürsten entgültig ein Ende bereiten, was eigentlich voll und ganz in die Hose ging.

Efna
05.11.2010, 19:55
Die Magdeburger wollten Schweden als Besatzungsmacht in Deutschland.

Das Reich mußte handeln.

Von einer wirklichen Oberherrschaft des Kaisers über Nord und Mitteldeutsche Gebiete konnte im 17. Jahrhundert keine Rede mehr sein.

BRDDR_geschaedigter
05.11.2010, 19:57
Zumindestens die katholische Kirche hatte diese Absicht, beim Kaiser ging es auch um die widerherstellung der Oberherrschaft des Kaiser über das Reich. Er wollte den Seperatismus seiner Fürsten entgültig ein Ende bereiten, was eigentlich voll und ganz in die Hose ging.

Man kann nicht zwischen Kaiser und Papst differenzieren. Der Kaiser musste dem Papst vollkommen zu 100% untergeben sein und seine Befehle ausführen.

Ich weiß, so etwas steht nicht in BRD Geschichtsbüchern.

Krabat
05.11.2010, 20:01
Es ist nur ein Symbol und hat keine Bedeutung. Unchristlich ist es wenn man Symbolen irgendwelche Kräfte zuweist, so wie die Romanisten (Katholiken) es tun.

Ich belästige die User des Forums jedenfalls nicht mit riesenhaften Signaturen von Keltenkreuzen.

Ganz offenbar sind Dir Symbole wichtiger als mir.

Efna
05.11.2010, 20:05
Man kann nicht zwischen Kaiser und Papst differenzieren. Der Kaiser musste dem Papst vollkommen zu 100% untergeben sein und seine Befehle ausführen.

Ich weiß, so etwas steht nicht in BRD Geschichtsbüchern.

Sie waren Verbündete aber das der Kaiser nur eine Marionette des Papstes war ist nicht richtig. Aber sie hatten gemeinsame Intressen, aber der Papst hatte definitiv nicht die Kontrolle über seine Schäfchen. Das Zeigt alleine schon das der katholische Französische König sich gegen die katholiken stellte weil er ein gestärktes Reich fürchtete. Der Dreissigjährige Krieg hatte religiöse Gründe aber auch sehr viele politische Gründe.

Krabat
05.11.2010, 20:06
Von einer wirklichen Oberherrschaft des Kaisers über Nord und Mitteldeutsche Gebiete konnte im 17. Jahrhundert keine Rede mehr sein.

Das ist richtig. Das protestantische Schweden war damals eine Supermacht und hat Norddeutschland kontrolliert.

Wir Katholiken haben gegen die Ausländer gekämpft.

Efna
05.11.2010, 20:09
Das ist richtig. Das protestantische Schweden war damals eine Supermacht und hat Norddeutschland kontrolliert.

Wir Katholiken haben gegen die Ausländer gekämpft.

Naja die Gewinner des Ausgang des dreissigjährigen Krieges waren eher die Franzosen, die wurden in Kontinentaleuropa zum Hegomon. Ausländische Kräfte wurden von beiden Seiten zu Rate gezogen. Die Katholiken hatten ja die Spanier geholt.

Efna
05.11.2010, 20:19
Ich würde dem widersprechen, dass Gott das wollte.

Natürlich ist es historisch blödsinn "Deus lo Vult" in den zusammenhang zu nennen das stammt von den Kreuzrittern.

Gryphus
05.11.2010, 20:33
Natürlich ist es historisch blödsinn "Deus lo Vult" in den zusammenhang zu nennen das stammt von den Kreuzrittern.

Darauf wollte ich unter anderem auch hinaus.

Sauerländer
05.11.2010, 21:42
Sie waren Verbündete aber das der Kaiser nur eine Marionette des Papstes war ist nicht richtig. Aber sie hatten gemeinsame Intressen, aber der Papst hatte definitiv nicht die Kontrolle über seine Schäfchen. Das Zeigt alleine schon das der katholische Französische König sich gegen die katholiken stellte weil er ein gestärktes Reich fürchtete. Der Dreissigjährige Krieg hatte religiöse Gründe aber auch sehr viele politische Gründe.
Ich bleibe dabei - diese politischen Gründe waren bestimmend.
Es waren auch nicht zuletzt sehr weltliche Erwägungen, die so einige Landesherren für die Reformation einnahmen. Immerhin konnte man dann kräftig Kirchenbesitz einziehen und die eigene Position stärken. Und die starke Betonung der Pflicht zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit dürfte auch ihren Teil beigetragen haben.
Kaiserlicherseits ging es nicht unwesentlich darum, dass der Kaisertitel in der eigenen Linie blieb. Mit dem Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog von Sachsen und dem Pfalzgraf bei Rhein waren bereits drei Kurfürsten Protestanten. Wäre der von den Habsburgern innegehabte Posten des Königs von Böhmen ihnen so, wie es die böhmischen Stände anstrebten, entfallen, hätte es eine protestantische Mehrheit unter den Kurfürsten gegeben. Und das hätte rein weltlich bedeutet, dass die Habsburger mit hoher Wahrscheinlichkeit kaiserliche Ambitionen für die Zukunft hätten begraben können. Also packte man den Hammer aus.

hephland
05.11.2010, 21:57
die von dir "kaiserlicherseis" angeführten gründe sind allerdings nicht weniger weltlich. nur der gerechtigkeit halber.

Krabat
05.11.2010, 22:18
Naja die Gewinner des Ausgang des dreissigjährigen Krieges waren eher die Franzosen, die wurden in Kontinentaleuropa zum Hegomon. Ausländische Kräfte wurden von beiden Seiten zu Rate gezogen. Die Katholiken hatten ja die Spanier geholt.

Wir Katholiken verehren aber keinen spanischen Kriegsherren aus dieser Zeit, während die Lutheraner dem ausländischen Kriegsverbrecher Gustav-Adolf viele Kirchen geweiht haben und ihn auch heute noch wie einen Heiligen verehren.

latrop
05.11.2010, 22:35
Was meint ihr, warum wir uns wieder einen deutschen Papst geholt haben ?

Damit Deutschland bald wieder zum Vatikan gehört :hide::hide::hide::hide:

Efna
05.11.2010, 22:48
Ich bleibe dabei - diese politischen Gründe waren bestimmend.
Es waren auch nicht zuletzt sehr weltliche Erwägungen, die so einige Landesherren für die Reformation einnahmen. Immerhin konnte man dann kräftig Kirchenbesitz einziehen und die eigene Position stärken. Und die starke Betonung der Pflicht zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit dürfte auch ihren Teil beigetragen haben.
Kaiserlicherseits ging es nicht unwesentlich darum, dass der Kaisertitel in der eigenen Linie blieb. Mit dem Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog von Sachsen und dem Pfalzgraf bei Rhein waren bereits drei Kurfürsten Protestanten. Wäre der von den Habsburgern innegehabte Posten des Königs von Böhmen ihnen so, wie es die böhmischen Stände anstrebten, entfallen, hätte es eine protestantische Mehrheit unter den Kurfürsten gegeben. Und das hätte rein weltlich bedeutet, dass die Habsburger mit hoher Wahrscheinlichkeit kaiserliche Ambitionen für die Zukunft hätten begraben können. Also packte man den Hammer aus.

Es war weder ein reiner religiösen noch ein reiner politischer Konflikt. Eher ist es so wie bei allen "religiösen" Konflikten bis heute, das politische und religiöse Gründe sich eher vermischen.
Einen religiösen Grund hatte alleine die katholische Kirche, die natürliches Intresse daran hatten das der Protestantische Norden wieder katholisch werden sollte. Auch bei der Magdeburger Hochzeit zeigten sich die religiösen Gründe, es gibt wirklich kaum einen politischen Grund Wallenstein abzusetzen nach den Verhandlung mit den Vätern Magdeburgs ausser man wollte das Magdeburg katholisch wird. Man sollte nicht vergessen das hinter beiden Seiten oft Kleriker standen. Vor allem am Anfang zeigte sich der religiöse Charakter des Krieges sehr. In Deutschland hatte keiner der Konfessionen es geschafft die anderen zu dominieren wie in anderen Ländern. Und in diesen Jahrhundert sind die beiden Religion mehr als einmal aneinander geraten und haben sich zu hassen gelernt haben. Ohne Zweifel herrschte am Anfang des Dreissigjährig Krieg in Deutschland eine religiös sehr aufgeladene Stimmung die seit den Beginn der Reformation immer mehr zu gären.
Bei den Ausserdeutschen Kräften(ausser dem Papst) sieht die sache oft schon anders aus da waren es wirklich meist politische Intressen die den Ton angeben. Der 30jährige Krieg war im Prinzip beides.

Efna
05.11.2010, 22:53
Wir Katholiken verehren aber keinen spanischen Kriegsherren aus dieser Zeit, während die Lutheraner dem ausländischen Kriegsverbrecher Gustav-Adolf viele Kirchen geweiht haben und ihn auch heute noch wie einen Heiligen verehren.

:D

nicht nur Kirche auch Brauereien


http://www.peterundpaul-delitzsch.de/aktuelles/UrKrostitzer_Logo.jpg

Felixhenn
05.11.2010, 23:06
Die Magdeburger Bluthochzeit ist Vergangenheit. Schuldzuweisungen bringen nichts mehr und Christen sollen sich in ihrer Gesamtheit auf Jesus Christus besinnen und Fehler der Vergangenheit als Fehler erkennen um die nicht mehr zu wiederholen.

Es ist genauso falsch die Katholiken für die Magdeburger Bluthochzeit heute zu verdammen wie es falsch ist, die Schandtat zu loben und zu beschönigen. Wenn wir daraus lernen, dass wir manchmal über unseren Schatten springen müssen und wie Jesus die andere Wange hinhalten, will heißen eine zweite Chance geben, dann hat das Morden und gemordet werden vielleicht sogar einen Sinn gehabt.

Efna
05.11.2010, 23:20
Die Magdeburger Bluthochzeit ist Vergangenheit. Schuldzuweisungen bringen nichts mehr und Christen sollen sich in ihrer Gesamtheit auf Jesus Christus besinnen und Fehler der Vergangenheit als Fehler erkennen um die nicht mehr zu wiederholen.

Es ist genauso falsch die Katholiken für die Magdeburger Bluthochzeit heute zu verdammen wie es falsch ist, die Schandtat zu loben und zu beschönigen. Wenn wir daraus lernen, dass wir manchmal über unseren Schatten springen müssen und wie Jesus die andere Wange hinhalten, will heißen eine zweite Chance geben, dann hat das Morden und gemordet werden vielleicht sogar einen Sinn gehabt.

Naja das heute noch vorwerfen tut hier eigentlich nur Krabat und BRDDR_geschädigter sich gegenseitig. Ansonsten ist die Diskussion eher historischer Natur.

Felixhenn
05.11.2010, 23:22
Man kann nicht zwischen Kaiser und Papst differenzieren. Der Kaiser musste dem Papst vollkommen zu 100% untergeben sein und seine Befehle ausführen.

Ich weiß, so etwas steht nicht in BRD Geschichtsbüchern.

Meist war dem Kaiser die Religion scheißegal. Dem ging es einzig und alleine um den Zusammenhalt des Reiches. Das sah man schon bei Karl V. Wenn es nach dem Katholischen Klerus gegangen wäre, hätte man Luther in Worms nach oder während des Reichtages ermordet, mit oder ohne zugesichertem Freiem Geleit.

Man darf nie vergessen, dass einheitliche Religion damals als unabdingbar für den Zusammenhalt des Reiches angesehen wurde. Das kann man auch daran erkennen, dass, wenn ein Landesfürst den Glauben gewechselt hat, das ganze Volk automatisch mit wechselte.

Felixhenn
05.11.2010, 23:27
Naja das heute noch vorwerfen tut hier eigentlich nur Krabat und BRDDR_geschädigter sich gegenseitig. Ansonsten ist die Diskussion eher historischer Natur.

Das hat aber andere historische Gründe mit Krabat. Aus der jüngeren Geschichte.

Sprecher
05.11.2010, 23:42
Das ist richtig. Das protestantische Schweden war damals eine Supermacht und hat Norddeutschland kontrolliert.

Wir Katholiken haben gegen die Ausländer gekämpft.

Ja sicher. Deshalb habt ihr massenhaft Polacken, Kroaten und sogar Türken in euren Söldnerheeren gehabt.

Sprecher
05.11.2010, 23:42
Wir Katholiken verehren aber keinen spanischen Kriegsherren aus dieser Zeit, während die Lutheraner dem ausländischen Kriegsverbrecher Gustav-Adolf viele Kirchen geweiht haben und ihn auch heute noch wie einen Heiligen verehren.

Die Schweden sind ein germanisches Brudervolk. Eure polnischen Katholenfreunde nicht.

Sprecher
05.11.2010, 23:44
Von einer wirklichen Oberherrschaft des Kaisers über Nord und Mitteldeutsche Gebiete konnte im 17. Jahrhundert keine Rede mehr sein.

Das Habsburger Saupack hatte ja auch gar kein Interesse an der Einheit des Reiches. Die Schwachköpfe träumten lieber von ihrem Kirchenstaat in dem nie die Sonne untergeht.

Efna
05.11.2010, 23:52
Das Habsburger Saupack hatte ja auch gar kein Interesse an der Einheit des Reiches. Die Schwachköpfe träumten lieber von ihrem Kirchenstaat in dem nie die Sonne untergeht.

Doch das hat er. Es war sogar einer der politischen Gründe des dreissigjährigen Krieges. Der Kaiser wollte wieder die Oberherrschaft über alle Deutschen Staaten und zwar möglichst ohne Protestanten. Erst ab den westfälischen Frieden wurden die Habsburger mehr oder weniger etwas "Österreichischen".

Efna
06.11.2010, 00:06
Die Schweden sind ein germanisches Brudervolk. Eure polnischen Katholenfreunde nicht.

Auch wenn es in diesen Krieg keine ethnischen Gründe gab. So ist mir doch schon oft aufgefallen das in Deutschland vor allem in den zumeist römisch besetzten Gebieten die katholiken häufiger vertreten sind, während in den nicht besetzten Gebiete eher das Evangelische Bekenntnis sich durchsetzte. Und allgemein eben das Evangelische Bekanntnis sich in germanischen Ländern eher prägend ist und in den romanischen und Slawischen Gebieten(teilen es sich mit den Ortzhodoxen) Ländern die katholische Konfession vorherrschend ist.

BRDDR_geschaedigter
06.11.2010, 01:12
Sie waren Verbündete aber das der Kaiser nur eine Marionette des Papstes war ist nicht richtig. Aber sie hatten gemeinsame Intressen, aber der Papst hatte definitiv nicht die Kontrolle über seine Schäfchen. Das Zeigt alleine schon das der katholische Französische König sich gegen die katholiken stellte weil er ein gestärktes Reich fürchtete. Der Dreissigjährige Krieg hatte religiöse Gründe aber auch sehr viele politische Gründe.

Der Papst war ja damals auch Politiker. Der Chef über das geistliche UND das weltliche. Das siehst du im Wappen des Vatikans mit den 2 Schlüsseln.

Und sie waren eben nicht Verbündete, der Kaiser musste dem Papst vollkommen untergeben sein, wie auch alle anderen römisch katholischen Könige.

Gegen genau das haben ja gerade die Protestanten gekämpft.

Efna
06.11.2010, 01:31
Ohne Zweifel war der 30jährige Krieg eine Katastrophe (relativ gesehen für Deutschland sogar verheerender als der Zweite Weltkrieg), und ebenso ist auch innerhalb dieser schlimmen Zeit die Magdeburger Hochzeit nochmal ein hervorstechendes Ereignis.
Das Gemetzel jedoch hatte seine Ursache nicht in religiösem Eifer, sondern schlichtweg an der Art, wie dieser Krieg geführt wurde. Man ließ damals Heere aufmarschieren von einer Größe, dass sie eine entwickelte Logistik erfordert hätten, wie sie noch nicht bestand. Entsprechend war die Versorgung schwierig. Auch die Entlohnung der Truppen war ein Problem, bestand häufig in dem, was die, die noch lebten, nach dem Sturm auf eine Stadt so mitnehmen konnten. Entsprechend das Prinzip "Der Krieg muss den Krieg ernähren". Der Unterhalt der Truppe selbst erfolgte bereits durch Gewalt. Entsprechend schlimm war es für die jeweilige Bevölkerung, wenn ein solcher Haufen bei ihr durchzog.
Damals haben genügend Landsknechte gefochten auf der Seite, gegen die sie ihrer religiösen Überzeugung nach hätten streiten müssen. Beiderseits. Das wäre wohl kaum denkbar gewesen, wenn die bestimmende Motivation religiöser Fanatismus gewesen wäre. In diesem Konflikt ging es (wie eigentlich immer) um politische Fragen, Religion diente nur als Anlass. Ansonsten hätten die schwerkatholischen Franzosen kaum die protestantischen Schweden unterstützt.
Magdeburg betreffend:
Wir stellen uns mal die Lage vor: Die Stadt wird belagert. Vermutlich nicht ohne Verluste seitens der Belagerer. Die Erstürmung einer Stadt ist gefährlich, geht gerne auch mal nach hinten los, und selbst wenn man verletzt davon kommt - wenn man an den damaligen Stand der Feldscherei denkt...
Die liegen sie nun also im Dreck, diese Landsknechte. Arme Gestalten. Die Stadt trotzt. Jeder Tag, den sie nicht fällt, ist für den Landsknecht einer ohne Lohn. Das in Kombination mit der Gefahr, die von den Verteidigern ausgeht, weckt nicht unbedingt Sympathie denen gegenüber.
Aber wenn die Stadt dann mal fällt - das ist dieser eine Moment, wann diese Sorte Mensch mal Macht hat. Natürlich wird alles zusammengerafft. Und jetzt ist der eine Moment, wo man auch mal was abfackeln kann. Eine Frau hatten die Meisten von denen wahrscheinlich auch schon ein Weilchen nicht mehr. Naheliegend, was das für die örtliche Weiblichkeit bedeutet. Und ganz allgemein: Den Frust für jeden Tag ohne Erfolg lässt man jetzt an der Bevölkerung ab.
Das ist bitter - aber in der Geschichte des Krieges nun wirklich alles andere als beispiellos.
Seine Offiziere (ja, tatsächlich Katholiken...) haben damals Tilly angefleht, er möge das Wüten beenden. Er hat das abgelehnt mit dem Verweis darauf, dass die Truppe das jetzt haben muss. Weil deren Freiheit, mit einer eroberten Stadt zu machen, was sie wollten, so ziemlich das einzige war, was sie bei der Stange hielt.
Im Krieg zeigt der Mensch Seiten, die man im Alltag meistens nicht zu sehen bekommt. Positive wie Negative. Hier mehr als Negative. Es gibt Umstände, die das begrenzen, und solche, die es fördern. Die damaligen Umstände, wozu wesentlich die Art der Kriegsführung gehört, haben es gefördert.
Was zeigt uns das?
Welche Abgründe im Menschen stecken und wie grundsätzlich falsch das optimistische Menschenbild ist, von dem heute so viele ausgehen.
Dass im Menschen eine Seite steckt, die schlimmer ist als jedes Tier.

Hier wollte ich noch was dazu schreiben. Das Massaker in Magdeburg war sicherlich nicht religiös motiviert. Viele Motive die du genannt sind definitiv richtig. Diese aus dem Fugen geratene Soldateska war ja gerade ein Markenzeichen des 30jährigen Krieges. Und natürlich die äusserst grausame Art der "Soldzahlung" wenn der Feldherr seine Truppen nicht entlohnen liess, sollten sie sich dann ihren Sold bei der Bevölkerung holen in Form von Plünderung, Mord, Vergewaltigung etc. Trotz alledem sticht die magdeburger Hochzeit unter all den Massaker des Dreissigjährigen Krieges heraus. Ich denke das die Ankunft Gustav Adolfs eine wichtige Rolle bei den Massaker in Magdeburg gespielt hat. Man wollte sicherlich auch gezielt versuchen eine psychologische Kriegsführung anwendet. Man wollte den Feind durch Grausamkeit einschüchtern und jede Stadt warnen was passiert wenn man mit den "Feind" paktiert". Einige Chronisten berichten das die Soldaten Säuglinge bei Lebendigen Leib auf den Marktplatz verbrannte. Man wollte vielleicht zeigen das man zu jeglicher Grausamkeit bereit ist und eben keinerlei Skrubel zeigte.
Allgemein muss man sagen das der 30jährige Krieg einer der grausamsten Kriege in der menschheitsgeschichte war. Es gab Gegenden die wurden zu 70% entvölkert, das kriegte man nicht mal im 2. Weltkrieg hin. Aber ich denke auch die Abstumpfung hat eine erhebliche Rolle gespielt, schliesslich war der Krieg sehr lang und eine ganze Generation kannte nichts anderes als Krieg.

heide
06.11.2010, 07:50
Man kann nicht zwischen Kaiser und Papst differenzieren. Der Kaiser musste dem Papst vollkommen zu 100% untergeben sein und seine Befehle ausführen.

Ich weiß, so etwas steht nicht in BRD Geschichtsbüchern.

Gehört auch eher in die Kirchengeschichte.

Sprecher
06.11.2010, 09:53
Doch das hat er. Es war sogar einer der politischen Gründe des dreissigjährigen Krieges. Der Kaiser wollte wieder die Oberherrschaft über alle Deutschen Staaten und zwar möglichst ohne Protestanten.

Er wollte den Katholizismus wieder in ganz Deutschland verbreiten (und am besten noch darüber hinaus) das ist richtig. Der Reichsgedanke dürfte aber da im Hintergrund gestanden haben. In erster Linie ging es Ferdinand II um die Gegenreformation.

Sprecher
06.11.2010, 09:55
Auch wenn es in diesen Krieg keine ethnischen Gründe gab. So ist mir doch schon oft aufgefallen das in Deutschland vor allem in den zumeist römisch besetzten Gebieten die katholiken häufiger vertreten sind, während in den nicht besetzten Gebiete eher das Evangelische Bekenntnis sich durchsetzte. Und allgemein eben das Evangelische Bekanntnis sich in germanischen Ländern eher prägend ist und in den romanischen und Slawischen Gebieten(teilen es sich mit den Ortzhodoxen) Ländern die katholische Konfession vorherrschend ist.

Das stimmt. Möglicherweise hat das früher traditionelle Freiheitsstreben der germanischen Völker (heute ist davon ja leider nichts mehr übrig) die Loslösung von der Römischen Kirche begünstigt.

Felixhenn
06.11.2010, 10:44
Man kann nicht zwischen Kaiser und Papst differenzieren. Der Kaiser musste dem Papst vollkommen zu 100% untergeben sein und seine Befehle ausführen.

Ich weiß, so etwas steht nicht in BRD Geschichtsbüchern.

Ganz so war es aber nicht. Der Papst hatte zwar immer den Kaiser gekrönt und versucht unter Kontrolle zu halten aber da gab es immer Machtspielchen. Zwar musste Heinrich IV nach Canossa weil er aufmuckte, aber es wurden auch öfters mal Päpste abgesetzt. Nicht alle Kaiser haben sich unterdrücken lassen, aber auch nicht alle Päpste.

Efna
06.11.2010, 12:22
Er wollte den Katholizismus wieder in ganz Deutschland verbreiten (und am besten noch darüber hinaus) das ist richtig. Der Reichsgedanke dürfte aber da im Hintergrund gestanden haben. In erster Linie ging es Ferdinand II um die Gegenreformation.

Es ging definitiv auch um den Reichsgedanken, vielleicht nicht der RKK aber den Kaiser schon. Den Reichsgedanke findet man vor allem in der Person Wallenstein wieder.

BRDDR_geschaedigter
06.11.2010, 14:39
Ganz so war es aber nicht. Der Papst hatte zwar immer den Kaiser gekrönt und versucht unter Kontrolle zu halten aber da gab es immer Machtspielchen. Zwar musste Heinrich IV nach Canossa weil er aufmuckte, aber es wurden auch öfters mal Päpste abgesetzt. Nicht alle Kaiser haben sich unterdrücken lassen, aber auch nicht alle Päpste.

Ja stimmt, aber wenn einer aufgemuckt hat, dann musste er mit den Konsequenzen rechnen (Krieg).

Als die Jesuiten gegründet wurden, hatte sie ja dann später Papst Clemens verboten und den Besitz beschlagnahmt. Sie nutzten dann Napoleon um zurückzukommen.